SCHENKERmove - Schenker Deutschland AG - DB Schenker
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Lange Wartezeiten an der Rampe<br />
„Mit dem stehenden Lkw<br />
in die Verlustzone fahren“<br />
Das Thema ist viel diskutiert, geradezu heiß – so heiß, dass sich die Fachzeitschriften mit ihm in mehrwöchigen Serien befassen<br />
und ihm sogar der Aktionsplan Güterverkehr des Bundesverkehrsministeriums ein eigenes Kapitel widmet. Überschrift: Optimierung<br />
der Abläufe an Laderampen. Was bitteschön ist los an der Laderampe?<br />
Im Grunde genommen ist es heute an der<br />
Laderampe noch genauso wie vor zwei oder<br />
zehn Jahren: Lkw fahren vor, man weist<br />
ihnen ein Ladetor zu und los geht es mit dem<br />
Be oder Entladen. Aber weil Umschlagplätze<br />
und Logistikzentren immer größer werden,<br />
weil immer mehr Lkw die Stationen gleichzeitig<br />
ansteuern, kommt es vor den Rampen zu<br />
dem berühmten Phänomen, das immer eintritt,<br />
wenn zu viele zur selben Zeit das Gleiche<br />
wollen: Stau. Und der ist an der Laderampe<br />
genauso unwillkommen wie auf der<br />
Autobahn, an der Supermarktkasse oder am<br />
Ticketschalter vom FC Bayern München.<br />
An der Rampe wird der Stau immer länger<br />
und deshalb erwächst aus ihm ein Problem.<br />
„Zwischen der Ankunft eines Lkw beim Empfänger<br />
und seiner Weiterfahrt liegen gut und<br />
gerne 120 Minuten und nicht selten sogar<br />
noch mehr. Diese Zeit muss der vorausschauende<br />
Disponent einplanen, ohne dass er genau<br />
weiß, wie lang sie tatsächlich dauert“,<br />
sagt Bernd Kammermeyer, Leiter PM Straße<br />
bei der TRANSA Spedition. Weil sich die<br />
TRANSA auf Komplettladungen spezialisiert<br />
hat, fällt die Wartezeit pro Entladung nur einmal<br />
an. Das ist schwer genug. Aber noch gravierender<br />
wird es bei einem mit drei Teilpartien<br />
beladenen Lkw. „Im ungünstigen Fall<br />
gehen bei drei Empfängern je zwei Stunden<br />
drauf“, sagt Michael Zinßler von der Zentrale<br />
FTL/LTL der <strong>Schenker</strong> <strong>Deutschland</strong> <strong>AG</strong>.<br />
Sechs Stunden Stop and Go, das sind 360<br />
Minuten, in denen sich die Produktivität des<br />
Fahrers ausschließlich auf die Erzeugung von<br />
Adrenalin reduziert.<br />
Doch es kommt noch dicker, denn allein beim<br />
Zeitverlust in der Warteschlange bleibt es<br />
nicht. Es gibt ja noch die Regeln für Lenk und<br />
Ruhezeiten, die genau festlegen, was für den<br />
Fahrer als Pause gilt und was der digitale<br />
Tachograf gefälligst als Arbeitszeit zu notieren<br />
hat. „Wenn ein Fahrer auf dem Gelände<br />
des Empfängers alle zehn Minuten den Motor<br />
anlässt, um in der Warteschlange ein paar<br />
Meter vorzurücken, dann hat das mit Ausruhen<br />
nichts zu tun“, weist Michael Zinßler<br />
auf den feinen Unterschied zwischen Pause<br />
machen und Zeit verlieren hin. Stop and Go<br />
ist in den meisten Fällen Arbeitszeit. So<br />
kommt es vor, dass der Lkw nach zwei Stunden<br />
den Ort der Entladung endlich verlässt,<br />
nur um schon fünfzig Kilometer weiter einen<br />
Parkplatz aufzusuchen, weil der Fahrer die<br />
gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten strikt<br />
einhalten muss. Wenn er noch eine weitere<br />
Entladestation anzufahren hat und dort dringend<br />
erwartet wird, gerät er in die Bredouille:<br />
Den Empfänger verärgern? Den Auftraggeber<br />
enttäuschen? Den Disponenten in Schwierigkeiten<br />
bringen? Oder vielleicht: Die Lenk<br />
und Ruhezeiten missachten? – „Die letzte<br />
Option ist keine Option“, macht Aloys<br />
Winn, Vorstand Landverkehre der <strong>Schenker</strong><br />
<strong>Deutschland</strong> <strong>AG</strong>, unmissverständlich klar,<br />
dass er die strikte Einhaltung Lenk und<br />
Ruhezeiten fordert – „damit die Sicherheit<br />
» Zeitfenster entfalten ihre<br />
positive Wirkung, wenn der<br />
Empfänger bei ihrer Vergabe<br />
nicht allein seine Prozesse<br />
berücksichtigt, sondern<br />
wenn er auch unsere Disponenten<br />
mitreden lässt.«<br />
Bernd kammermeyer, leiter pm<br />
straße bei der transa spedition<br />
im Straßenverkehr gewährleistet bleibt. Das<br />
erwarten wir von unseren Frachtführern,<br />
aber auch von den Fahrern aller anderen<br />
Marktteilnehmer, um die Chancengleichheit<br />
im Wettbewerb zu wahren.“<br />
Kann ich mal kurz vor? Von wegen!<br />
Was kann man tun? Seit einiger Zeit verspricht<br />
die Zeitfensterbuchung Abhilfe. Der<br />
Disponent bucht auf einer Internetplattform<br />
beim Empfänger einen Termin für die Entladung.<br />
In dieser Zeit sollte der ankommende<br />
Lkw freie Fahrt zu der für ihn reservierten<br />
Rampe erhalten. Eine an sich gute Idee, die<br />
allen Beteiligten ein gehöriges Maß an Planungssicherheit<br />
bringt, die aber leider ihre<br />
Tücken hat. „Oftmals finden unsere Disponenten<br />
kein günstiges Zeitfenster und müssen<br />
dann die Entladung für einen Zeitpunkt<br />
buchen, der überhaupt nicht zur Route ihres<br />
Lkw passt“, klagt Michael Zinßler. Im Teilladungsverkehr<br />
muss das Fahrzeug mehrere<br />
Be oder Entlader anfahren. Wenn zwischen<br />
deren Zeitfenstern so viel Zeit liegt, dass an<br />
eine effiziente Einsatzplanung für das Fahrzeug<br />
nicht zu denken ist, hilft das Zeitfenster<br />
niemandem. Und überhaupt: Was passiert,<br />
wenn der Lkw verspätet eintrifft und keine<br />
freie Rampe mehr bekommt, weil alle Tore<br />
reserviert sind und fristgerecht beansprucht<br />
werden? Wer einmal mit halbstündiger Verspätung<br />
zu einem Termin beim Orthopäden<br />
„eingetrudelt“ ist, kennt den Standardspruch<br />
der Arzthelferin: „Vor 30 Minuten wäre es<br />
schnell gegangen, jetzt müssen Sie sich ein<br />
bisschen gedulden.“ Vielleicht sogar ein<br />
langes Bisschen. Aus verständlichen Gründen<br />
sind die wenigsten LkwFahrer bereit,<br />
den Nachzügler mal eben vorzulassen, denn<br />
schließlich sitzt auch ihnen ein Nachfolgetermin<br />
im Nacken. Was tun?<br />
» Auch Zeitfenster sollten eine gewisse Flexibilität erlauben. Wenn beim<br />
Transport eine Verzögerung eintritt, sind unsere Disponenten und<br />
Servicemitarbeiter angehalten, den Empfänger proaktiv zu informieren«<br />
michael zinßler, zentrale ftl/ltl der schenker deutschland ag<br />
Appell an die Empfänger<br />
Fakt ist: Überlange Wartezeiten an der<br />
Rampe sind teuer und ziehen mitunter eine<br />
Kette von Verspätungen nach sich. Die Berechnung<br />
von Standgeld löst das Problem<br />
nicht, wie Bernd Kammermeyer unterstreicht:<br />
„Wenn wir nach zwei Stunden für jede<br />
weitere angefangene Stunde einen definierten<br />
Betrag berechnen können, dann ist<br />
uns damit nur bedingt geholfen, weil wir<br />
erstens einen zusätzlichen Verwaltungsakt<br />
ausüben, zweitens mit unserem Kunden in<br />
unerfreuliche Verhandlungen treten müssen<br />
und drittens ja trotzdem nicht verhindern,<br />
dass unsere Lkw verspätet auf die Straße<br />
kommen und die nächste Rampe nicht fristgerecht<br />
erreichen.“ Dabei wird die Sache<br />
dadurch noch verkompliziert, dass in der Regel<br />
nicht der Empfänger, sondern der Versender<br />
die Zeche für den Transport bezahlt. Der<br />
Empfänger, bei dem die Verzögerung letztlich<br />
produziert wird, erleidet folglich keinen<br />
ökonomischen Verlust durch die Wartezeit.<br />
Aber wirklich gefallen kann es ihm auch<br />
nicht, wenn auf seinem Hof wertvolle Zeit<br />
vergeudet wird. „Wir können nur an die Betreiber<br />
der Rampen appellieren, Stoßzeiten<br />
zu entzerren und immer ausreichend Personal<br />
mitsamt Equipment für die Entladung<br />
bereitzuhalten“, sagt Kammermeyer. Sein<br />
Kollege Zinßler sieht das ähnlich: „Be und<br />
aktuell 88 landvErkEhrE<br />
Entladezeiten gehören bei unserem Geschäft<br />
dazu, und darüber beklagen wir uns nicht.<br />
Aber wenn ein erträgliches Maß an Verzögerungen<br />
überschritten wird, müssen die Speditionen<br />
das Thema in die Preisverhandlungen<br />
mit ihren Kunden tragen.“ An der<br />
Rampe gehen schließlich nicht nur Zeit und<br />
Nerven verloren, sondern auch Geld, Produktivität<br />
und Effizienz. Wer die verschleudert,<br />
ist ein schlechter Kaufmann. Schon<br />
manch einem Transportunternehmen ist auf<br />
dem Hof des Sendungsempfängers das passiert,<br />
wofür ein Spaßvogel jüngst eine treffende<br />
Formulierung gefunden hat: „Mit dem<br />
stehenden Lkw rasend schnell in die Verlustzone<br />
fahren.“ – Das kann niemand wollen. ■<br />
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