Themen dieser Ausgabe: - Sonneberg
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Die Kirchstraße zählt zu den älteren Straßen<br />
der so genannten Unteren Stadt und erhielt ihren<br />
Namen, nachdem im Jahre 1845 die Evangelische<br />
Stadtkirche St. Peter fertig gestellt<br />
wurde und der Magistrat der Stadt im Jahre<br />
1870 erstmalig feste Bezeichnungen für die<br />
Straßen und Plätze beschlossen hat. Nach<br />
dem großen Stadtbrand vom 27.08.1840, bei<br />
dem 60 Wohnhäuser, die Kirche und viele andere<br />
öffentliche Gebäude den Flammen zum<br />
Opfer fielen, entschloss man sich, auf dem bisherigen<br />
Festplatz am alten Verbindungsweg<br />
nach der Grube, Oberlind und Köppelsdorf eine<br />
neue große Kirche zu errichten. Nach den<br />
Plänen des bekannten Architekten Professor<br />
Alexander Heideloff entstand von 1843 – 1845<br />
die Evangelische Stadtkirche St. Peter im neugotischen<br />
Baustil. Zum Zeitpunkt des Brandes<br />
gab es noch keine Stadtkirche und der erwähnte<br />
Verbindungsweg führte im ersten Teil<br />
über die Pandurengasse (Glasbach), denn der<br />
obere Weg war unbefestigt und in einem sehr<br />
schlechten Zustand. In alten Aufzeichnungen<br />
über dem Brand 1840 steht u. a., dass am 2.<br />
Tag des Vogelschießens (27.08.) nach Bekanntwerden<br />
des Brandes die Menschen vom<br />
Straßen in <strong>Sonneberg</strong>: Die Kirchstraße<br />
Festplatz in wilder Hast und Eile über die Pandurengasse<br />
zur Brandstätte eilten.<br />
Vom Unteren Markt über den Kemmleinshügel<br />
begann Mitte des 19. Jahrhunderts die Bebauung<br />
der Straße zur Schönen Aussicht. Bereits<br />
1848 errichtete Kommerzienrat Adolf Fleischmann<br />
(Ruß) seine stattliche Villa „Amalie“ am<br />
östlichen Ende der Kirchstraße. Bald hatte sich<br />
das im Volksmund auch „Schlösschen“ genannte<br />
Haus als gesellschaftlicher Mittelpunkt<br />
der Stadt entwickelt. Das erstarkte Bürgertum<br />
hatte genug Selbstbewusstsein, um auch mit<br />
den Feudalherren Umgang zu pflegen. Und<br />
Adolf Fleischmann war als enger Vertrauter<br />
und Freund des Herzogs Georg II. von Sachsen-Meiningen<br />
sehr einflussreich. Julius Heß,<br />
Hanns Schoenau u. a. haben zahlreiche Anekdoten<br />
über diese Freundschaft der Nachwelt<br />
erhalten. So unter anderem als der Herzog<br />
wieder einmal nach <strong>Sonneberg</strong> kam und im<br />
Schlösschen alles vorbereitet war. Da überraschte<br />
das Zimmermädchen die Hausherrin<br />
mit der Schreckensnachricht: „Ach Gott, ach<br />
Gott! Frau Kommerzienrat, die Katz hott nein<br />
Harzog sein Bett gheckt!“. Der dabeistehende<br />
Ruß sagte jedoch seelenruhig: „Nex do, die<br />
Kirchstraße um 1860 mit St. Peter und Villa „Amalie“ und wenigen Häusern<br />
Kirchstraße um 1865<br />
-8-<br />
Katz bläbbt drinn. De Jörg (Georg) kümmt wuannersch<br />
hie.“<br />
Die Geschichte der Kirchstraße ist mit wenigen<br />
Zeilen kaum zu beschreiben. So standen doch<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts 37 Häuser –<br />
meist Häuschen – an der Straße. Nahezu in jedem<br />
Haus befanden sich ein Laden, ein Gewerbe<br />
oder gar eine kleine Spielwarenmanufaktur.<br />
Für viele beginnt gedanklich die Straße mit der<br />
Sonnenapotheke, die allerdings als Haus Nr. 7<br />
zum Unteren Markt gehört. Die Kirchstraße<br />
fängt jedoch erst mit dem Haus darüber an<br />
und auf der Gegenseite mit dem Haus von Carl<br />
Hutschenreuther – damals Haus Nr. 37, dann<br />
nach 1900 Haus Nr. 2. Das stattliche Gebäude<br />
der Apotheke wurde erst 1913 fertig, davor<br />
stand das so genannte „Schustershäusla“.<br />
Vom Glasbach aus gesehen, steht wenig sichtbar<br />
an dem Haus der einstigen Apotheke: „Altersschwach<br />
ich war, ward ich neu errichtet<br />
vom Grund auf aller Kranken zum Heil, unserer<br />
Stadt zum Schmuck.“<br />
Im Zeitraum von über 150 Jahren Kirchstraße<br />
gab es viele Grundbesitzer, Ladeninhaber, Nutzer<br />
– Hunderte können genannt werden. So z.<br />
B. beim Haus der Familie Hutschenreuther.<br />
Nach Carl Hutschenreuther folgte Theo Hutschenreuther<br />
und danach sein Sohn Kurt. Die<br />
einst sehr bekannte Kaufmannsfamilie verlegte<br />
nach 1900 ihr Geschäft mit eigener Kaffeerösterei,<br />
Bonbon- und Schokoladenherstellung<br />
in das Haus Bahnhofstraße 38. Die Kirchstraße<br />
2 übernahm dann die Handwerkerfamilie<br />
Räder-Großmann, danach der Konsum. Ende<br />
der 50er Jahre erfolgte der Abriss. Ebenso<br />
wurde auch in <strong>dieser</strong> Zeit das gegenüberliegende<br />
Gebäude (Wäscherei Knüpfer) abgerissen.<br />
Der kurze steile Anstieg wird heute noch im<br />
Volksmund als der „Kemmleinshügel“ genannt,<br />
war jedoch nie eine offizielle Bezeichnung.<br />
Die <strong>Sonneberg</strong>er benannten diesen kurzen<br />
Anstieg der Kirchstraße nach der Familie<br />
Kemmlein, die Anfang des 19. Jahrhunderts<br />
Kemmleinshügel mit Café Räder vor dem<br />
1. Weltkrieg