9,98 MB - Gemeinde Barbian
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Erlebte Geschichte · Der Jakinger · Oktober 2009<br />
Der erste Todesfall im Leben der Siesn-Tilla<br />
war ihr Bruder Sepp, der mit<br />
ihrem Vater in den 2. Weltkrieg ziehen<br />
musste. Sepp kam nicht mehr<br />
zurück, er wurde in Rumänien 1943<br />
als vermisst gemeldet. Ottilia war<br />
damals 15 Jahre alt. Ihr Vater kam heil<br />
vom Krieg zurück, starb aber acht<br />
Jahre später im Alter von 58 Jahren<br />
(1953) an einer Grippe, 1964 wurde die<br />
Mutter zu Grabe getragen. So blieb<br />
Ottilia bei ihren Brüdern, da beide<br />
nicht geheiratet hatten und auf dem<br />
Hof eine Frau gebraucht wurde. Sie<br />
konnte ihre Brüder nicht allein zurücklassen<br />
und deshalb verzichtete<br />
Ottilia auf eine eigene Familie.<br />
1976 fiel ihr Bruder Luis unterhalb des<br />
Hauses vom Kirschbaum auf eine<br />
„Zaunspelte“. Er verblutete an der<br />
Unglücksstelle. Tilla war zu diesem<br />
Zeitpunkt mit den Schmiedkindern,<br />
ihren zwei Nichten Theresia und Erika<br />
und dem Neffen Hans, auf der<br />
Alm. 1<strong>98</strong>4 starb ihr Bruder Hans im<br />
Alter von 54 Jahren. Zu diesem Zeitpunkt<br />
dachte sie sich öfters: „Dös<br />
derpock i nimmer!“<br />
„Es werd olm wieder Nocht und nor<br />
werd wieder Tog! Es isch olm weitergongen.“<br />
So antwortet sie auf die<br />
Frage, wie sie mit den Schicksalsschlägen<br />
fertig wurde.<br />
Im Juni 2008 kam ihre Großnichte<br />
Sybille bei einem Autounfall ums Leben<br />
und wieder müssen Ottilia und<br />
ihre Angehörigen mit dem Tod einer<br />
nahen Verwandten fertig werden.<br />
Trauern<br />
Nach einem Trauerfall in der Familie<br />
wurde vor ca. 60 oder 70 Jahren<br />
besonders viel Wert auf das Tragen<br />
22<br />
Erlebte Geschichte<br />
„Es isch olm weitergongen!“<br />
Ottilia Rabensteiner, Siesn-Tilla, Jahrgang 1928, erzählt über ihr Leben,<br />
das immer wieder von Todesfällen überschattet wurde.<br />
Siesn-Familie (ca. 1935): Tilla, Hans, Mutter Maria, Moidl, Vater Alois, Sepp und<br />
Luis (v.links.)<br />
von schwarzer Kleidung gelegt, das<br />
als Zeichen der Trauer, aber auch als<br />
Wertschätzung des Verstorbenen<br />
gewertet wurde. In Dialektform wurde<br />
dies „klougn“ (klagen) genannt.<br />
Starb die Mutter, trugen die Töchter<br />
ein Jahr lang schwarze Kleidung, die<br />
Söhne hingegen gingen ein halbes<br />
Jahr an Sonn-und Feiertagen mit<br />
schwarzer Krawatte zur Messe. Beim<br />
Tod des Vaters mussten die Söhne<br />
ein Jahr lang „klougn“, während die<br />
Töchter ein halbes Jahr schwarz gekleidet<br />
waren. Auch ein schwarzes<br />
Seidenband am Revers des Kragens<br />
deutete auf einen Todesfall in der Familie<br />
hin. Wenn Geschwister starben,<br />
wurde sechs Monate lang „geklôgg“.<br />
Wurde der/die EhepartnerIn zu Grabe<br />
getragen, wurde ein Jahr lang getrauert.<br />
Auch beim Tod eines Nachbarn<br />
wurde an drei aufeinander folgenden<br />
Sonntagen „geklôgg“. Auch durften<br />
Verwandte eines Verstorbenen nicht<br />
an Belustigungen teilnehmen, auch<br />
das Tanzen war in der Trauerzeit untersagt.<br />
Das „Klougn“, das Tragen<br />
von schwarzer Kleidung als äußeres<br />
Zeichen des Trauerns, veränderte<br />
sich im Laufe der Jahre, heute halten<br />
sich nur mehr einzelne Personen an<br />
diesen alten Brauch.<br />
Kindheit und Schulzeit<br />
Ihre Mutter war die Protertochter<br />
Maria Puntaier, ihr Vater Alois Rabensteiner,<br />
der Siesn-Bauer. Auf dem