9,98 MB - Gemeinde Barbian
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Siesn-Hof wurden 6 Kinder geboren:<br />
Sepp (geb. 1924), Luis (1926), Ottilia<br />
(1928), Hans (1930) und Maria (1931).<br />
Heute leben nur mehr sie und ihre<br />
Schwester Maria, Schmiedin im Unterdorf.<br />
An die Volksschulzeit erinnert sie<br />
sich folgendermaßen: „Mir hobm<br />
ollm lei ABC glearnt!“ Die ersten<br />
Volksschuljahre besuchte sie die italienische<br />
Schule. Emma Tabassi hieß<br />
ihre Lehrerin. Danach kam die deutsche<br />
Schule mit der „Kurrentschrift“,<br />
die letzten beiden Schuljahre wurde<br />
die lateinische Schrift (heutige<br />
Schreibschrift) gelernt.<br />
An die Erstkommunion erinnert sich<br />
Ottilia, dass sie ein dunkelblaues<br />
Gewand mit weißem Kragen trug.<br />
Gefirmt wurde sie in <strong>Barbian</strong>, ihre<br />
Patin war ihre Tante Ottilia Rabensteiner<br />
(Schwester ihres Vaters).<br />
Erinnerungen an ihre Eltern<br />
Sie erinnert sich gerne an ihre Mutter,<br />
die schon mit elf Jahren „afn<br />
Chor gongen isch“. Als ihre Mutter<br />
verheiratet war, ging sie noch drei<br />
Jahre zum Singen auf den Chor. Als<br />
die Siesn-Kathl geheiratet hat und<br />
Unterfallerin wurde, ging sie nicht<br />
mehr zum Singen, denn sie hatte<br />
keine „Kindsdiarn“ mehr. Besonders<br />
in der Karwoche war in der Stube auf<br />
dem Proter-Hof viel los: an den ersten<br />
drei Tagen war Musikprobe, an<br />
den nächsten drei Tagen Chorprobe.<br />
Während des 1.Weltkrieges war ihr<br />
Vater als Standschütze im Dolomitenkrieg<br />
im Einsatz. Er erzählte öfters,<br />
dass während des 2. Weltkrieges<br />
der Schiltler ums Leben kam und der<br />
Zöhrer ein Bein verlor. Dies belastete<br />
ihren Vater, weil beide „an Tschippl<br />
Kinder drhoam ghob hobm“.<br />
Im Jahre 1939 hieß es dableiben oder<br />
gehen. Der Sießn-Bauer entschied<br />
sich fürs Auswandern. Ottilia erinnert<br />
sich kaum an diese Zeit, sie war<br />
damals elf Jahre alt. Im Unterdorf<br />
optierten alle für Deutschland, aber<br />
niemand zog weg.<br />
Während des Zweiten Weltkrieges<br />
war Ottilia mit der Mutter, ihrer<br />
Schwester Maria und den beiden<br />
Brüdern Hans und Luis allein zu<br />
Hause. Sie erinnert sich an einen<br />
Weißsamstag, als sie gerade beim<br />
Krapfenbacken waren, dass die Fensterscheiben<br />
am Hof zerbarsten, weil<br />
beim Grünberger in Waidbruck Bomben<br />
abgeworfen wurden.<br />
Glück im Unglück<br />
Im Februar 1951 regnete es viel, es<br />
war alles „flatschet“. Am Valentinstag<br />
dieses Jahres um 15 Uhr löste<br />
sich Geröll und Erde und zerstörte<br />
teilweise das Wohnhaus. Der alte<br />
Hofer und der Bischof-Luis unterhielten<br />
sich in der Nähe des Sießn-Hofes<br />
und sahen, wie sich plötzlich ein<br />
„Keschtnbam“ in Bewegung setzte<br />
und langsam in Richtung Siesn-Hof<br />
nach unten wanderte. Die Schwester<br />
Moidl hatte zu diesem Zeitpunkt im<br />
Dachboden die Wäsche aufgehängt,<br />
ging gerade in ihr Zimmer, als sie<br />
einen Krach hörte. Tilla war auf der<br />
Stör beim Oberpallwitter, ihr Vater<br />
und ihre Mutter waren in der Stube,<br />
als die Geröllmassen ins Haus<br />
kamen. Staub war in der Stube, die<br />
Holztäfelung krachte, das Radio fiel<br />
zu Boden. Sie meinten, ein Flugzeug<br />
sei über ihrem Haus abgestürzt.<br />
Hans und Luis, die beiden Brüder,<br />
waren hinter dem Haus beim Holzhacken.<br />
Wie durch ein Wunder kam<br />
niemand zu Schaden. Die Nachbarn<br />
schauten sofort nach, ob jemand<br />
Das Wohnhaus nach der Mure 1951<br />
Der Jakinger · Oktober 2009 · Erlebte Geschichte<br />
Ottilia Rabensteiner, Siesn-Tilla,<br />
geb. 1928<br />
verletzt sei. Fensterstangen wurden<br />
ausgerissen, damit man ins Haus<br />
oder ins Freie kam, denn der Eingang<br />
war durch Geröllmassen verlegt.<br />
Auch Moidl, die sich im oberen Stock<br />
befand, musste über Steine und<br />
„Lettn“ aus dem Haus steigen. Der<br />
Herd in der Küche war zerstört. Für<br />
einige Tage wurde die Siesn-Familie<br />
bei Nachbarn untergebracht, Ottilia<br />
und Maria kamen beim Hofer-Hof<br />
unter. Mit den Aufräumungsarbeiten<br />
musste man einige Tage warten, damit<br />
die Erdmassen etwas trockneten.<br />
Mit der Hand mussten die Erd- und<br />
Steinmassen aus dem Haus entfernt<br />
werden, es gab zu dieser Zeit noch<br />
keinen Traktor oder Bagger. Auch der<br />
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