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Die protestantischen Pastorenfamilien Theune und Reimmann in ...

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Schulmeister <strong>und</strong> Organist e<strong>in</strong>erseits, der Kantor anderseits im 1716 neuerbauten Schulhause<br />

gleich neben der Pfarrei unter e<strong>in</strong>em Dach, aber mit getrennten E<strong>in</strong>gängen 52 . Wir zitieren<br />

diesen Abschnitt hier gekürzt, da <strong>Theune</strong>, se<strong>in</strong>e Frau <strong>und</strong> K<strong>in</strong>der mit Familie Blencke engen<br />

Umgang hatten, ja Blencke sich des besonderen Wohlwollens <strong>Theune</strong>s erfreute:<br />

„Me<strong>in</strong> antecessor [Vorgänger], d[er] H[err] Insp[ektor] <strong>Theune</strong>, wehlte ihm [sic] wegen<br />

se<strong>in</strong>er Jugend, um ihm nach se<strong>in</strong>er Hand zu ziehen <strong>und</strong> wegen se<strong>in</strong>es [Orgel-]Spielens.“ 53 Er<br />

soll sich ihm „vorzüglich angenommen <strong>und</strong> deßen schon beßeren <strong>Die</strong>nst [verglichen mit dem<br />

des Kantor] durch eigenmächtige Zulage aus der Kirche vor das Orgelschlagen [Orgelspielen]<br />

... vorzüglich noch e<strong>in</strong>träglicher gemacht, ih[m] auch dabey e<strong>in</strong>en Garten verschaft“ haben 54 .<br />

Den H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> der von Carsted so bezeichneten Eigenmächtigkeit bildete die Abschaffung<br />

des alten Brauchs des „Maiensetzens“ durch <strong>Theune</strong>. Zu Pf<strong>in</strong>gsten wurden die Maien <strong>in</strong> der<br />

Kirche ausgestreut. <strong>Die</strong> Kirche bezahlte dafür jedesmal 12 bis 16 Goldgroschen, 1725 <strong>und</strong><br />

1726 ausweislich der Kirchenrechnung 1 Taler. <strong>Theune</strong> schaffte diesen Brauch <strong>in</strong> Atzendorf<br />

„um des Schlafens <strong>und</strong> Plauderns willen“ ab, sprach aber gleichzeitig den „Maientaler“ aus<br />

dem Kirchsäckel dem Organisten zu 55 . Darüber h<strong>in</strong>aus bewilligte <strong>Theune</strong> Blencke 18 Taler<br />

aus der Kirchenkasse jährlich für das Orgelspielen <strong>in</strong> der Kirche, obwohl Blenckes Vorgänger<br />

hierfür nur 10 Taler erhalten hatte 56 .<br />

Carsted ist Blencke nicht <strong>in</strong> gleicher Weise gewogen: Blencke heiratete - so berichtet Carsted<br />

- das <strong>Die</strong>nstmädchen der Herrschaft, deren Tochter er Klavierunterricht gab, e<strong>in</strong>e Gärtnertochter<br />

Spiegel. „<strong>Die</strong> K<strong>in</strong>der, so er zeugte, bekamen ke<strong>in</strong>e rechte Erziehung zu Hause ... Den<br />

ältesten Sohn brachte er nach Magdeburg auf die Schule. <strong>Die</strong>ser ward darauf Schreiber auf<br />

dem Amte Egeln ... [wo er sich nicht e<strong>in</strong>f<strong>in</strong>den konnte <strong>und</strong> deshalb Verwalter wurde]. Den<br />

2ten Sohn George brachte er auf die Schule nach Calbe, <strong>und</strong> wie es nicht gehen wolte, [ließ er<br />

ihn e<strong>in</strong>e kaufmännische Lehre machen, die dieser abbrach, um Husar zu werden]. <strong>Die</strong> älteste<br />

Tochter brachten sie endlich nach Magdeburg, das sie schon erwachsen war; von da nam sie<br />

die Ober Amtm[änn<strong>in</strong>] Fulkrusen zu Westerburg zu sich. Aber sie ward ihrer müde, <strong>und</strong> die<br />

Eltern bewilligten, daß sie als Ausgeber<strong>in</strong> [<strong>Die</strong>nstmädchen] nach Unseburg 57 zog, wo der<br />

Verwalter Jenicke ohne Beamten e<strong>in</strong> Jahr wirtschaftete. <strong>Die</strong>ser mußte sie nehmen, den die<br />

Mutter gab vor, daß er sie beschlafen hätte. Jaenicke nam sie, weil die Eltern <strong>in</strong>deßen e<strong>in</strong>ige<br />

100 Thlr. von Vogelsdorff geerbt hatten <strong>und</strong> ihm versprochen zu helfen. Nach der Hochzeit<br />

mußte er sich bey ihnen auf der Schule [<strong>in</strong> Atzendorf] aufhalten. Endlich pachtete er das Amt<br />

Wusterwiz <strong>und</strong> ward Amtmann. E<strong>in</strong> jeder sahe aber, daß die übri[gen] K<strong>in</strong>der auf e<strong>in</strong>e sehr<br />

leichte Art mit samt diesem Amtmann dabey verderben würden. Der Organist Blencke f<strong>in</strong>g<br />

mit se<strong>in</strong>em geerbten Gelde an zu kaufen <strong>und</strong> zu verkaufen <strong>und</strong> das Verkaufte hernach zum<br />

besten des Jaenicke zur Hypothec zu verschreiben. Kurz, die Leute machten größere Anstalt,<br />

als sie ausführen können. Blencke wäre noch zu lencken; aber se<strong>in</strong>e Frau hat e<strong>in</strong>en Nagel im<br />

Kopf <strong>und</strong> regiret ihm ganz <strong>und</strong> betäubet ihm, daß er biß jezo das Verderben nicht siehet <strong>und</strong><br />

den Untergang nicht merckt, dar<strong>in</strong> er se<strong>in</strong>e ganze Familie <strong>und</strong> sich selber stürzt.“ 58<br />

Blenckes Vorgänger im Amt des Schulmeisters <strong>und</strong> Organisten, Johann Christoph Francke<br />

aus Holzsußra im Landkreis Sonderhausen <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen, fand <strong>Theune</strong> zu Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>er Zeit<br />

<strong>in</strong> Atzendorf bereits vor. Francke war bereits 1715, also etwa drei Jahre vor <strong>Theune</strong>, zuge-<br />

52<br />

Carsted 1928, § 21 (S. 52 f) nebst Anmerkung von Stegmann S. 52 <strong>in</strong> Fn. 1.<br />

53<br />

Carsted 1928, S. 476.<br />

54<br />

Carsted 1928, § 22 (S. 54).<br />

55<br />

Carsted 1928, § 23 (S. 57). Später wurde der Brauch durch königliche Order flächendeckend „<strong>in</strong> den Kirchen<br />

<strong>und</strong> überall“ verboten.<br />

56<br />

Carsted a.a.O. S. 58 mit der richtigstellenden Anmerkung von Stegmann <strong>in</strong> Fn. 4.<br />

57 Kreis Wanzleben.<br />

58 Carsted 1928, S. 476 f.<br />

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