Frauenfragen - GEW Landesverband Bayern
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22 Jahre Gleichstellungsstelle für Frauen in München<br />
Eine erfolgreiche Reformarbeit mit Zukunft<br />
Am 16. Januar 1985 beschloss der Münchner Stadtrat,<br />
die Gleichstellungsstelle für Frauen einzurichten. Sie wurde<br />
mit vier Planstellen ausgestattet – heute sind es 6 1/3. Ein<br />
breites Bündnis aus Politikerinnen der SPD und der Grünen,<br />
Gewerkschaftsfrauen, verschiedenen Gruppen der autonomen<br />
Frauenbewegung und frauenpolitisch aktiven Bürgerinnen<br />
hat die Stelle durchgesetzt.<br />
Das gemeinsame Ziel war klar: Die undemokratische wie<br />
ungerechte Benachteiligung von Frauen muss überall auch<br />
in der Münchner Stadtverwaltung abgebaut werden. Im<br />
Beschluss zur Einrichtung der Gleichstellungsstelle steht,<br />
alle Leiter der städtischen Fachreferate sind der Meinung,<br />
dass »den Belangen der Frau bereits jetzt wirksam Rechnung<br />
getragen wird«. Dieser Analyse der Ist-Situation der<br />
Stadtverwaltung im Jahr 1984 würde heute niemand mehr<br />
zustimmen.<br />
Mangels Vorbildern: eigene Konzepte<br />
Der Empfang der Mitarbeiterinnen der neu eingerichteten<br />
Stelle in der Stadtverwaltung war entsprechend zurückhaltend<br />
bis ablehnend. Vorbilder für den Aufbau und die<br />
Arbeit einer kommunalen Gleichstellungsstelle gab es kaum.<br />
Wir mussten unsere Arbeitskonzepte selbst entwickeln,<br />
durchsetzen, erproben, weiterentwickeln.<br />
Kommunale Gleichstellungsstellen sind sowohl für die<br />
Frauenförderung im Betrieb als auch für die Umsetzung<br />
der Geschlechtergleichstellung im Verwaltungshandeln für<br />
die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Stadt zuständig.<br />
Ich möchte die Arbeitsweise und einige Ergebnisse der<br />
Arbeit am Beispiel der »Schulstadt München« erläutern:<br />
München hat 111 städtische Schulen: 23 Realschulen,<br />
18 Gymnasien, eine Gesamtschule, eine Orientierungsstufe,<br />
68 berufliche Schulen mit 2.475 weiblichen und 2.107<br />
männlichen Lehrkräften. Es gibt 525 Kindertagesstätten,<br />
51 Kinderkrippen, 25 Kooperationseinrichtungen, 37 städtische<br />
Tagesheime, 264 Kindergärten, 148 Kinderhorte mit<br />
4.008 weiblichen und 142 männlichen Beschäftigten.<br />
Dieser kurze Bericht beschränkt sich auf den Bereich<br />
Schulen. Die berufliche Situation von Erzieherinnen, insbesondere<br />
deren Einkommenssituation, ist von Anfang an<br />
und ganz aktuell ein Thema der Gleichstellungsstelle. Leider<br />
sind unsere Handlungsmöglichkeiten hier ziemlich beschränkt.<br />
Alles fest in männlichen Händen<br />
1985 waren alle Schulleitungen, mit einer Ausnahme in<br />
jeder Schulgattung, in männlicher Hand, Besetzungen von<br />
Funktionsstellen mit Teilzeitkräften waren nicht möglich,<br />
die dienstliche Beurteilung war mit nachteiligen Folgen für<br />
Frauen, insbesondere Teilzeitkräfte, an einem männlichen<br />
Leitbild ausgerichtet, Personal wurde nach »Papierform« ausgewählt.<br />
Als erstes konnten wir durchsetzen, dass Fachberatungen<br />
für Teilzeitkräfte ausgeschrieben werden. 1992 beauftragte<br />
OB Kronawitter eine Arbeitsgruppe, bestehend<br />
aus Mitarbeitern des Schulreferats, dem Gesamtpersonalrat<br />
und der Gleichstellungsstelle, mit der Reform der dienstlichen<br />
Beurteilung im Schuldienst. Sie wurde von einem Mitarbeiter<br />
des OB-Büros geleitet. Anlass war die Rechtfertigung<br />
des damaligen Schulreferenten, es sei sachlogisch, dass<br />
Lehrerinnen mit Familienpflichten nicht »hervorragend« sein<br />
könnten, da sie nur beschränkt einsatzbereit seien. Daraufhin<br />
stimmte der OB einer grundlegenden Überprüfung des gesamten<br />
Beurteilungsverfahren zu, um eine weitere Diskriminierung<br />
von Frauen zu verhindern. Wichtige Eckpunkte<br />
der Reform waren geschlechtergerechte Anforderungsprofile,<br />
geschlechtsneutrale Beurteilungskriterien und ein transparentes<br />
Verfahren. Eine kleine Revolution war die Einführung<br />
des Entwurfsgesprächs. Vor der Reform erstellten die<br />
SchulleiterInnen die Entwürfe für die dienstliche Beurteilung<br />
der Lehrkräfte an ihrer Schule<br />
und leiteten diese an die jeweilige<br />
Fachabteilung im Schulreferat<br />
weiter.<br />
Dort wurden die Entwürfe<br />
vorwiegend formal geprüft und<br />
häufig geändert. Die nächste<br />
Stufe war dann die Referatsleitung.<br />
Am Ende der Zuleitungskette<br />
wurde der Lehrkraft die Beurteilung<br />
eröffnet, aber in der Regel<br />
nicht erläutert. Mitwirkungsmöglichkeiten<br />
hatte sie keine.<br />
Seit der Reform erläutert die<br />
Schulleiterin oder der Schulleiter<br />
der Lehrkraft den Entwurf<br />
und händigt ihr eine Kopie aus.<br />
Diese hat dann drei Wochen Zeit,<br />
um sich mit dem Entwurf auseinanderzusetzen<br />
und Änderungswünsche einzubringen.<br />
Kommt es zu keiner Einigung, kann ein Beurteilungsgespräch<br />
auf der Ebene der Fachabteilung<br />
beantragt werden. Um Lehrerinnen in der Vorbereitung<br />
auf das Entwurfsgespräch zu unterstützen,<br />
hat die Gleichstellungsstelle einen Leitfaden<br />
entwickelt und den Kolleginnen zur Verfügung gestellt.<br />
Das Entwurfsgespräch wurde von allen<br />
Lehrkräften positiv aufgenommen. Lehrerinnen<br />
begannen, für sich zu kämpfen. Für die BeurteilerInnen<br />
entwickelten wir einen Leitfaden zum geschlechtergerechten<br />
Beurteilen.<br />
DDS März 2008 12