Frauenfragen - GEW Landesverband Bayern
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Dienstliche Beurteilung 2006<br />
Mehrfache Benachteiligung von Frauen,<br />
Spitzenprädikate fast nur für FunktionsträgerInnen<br />
Wir erinnern uns: Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts<br />
erkannte die bayerische Staatsregierung, wie unangemessen<br />
Jahrzehnte alte Richtlinien für die Beurteilung<br />
der Beschäftigten in einer »modernen Verwaltung« sind. Die<br />
alten Prädikatsstufen wurden im Jahr 1999 durch eine 16-<br />
Punkte-Skala ersetzt. Durchschnittlich einmal wurden bayerische<br />
LehrerInnen bepunktet, wobei jeder Dienststelle eine<br />
Quote vorgegeben wurde. Diese legte das Durchschnittsergebnis<br />
einer Dienststelle im Vorhinein fest. Seitenlange Listen<br />
von Kriterien waren zu bewerten und die einzelnen<br />
Punktwerte am Ende unterschiedlich für einen Gesamtpunktwert<br />
zu gewichten. Wie erwartet, kam es zu einem<br />
Desaster. Wie sollte auch einem Kollegen/einer Kollegin<br />
überzeugend vermittelt werden, dass z. B. sein »Urteilsvermögen«<br />
acht Punkte wert ist, und nicht neun oder sieben?<br />
Im Kultusministerium reagierte man und machte von der<br />
Möglichkeit Gebrauch, sog. ressortspezifische Beurteilungsrichtlinien<br />
für LehrerInnen zu formulieren. Die Chance, die<br />
darin liegt, wurde nicht genutzt. Statt die Regelbeurteilung<br />
abzuschaffen und durch eine Form der Beförderungsbeurteilung<br />
zu ersetzen, kam es zur »Rolle rückwärts«. Die wenige<br />
Jahre vorher als untauglich verworfenen sieben Prädikatsstufen<br />
wurden wieder ausgegraben und mühsam etwas<br />
umbenannt. Aus »hervorragend« wurde »herausragend«, aus<br />
»übertrifft die Anforderungen« wurde »übersteigt die Anforderungen«.<br />
An Grund- und Hauptschulen (GHS) wurde<br />
die Zuständigkeit für die Beurteilung teilweise auf die SchulleiterIn<br />
übertragen und für LehrerInnen in A 12 an GHS<br />
wurde die Wahlmöglichkeit zwischen einer Regelbeurteilung<br />
und einem Leistungsbericht (einer Beurteilung ohne Prädikatsstufe)<br />
geschaffen. Für alle Schularten war 2006 das erste<br />
Beurteilungsjahr nach diesem neuen alten System.<br />
Ergebnisse wie eh und je<br />
Ende Januar sah sich das Kultusministerium endlich in<br />
der Lage, die Ergebnisse des Beurteilungsmarathons von<br />
2006 bekannt zu geben. Uns liegen die Ergebnisse nach<br />
Schularten, Lehrkräften mit und ohne »Funktion« sowie nach<br />
Geschlecht und nach Vollzeit (VZ) bzw. Teilzeit (TZ) aufgeschlüsselt<br />
anteilig (keine absoluten Zahlen) vor.<br />
Einige Vorbemerkungen: Nach den aktuellen Zahlen<br />
des KM ist der Anteil von Frauen an den einzelnen Schularten<br />
sehr unterschiedlich: GHS 73 %, Förderschulen (FÖS)<br />
72 %, Realschulen (RS) 57 %, Gymnasien (Gym) 46 %, Berufliche<br />
Schulen (BS) 42 %. Der Anteil teilzeitbeschäftigter<br />
Lehrerinnen variiert ebenfalls sehr: An GHS sind 42 % aller<br />
Lehrkräfte teilzeitbeschäftigte Lehrerinnen, an FÖS 37 %,<br />
an RS 23 %, an Gym 22 %, an BS 17 %.<br />
9 DDS März 2008<br />
Unterschiedliche Ergebnisse an Schularten<br />
Würde man daran glauben, dass Beurteilungen die Qualität<br />
der Leistung tatsächlich messen, ergäbe sich folgendes<br />
Bild: Sieger sind Berufsschullehrer(innen?) mit einer Funktion.<br />
Drei Viertel dieser Gruppe erhielten ein Spitzenprädikat<br />
(1 oder 2). VerliererInnen wären die Teilzeitbeschäftigten<br />
an Realschulen mit 11,5 % »Fünfern«. Nur etwa halb so<br />
viele »Spitzenkräfte« wie an den Gymnasien gäbe es an den<br />
Förderschulen.<br />
Das Spitzenprädikat »Leistung, die in allen Belangen<br />
von herausragender Qualität ist« (HQ) wurde am<br />
Gymnasium mehr als siebenmal so oft vergeben wie an der<br />
Förderschule. 3,6 % der Gymnasiallehrer erhalten es (gegenüber<br />
1,0 % der Gymnasiallehrerinnen und 0,3 % der<br />
Lehrkräfte an FÖS). Außer am Gymnasium (und der RS<br />
mit 1,2 %) bleibt dieses Prädikat im Promillebereich und<br />
spielt statistisch keine Rolle.<br />
Die Spitzenprädikate 1 und 2 erhalten bis zu zehnmal<br />
so viele FunktionsträgerInnen wie »normale« LehrerInnen<br />
(siehe die folgende Grafik).<br />
An den verschiedenen Schularten verteilen sich diese<br />
Spitzenprädikate so:<br />
GHS: 28,3 % der Männer und 13,4 % der Frauen, 23,3 %<br />
der VZ- und 8,6 % der TZ-Beschäftigten.<br />
Förderschulen: 15,5 % der Männer und 8,9 % der Frauen,<br />
15,2 % der VZ- und 4,3 % der TZ-Beschäftigten.<br />
Realschulen: 17,4 % der Männer und 9,8 % der Frauen,<br />
15,9 % der VZ- und 5,5 % der TZ-Beschäftigten.<br />
Gymnasien: 25,9 % der Männer und 13,9 % der Frauen,<br />
24,2 % der VZ- und 11,9 % der TZ-Beschäftigten.<br />
Berufliche Schulen: 18,1 % der Männer und 9,5 % der<br />
Frauen, 18,1 % der VZ- und 5,9 % der TZ-Beschäftigten.