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138 Rechtsprechung recht 1990 Heft 4<br />

sehen. Sie lassen sich in der schweizerischen<br />

Rechtsprechung durch zahlreiche Beispiele<br />

belegen, von denen die Annahme der Pistensicherungspflicht<br />

des Skiliftunternehmens als<br />

vertragliche Nebenpflicht aus Beförderungsvertrag<br />

nur das signifikanteste darstellt 15 .<br />

c) Als Ergebnis ist festzuhalten: Die Nebenpflichten<br />

sind entstanden im Zuge der Verfeinerung<br />

der Schuldrechtsdogmatik, die das<br />

Schuldverhältnis als einen sich entwickelnden<br />

Organismus begreift. Im Rahmen dieses Organismus<br />

werden die Nebenpflichten zur Risikoverteilung<br />

und zur Kompensation von Ungleichgewichtslagen<br />

eingesetzt. Das entsprechende<br />

dogmatische Instrumentarium, mit<br />

dem diese Ziele verwirklichtwerden, bilden die<br />

culpa in contrahendo und die positive Vertragsverletzung.<br />

Diese Funktion der Nebenpflichten<br />

wird schliesslich ganz besonders<br />

deutlich durch die Formulierungen, mit denen<br />

deren Begründung in der Literatur beschrieben<br />

wird. Sie sind, so Kramet 6 , «aus ausdrücklicher<br />

Vereinbarung, aus Vertragsergänzung<br />

oder einfach objektiv aus Artikel 2ZGB abzuleiten».<br />

Gerade diese Wendung führt zurück zu<br />

dem hierzu besprechenden Entscheid.<br />

4. Die Haftungserweiterung bei Dienstleistungen<br />

Das Bundesgericht hat in BGE 77511 62ff., wie<br />

oben bereits dargelegt 17 , die Sorgfalts- und<br />

Treuepflicht des Beauftragten konkretisiert. Es<br />

hat damit nichts anderes getan als das, was in<br />

der eben zitierten Formel von Kramer umschrieben<br />

wird. Der einzige Unterschied besteht<br />

darin, dass auf den Rückgriff auf Art.2<br />

ZGB weitgehend verzichtet werden konnte,<br />

weil im Bereich des Auftragsrechts die Nebenpflichten<br />

gewissermassen institutionalisiert<br />

sind, verpflichtet doch der Gesetzgeber den<br />

Beauftragten in Art.398 OR generell zur Sorgfalt<br />

und Treue. Im übrigen gilt all das, was für<br />

die Nebenpflichten allgemein gesagt wurde,<br />

für diejenigen des Beauftragten in gleicher<br />

Weise Dies lässtsich sowohl aus der Methode<br />

des Vorgehens des Bundesgerichtes als aus<br />

den von ihm gewonnenen Ergebnissen belegen.<br />

a) Das Bundesgericht geht von der zutreffenden<br />

These aus, dass der Beauftragte nicht für<br />

,5 Dazu Weberin 14) und Wiegand/Koller-Tumler (Fn 6)<br />

16 Kramer. a a.O. N.97<br />

" Siehe oben S 136<br />

den Erfolg seiner Tätigkeit einzustehen habe.<br />

Es fügt aber sofort an, dass eine unsorgfältige<br />

oder treuwidrige Erfüllung, die den Auftraggeber<br />

schädigt, den Beauftragten zum Schadenersatz<br />

verpflichtet.<br />

Im Hinblick darauf werden nun die Massstäbe<br />

der Sorgfalt in Stufen festgelegt. Beginnend<br />

mit der nach objektiven Kriterien zu bestimmenden<br />

Sorgfalt eines gewissenhaften<br />

Beauftragten, gesteigert durch höhere Anforderungen<br />

an einen entgeltlich und berufsmässig<br />

Handelnden, wird der Sorgfaltsmassstab<br />

im Hinblick auf die besonderen Umstände des<br />

Einzelfalls sowie die Art des Auftrags verfeinert<br />

und schliesslich durch berufstypische Verhaltensregeln<br />

und Usancen ergänzt.<br />

Es liegt auf der Hand, dass mit diesen Kriterien<br />

das Mass der Sorgfalt, das vom Beauftragten<br />

verlangt wird, praktisch beliebig ausgedehnt<br />

werden kann. Die vom Bundesgericht<br />

verwendeten und auch in der Literatur 18 herangezogenen<br />

Kriterien lassen breiten Ermessensspielraum<br />

offen, und eine Verschärfung<br />

der Massstäbe wird nur in seltensten Fällen als<br />

willkürlich bezeichnet werden können. Dies<br />

bedeutet aber, dass durch eine Haftungsverschärfung<br />

das Risiko der Durchführung des<br />

Auftrags weitgehend vom Auftraggeber auf<br />

den Beauftragten verlagert werden kann, ohne<br />

dass man dessen unmittelbare Erfolgshaftung<br />

begründen müsste 19 .<br />

b) Noch deutlicher lassen sich diese Phänomene<br />

bei der vom Bundesgericht vorgenommenen<br />

Umschreibung der Treuepflicht beobachten.<br />

Ausgehend von der sehr vagen Interessenwahrnehmungspflicht<br />

wird daraus eine<br />

Beratungs- und Informationspflicht abgeleitet.<br />

Die Beratung hat regelmässig zu erfolgen und<br />

umfasst die Verpflichtung von «Anweisungen,<br />

welche den Interessen des Auftraggebers zuwiderlaufen<br />

... abzuraten». Noch umfassender<br />

wird die Informationspflicht umschrieben, deren<br />

«Gegenstand ... bildet alles, was für den<br />

Auftraggeber von Bedeutung ist». Darüber hinaus<br />

soll der Beauftragte auch unaufgefordert<br />

über Zweckmässigkeit, Weisungen, Kosten<br />

sowie Erfolgschancen Auskunft geben 20 .<br />

18<br />

Neben den in Entscheid Zitierten vgl die umfassende<br />

Darstellung bei Derend/nger Die Nicht- und die nichtrichtige<br />

Erfüllung des einfachen Auftrages. 2 nachgef Aufl Fribourg<br />

1990. N 77ff., insbes 126ff, sowie generell Weber Sorgfaltswidrigkeit<br />

- quo vadis?. ZSR 19881 39ff<br />

19<br />

Zur eventuellen Entlastung durch den Exkulpationsbeweis<br />

siehe unten S.141<br />

20<br />

Siehe oben Erw 3a; in der Literatur und der deutschen<br />

Judikatur wird die noch weitergehende Auffassung vertreten.

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