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echt 1990 Heft 4 Rechtsprechung 141<br />
Sorgfaltspflicht 33 oder der Exkulpationsmöglichkeit<br />
34 des Beauftragten, Abweichungen<br />
vorzusehen, lassen sich weder überzeugend<br />
begründen noch sind sie erforderlich. Eventuell<br />
gebotene Korrekturen lassen sich vielmehr<br />
einerseits durch die Beweisanforderungen,<br />
zum anderen aber vor allem durch den Spielraum,<br />
den man für Exkulpationsmöglichkeiten<br />
eröffnet, in angemessener Weise verwirklichen.<br />
Auch auf diesem Gebiet fallen denn die<br />
eigentlichen Entscheidungen durch eine Wertung,<br />
die wiederum nicht auf rechtsdogmatischen,<br />
sondern auf rechtspolitischen Erwägungen<br />
beruht.<br />
a) Der Nachweis der Pflichtverletzung bereitet<br />
in der Regel keine Schwierigkeiten. Dies wird<br />
durch das hier besprochene Urteil auf anschauliche<br />
Weise belegt. Gelingt es dem Auftraggeber,<br />
einen Schaden zu beweisen, und<br />
wird dann, wie in deroben abgedruckten Erwägung<br />
35 z. B., die Aufklärungspflicht des Beauftragten<br />
umfassend und weitreichend formuliert,<br />
so ergeben sich Pflichtverletzung und deren<br />
Kausalität für den eingetretenen Schaden<br />
fast von selbst.<br />
b) Als problematisch erweist sich allenfalls der<br />
Nachweis eines Verstosses gegen die Sorgfaltspflicht.<br />
Manche Autoren wollen die<br />
Schwierigkeiten dadurch umgehen, dass sie<br />
den Begriff der Sorgfalt aus der Vertragsverletzung<br />
überhaupt herausnehmen und ihn allein<br />
dem Verschulden zuordnen 36 . Dies bedeutet<br />
einerseits nur eine Problemverschiebung, ist<br />
andererseits aber auch sachlich nicht haltbar.<br />
Richtig ist vielmehr, dass der Beauftragte Sorgfalt<br />
schuldet, so wie jeder andere Schuldner<br />
seinem Gläubiger ebenfalls sorgfältiges Vorgehen<br />
als Nebenpflicht 37 schuldet. Eine Verletzung<br />
dieser Sorgfaltspflicht ist Voraussetzung,<br />
damit überhaupt von einem haftungsbegründenden<br />
Tatbestand die Rede sein kann:<br />
denn erst durch die Annahme dieser Sorgfaltspflicht<br />
wird in der oben beschriebenen 38<br />
33 So etwa Derendinger (Fn. 18). N.340ff.. der damit aber<br />
seinen eigenen Grundpositionen widerspricht<br />
34 Das gilt auch für den an sich interessanten Versuch von<br />
Werro. La distinction entre l'obligation de resultat et l'obligation<br />
de moyens, une nouvelle approche de la repartition du<br />
fardeau de la preuve de la taute dans la responsabilite contractuelle.<br />
ZSR 198925b. Die Unterscheidung ist sachlogisch<br />
richtig (dazu Merz. SPR VI, 1, 129), sie führt jedoch zu einer<br />
Lösung, die den rechtspolitisch gebotenen Differenzierungen<br />
nicht Rechnung trägt.<br />
35 Erw.3d.<br />
36 Siehe insbes Derendinger (fn. 18). a.a.O.<br />
37 Wiegand. a.a.O. recht 1984 18<br />
»Siehe oben S 139<br />
Weise entschieden, dass dem Schuldner eine<br />
Verpflichtung zum Schutz der Vermögensinteressen<br />
und Rechtsgüter des Gläubigers obliegt,<br />
und nur wenn der Schuldner diese Pflicht<br />
verletzt, besteht ein Grund für seine Haftung.<br />
Infolgedessen kann auf einen Beweis des<br />
Sorgfaltsverstosses nicht verzichtet werden.<br />
Eine gewisse Schwierigkeit besteht darin,<br />
dass-wie sich aus deroben dargelegten, vom<br />
Bundesgericht vorgenommenen Konkretisierung<br />
der Sorgfaltsmassstäbe ergibt - zur Feststellung<br />
des Sorgfaltsverstosses häufig besondere<br />
Anstrengungen erforderlich sind, so<br />
wie im vorliegenden Fall die Einholung einer<br />
Expertise. Diese Schwierigkeiten, die vor allem<br />
in Arztprozessen Anlass zu Diskussionen gegeben<br />
haben, dürfen jedoch nicht als Vorwand<br />
dienen, auf den für die Zuweisung von Schäden<br />
unerlässlichen Nachweis der Pflichtverletzung<br />
zu verzichten. Das vorliegende Urteil bildet<br />
ein schönes Beispiel dafür, dass dies auch<br />
möglich ist.<br />
7. Exkulpation<br />
Wenn dieser Nachweis, bei dem Schaden,<br />
Pflichtverletzung und Kausalität in der Regel<br />
Hand in Hand gehen, geführt worden ist, stellt<br />
sich die letzte zentrale Frage, ob und inwieweit<br />
dem Schuldner eine Exkulpationsmöglichkeit<br />
eingeräumtwird. Dass eran sich eine Exkulpationsmöglichkeit<br />
hat, ergibt sich aus Art. 97 OR<br />
und ist nach zutreffender und herrschender<br />
Meinung auch im Auftragsrecht selbstverständlich;<br />
davon geht das Bundesgericht ohne<br />
nähere Begründung im vorliegenden Fall zu<br />
Recht aus.<br />
a) Fraglich ist allein, welchen Spielraum der in<br />
Anspruch genommene Beauftragte überhaupt<br />
hat, um den Entlastungsbeweis zu führen. Im<br />
vorliegenden Urteil hatte das Bundesgericht<br />
keinen Anlass, auf diese Frage einzugehen. Sie<br />
stellt sich vor allem beim Verstoss gegen Sorgfaltspflichten<br />
undwird in letzterZeit mit grosser<br />
Intensität diskutiert 39 ; dies aus folgenden<br />
Gründen:<br />
Seit langer Zeit hat sich in der schweizerischen<br />
Literatur und Judikatur der sogenannte<br />
objektivierte Fahrlässigkeitsbegriff durchge-<br />
39 Neben dem mehrfach zitierten Aufsatz von Weber<br />
(Fn.18). der umfangreiche Nachweise enthält, vgl noch Oswald.<br />
Analyse der Sorgfaltspflichtverletzung im vertraglichen<br />
wie ausservertraglichen Bereich. Zürich 1988