23.10.2012 Aufrufe

Download gesamte Ausgabe (PDF, 13389 kb) - Regensburger ...

Download gesamte Ausgabe (PDF, 13389 kb) - Regensburger ...

Download gesamte Ausgabe (PDF, 13389 kb) - Regensburger ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Nachgefragt Juni 2012 Juni 2012 Nachgefragt<br />

hartl noBBis ehrenamts-WUnDertüte:<br />

Fette Kohle aUs Dem steUertopF<br />

Norbert Hartls einzelne Aufwandsentschädigungen summieren sich auf rund 64.000 Euro<br />

spD-Fraktionschef norbert hartl (65) geht<br />

äußerst großzügig um mit den informationen,<br />

die sich um das geld anderer drehen.<br />

so war er es, der bei einer Veranstaltung gezielt<br />

ausplapperte, dass drei stadträte ihre<br />

sitzungsgelder angeblich nicht ordnungsgemäß<br />

abgerechnet hätten. später wurde<br />

allerdings offenkundig: Der Fehler dafür<br />

lag bei der stadt. Doch da waren hartls<br />

Kollegen - so wie von diesem wohl auch<br />

beabsichtigt - in der öffentlichkeit längst<br />

beschädigt. Und hartl legte nach: so war<br />

er es auch, der bei der Finanzierung für die<br />

nach dem aufstieg des ssV Jahn notwendig<br />

gewordenen aufrüstung des stadions<br />

medienwirksam vorpreschte. Und in einem<br />

glückwunschschreiben den Verein wissen<br />

ließ, was doch die stadt alles übernehmen<br />

könne. Doch wenn es um das eigene geld<br />

geht, gibt sich hartl recht einsilbig und verschwiegen.<br />

„Darüber rede ich doch nicht<br />

mit ihnen“ lässt er den stadtzeitungs-redakteur<br />

erstmal am telefon wissen, als der<br />

ihn zu seinen offenbar recht erklecklichen<br />

einnahmen aus diversen ehrenämtern befragen<br />

will.<br />

Diese für den sonst so wortgewaltigen Wadlbeißer<br />

im Stadtrat ungewohnte Zurückhaltung<br />

könnte durchaus ihren Grund haben. Dazu<br />

müssen wir jedoch etwas ausholen. Hartl sitzt<br />

seit 1978 für die Genossen im Rathaus, immer<br />

wieder wird sein doch so selbstloses Engagement<br />

im Sozialbereich hervorgehoben, das er<br />

seit 1982 als Bezirksrat noch weiter ausdehnte.<br />

Und freilich kam da für den mittlerweile<br />

pensionierten Ingenieur und Technischen<br />

Fermeldeoberamtsrat der Deutschen Telekom<br />

im Laufe der Jahre noch der eine oder andere<br />

Posten hinzu, u. a. kurz vor dem Eintritt in den<br />

Ruhestand der des zweiten Vizepräsidenten<br />

und des Schatzmeisters des Verbandes der<br />

Bayerischen Bezirke.<br />

Da ein Aufsichtratssessel, dort ein Verwaltungsratsjob,<br />

die Aufwandsentschädigungen, die Sitzungsgelder,<br />

die Städtereisen, die Freikarten<br />

usw. usw..<br />

„ein ehrenamt im ursprünglichen sinn ist<br />

ein ehrenvolles und freiwilliges öffentliches<br />

amt, das nicht auf entgelt ausgerichtet ist.“<br />

(Definition laut WiKipeDia)<br />

So drängt sich irgendwie die Frage auf: Wie<br />

selbstlos ist das Engagement des zweifellos<br />

umtriebigen Ex-Betriebsrates nun wirklich? Der<br />

Kämpfer für Gerechtigkeit, der stete Anwalt des<br />

kleinen Mannes – schöpft er etwa richtig dicke<br />

Euros und die fette Kohle aus seinem umfangreichen<br />

Ehrenamtsfundus?<br />

Das „ehrenamt“ - norbert h. und<br />

seine sprudelnden geldquellen<br />

Die Stadtzeitung hat recherchiert, überwand<br />

so manche Mauer des Schweigens und kam zu<br />

doch sehr überraschenden Ergebnissen. Denn<br />

das, was Hartl nach Stadtzeitungsinformationen<br />

laut diverser Satzungen für seine einzelnen<br />

Posten kassieren kann, ist ein beträchtlicher<br />

Batzen Geld:<br />

- monatliche Aufwandsentschädigung als<br />

Stadtrat 631,93 Euro (pro Jahr 7.583,16 Euro)<br />

- zusätzlich monatliche Aufwandsentschädigung<br />

als Fraktionsvorsitzender 631,93 Euro<br />

(pro Jahr 7.583,16 Euro)<br />

- Telefonkostenzuschuss als Fraktionsvorsitzender<br />

monatlich 26 Euro (pro Jahr 312<br />

Euro)<br />

- Zuschuss für Geschäftsbedürfnisse als<br />

Stadtrat 43 Euro (pro Jahr 516 Euro), dieses<br />

Geld fließt aber in der Regel den Fraktionen<br />

zu, nicht den einzelnen Stadträten<br />

- Weihnachtsgeld als Stadtrat 631,93 Euro<br />

(umgelegt auf den Monat 52,66 Euro)<br />

- Sitzungsgelder als Stadtrat: Hartl ist Mitglied<br />

im Bauausschuss (20 Sitzungen im<br />

Jahr 2012), im Planungsausschuss (18 Sitzungen),<br />

im Grundstücksausschuss (10 Sitzungen),<br />

im Verwaltungs- und Finanzausschuss<br />

(11 Sitzungen), im Ausschuss für Soziales<br />

und Stiftungsangelegenheiten (4 Sitzungen).<br />

Zudem tagt das Stadtratsplenum 2012<br />

insgesamt elf Mal. Pro Sitzung werden 30<br />

Euro fällig. Macht bei insgesamt 74 Sitzungen<br />

2.220 Euro im Jahr, umgerechnet 185<br />

Euro monatlich.<br />

- Und dann wären da ja noch die Vertretungen<br />

für den OB bei offiziellen Terminen,<br />

die Hartl auffällig gerne<br />

immer wieder wahrnimmt.<br />

Auch dafür gibt<br />

es jeweils 30 Euro. Über<br />

die Häufigkeit dieser<br />

Termine liegen – das<br />

Jahr 2012 läuft ja noch<br />

– keine exakten Zahlen<br />

vor, doch 60 „Einsätze“ sind wahrscheinlich<br />

nicht übertrieben, eher sogar gering geschätzt,<br />

– macht nochmal 1800 Euro im Jahr<br />

oder 150 Euro im Monat.<br />

Allein aus der Stadtratstätigkeit wären das insgesamt<br />

20.646,25 Euro pro Jahr oder rund<br />

1.720 Euro pro Monat, die Hartl „abgreift“. Doch<br />

Norbert Hartl sitzt ja auch noch im Bezirksrat.<br />

Dafür gibt es natürlich Extra-Geld:<br />

- monatliche Aufwandsentschädigung als<br />

Bezirksrat 725 Euro pro Monat (pro Jahr<br />

8.700 Euro)<br />

- zusätzlich monatliche Aufwandsentschädigung<br />

als Stellvertreter des Bezirkstagspräsidenten<br />

565 Euro pro Monat (pro Jahr 6.780<br />

Euro)<br />

- Aufwandsentschädigung als Vorsitzender<br />

des Rechnungsprüfungsausschusses pro<br />

Monat 290 Euro (pro Jahr 3.480 Euro)<br />

- Sitzungsgelder als Bezirksrat: Hartl ist Mitglied<br />

im Sozialausschuss (zwei Sitzungen im<br />

Jahr 2012), im Krankenhausausschuss (zwei<br />

Sitzungen) und im Rechnungsprüfungsausschuss<br />

(dessen Sitzungstermine hat der<br />

Bezirk nicht veröffentlicht, zwei dürften es<br />

aber wohl mindestens sein). Das Bezirkstagsplenum<br />

trifft sich 2012 drei Mal. Pro<br />

Sitzung gibt es 35 Euro. Macht bei neun<br />

Sitzungen 315 Euro im Jahr, umgerechnet<br />

26,25 Euro im Monat.<br />

Als Bezirksrat kommt Hartl nach dieser Rechnung<br />

auch nochmal auf 19.725 Euro pro Jahr<br />

oder über 1.600 Euro im Monat. Insgesamt<br />

sind das dann schon 40.371,25 Euro jährlich<br />

als Zusatzeinkommen aus Aufwandsentschädigungen<br />

oder 3.364 Euro pro Monat! Und damit<br />

reicht’s jetzt aber für einen „ehrenamtlich“ Tätigen,<br />

oder? Nein! Denn da sind ja auch noch die<br />

Zusatzposten:<br />

- Hartl sitzt im Aufsichtsrat der Rewag. Dafür<br />

gibt es üblicherweise 409 Euro Aufwandsentschädigung<br />

pro Monat plus 200 Euro<br />

pro Sitzung (drei pro Jahr), unter dem Strich<br />

also 5.508 Euro pro Jahr (pro Monat 459,67<br />

Euro).<br />

- Hartl gehört auch dem Verwaltungsrat der<br />

Sparkasse an. Die zahlt für ihre vier Sitzungen<br />

jährlich zwar nur jeweils 30 Euro, dafür<br />

aber eine Aufwandsentschädigung von 715<br />

Euro pro Monat. Das wären dann im Jahr<br />

8.700 Euro, 725 Euro im Monat.<br />

- Bei der Stadtbau GmbH und der Seniorenstift<br />

GmbH fungiert Hartl ebenfalls als<br />

Aufsichtsrat. Bei der Stadtbau gibt es dafür<br />

3.160 Euro jährlich, bei der Seniorenstift 600<br />

Euro im Jahr. Macht nochmal 3.760 Euro.<br />

- Fast hätten wir es vergessen: Als Vizepräsident<br />

und Schatzmeister des Verbandes<br />

der Bayerischen Bezirke steht Hartl ja ebenfalls<br />

noch eine Aufwandsentschädigung zu.<br />

„Das sind nur ein paar hundert Euro im<br />

Monat, mehr nicht“, sagt ein Sprecher des<br />

Verbandes, genauer festlegen will er sich<br />

nicht. Wären es 300 Euro, ergäbe das 3.600<br />

Euro im Jahr.<br />

- Und schlussendlich wäre da ja auch noch<br />

die Tätigkeit als Preisrichter bei diversen<br />

Architektenwettbewerben der Stadt. Mit<br />

wieviel Geld Norbert Hartl dafür entschädigt<br />

wird, wollte die Stadt ebenfalls nicht<br />

mitteilen, die Stadtzeitung bleibt am unteren<br />

Rand und taxiert das Entgelt auf 2.000<br />

Euro im Jahr.<br />

Nach dieser Rechnung wären die Zusatzposterln<br />

noch einmal mit rund 20.000 Euro honoriert.<br />

Manches davon - wo die Mauern des<br />

Schweigens besonders hoch waren - hat die<br />

Stadtzeitung geschätzt – aber eher wohlwollend<br />

für Hartl. Zusammen mit Bezirkstags- und<br />

Stadtratsentschädigung wäre das die unglaubliche<br />

Summe von 63.839, 25 Euro – rund 5.320<br />

Euro pro Monat! Nur aus dem Ehrenamt, zusätzlich<br />

zur Pension, die Hartl ja auch noch<br />

zusteht! Unfassbar!<br />

hartl: so viel ist das nicht, nur<br />

40.000 euro<br />

Als die Stadtzeitung Hartl mit dieser Zahl konfrontiert,<br />

wird er dann doch gesprächiger.<br />

„Nein, so viel ist es bei weitem nicht. Die Einnahmen<br />

aus den Aufsichtsräten sind gedekkelt!“,<br />

behauptet der Sozialdemokrat. Exakt<br />

4932 Euro dürfe er damit dazuverdienen. Und<br />

was das andere Geld anbelange: „Ich leiste<br />

auch viel als Bezirks- und Stadtrat, keiner geht<br />

wahrscheinlich zu mehr Sitzungen als ich. Da<br />

darf ich dann schon fragen, ob jeder soviel<br />

Arbeit auf sich nimmt.“ Er habe „jedenfalls<br />

nichts Unkorrektes“ getan, beteuert Hartl, und<br />

er sei „ein anständiger Mensch“ und finde es<br />

„nicht in Ordnung, für das Engagement wie<br />

ein Verbrecher behandelt zu werden.“ Zu den<br />

einzelnen Posten will er sich nicht äußern. Um<br />

dann nach kurzem Überlegen kleinlaut einzuräumen:<br />

„Sicher, 40.000 mögen es schon sein,<br />

die ich da habe.“<br />

„nehme nur das, was mir laut satzung<br />

auch zusteht“<br />

Na, da hat den Genossen womöglich eine Rechenschwäche<br />

ereilt. Denn selbst wenn die von<br />

Hartl angeführte Deckelung berücksichtigt, zusätzlich<br />

sogar Sitzungsgelder für diese Tätigkeiten<br />

nicht in Ansatz gebracht, das Geld für die<br />

Geschäftsbedürfnisse nicht mit eingerechnet<br />

und die Preisrichter-Tätigkeit nur mit der Hälfte<br />

des von der Stadtzeitung geschätztes Geldes<br />

honoriert werden würden, läge Hartl nach der<br />

Stadtzeitungsrechnung noch immer bei exakt<br />

49.387 Euro. Mindestens. Für`s Ehrenamt. Doch<br />

Hartl behält das ja nach eigenen<br />

Worten nicht, eine Monatsentschädigung<br />

als Bezirksrat<br />

spende er immer, zusätzlich<br />

führe er, der Gute, 30 Prozent<br />

der Aufsichtsrats-Aufwandspauschale<br />

an die Fraktion ab.<br />

Doch selbst wenn dem so<br />

sei, blieben ihm mindestens<br />

47.018 Euro übrig. Wie gehabt<br />

– fürs Ehrenamt.<br />

„Ja“, sagt Hartl. „Ich bin eben<br />

Stadtrat und Bezirksrat. Und in<br />

dieser Funktion gewiss nicht<br />

der letzte Hinterbänkler. Aber<br />

ich bekomme doch nur das,<br />

was mir laut Satzung zusteht.<br />

Das ist nichts Ungesetzliches.“<br />

Nein, ungesetzlich ist<br />

das nicht, was Hartl kassiert.<br />

Aber wohl auch alles andere<br />

als selbstlos.<br />

Und Hartl hat wohl auch<br />

Recht, wenn er behauptet, er<br />

bekommt nur das, was in den<br />

jeweiligen Satzungen festgeschrieben<br />

ist. Doch erinnern<br />

wir uns: Auch die nahezu unfassbar<br />

hohen Superboni für<br />

miese Banker waren vertraglich<br />

festgeschrieben - und sind<br />

dennoch in einer breiten Öffentlichkeit<br />

als verachtenswert<br />

gebrandmarkt worden. Legal<br />

heißt also noch lange nicht<br />

anständig.<br />

Rund 50.000 Euro Einnahmen aus politischen<br />

Ehrenämtern soviel Lohn haben Bauarbeiter,<br />

Fließbandarbeiter, Bürokaufleute, Altenpfleger,<br />

Krankenschwestern, Polizisten, selbst manche<br />

Ingenieure nicht. Und die arbeiten auch eine<br />

ganze Menge und sind am Abend oft kaputt<br />

- und leisten dennoch oftmals darüber hinaus<br />

noch tatsächliche, unentgeltliche Ehrenamtsarbeit<br />

in Vereinen und sozialen Institutionen.<br />

Und die bekommen obendrauf auch kein Jahresticket<br />

für den RVV (kostet in der Tarifzone 1<br />

Regensburg-Stadt immerhin 425 Euro), bekommen<br />

keine Dult-Freimarken, reisen nicht auf<br />

Steuerzahlers Kosten zu diversen, über die ganze<br />

Welt verteilten Partnerstädten, hangeln sich<br />

nicht bei unzähligen Empfängen von Freibier<br />

zu Freiessen und sind nicht zu den Schlossfestspielen<br />

eingeladen. Gell, Herr Hartl? (hk)<br />

SPD-Fraktionshef Norbert Hartl<br />

12 Die <strong>Regensburger</strong> Stadtzeitung Die <strong>Regensburger</strong> Stadtzeitung<br />

13

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!