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Stotax Portal - Stollfuß Medien

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Bron/Seidel, Verfassungsmäßigkeit des SolzG DStZ 2010 Nr. 19 707<br />

Änderungsanträge sein. Dazu kommt, dass jeder einzelne<br />

Kunde des Entrichtungspflichtigen separat die<br />

Anmeldung – nämlich insoweit, wie sie ihn betrifft –<br />

anfechten bzw. insoweit einen Änderungsantrag stellen<br />

müsste. 69)<br />

cc) Erstattungsantrag<br />

(1) § 37 Abs. 2 AO<br />

Fraglich ist, ob Steuerpflichtige hier einen Antrag auf<br />

Erstattung des SolZ gemäß § 37 Abs. 2 AO stellen<br />

könnten. Ist eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt<br />

worden, so hat der Leistende einen Anspruch auf<br />

Rückzahlung gegen den Leistungsempfänger. Dies gilt<br />

auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung<br />

später wegfällt, § 37 Abs. 2 Satz 2 AO. Zwar gehen<br />

Sonderregelungen in Einzelsteuergesetzen der Vorschrift<br />

des § 37 Abs. 2 AO vor 70) . § 36 Abs. 4 Satz 2<br />

EStG fände aber – da nach der vom BMF aufgestellten<br />

Prämisse gerade keine Veranlagung stattfinden soll –<br />

hier keine Anwendung.<br />

Der SolZ ist durch den Entrichtungspflichtigen zunächst<br />

auf Grund einer bestehenden gesetzlichen<br />

Grundlage – dem SolZG – einbehalten und abgeführt<br />

worden. Deshalb stellt sich die Frage, ob bei einer<br />

Nichtigerklärung des SolZG durch das BVerfG nachträglich<br />

der Rechtsgrund wegfiele. Zur Frage, wann<br />

eine Leistung ohne rechtlichen Grund erfolgt ist, werden<br />

verschiedene Ansichten 71) vertreten, auf die hier<br />

aber nicht weiter einzugehen ist. Entscheidend ist u.E.,<br />

dass der BFH in ständiger Rechtsprechung 72) die Steueranmeldung<br />

des Entrichtungspflichtigen als Rechtsgrund<br />

ansieht. Nur so lässt sich auch die eigene Anfechtungs-<br />

bzw. Änderungsantragsbefugnis des<br />

Steuerschuldners in Bezug auf die Steueranmeldung<br />

rechtfertigen.<br />

Der Rechtsgrund der Steueranmeldung entfällt aber<br />

auch nicht bei einer rückwirkenden Nichtigerklärung<br />

des SolZG durch das BVerfG. Zwar enthält § 79 Abs. 2<br />

BVerfGG für nicht mehr anfechtbare (Steuer-)Verwaltungsakte<br />

ein Rückabwicklungsverbot. Das bedeutet<br />

aber umgekehrt nicht, dass anfechtbare oder nach<br />

§ 164 Abs. 2 Satz 2 AO noch änderbare Steuerbescheide<br />

(Steueranmeldungen) automatisch wegfallen.<br />

Diese müssen gemäß dem Prinzip des Vorrangs des<br />

Primärrechtsschutzes angegriffen und verfahrensrechtlich<br />

aufgehoben (also rückabgewickelt) werden<br />

73) . Es erfolgt somit bei einer Nichtigerklärung des<br />

SolZG (insoweit) keine automatische Suspendierung<br />

der KapESt-Anmeldungen der Entrichtungspflichtigen.<br />

Für den Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO<br />

ist deshalb die Durchbrechung der formellen Bestandskraft<br />

der Steuerfestsetzung erforderlich. 74)<br />

Der Steuerpflichtige, der bislang die Einkünfte aus Kapitalvermögen<br />

nicht in eine Veranlagung einbezogen<br />

hat, wäre also zunächst gezwungen, den Rechtsgrund<br />

Steueranmeldung zu beseitigen, um einen Erstattungsanspruch<br />

durchsetzen zu können. 75) Bereits oben<br />

sind die dabei auftretenden praktischen Probleme beschrieben<br />

worden. Schließlich wäre auch hier wieder<br />

die Festsetzungsverjährung zu beachten, die bis zur<br />

Entscheidung des BVerfG zumindest für einige Veranlagungszeiträume<br />

eingetreten sein könnte.<br />

© <strong>Stollfuß</strong> <strong>Medien</strong> Benutzer: <strong>Stollfuß</strong> <strong>Medien</strong><br />

Der Vollständigkeit wegen sei in diesem Zusammenhang<br />

noch angemerkt, dass eine rückwirkende Nichtigerklärung<br />

des SolZG jedenfalls nicht die Nichtigkeit<br />

(§ 125 AO) der Steueranmeldungen zur Folge hat.<br />

(2) Richterrechtlicher Erstattungsanspruch<br />

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In ständiger Rechtsprechung billigt der BFH 76) beschränkt<br />

Steuerpflichtigen analog § 50d Abs. 1 Satz 2<br />

EStG einen Erstattungsanspruch zu, wenn KapESt erhoben<br />

wurde, obwohl (insoweit) überhaupt keine beschränkte<br />

Steuerpflicht des Gläubigers der Kapitalerträge<br />

bestand. Nach Ansicht des BFH haben die<br />

Vorschriften über den Abzug und die Bemessung der<br />

KapESt hinter die Regelung über den Umfang der beschränkten<br />

Steuerpflicht zurücktreten. Das Erfordernis<br />

eines solchen, in Analogie zu § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG<br />

begründeten Erstattungsanspruches besteht aber nur<br />

dann, wenn es wegen § 50 Abs. 2 EStG zu keiner Veranlagung<br />

kommen kann. 77) Nur aus dieser Zwangslage<br />

des beschränkt steuerpflichtigen Kapitalanlegers<br />

heraus hat die Rechtsprechung einen richterrechtlichen<br />

Erstattungsanspruch entwickelt. 78)<br />

U.E. erscheint es sehr fraglich, ob diese Argumentation<br />

ebenfalls auf unbeschränkt Steuerpflichtige, die Einkünfte<br />

aus Kapitalvermögen erzielen, die dem abgeltenden<br />

Quellensteuerabzug unterlegen haben, übertragbar<br />

ist (zu den beschränkt Steuerpflichtigen siehe<br />

sogleich unter dd)). Hier ist nämlich § 43 Abs. 5 Satz 3<br />

EStG zu beachten, wonach trotz der in § 43 Abs. 5<br />

Satz 1 EStG bestimmten grds. Abgeltungswirkung ein<br />

Antragswahlrecht zur Einbeziehung in die Besteuerung<br />

nach § 32d EStG besteht. Die Einbeziehung in<br />

die Besteuerung nach § 32d EStG kann u.E. nur als<br />

Veranlagung – dann eben zum Sondertarif des § 32d<br />

EStG – verstanden werden. 79) Für den unbeschränkt<br />

Steuerpflichtigen existiert deshalb keine mit § 50<br />

Abs. 2 EStG vergleichbare Zwangslage.<br />

Im Ergebnis besteht daher für unbeschränkt Steuerpflichtige<br />

schon gegenwärtig kein Erstattungsanspruch<br />

analog § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG. U.E. ist es wegen<br />

§ 43 Abs. 5 Satz 3 EStG auch nicht realistisch, dass<br />

die Rechtsprechung ihre bisherige Analogie ausdehnt.<br />

69) Man stelle sich einmal vor, dass tausende Kunden einer deutschen<br />

Großbank jeweils separat und für jeden Anmeldezeitraum<br />

Einspruch gegen die KapESt-Anmeldung einlegten.<br />

70) Schmieszek in Beermann/Gosch, § 37 AO Rz. 7; Drüen in<br />

Tipke/Kruse, AO/FGO,§ 37 AO Rz. 11.<br />

71) Siehe Darstellung bei Schmieszek in Beermann/Gosch, § 37<br />

AO Rz. 22ff.<br />

72) Z. B. BFH v. 12. 10. 1995, I R 39/95, BStBl II 1996, 87;<br />

v. 20. 7. 2005, IV R 165/01, BStBl II 2005, 890.<br />

73) Bethge in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG,<br />

§ 79 Rz. 51.<br />

74) Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 37 AO Rz. 37.<br />

75) BFH v. 22. 4. 2009, I R 53/07, BFH/NV 2009, 1543 m. w.N. Auf<br />

den vom BFH ebenfalls angesprochenen Freistellungsantrag<br />

gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 AO soll im hier interessierenden<br />

Zusammenhang nicht weiter eingegangen werden.<br />

76) BFH v. 22. 4. 2009, I R 53/07, BFH/NV 2009.<br />

77) So explizit BFH v. 12. 10. 1995, I R 39/95, BStBl II 1996, 87<br />

noch unter Bezugnahme auf § 50 Abs. 5 EStG a. F.<br />

78) Vgl. auch BMF v. 18. 1. 1994, BStBl I 1994, 139.<br />

79) Blümich/Lindberg, § 44b EStG Rz. 21 ist der Ansicht, dass für<br />

eine Erstattung von KapESt an den Gläubiger der Kapitalerträge<br />

wg. § 32d Abs. 4 EStG ohnehin eine Veranlagung zwingend<br />

durchzuführen sei.

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