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Welttrainer 2010 - Schwäbische Post

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FUSSBALL-WM / SCHWÄBISCHE POST / GMÜNDER TAGESPOST Freitag, 11. Juni <strong>2010</strong> 13<br />

Generation auf Sternensuche<br />

Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger sind gefordert –Das Rätsel Lukas Podolski WM 2006 (in Deutschland): Das<br />

Sommermärchen war nach dem 0:2<br />

Der vierte Stern. Mit diesem<br />

Motto hat der Hauptsponsor<br />

des Deutschen Fußball-<br />

Bundes die Nationalelf nach Südafrika<br />

geschickt. Der gänzlich unbescheidene<br />

Wunsch lautet: Holt den<br />

vierten WM-Titel nach 1954, 1974<br />

und 1990.<br />

Dass das Sterne-Unterfangen<br />

ohne den verletzten Star, Kapitän<br />

Michael Ballack, stattfinden muss,<br />

war so natürlich nicht vorgesehen.<br />

Doch nicht nur das Leben geht weiter,<br />

auch die Werbe-Kampagne.Der<br />

nach der WM ohnehin anstehende<br />

Generationenwechsel, ob mit oder<br />

ohne Bundestrainer Joachim Löw,<br />

wird umein paar Wochen vorgezogen.<br />

Jetzt müssen es halt Philipp<br />

Lahm, Bastian Schweinsteiger, Lukas<br />

Podolski und Co. richten.<br />

Die neuen Führungsspieler sind<br />

alle Mitte Zwanzig. Und haben<br />

doch schon jede Menge Erfahrung.<br />

Die drei waren bereits bei der Europameisterschaft<br />

2004 in Portugal dabei.<br />

Der damalige Bundestrainer<br />

Rudi Völler warf seine „grünen<br />

Jungs“ ins kalte Wasser. Podolski<br />

und Schweinsteiger hatten gerade<br />

mal die Erfahrung von einem Länderspiel<br />

nach Portugal mitgebracht,<br />

Lahm hatte immerhin<br />

schon sechs Mal im Adler-Trikot gespielt.<br />

Das frühe Aus schon nach<br />

der Gruppenphase war eine<br />

schmerzliche Erfahrung. Mit rotem<br />

Kopf verließ Lahm die Algarve –<br />

aber angeblich nur,weil er eine Sonnencreme<br />

mit zu geringem Schutzfaktor<br />

eingepackt hatte.<br />

Doch zumindest die Bayern-Profis<br />

Lahm und Schweinsteiger haben<br />

inzwischen viel gelernt. Im Verein<br />

bei Top-Trainern wie Felix Magath,<br />

Ottmar Hitzfeld, Jupp Heynckes<br />

und Louis van Gaal, in der Nationalelf<br />

bei Jürgen Klinsmann und Joachim<br />

Löw. Insbesondere die Kar-<br />

Die Fußball-WM verlangt auch<br />

von den TV-Macherneine<br />

Höchstleistung –egal ob privat<br />

oder öffentlich-rechtlich. Viele<br />

so genannte Fußball-Experten<br />

werden dabei sein, um den Moderatoren<br />

zu helfen.<br />

Die Fans verpassen nichts: Alle<br />

Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft<br />

in Südafrika werden live und<br />

ohne Zusatzkosten übertragen. 55<br />

Spiele zeigen die öffentlich-rechtlichen<br />

Sender ARD und ZDF, neunmal<br />

ist RTL amBall. Zudem berichtet<br />

der Pay-TV-Sender Sky im Bezahlfernsehen<br />

live über das größte<br />

Sportereignis des Jahres und zeigt<br />

für seine Kunden 64 Partien.<br />

Nicht nur bei den Fans, auch bei<br />

den Sendern ist die Vorfreude groß,<br />

denn WM-Turniere sind die größten<br />

Quotengaranten. Zweistellige<br />

Millionen-Reichweiten sind der<br />

Normalfall, 29,66 Millionen TV- Zuschauer<br />

wie beim WM-Halbfinale<br />

2006 zwischen Deutschland und Italien<br />

der Extremfall. Weil das so ist,<br />

hat auch RTL Senderechte für neun<br />

Spiele erworben, obwohl sich der<br />

Kölner Privatsender ansonsten aus<br />

derFußball-Berichterstattung komplett<br />

zurückgezogen hat.<br />

Die wichtigsten Spiele der WM<br />

laufen allerdings bei ARD und ZDF,<br />

darunter alle Partien der deutschen<br />

Nationalmannschaft, das Eröffnungsspiel<br />

Südafrika gegen Mexiko<br />

(ARD) und das Finale (ZDF). Die beiden<br />

öffentlich-rechtlichen Sender<br />

haben sich die 55 Begegnungen aufgeteilt<br />

und zeigen auch die parallel<br />

angesetzten Partien an den letzten<br />

Vorrundenspieltagen. Die attraktiveren<br />

Begegnungen –wie Deutschland<br />

gegen Ghana am 23. Juni –werden<br />

im Hauptprogramm gesendet.<br />

Bundestrainer Joachim Löw und sein neuer Kapitän Philipp Lahm, der Michael<br />

Ballacks Rolle übernehmen muss. Foto: dpa<br />

riere des so anständig-soliden Außenverteidigers<br />

Lahm verlief nach<br />

Wunsch. Relativ schnell hatte er ein<br />

gutes Level erreicht, spielte meist<br />

ohne Formschwankungen, schien<br />

aber auf dem erreichten Niveau zu<br />

stagnieren.<br />

„Unsere Generation ist jetzt so<br />

weit“, sagte Lahm, nachdem ihn<br />

Löw zum jüngsten deutschen Kapitän<br />

bei einer WM bestimmt hatte.<br />

Nicht jeder traut dem mitunter<br />

allzu brav auftretenden Münchner<br />

dieses Amt zu. „Philipp ist ein<br />

Scholl: Weder Kasperl noch Netzer<br />

TV-Sender berichten nahezu rund um die Uhr von der WM<br />

Die zweite Partie –in diesem Fall<br />

Australien gegen Serbien –inden Digital-Sendern.<br />

Um 13 Uhr beginnt während der<br />

Vorrunde das Fußball-Programm<br />

mit anfangs drei Spielen pro Tag.<br />

Die Sender bieten aber fast rund<br />

um die Uhr WM-Berichterstattung.<br />

So beginnt das ZDF morgens um<br />

8.30 Uhr mit dem „WM-Café“. Im<br />

ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin sollen<br />

prominente Gäste aus Sport<br />

und Kultur mit etwa 100 Zuschauern<br />

fachsimpeln. Bei der ARD wird<br />

„Waldis WM-Club“ den WM-Tag<br />

kurz vor Mitternacht beenden.<br />

Überträgt das Erste die beiden<br />

Nachmittagsspiele, melden sich<br />

Waldemar Hartmann und seine<br />

Gäste schon um 18.45 Uhr zu Wort.<br />

RTL wird neben sechs Gruppenspielen<br />

zwei Achtelfinal-Partien sowie<br />

ein Viertelfinale übertragen. Im<br />

Gegensatz zur WM 2006, als der Kölner<br />

Privatsender ausschließlich<br />

sonntags sendete, hat RTL diesmal<br />

Spiele an Wochentagen zur besten<br />

Sendezeit (20.30 Uhr) gekauft. Zu sehen<br />

sind dabei in der Vorrunde die<br />

europäischen Top-Teams Italien,<br />

Spanien, England, Frankreich und<br />

die Niederlande.<br />

Prominente Experten unterstützen<br />

auf allen Kanälen die Kommentatoren-<br />

und Moderatoren-Teams.<br />

RTL schickt unter anderem Günther<br />

Jauch, Jürgen Klinsmann, Jürgen<br />

Klopp und Olaf Thon ins WM-<br />

Rennen. Die ARD will mit den Duos<br />

Günter Netzer (hört nach der WM<br />

auf)/Gerhard Delling und Mehmet<br />

Scholl/Reinhold Beckmann punkten.<br />

Als Reporterin ist Franziska van<br />

Almsick im Einsatz. Das ZDF stellt<br />

in Béla Réthy den Endspielreporter<br />

und hat den ehemaligen Schweizer<br />

Schiedsrichter Urs Meier sowie Ex-<br />

Nationaltorwart Oliver Kahn als Experten<br />

verpflichtet.<br />

Der frühere Nationalspieler<br />

Scholl will als neuer Experte der<br />

ARD nicht als Kopie eines Günter<br />

Netzer auftreten. Einen großen Unterschied<br />

zu seinem Vorgänger kündigte<br />

Scholl an. „Eine Krawatte werden<br />

Sie bei mir nie sehen“, erklärte<br />

der Ex-Nationalspieler. „Das ist das<br />

hässlichste Kleidungsstück, das es<br />

für einen Mann überhaupt geben<br />

kann. Die ARD weiß, dass es nicht<br />

passt, wenn sie mich dahinstellt wie<br />

einen Kasperl.“ dpa/sid<br />

Beim FC Bayern umdribbelte Mehmet Scholl viele Gegner. Jetzt sieht der Ex-<br />

Nationalspieler das Geschehen aus einer anderen Perspektive. Foto: nph<br />

klasse Fußballer. Aber ich weiß<br />

nicht, ob er dieser Aufgabe gewachsen<br />

ist“, hat Ex-Kollege Oliver Kahn<br />

seine Zweifel. Im Verein freilich hat<br />

Lahm schon bewiesen, dass er auch<br />

unbequem sein kann. Miteinem unautorisierten,<br />

Bayern-kritischen Interview<br />

sprang er im Herbst dem damals<br />

auf der Kippe stehenden van<br />

Gaal bei –die Folgen sind bekannt.<br />

Nicht ganz so zielgerichtet verlief<br />

die Karriere von Bastian Schweinsteiger.<br />

Erst seit dieser Saison hat<br />

der einstige „Hallodri Basti“ seine<br />

ideale Position im zentralen Mittelfeld<br />

gefunden und ist auch menschlich<br />

gereift. „Er ist ein Mann geworden“,<br />

sagt Bayern-Präsident Uli<br />

Hoeneß. „Er kann einer der fünf besten<br />

Spieler der Welt werden“, sagt<br />

sein Nebenmann und Mentor in<br />

München, Mark van Bommel.<br />

Bei der WM hat Schweinsteiger<br />

nach dem Ballack-Ausfall keinen neben<br />

sich stehen, an dem er sich orientieren<br />

kann. Südafrika wird für<br />

den 25-Jährigen zur fußballerischen<br />

Reifeprüfung.<br />

Wasaus seinem einstigen dicken<br />

Kumpel Lukas Podolski bei dieser<br />

WM wird, das bleibt die große<br />

Frage. 27 Bundesliga-Spiele und<br />

nur zwei Tore in der abgelaufenen<br />

Bundesliga-Saison für den 1. FC<br />

Köln, zuvor auch bei den Bayern oft<br />

nur Bankdrücker. Löw kennt in erster<br />

Linie den „anderen“ Podolski. Jenen,<br />

der in 72 Länderspielen schon<br />

38 Mal getroffen hat. Undergibt Podolski<br />

das Vertrauen. „Lukas hat<br />

eine Dynamik, wie sie nur wenige<br />

Spieler haben. Er wird inSüdafrika<br />

explodieren“, glaubt der Bundestrainer.<br />

Ob tatsächlich mit einem „Urknall“<br />

zu rechnen ist, das sei mal dahingestellt.<br />

Aber nur so entsteht ein<br />

neuer Stern. Vielleicht ist es sogar<br />

der Vierte. GEROLD KNEHR<br />

Sean Dundee, Südafrikaner mit<br />

deutschem Pass, erlebt die WM<br />

in seiner Heimat. Der Ex-Stuttgarter<br />

will im Herbst wieder<br />

nach Deutschland kommen.<br />

Für Südafrika soll die erste Fußball-WM<br />

auf dem „schwarzen“ Kontinent<br />

ein Meilenstein in Sachen positiver<br />

Eigen-PR werden –und auch<br />

der frühere Bundesliga-Shootingstar<br />

Sean Dundee begreift die Titelkämpfe<br />

als Wendepunkt. „Ich will<br />

im Herbst wieder nach Deutschland<br />

und meinen Trainerschein machen“,<br />

kündigt er an.<br />

Der37-Jährige ist im südafrikanischen<br />

Durban geboren, lebt dort<br />

heute wieder und arbeitet gelegentlich<br />

als TV-Kommentator. Eine Karrieremit<br />

Höhen und Tiefen hat Dundee<br />

aber vor allem in Deutschland<br />

erlebt. Gerd Müller (15), Rudi Völler<br />

(9), Jürgen Klinsmann (15) –keiner<br />

dieser Torjäger war in seinem ersten<br />

Bundesligajahr so treffsicher<br />

wie Dundee, der 1995/96 16 Tore<br />

schoss.<br />

„Diese Zeit war super“, sagt der<br />

162-fache Bundesligaspieler (61<br />

Tore). „Sean war damals für mich<br />

der beste deutsche Stürmer. Er<br />

hätte aber Halt aus seinem Umfeld<br />

gebraucht“, sagt sein damaliger<br />

Coach Winfried Schäfer. Entdeckt<br />

wurde Dundee von Michael Feichtenbeiner,<br />

damals Trainer bei den<br />

TSF Ditzingen in der Regionalliga,<br />

heute Sportdirektor beim Zweitligisten<br />

Cottbus.<br />

Zwei Liebschaften, zwei Kinder,<br />

mehrerefalsche Berater –ein holpriges<br />

Privatleben beeinträchtigten<br />

Dundees Leistungen. Nach drei Jahren<br />

KSC flüchtete er zum FC Liver-<br />

Schon sieben Mal<br />

im Endspiel<br />

im Halbfinale gegen Italien nicht<br />

vorbei. Das Team wurde für Platz<br />

drei groß gefeiert.<br />

WM 2002 (Japan/Südkorea): Platz<br />

zwei hatten viele Rudi Völler und<br />

Co. nicht zugetraut. Im Finale gegen<br />

Brasilien (0:2) patzte der bis dahin<br />

überragende Oliver Kahn.<br />

WM 1998 (Frankreich): Lothar Matthäus<br />

(37) wollte es noch einmal wissen.<br />

Das Aus kam im Viertelfinale –<br />

0:3 gegen Kroatien.<br />

WM 1994 (USA): Außer dem Titel<br />

Brasiliens blieb Stefan Effenbergs<br />

Stinkefinger unvergessen. Deutschland<br />

scheitert im Viertelfinale an<br />

Bulgarien (1:1).<br />

WM 1990 (Italien): Dritter Titelgewinn<br />

für Deutschland. Franz Beckenbauer<br />

führte das frisch vereinigte<br />

Land mit einem 1:0 im Finale<br />

gegen Argentinien auf den Thron.<br />

WM 1986 (Mexiko): Deutschland<br />

verliert das Endspiel gegen Argentinien<br />

mit 2:3.<br />

WM 1982 (Spanien): Unter Derwall<br />

erneut Platz zwei. Ohne Cchance<br />

im Endspiel gegen Italien (1:3).<br />

WM 1978 (Argentinien): Erster Titel<br />

für Argentinien, Deutschland<br />

macht sich bei der „Schmach von<br />

Cordoba“ (2:3 gegen Österreich)<br />

zum Gespött.<br />

WM 1974 (Deutschland):GerdMüller<br />

schießt im Finale das Siegtor<br />

zum 2:1 gegen die Niederlande.<br />

WM 1970 (Mexiko): Das dramatische<br />

deutsche Halbfinale gegen Italien<br />

(3:4 n. V.)gilt vielen heute noch<br />

als „Jahrhundertspiel“.<br />

WM 1966 (England): Das Finale<br />

Deutschland gegen England 2:4 n.<br />

V. wird durch das „Wembley-Tor“<br />

entschieden.<br />

WM 1958 (Schweden): Erster WM-<br />

Sieg Brasiliens (5:2 gegen Schweden).<br />

Deutschland Vierter.<br />

WM 1954 (Schweiz): Deutschland<br />

besiegt Ungarn der 3:2, Sepp Herberger<br />

schafft eine Sensation.<br />

Dundee: Deutschland<br />

ist meine Heimat<br />

Der Südafrikaner will wieder zurück<br />

pool, wechselte nach nur einer Saison<br />

zum VfB Stuttgart und spielte<br />

sich erst unter Felix Magath wieder<br />

frei. „Er hat mir das Leben schwer<br />

gemacht. Vielleicht war er deshalb<br />

der beste Coach, den ich je hatte.“<br />

Verpassten Chancen will der<br />

Sohn eines Hafenarbeiters und einer<br />

Verkäuferin aber nicht nachtrauern.<br />

Nach dem Hickhack um seine<br />

Einbürgerung hätte der Tattoo-Fan<br />

im Februar 1997 sogar sein Debüt in<br />

der deutschen Nationalelf geben sollen;<br />

doch wegen einer Verletzung<br />

musste er absagen –zum Debüt im<br />

Der Südafrikaner<br />

Sean Dundee<br />

will wieder<br />

in Europa Fuß<br />

fassen.<br />

DFB-Dress kam es danach nicht<br />

mehr. „Ich bereue nichts“, meint er<br />

rückblickend. „Mit etwas mehr<br />

Härte hätte ich aber wohl mehr erreicht“,<br />

ergänzt Dundee, der im<br />

Sommer 2009 bei AmaZulu FC (Südafrika)<br />

abtrat.<br />

DasKapitel Deutschland wird für<br />

Dundee von Herbst an ein Neuanfang.<br />

Dabei hatte sein Leben am<br />

Kap an Stabilität gewonnen. Mit<br />

Freundin Stefanie und den Kindern<br />

Jordan (3) und Mia (14 Wochen alt)<br />

lebt er in einem Haus am Strand,<br />

nur fünf Minuten vonden Eltern Robin<br />

und Veronica entfernt.<br />

„Deutschland ist aber meine Heimat“,<br />

betont er. dpa/tgo

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