Die Zukunft der Erziehung - Interessengemeinschaft Kleine Heime ...
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Familienerziehung – Frem<strong>der</strong>ziehung –<br />
Wertewandel<br />
Gegen den faulen Frieden mit <strong>der</strong> Gleichgültigkeit 1<br />
In einer Verwaltungsrechtssache hat ein<br />
Städtisches Jugendamt am 22.1.1996 als<br />
argumentativen Höhepunkt und Schlußsatz<br />
formuliert: „Das KJHG sieht nicht die<br />
För<strong>der</strong>ung von familiären Bindungen vor,<br />
son<strong>der</strong>n die einer neutralen Betreuung, die<br />
den Betreuten zur Führung eines selbständigen<br />
Lebens befähigt.“ Abgesehen davon,<br />
daß man mit diesem Schreiben einer<br />
Fachbehörde nur Peinlichkeit und Inkompetenz<br />
assoziieren kann, könnte es auch<br />
noch ein Beispiel des im Titel meines Beitrages<br />
genannten Wertewandels sein.<br />
<strong>Die</strong> Stadt sieht den Willen des KJHG in<br />
<strong>der</strong> Stärkung neutraler Betreuung, nicht in<br />
<strong>der</strong> Stärkung familiärer Bindungen. Wie<br />
soll also die <strong>Zukunft</strong> <strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong> – unser<br />
Tagungsthema – aussehen? Neutrale<br />
Betreuung o<strong>der</strong> familiäre Bindung – das<br />
ist hier die Frage.<br />
Veranstalter dieser Tagung ist die <strong>Interessengemeinschaft</strong><br />
<strong>Kleine</strong> <strong>Heime</strong>, also<br />
<strong>der</strong> Einrichtungen <strong>der</strong> Frem<strong>der</strong>ziehung, die<br />
oft unter großem persönlichen Einsatz,<br />
manchmal auch mit einigem Profit, aber<br />
immer mit kaum vorstellbaren Abstrichen<br />
im Bezug auf ihre Privatsphäre angetreten<br />
sind, um die Frem<strong>der</strong>ziehung durch<br />
das Angebot quasi-familiärer Strukturen zu<br />
optimieren. <strong>Die</strong> kleinen <strong>Heime</strong> – wir selbst<br />
leben diese Lebensform seit 1972 – sind<br />
vor dem Hintergrund <strong>der</strong> 68er Generation<br />
zu sehen: Den Initiatoren ging es um<br />
selbstbestimmte sinnhafte Tätigkeit mit<br />
einer heute und – wie ich denke – in Zu-<br />
26<br />
kunft nicht mehr vorstellbaren Bereitschaft<br />
zu sozialem Engagement, das eben vor<br />
dem Privatleben durchaus nicht halt machte.<br />
Für die zu betreuenden Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen<br />
ging es um die Chance zu einem<br />
individuellen Leben in den überschaubaren<br />
quasifamiliären Strukturen eines<br />
kleinen <strong>Heime</strong>s mit so wenig Institution wie<br />
möglich und mit einem Höchstmaß an<br />
personeller Kontinuität – Sie kennen die<br />
Argumentationen.<br />
<strong>Die</strong> großen Institutionen waren trotz des<br />
persönlichen Engagements einzelner Mitarbeiter<br />
strukturell nicht in <strong>der</strong> Lage, ein<br />
Zuhause für die desorientierten Kin<strong>der</strong> und<br />
Jugendlichen zu bieten. Es zeigte sich,<br />
daß Aufbewahrung – ist es das, was das<br />
oben genannte städtische Jugendamt mit<br />
‚neutraler Betreuung‘ meint? – zur Bewältigung<br />
<strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong>saufgabe nicht ausreichte.<br />
Wie allseits bekannt, versuchten<br />
dann auch die großen Einrichtungen den<br />
familienorientierten Ansatz unter ihren organisatorischen<br />
Bedingungen zu verwirklichen.<br />
Vor diesem Hintergrund ist die Alternative<br />
neutrale Betreuung gegen familiäre<br />
Bindungen aufmerksam zur Kenntnis zu<br />
nehmen. Und auch, wenn ich in diesem<br />
Zusammenhang besagtes Schreiben und<br />
seine Formulierungen nur als Aufhänger<br />
benutze: Ich denke, daß es sich bei <strong>der</strong><br />
Argumentation gegen ein kleines Heim mit<br />
seinem Angebot familiärer Bindungen<br />
nicht nur um ein peinliches Versehen han-