Die Zukunft der Erziehung - Interessengemeinschaft Kleine Heime ...
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egründen will ich, daß diese Gesellschaft<br />
durchaus Möglichkeiten hat, die Herausfor<strong>der</strong>ungen,<br />
die sich aus den Prozessen<br />
<strong>der</strong> Vergesellschaftung von <strong>Erziehung</strong> an<br />
die Bereitstellung gesellschaftlich organisierter<br />
Sozialisation, und damit an die Jugendhilfe<br />
ergeben, konstruktiv aufzunehmen,<br />
wenn denn nur <strong>der</strong> dazu erfor<strong>der</strong>liche<br />
gesellschafts- und sozialpolitische<br />
Gestaltungswille besteht. So lautet meine<br />
These: Es bestehen Chancen für eine zumindest<br />
tendenziell bedarfsgerechte Weiterentwicklung<br />
von Jugendhilfeleistungen;<br />
sie liegen jedoch eher in Diskursen, und<br />
wenn es sein muß, auch in Kontroversen<br />
im gesellschafts- und sozialpolitischen<br />
Kontext denn in Konzepten zur Umorganisation<br />
von Verwaltungsstrukturen, wie<br />
sie <strong>der</strong>zeit etwa im Bereich <strong>der</strong> Jugendhilfe<br />
entwickelt werden.<br />
Soviel im Überblick. Wenden wir uns,<br />
wie angekündigt in aller Kürze, dem Prozeß<br />
<strong>der</strong> Vergesellschaftung <strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong><br />
aus dem Blickwinkel <strong>der</strong> Jugendhilfe zu.<br />
Wenn wir unter Vergesellschaftung <strong>der</strong><br />
<strong>Erziehung</strong> ganz allgemein die historischen<br />
Prozesse verstehen, durch die Funktionen<br />
<strong>der</strong> <strong>Erziehung</strong> aus Familie und Verwandtschaft<br />
herausgelöst und mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong><br />
geplant durch gesellschaftliche Einrichtungen<br />
wahrgenommen werden1 , so<br />
ist es evident, daß solche Vergesellschaftsprozesse<br />
alles an<strong>der</strong>e als neu sind<br />
und die Anfänge sozialer Arbeit in <strong>der</strong> Waisen-,<br />
Armen- und Findelfürsorge des Mittelalters<br />
nichts an<strong>der</strong>es als Reaktionen auf<br />
eben diese Entwicklungen waren. Deutlich<br />
wird aber auch, daß wir uns <strong>der</strong>zeit in<br />
einer Phase beschleunigter Prozesse <strong>der</strong><br />
Vergesellschaftung von <strong>Erziehung</strong> befinden,<br />
wenn wir im Sinne dieser Definition<br />
die Übernahme von <strong>Erziehung</strong>sfunktionen<br />
36<br />
in und durch gesellschaftlich organisierte<br />
Settings infolge einer Herauslösung – man<br />
könnte auch sagen: eines Verlustes – von<br />
<strong>Erziehung</strong>skontinuität und -komplexität<br />
aus dem traditionellen Feld <strong>der</strong> Familie<br />
verstehen.<br />
Exemplarisch zeigen läßt sich dies –<br />
ohne jegliche Reminiszenz an vermeintlich<br />
bessere Zeiten, son<strong>der</strong>n schlicht beschreibend<br />
– an den familialen Konstellationen,<br />
unter denen sich Sozialisation von<br />
Kin<strong>der</strong>n zunehmend vollzieht. Zwar wird<br />
im 8. Jugendbericht darauf hingewiesen,<br />
daß mindestens 80 % aller Kin<strong>der</strong> bis zum<br />
15. bzw. 18. Lebensjahr bei ihren leiblichen<br />
Eltern aufwachsen2 . Dennoch kann nicht<br />
übersehen werden, daß sich in den zurückliegenden<br />
Jahrzehnten Verän<strong>der</strong>ungen<br />
in <strong>der</strong> Verläßlichkeit traditioneller Sozialisationssettings<br />
ergeben haben, die<br />
sich z.B. in steigenden Scheidungsraten<br />
und zunehmenden Zahlen Alleinerziehen<strong>der</strong><br />
dokumentieren. Ein weiteres Merkmal<br />
verän<strong>der</strong>ter Sozialisationsbedingungen,<br />
auch in vollständigen Familien, besteht<br />
darin, daß heute mehr Kin<strong>der</strong> als früher<br />
als Einzelkin<strong>der</strong> aufwachsen3 , so daß Sozialisation<br />
als Prozeß des Erwerbs sozialer<br />
Kompetenzen in (Alters-) Gruppen erschwert<br />
wird, was sich belastend auf das<br />
Hineinwachsen in die Gesellschaft auswirken<br />
kann. Es ist sicher kein Zufall, daß in<br />
den vorschulischen Einrichtungen, also<br />
dort, wo heute für eine zunehmende Zahl<br />
von Kin<strong>der</strong>n <strong>der</strong> erste Ort des regelmäßigen<br />
Zusammentreffens mit an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n<br />
ist, in den letzten Jahren mehr und<br />
mehr auch erziehungshilferelevante Auffälligkeiten<br />
registriert werden.<br />
Insgesamt zeichnet sich also eine Tendenz<br />
ab, <strong>der</strong>zufolge Sozialisationsleistungen,<br />
die Familien früher mit einiger Selbst-