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2.1. Vorbereitungen, Menschwerdung und Erniedrigung - Christologie

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INHALT<br />

2. MENSCHWERDUNG, ERNIEDRIGUNG UND SEIN MESSIANISCHER<br />

AUFTRAG 2<br />

<strong>2.1.</strong> <strong>Vorbereitungen</strong>, <strong>Menschwerdung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erniedrigung</strong> 2<br />

<strong>2.1.</strong>1. Messianische Prophetie des AT <strong>und</strong> in der Vorgeschichte des NT 2<br />

<strong>2.1.</strong>2. Typologische Hinweise des AT 37<br />

<strong>2.1.</strong>3. Die <strong>Menschwerdung</strong> (Subjekt, Anlass, Notwendigkeit) 46<br />

<strong>2.1.</strong>4. Der Beginn der <strong>Erniedrigung</strong> 48<br />

2.2. Die Jungfrauengeburt 49<br />

2.<strong>2.1.</strong> Von Jes.7,14 bis Mt.1,23 49<br />

2.2.2. Die Tatsache der Jungfrauengeburt 49<br />

2.2.3. Biblische Streiflichter zur Frage der Jungfrauengeburt Jesu 53<br />

2.2.4. Folgen aus der Jungfrauengeburt 61<br />

2.2.5. Diverse Artikel <strong>und</strong> Aufsätze zum Thema 62<br />

2.3. Jesu Kindheit <strong>und</strong> Jugend 69<br />

2.3.1. Luk.2,52 69<br />

2.3.2. Jesus im Tempel 69<br />

2.4. Wahrer Mensch <strong>und</strong> wahrer Gott zugleich 70<br />

2.4.1. Jesus von Nazareth ist wahrer Mensch 70<br />

2.4.2. Trotz seines Menschseins bleibt Jesus absolut sündlos 71<br />

2.4.3. Der irdische Jesus bleibt wahrer Gott 73<br />

2.4.4. Die Einheit der beiden Naturen Christi 73<br />

2.4.5. Die Notwendigkeit der beiden Naturen Christi 75<br />

2.4.6. Vom doppelten Stand Jesu Christi 76<br />

2.5. Jesu Selbstverständnis 85


2. MENSCHWERDUNG,<br />

ERNIEDRIGUNG UND SEIN<br />

MESSIANISCHER AUFTRAG<br />

<strong>2.1.</strong> <strong>Vorbereitungen</strong>, <strong>Menschwerdung</strong> <strong>und</strong> <strong>Erniedrigung</strong><br />

<strong>2.1.</strong>1. Messianische Prophetie des AT <strong>und</strong><br />

in der Vorgeschichte des NT<br />

Vergleiche hierzu auch das Kapitel oben „Jesu Präexistenz im Alten Testament“<br />

auf Seite Fehler! Textmarke nicht definiert.. Dort werden die Theophanien<br />

<strong>und</strong> die „Engel des Herrn“-Stellen behandelt.<br />

<strong>2.1.</strong>1.1. Das sog. Protevangelium von Gen.3,15<br />

Im folgenden zitiere ich die ganze Exegese dieses Verses von meinem Professor<br />

Dr. theol. Samuel R. Külling in F<strong>und</strong>amentum 1/1988, S.16ff.<br />

Gen.3,15: Prot(o)evangelium?<br />

Der nächste Vers (V.15) wird seit dem 17. Jahrh<strong>und</strong>ert (zunächst in der<br />

lutherischen Theologie) Prot(o)evangelium, erste Frohbotschaft, genannt.’ 1<br />

Diese Bezeichnung geht von der Annahme aus, dass in Gen.3,15 schon von<br />

einem Sieg Christi (= Same [Nachkomme] der Frau) oder Marias als Mutter<br />

des Erlösers über die Schlange gesprochen werde. 2 In antithetischtypologischem<br />

Sinn 3 spricht man (wie in Röm.5,14 von Christus, dem<br />

«zweiten Adam») von Maria, der «zweiten Eva» (bei den Kirchenvätern seit<br />

dem 2. Jahrh<strong>und</strong>ert). 4 Die «mariologische» Erklärung dieses Verses ist aber<br />

bei sehr vielen Kirchenvätern der ersten Jahrh<strong>und</strong>erte unbekannt 5 . F. L.<br />

Drewniak 6 hat diese Deutung bei Basilius, Gregor von Nazianz <strong>und</strong> Chrysostomus<br />

bei den Griechen, <strong>und</strong> bei Ambrosius, Augustin, Hieronymus <strong>und</strong><br />

Gregor dem Grossen bei den Lateinern nicht gef<strong>und</strong>en 7 .<br />

1<br />

Vgl. J. Michl, Protoevangelium, in Lutherische Theologie <strong>und</strong> Kirche Vlll 1963, S. 832, angeführt von<br />

O. Loretz, Schöpfung <strong>und</strong> Mythos, in H. Haag/ R. Kilian/ W. Pesch (Hrsg.): Stuttgarter Bibelstudien 32,<br />

Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk 1968, S. 133.<br />

2<br />

Ebd.<br />

3<br />

= in gegensätzlich-bildlichem Sinn.<br />

4<br />

Vgl. J. de Fraine, Genesis, in: A. van der Born / W. Grossouw / J. van der Ploeg (Hrsg.): De Boeken<br />

van het Oude Testament, Roermond en Maaseik: J. J. Romen & Zonen 1963, S. 57.<br />

5<br />

Vgl. ebd.<br />

6<br />

F. L. Drewniak, Die mariologische Deutung von Gen 3, 15, Breslau 1934, angegeben in J. de Fraine,<br />

a.a.O., S. 57.<br />

7<br />

J. de Fraine, ebd.


Diese Stelle, Gen.3,15, hat in der katholischen Theologie einen bedeutsamen<br />

Platz (besonders in bezug auf die «Mariologie»: unbefleckte Empfängnis,<br />

leibliche Aufnahme in den Himmel).<br />

Papst Pius IX. hat am 8. Dezember 1854 in der dogmatischen Bulle «Ineffabilis<br />

Deus» 8 die «Unbefleckte Empfängnis der seligsten Jungfrau Maria»<br />

zum Glaubenssatz erhoben <strong>und</strong> mit Bezugnahme auf Gen.3,.15 gesagt, dass<br />

«in Genesis diesem göttlichen Ausspruch klar <strong>und</strong> offen der barmherzige<br />

Erlöser des Menschengeschlechtes, der Eingeborene Gottessohn Christus<br />

Jesus, vorausgesagt <strong>und</strong> seine seligste Mutter, die Jungfrau Maria, bezeichnet<br />

<strong>und</strong> zugleich auch die Feindschaft beider gegen den Teufel ausgedrückt<br />

sei.» 9 Unser Text wird mit folgenden Worten angeführt: «So hat die allerseligste<br />

Jungfrau, durch das engste <strong>und</strong> unauflöslichste Band mit ihm (Christus)<br />

verb<strong>und</strong>en, zusammen mit ihm <strong>und</strong> durch ihn die immerwährende<br />

Feindschaft gegen die giftige Schlange pflegend <strong>und</strong> über sie einen völligen<br />

Triumph feiernd (wörtlich: aufs völligste triumphierend), ihr Haupt mit ihrem<br />

unbefleckten Fuss zertreten.» 10<br />

Papst Pius XII. hat am 1. November 1950 in der «Constitutio Apostolica»<br />

der Bulle «Munificentissimus Deus» 11 das Dogma der leiblichen Aufnahme<br />

der «Gottesmutter» in den Himmel proklamiert. Auch hier kommt die Bezugnahme<br />

auf Gen.3,15. Wir lesen: «Wir müssen uns vor allem daran erinnern,<br />

dass, seit dem 2. Jh., die Jungfrau Maria durch die Väter dem neuen<br />

Adam verb<strong>und</strong>en wurde als die neue Eva, auf einer unteren Ebene, aber in<br />

einer engen Verbindung mit ihm, im Kampf gegen den höllischen Feind.<br />

Dieser Kampf nun, wie er zum voraus angekündigt ist im Protevangelium<br />

(Gen.3,15), musste zu einem völligen Sieg über die Sünde <strong>und</strong> den Tod<br />

führen, die immer verb<strong>und</strong>en sind in den Schriften des Lehrers (Docteur)<br />

der Nationen. Deshalb, ebenso wie die glorreiche Auferstehung (anastasis)<br />

Christi das Hauptteil <strong>und</strong> die letzte Trophäe dieses Sieges war, sollte der<br />

Kampf der Jungfrau <strong>und</strong> ihres Sohnes sich vollenden durch die Verherrlichung<br />

ihres jungfräulichen Leibes. Tatsächlich, wie es der Apostel sagt,<br />

wenn das Sterbliche die Unsterblichkeit angezogen haben wird, dann wird<br />

erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht: Der Tod ist verschlungen<br />

worden in den Sieg (1.Kor.15, 54)». 12<br />

Die mariologische Deutung von Gen.3,15 hat in die Dogmatische Konstitution<br />

über die Kirche des Vatikanum II Eingang gef<strong>und</strong>en. Im Abschnitt<br />

über «Die Aufgabe der seligen Jungfrau in der Heilsökonomie» heisst es:<br />

8 Die lateinisch verfassten päpstlichen Bullen werden immer nach ihren Anfangsworten bezeichnet.<br />

9 Vgl. P. Morant, Die Anfänge der Menschheit, Luzern: Räber 8 Cie 1960, S. 183; Zitat aus: I. D. Mansi,<br />

Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectio, 47 (Parisiis 1913) 121 D/122A, vgl. P. Morant ebd.,<br />

<strong>und</strong> S. 214 Anm. 56.<br />

10 «Sic sanctissima virgo, artissimo et indissolubili vinculo cum eo (Christo) conjuncta, una cum illo et per<br />

illum, sempiternas contra venenosum serpentem inimicitias exercens ac de ipso plenissime triumphans,<br />

illius caput immaculato pede contrivit», vgl. Breviaire Romain, 14 dec. a matines, 2/e/ noct., Vl/e/ leqon,<br />

zitiert von A. Clamer, La Genese in: L. Pirot/ A. Clamer (Hrsg.): La Sainte Bible, Paris: Letouzey et Ane<br />

1953, S. 141; vgl. ebenda weitere Literaturangaben: Artikel Immaculee Conception, D. B. S., IV, 233-<br />

254; Repetti, La tipologia mariana nel Protevangelio (Gen., III, 15) fondamento della dottrina dell’ Immacolata,<br />

in Divus Thomas (Plaisance), 1937, S. 287-297. Vgl. schon E. Preuss, Die römische Lehre von<br />

der unbefleckten Empfängnis, Berlin 1865, S. 230-234. Zitate, wenn nicht anders angegeben, von der<br />

Red. übersetzt.<br />

11 Die lateinisch verfassten päpstlichen Bullen werden immer nach ihren Anfangsworten bezeichnet.<br />

12 A. Clamer, a.a.Q., S. 141.


«Die Heilige Schrift des Alten <strong>und</strong> Neuen Testamentes <strong>und</strong> die verehrungswürdige<br />

Überlieferung zeigen die Aufgabe der Mutter des Erlösers in<br />

der Heilsökonomie immer klarer <strong>und</strong> legen sie anschaulich vor. Die Bücher<br />

des Alten Testamentes beschreiben die Heilsgeschichte, durch die die Ankunft<br />

Christi in der Welt in langsamem Voranschreiten vorbereitet wird.<br />

Diese ersten Dokumente, so wie sie in der Kirche gelesen <strong>und</strong> im Licht der<br />

weiteren <strong>und</strong> vollen Offenbarung verstanden werden, bieten Schritt für<br />

Schritt deutlicher die Gestalt der Frau dar, der Mutter des Erlösers. Sie ist in<br />

diesem Licht schon prophetisch in der Verheissung vom Sieg über die<br />

Schlange, die den in die Sünde gefallenen Stammeltern gegeben wurde (vgl.<br />

Gen.3,15), schattenhaft angedeutet.» 13<br />

Die Exegese soll nun zeigen, ob wir zu Recht von Prot(o)evangelium reden<br />

können <strong>und</strong> ob die christologische <strong>und</strong> mariologische Erklärung dieses Verses<br />

durch den Wortlaut des Textes gerechtfertigt, erlaubt oder abzulehnen<br />

ist.<br />

Eine wichtige Rolle spielt dabei die Übersetzung des Verbums pWV sáuàpã, das<br />

sonst nur noch in Ps.139,11 <strong>und</strong> Hi.9,17 belegt ist <strong>und</strong> hier zweimal vorkommt.<br />

Köhler-Baumgartner 14 will zwei verschiedene Bedeutungen von einem<br />

Stamm pWV sáuàpã I (qal) = zermalmen, bzw. pWV sáuàpã II (qal mit acc.) =<br />

schnappen nach, ableiten, natürlich aus der richtigen Einsicht, dass die Bedeutung<br />

«zermalmen» nicht für die Beschreibung dessen passt, was die<br />

Schlange an der Ferse des Menschen macht.<br />

Die Septuaginta 15 hat dasselbe Wort für die Angabe der Handlung der beiden<br />

Kämpfer gebraucht: thrh/sei teãreãsei, thrh/seij teãreãseis (thre/w teãreoã<br />

trachten nach, lauern auf, bewachen), während Hieronymus (Vulgata 16 ) das<br />

erste durch conterere (= zermalmen), das zweite durch insidiari (= feindselig<br />

trachten oder trachten nach, oder zu erfassen suchen; Luther: «in die Ferse<br />

stechen») übersetzt hat. 17<br />

Westermann (in Nachfolge alter Kommentare wie Umbreit, Gesenius, Knobel,<br />

Ewald, Dillmann u. a.) versteht pWV sáuàpã in Hi.9,17 <strong>und</strong> in bezug auf<br />

die Schlange in Gen.3,15 als Nebenform von pAV sáaã…apã lechzen,<br />

schnappen, trachten, während er in bezug auf den Menschen ein Verb pWV<br />

sáuàpã, zermalmen, mit Füssen treten, annimmt. 18 Der Wechsel zwischen beiden<br />

Verbformen ist an sich möglich 19 , aber die Annahme, es handle sich im<br />

zweiten Fall um ein anderes Verb (pAV sáaã…apã) als im ersten (pWV sáuàpã), ist<br />

nicht bewiesen <strong>und</strong> hat, wie schon erwähnt, seinen Gr<strong>und</strong> darin, dass «zer-<br />

13<br />

O. Loretz, a.a.O., S. 133; Zitat aus; Das Zweite Vatikanische Konzil (Lutherische Theologie <strong>und</strong> Kiiche,<br />

Ergänzungsband I, Freiburg 1966, S. 329-331), ebd. Vgl. auch Materialdienst des Konfessionsk<strong>und</strong>lichen<br />

Instituts Bensheim, Bensheim 1976 Nr. 2, S. 30.<br />

14<br />

L. Koehler – W. Baumgartner, Lexicon in veteris testamenti libros, 2. Auflage mit Supplementum,<br />

Leiden: Brill 1958, sub verbo, zitiert in W. H. Gispen, Genesis, in: W. H. Gispen/ N. H. Ridderbos<br />

(Hrsg.), Commentaar op het Oude Testament, Kampen: J. H. Kok 1974, S. 146. Qal ist eine hebräische<br />

Stammform.<br />

15<br />

Eine alte griechische Übersetzung des Alten Testaments (3.-2. Jh. vor Chr.).<br />

16<br />

Lateinische Übersetzung der Bibel durch Hieronymus.<br />

17<br />

Vgl. A. Clamer, a.a.O., S. 140 <strong>und</strong> W. H. Gispen, a.a.O., S. 145.<br />

18<br />

C. Westermann, Genesis, in: S. Herrmann/H. W. Wolff (Hrsg.), Biblischer Kommentar Altes Testament,<br />

Neukirchen-Vluyn: Neukirchner Verlag 1974, S. 354.<br />

19<br />

Zum Wechsel zwischen Verba mediae A <strong>und</strong> mediae Y siehe W. Gesenius: Thesaurus linguae he braicae<br />

1829-58, S. 3. 393.


malmen» (pWV sáuàpã) für das Tun der Schlange nicht passt. Die Übersetzung<br />

«schnappen nach» ist zudem für das feindliche Tun der Schlange zu milde<br />

ausgedrückt. Ist aber «zermalmen» die richtige Wiedergabe des Sinnes von<br />

pWV sáuàpã? Gibt es eine Gr<strong>und</strong>bedeutung dieses Verbs, das für alle vier<br />

Vorkommen (in Gen.3,15 zweimal, ferner in Hi.9,17 <strong>und</strong> Ps.139,11) passt?<br />

Vriezen meint, dies sei «überwältigend» 20 . P. P. Saydon nennt «attack» <strong>und</strong><br />

«try to attack» 21 («angreifen» <strong>und</strong> «versuchen anzugreifen»). Beide haben etwas<br />

Richtiges: Es geht bei pWV sáuàpã um ein «feindliches Angehen».<br />

Die Gr<strong>und</strong>bedeutung von pWV sáuàpã, die für alle vier Vorkommen zutrifft,<br />

kann man folgendermassen zusammenfassend ausdrücken: «Über (an) jemand<br />

(angreifend, feindlich) kommen».<br />

Gen.3,15: er wird über deinen Kopf (feindlich, angreifend) kommen, <strong>und</strong> du wirst an seine Ferse (feindlich,<br />

angreifend) kommen. Hi.9,17:... der im Wettersturm über mich kommt... Ps.139,11:... <strong>und</strong> spräche<br />

ich: Finsternis möge über mich kommen (oder: mich bedecken).<br />

Von daher kann man dann auch übersetzen, wie O. Loretz vorschlägt:<br />

«umgeben, bedrohen, gefährlich nahe sein» 22 , was unserer Deutung nahekommt.<br />

So können wir das Verb pWV sáuàpã beidemal gleich übersetzen. Der<br />

Sinn desselben ist eben an keiner der vier Stellen: zermalmen, zertreten (d.<br />

h. vernichten). Dass die Schlange dies nicht tun kann, haben wir mehrfach<br />

gesagt. Deshalb suchte man ja auch eine andere Bedeutung an der zweiten<br />

Stelle oder nahm ein anderes Verb (pAV sáaã…apã) an. Aber es ist reichlich gekünstelt,<br />

wenn etwa Fohrer Hi.9,17 übersetzt: «im Sturme schnappte er<br />

nach mir» 23 auf Gott bezogen! Und Ps.139,11 übergeht Westermann dann<br />

einfach, weil es im Text unsicher sei 24 . Aber die Konjektur 25 JíN*eK


V.15: Und Feindschaft setze ich zwischen dir <strong>und</strong> der Frau <strong>und</strong> zwischen<br />

deinem Samen <strong>und</strong> (zwischen) ihrem Samen; er (der Weibessamen)<br />

wird dir (nicht: deinem Samen) über den Kopf (feindlich, angreifend)<br />

kommen, <strong>und</strong> du wirst ihm an die Ferse (feindlich, angreifend)<br />

kommen (oderer wird dir den Kopf bedrohen, <strong>und</strong> du wirst ihm die<br />

Ferse bedrohen).<br />

HâBJeA:W wƒ…eôbîaô(h) «<strong>und</strong> Feindschaft»; das Objekt steht voran, weil es betont<br />

ist. H=â >ViA|âH nJeBto/j autos (er) liest, das dem Sinn nach sich auf das neutrische to\ spe/rma<br />

27 In der Stammform qal.<br />

28 A. van Selms, Genesis I, in: A, van Selms/A. S. van der Woude/C. van Leeuwen, De Prediking van het<br />

Oude Testament, Nijkerk: G. F. Callenbach 1973, S. 72.<br />

29 Calvin, zitiert in «open Brief», S. 12 («open Brief» ist eine öffentliche Entgegnung von Ältesten der<br />

Geref. Kerk gegen Dr. Geelkerken, der 1926 auf der Synode zu Assen wegen seiner bibelkritischen Haltung<br />

ausgeschlossen wurde).<br />

30 Möglicherweise nicht schon Hieronymus, sondern ein Abschreiber, vgl. z, B. F. Stummer in ZAW 45,<br />

1927, S. 147.149.150 (vgl. W. H. Gispen, a.a.O., S. 146f.); vgl. auch die Fussnote zur Stelle in Biblia<br />

sacra, übersetzt <strong>und</strong> mit erklärenden Anmerkungen versehen von A. Arndt, S. J., Regensburg <strong>und</strong> Rom:<br />

Fr. Pustet 1914 . Dagegen aber P. Morant, a.a.O., S. 179: sicher Hieronymus nach der kritischen Ausgabe<br />

der Übersetzung der Benediktiner von der Abtei San Gerolamo; vgl. auch ebd., Anm. 54, S. 213. A. Clamer,<br />

a.a.O., S. 139, schreibt, es sei gegen Grammatik <strong>und</strong> Sprache, das hebräische A


to sperma (Same) bezieht 33 . Die altlateinische Übersetzung las ebenfalls<br />

«ipse» (er selbst), wie noch Hieronymus bezeugt 34 .<br />

Doch ist YaRäX zera c (Same) hier kollektiv gemeint; «der Text meint die Reihe<br />

der Nachkommen der Frau wie auch der Schlange» 35 . Es geht also nicht,<br />

A


keine übereinstimmende Väterlehre 43 . Man sei lange der Auffassung von<br />

Prudence nicht gefolgt, bis auf Fulbert de Chartres, 11. Jahrh<strong>und</strong>ert 44 . Man<br />

müsse bis ins Mittelalter (Morant nennt Bernardus [= Bernhard von Clairvaux<br />

= 1153], Bonaventura [= 1274] <strong>und</strong> Albertus Magnus [1193-1280) 45<br />

<strong>und</strong> in die Zeit der Reformation warten, bis die mariologische Exegese<br />

wirklich Oberhand bekomme 46 . Clamer zitiert abschliessend Coppens, der<br />

wohl zugibt, dass der Sieger <strong>und</strong> seine Mutter, im wörtlichen, historischkritischen<br />

Sinn nicht deutlich definiert seien, vor Gott seien sie aber von Anfang<br />

an völlig bestimmt: «Der Besieger Satans war, vor Gott, Christus; die<br />

Frau, die mit ihm verb<strong>und</strong>en war im Kampf <strong>und</strong> Sieg, Maria, seine gesegnete<br />

Mutter» 47 .<br />

Auf die Frage, ob unser Text auf den Sieg Christi zu beziehen sei, werden<br />

wir noch eingehen. Aber wo steht geschrieben, für seinen im Neuen Testament<br />

beschriebenen Kampf <strong>und</strong> Sieg sei ihm seine gesegnete Mutter beigestanden?<br />

(Diesen Sinn vertreten A. Vaccari, A. Bea, C. Hauret, P. Gaechter,<br />

F.-M. Braun <strong>und</strong> J. Coppens) 48 . Brauchte er überhaupt solchen Beistand?<br />

Gispen sagt, ihre nahe Beziehung zu Christus verlange, nach römischkatholischer<br />

Auffassung, dass sie in Feindschaft stehe zum Teufel, dass sie<br />

ihm nie auf irgendeine Weise angehörte 49 . So schreibt Morant: «Die Feindschaft<br />

Mariens gegen Satan aber wäre nicht vollkommen, wenn sie je einmal,<br />

auch nur für einen Augenblick, unter seiner Herrschaft gestanden wäre.<br />

Ihre innige Verbindung mit Christus, dem Schlangenbesieger, verlangt also,<br />

dass sie schon im ersten Augenblick ihrer Empfängnis von jeder (sic!) Makel<br />

der Sünde frei war» 50 . Sie musste frei bleiben, nicht nur von jeder persönlichen<br />

Sünde, sondern auch von jeder Beschmutzung durch Erbsünde: «Und<br />

auf diese Weise hängt das katholische Dogma der ’Unbefleckten Empfängnis<br />

von Maria’ mit Gen.3,15 zusammen» 51 .<br />

43<br />

B. Rigaux, OFM, La femme et son lignage dans Genese III. 14-15 (Revue Bibliaue 51, 1954, S.<br />

321348), in P. Morant, a.a.O., S. 184 <strong>und</strong> Anm. 61.<br />

44<br />

A. Clamer, a.a.O., S. 141.<br />

45<br />

P. Morant, a.a.O., S. 184.<br />

46<br />

Revue Biblique, 1935, S. 633, zitiert in A. Clamer, a.a.O., S. 141. Vgl. weitere Literatur; «Tib. Gallus,<br />

JS, Interpretatio mariologica Protoevangelii (Gn 3, 15) tempore postpatristico usque ad Concilium Tridentinum»<br />

(Die mariologische Deutung des Protoevangeliums [Gn 3, 15] von der Zeit nach den Kirchenvätern<br />

bis zum tridentinischen Konzil) «(Roma 1949, XVI-216) hat aus dieser Zeit 101 verschiedene<br />

kirchliche Schriftsteller untersucht <strong>und</strong> darunter 75 für die mariologische Auffassung feststellen können.<br />

Unterdessen hat er die Untersuchung bis 1854 weitergeführt» (P. Morant, a.a.O., S. 214, Anm. 62). J. F.<br />

Bonnefoy, Le mystere de Marie selon le Protevangile et I’Apocalypse, Paris 1949; A. Michel, Ami du clerge,<br />

1950, S. 97-100; A. G. da Fonseca, in Biblica, 1950, S. 95-111; A. M. Dubarle, Les fondements bibliques<br />

du titre marial de Nouvelle Eve, in Melanges J. Lebreton, S. 49-64; J. Michl, Der Weibessame (Gn 3,<br />

15) in spätjüdischer <strong>und</strong> frühchristlicher Auffassung, in Biblica, 1952, S. 371-401 476-505 (in: A.<br />

Clamer, a.a.O., S. 141, vgl. P. Morant, a.a.O., S. 214). J. C. de Moor, Ozn., De Rooms Katholieke Mariologie<br />

en de uitleg van Genesis III 15 bij Ephraem Syrus (Gereformeerd Theologisch Tijdschrift 59, 1959,<br />

S. 97-117) (in: W. H. Gispen, a.a.O., S. 147).<br />

47<br />

J. Coppens, Les Harmonies des deux Testaments, Tournai-Paris 1949, S. 38, zitiert in A. Clamer,<br />

a.a.Q., S. 141: «Le vainqueur de Satan, c’etait, devant Dieu, le Christ; la femme a lui associee dans la lutte<br />

et la victoire, Marie, sa mere benie ».<br />

48<br />

P. Morant, a.a.O., S. 214, Anm. 68.<br />

49<br />

Vgl. A. van den Oudenrijn O. Pr., De Zonde in den Tuin. Een exegetische studie van Genesis II, 4b-lll,<br />

24, Roermond-Maaseik 1939, angeführt in W. H. Gispen, a.a.O., S. 147.<br />

50<br />

P. Morant, a.a.O., S.188.<br />

51 A. van den Oudenrijn, a.a.Q., S. 114, zitiert in W, H. Gispen, a.a.O., S. 147.


(Wenn also in Gen 3, 15 der Kampf Christi mit dem Teufel beschrieben<br />

wird, dann ist es nach römischer Auffassung auch der Kampf Marias, die<br />

mit ihm auch nichts zu tun haben kann. Aber sagt unser Text etwas davon?)<br />

Zu dieser römisch-katholischen mariologischen Deutung gibt es heute auch<br />

wieder kritische Stimmen aus dem eigenen Lager, z. B. die von Loretz, der<br />

abschliessend schreibt: «Wenn die Theologie somit wirklich der Anschuldigung<br />

entgehen will, im Fall von Gen.3,15 den Wortlaut des Textes in sein<br />

Gegenteil umzudeuten <strong>und</strong> fremde Gedanken in ihn hineinzutragen, dann<br />

wird sie gezwungen sein, die allegorisch-typologische Auslegung der Genesisstelle<br />

fallen zu lassen <strong>und</strong> dieser zeitbedingten patristisch-mittelalterlichen<br />

Tradition keine absolute theologische Bedeutung zuzumessen. Es dürfte<br />

auch ratsam sein, den Begriff Protoevangelium im Zusammenhang mit<br />

Gen.3,15 nicht mehr zu gebrauchen.» 52<br />

Wir kommen damit zu der Frage der messianisch-christologischen Deutung.<br />

Die messianisch-christologische Deutung<br />

Über die messianische Auffassung dieses Verses in den Targumen 53 kann<br />

man sich bei Strack-Billerbeck 54 informieren. Die messianische Interpretation<br />

der «Frauensaat» findet man in Targum Pseudo-Jonathan <strong>und</strong> Targum<br />

Jeruschalmi II, wo der Vers auf die jüdische Gemeinde <strong>und</strong> ihren Sieg über<br />

das Böse (den Teufel) «in den Tagen von König Messiah» bezogen ist 55 .<br />

Aber hier müssen wir bei der christologischen Deutung der «Frauensaat»<br />

fragen, ob an dieser Stelle von einem Sieg die Rede ist.<br />

Wir haben dies bereits verneinen müssen. Feindschaft <strong>und</strong> Kampf ist nicht<br />

Sieg. Das Verb pWV sáuàpã wird an keiner der vier im Alten Testament vorkommenden<br />

Stellen im Sinn von «vernichten», «erledigen», gebraucht, wie<br />

dies bei einem Sieg der Fall wäre. Im Gegenteil, dieser Sinn wird durch pWV<br />

sáuàpã direkt ausgeschlossen.<br />

Im Alten <strong>und</strong> Neuen Testament wird diese Stelle darum auch nirgends messianisch-christologisch<br />

gedeutet, auch nicht Röm.16,20 oder 1.Joh.3,8. In<br />

Röm.16,20 ist Gott Subjekt, <strong>und</strong> in 1.Joh.3,8b ist als Ziel des Sohnes Gottes<br />

die Zerstörung nicht des Teufels, sondern seiner Werke angegeben.<br />

Off.20,10 ist das Ende Satans, aber auch hier nicht dessen Vernichtung berichtet.<br />

Angesichts dieser Stelle fragt man sich, ob Röm.16,20 nicht einfach den<br />

Endsieg über Satan meint <strong>und</strong> nicht dessen Vernichtung, nachdem er am<br />

Kreuz schon besiegt, aber noch nicht wirkungs- <strong>und</strong> einflusslos gemacht<br />

worden war. In jedem Fall geht es in diesen Stellen nicht um eine messianisch-christologische<br />

Deutung von Gen.3,15, sondern um das Wissen, dass<br />

der Satan <strong>und</strong> seine Werke ein Ende haben.<br />

Es ist auch gar nicht anders möglich, als dass hier an unserer Stelle (Gen.3,<br />

15) der Ausgang des Kampfes offen gelassen werden muss, wenn die Stelle<br />

52<br />

O. Loretz, a.a.O., Exkurs zur Frage des Protoevangeliums (S. 133-137), S.137.<br />

53<br />

Targume sind Übertragungen <strong>und</strong> Erklärungen des Alten Testaments in aramäischer Sprache.<br />

54<br />

H. L. Strack/ P. Billerbeck, Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud <strong>und</strong> Midrasch, Bd. I, München:<br />

C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung 1922, S. 958 Anm. 1.<br />

55<br />

Vgl. J. Skinner, A Critical and Exegetical Commentary on Genesis, in S. R. Driver/ A. Plummer/ C. A.<br />

Briggs (Hrsg.), The International Critical Commentary, Edinburgh: T&T. Clark 1956,2, S. 80f.


sich nicht nur auf die Schlange, sondern auch auf Satan beziehen soll (<strong>und</strong><br />

letzteres tut sie). Eine Schlange kann der Mensch zertreten (zermalmen),<br />

Satan nicht. Das ist Gott (Röm.16,20) <strong>und</strong> seinem Sohn vorbehalten.<br />

Aber davon spricht unser Text noch nicht. Man kann dies auch nicht damit<br />

entkräften, dass man sagt, der Kopf sei wichtiger als der Fuss. Wenn der<br />

Mensch der Schlange den Kopf zertreten, d. h. sie töten könne (wie gesagt,<br />

dies ist hypothetisch, da pWV sáuàpã dies nicht bedeutet), könne diese ihm nur<br />

die Ferse beschädigen. (Dass im Text Ferse steht, heisst natürlich nicht, dass<br />

die Schlange nur die Ferse angreifen kann; es soll vielmehr die Hinterhältigkeit<br />

des Angriffs charakterisiert werden.) Damit sei indirekt doch der<br />

schliessliche Sieg über die Schlange ausgesprochen. Darauf sagt aber Dillmann<br />

mit Recht, dass erstens auch ein Schlangenbiss in die Ferse für den<br />

Menschen durch sein Gift so tödlich wäre (oder sein könnte, S.R.K.) wie<br />

das Kopfzertreten des Menschen für die Schlange <strong>und</strong> dass zweitens, V.15a,<br />

dessen Erklärung V.15b ist, nur von HâBJeA ’eôbîaô(h), «Feindschaft», zwischen<br />

beiden, nicht von Sieg des einen über den anderen, die Rede ist. Es gehe<br />

hier nur um die verschiedene Kampfesweise, entsprechend der verschiedenen<br />

Körperbeschaffenheit, aber auch entsprechend der bösen Macht, die<br />

hinterlistig lauert (4,7) <strong>und</strong> hinterhältig den Menschen anfällt (49,17) 56 .<br />

Schliesslicher Sieg?<br />

Wenn also der Erfolg des Kampfes hier noch nicht beschrieben werden soll<br />

<strong>und</strong> wird, so ist doch ein schliesslicher Sieg über die «Schlange» von hier<br />

aus nicht ausgeschlossen, indirekt vielmehr zu schliessen, aus folgenden<br />

Gründen:<br />

a. Es ist eine von Gott verordnete Feindschaft <strong>und</strong> ein von ihm bestimmter<br />

Kampf. Das würde an sich noch nichts über den Ausgang sagen, wenn<br />

nicht<br />

b. der Satz als Fluch gegen die Schlange ausgesprochen worden wäre. Sie<br />

kann also nicht als Siegerin hervorgehen. Man könnte einwenden, der<br />

Kampf könnte auch unentschieden ausgehen, aber dagegen ist zu betonen,<br />

c. dass der Plan Gottes mit dem Menschen als seinem Bild dagegen spricht,<br />

ihm ein Tier vorzuziehen. Und Er steht schliesslich über <strong>und</strong> hinter dem<br />

Kampf.<br />

Wenn durch das Neue Testament, wie auf die Schlange V.1ff., so auch auf<br />

diesen Kampf gegen die Schlange ein neues Licht geworfen wird, so heisst<br />

dies nicht, dass es den Schreiber schon erleuchtet hat.<br />

Vom Neuen Testament her schreibt R. Payne Smith: «Hier haben wir die<br />

Zusammenfassung der ganzen Angelegenheit, <strong>und</strong> der Rest der Bibel erklärt<br />

nur die Natur dieses Kampfes, welche Personen ihn führen, sowie die Art<br />

des Sieges <strong>und</strong> seine Konsequenzen»; 57 auch folgende Aussage: «Wenn wir<br />

diese Worte auslassen würden, dann würde die ganze folgende inspirierte<br />

56 Vgl. A. Dillmann, Die Genesis, in A. Dillmann: Kurzgefasstes exegetisches Handbuch zum Alten Testament,<br />

11. Lieferung, Leipzig: Verlag von S. Hirzel 18824, S. 76.<br />

57 R. Payne Smith, Genesis, in C. J. Elliot (Hrsg.), A Bible Commentary for Bible Students, Bd.l, London<br />

and Edinburgh: Marshall Brothers (ohne Jahrgang), S. 25: «We have here the sum of the whole matter,<br />

and the rest of the Bible does but explain the nature of this struggle, the oersons who wage it, and the<br />

manner and consequences of the victory».


Belehrung ein Fluss sein, der immer breiter wird, aber keine Quelle hätte» 58 ,<br />

ist vom Neuen Testament her bestimmt.<br />

Beachtenswerte Einzelheiten<br />

Dieser Wertung der Stelle vom Neuen Testament her widerspricht diese natürlich<br />

nicht. Es ist im Gegenteil interessant, einige Einzelheiten zu beachten.<br />

Es steht wohl da, dass der «Weibessame» den Kopf der Schlange bedroht,<br />

aber nicht umgekehrt, dass die «Schlangensaat» die Ferse des Menschen<br />

bedroht, sondern dass es die «Schlange» ist (2. Sing. Mask.). Es geht<br />

um Feindschaft <strong>und</strong> Kampf gegen «die Schlange». Wir können wohl fragen,<br />

wer die «Schlangensaat» ist, aber wichtiger ist, zu wissen, wer «die Schlange»<br />

ist. Young hebt hervor, dass «die Schlange» lautlos den Fluch über sich<br />

anhören muss 59 . Sie ist Gott untergeordnet, nur ein Geschöpf, nicht allmächtig,<br />

nicht allgegenwärtig. 60 Hier schweigen jetzt ihre sonst so beliebten<br />

Ausdrücke wie «neu», «vorurteilsfrei», «uneigennützige Suche nach Wahrheit»,<br />

«Freiheit von intellektuellen Bindungen» usw. 61 Young fragt, ob,<br />

wenn die Schlange selbst, nicht ihre Nachkommenschaft, die Nachkommenschaft<br />

der Frau bedroht, dies heisst, dass diese bestimmte Schlange weiterlebt.<br />

62 Diese Frage zu stellen, sagt er, heisst, sie so zu beantworten, dass<br />

mehr als das Tier Schlange gemeint ist. Die Schlange, die Eva versuchte,<br />

starb zweifellos im gewöhnlichen Lauf der Ereignisse. Aber die Sprache<br />

selbst ist Beweis, dass Gott zu jemandem spricht, der mächtiger ist als die<br />

Schlange; zu dem, der die Schlange brauchte für seine bösen Ziele. Feindschaft<br />

setzen zwischen der Schlange <strong>und</strong> der Frau heisst etwas mehr als eine<br />

Schlange im Auge haben; denn wie kann eine blosse Schlange in Feindschaft<br />

sein mit einem menschlichen Wesen? 63<br />

Noch kurz etwas zu der Frage, wer mit «Schlangensaat» gemeint ist. Young<br />

sagt mit Recht, dass, obwohl alle Menschen, die dem Teufel dienen <strong>und</strong><br />

Gott hassen, in einem gewissen Sinn zur «Schlangensaat» gehören (siehe z.<br />

B. die Bezeichnung der Pharisäer als Schlangenbrut durch Jesus), es doch<br />

nicht der Sinn des Verses ist, dass wir einen Teil der «Frauensaat» gleichzeitig<br />

zur «Schlangensaat» rechnen sollen. 64 Besser sei es, <strong>und</strong> ich stimme ihm<br />

hier zu, an «böse Geisten» zu denken, also an eine geistige Nachkommenschaft<br />

65 .<br />

Wer ist denn die «Frauensaat»?<br />

Wir haben bereits gesagt, dass die «Frauensaat» alle ihre Nachkommen, also<br />

die ganze Menschheit meint. Young unterstreicht diesen Gesichtspunkt.<br />

Nicht bloss die Geretteten sind gemeint. 66 Ist bei kollektivem Verständnis<br />

58 Ebd.: «Leave out these words, and all the inspired teaching which follows would be an ever-widening<br />

river without a fountain-head.»<br />

59 Vgl. E. J. Young, Genesis 3, London: The Banner of Truth Trust 1966, S. 103.<br />

60<br />

Vgl. ebd., S. 104.<br />

61<br />

Vgl. ebd., S. 103.<br />

62<br />

Vgl. ebd., S. 118.<br />

63<br />

E. J. Young, ebd.<br />

64<br />

Vgl. ebd., S. 115.<br />

65<br />

Vgl. ebd., S. 116. So auch «open Brief», a.a.O., S. 13.<br />

66 Vgl. ebd., S. 119.


ein individuelles ausgeschlossen? Wenn YaRäX zera c , Same, meist auch kollektiv<br />

verwendet wird (Gen.9,9; 12,7), kommt doch die individuelle Anwendung<br />

auch vor (Gen.4,25; 21,13). Morant sagt, an unserer Stelle müsse mit<br />

beiden Möglichkeiten gerechnet werden 67 . Spricht nicht der Singular A, er, auch davon? Mehr möchte ich hier nicht sagen. Ich würde nicht so weit<br />

gehen wie Young, doch noch von einer «Weissagung von Christus» <strong>und</strong> daher<br />

von «Protevangelium» zu sprechen 68 .<br />

Darüber spottet B. Jacob: «Aber die protestantischen Theologen haben kein<br />

Recht, den katholischen Verfechtern des Dogmas von der immaculata conceptio<br />

Marias, wie Bellarmin <strong>und</strong> Passaglia ’Gewissenlosigkeit’ (Delitzsch)<br />

in der Verteidigung der Lesart ipsa 69 vorzuwerfen, wenn man sieht, mit<br />

welchen Schlangenwindungen sie schliesslich selber wieder beim Protevangelium<br />

anlangen» 70 .<br />

Darf man überhaupt nicht von «Protevangelium» sprechen? Meines Erachtens<br />

nach jedenfalls nicht in dem Sinn, dass man sagt, der Text spreche (verborgen)<br />

vom schliesslichen «Sieg» Christi über den Teufel. Denn vom<br />

«Sieg» steht hier nichts, wenn auch, wie wir gesehen haben, er indirekt zu<br />

erwarten ist.<br />

Aber ist nicht die hier von Gott gesetzte immerwährende Feindschaft mit<br />

«der Schlange» Evangelium? V. Selms schreibt: «Nimmt man die Schlange<br />

als Bild der Macht des Bösen, (neutestamentlich: von der Macht vom Bösen),<br />

dann kann man tatsächlich diesen Text als ein Protevangelium, vgl. bei<br />

V.9, beschreiben, doch nicht im direkten Sinn, als sei mit der Frauensaat<br />

hier Christus gemeint, doch vielmehr so, dass durch eine besondere Gnadentat<br />

von Gott der Mensch, wie sehr auch Sünder, doch nie innerlich ganz<br />

vertraut werden soll mit der Sünde. Es bleibt durch Gottes Gnade bei dem<br />

Menschen das Gefühl, dass das Böse sein Feind ist. Obwohl wir Sünder<br />

sind, ist die Sünde doch nicht ganz unser Lebenselement» 71 .<br />

Auch Young führt das Positive dieser von Gott gesetzten Feindschaft aus 72 .<br />

Durch diese Feindschaft, die kein Befehl ist 73 , gibt Gott dem Menschen die<br />

Möglichkeit, in Gottes Gemeinschaft zurückzukommen, so dass er unser<br />

Fre<strong>und</strong> wird.<br />

Schaeffer sieht das Christologische in diesem Vers u. a. darin angedeutet,<br />

dass man sonst die Nachkommenschaft als die des Mannes bezeichnet. Ist<br />

das ein Hinweis auf die Jungfrauengeburt, wo es keinen männlichen Samen<br />

gibt? 74 Auf jeden Fall ist auch von hier aus die christologische Deutung –<br />

vom Neuen Testament her - nicht ausgeschlossen, wenn auch im Alten Tes-<br />

67<br />

P. Morant, a.a.O., S. 181.<br />

68<br />

Vgl. E. J. Young, a.a.O., S. 120.<br />

69<br />

= sie selbst.<br />

70<br />

B. Jacob, Das erste Buch der Tora Genesis, Berlin: Schocken Verlag 1934, S. 115.<br />

71<br />

A, van Selms, a.a.O., S. 72.<br />

72<br />

E. J. Young, a.a.O., S. 107-112.<br />

73<br />

Ebd., S. 111f.<br />

74<br />

F. A. Schaeffer, Genesis in Raum <strong>und</strong> Zeit, Wuppertal: R. Brockhaus Verlag, Genf/Zürich/Basel: Haus<br />

der Bibel 1976, S. 79: «Die Nachkommenschaft wird bei Menschen wie bei Tieren vom Vater her- geleitet:<br />

Warum wird in diesem Vers der normale Sprachgebrauch durchbrochen? Ist es möglich, da8 die hier<br />

gewählte Ausdrucksweise schon einen Hinweis auf die Jungfrauengeburt enthält?»


tament noch nicht vom Sieg über die Schlange die Rede ist wie im Neuen<br />

Testament. Schaeffer führt die neutestamentliche Stelle Hebr.2,14 an, die<br />

davon spricht, dass der Messias «durch den Tod die Macht nehme dem, der<br />

des Todes Gewalt hat, das ist dem Teufel».<br />

Ist das nicht in Gen.3,15 angedeutet? Wohl steht dort nur von gegenseitiger<br />

Bedrohung. Doch ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass einer aus<br />

der «Frauensaat» in Zukunft einmal zu Tode gebissen wird, während er<br />

gleichzeitig auf den Kopf der Schlange tritt. Jesus hat dies getan. Und einmal<br />

- beim zweiten Kommen Jesu - wird Gott selbst den Satan auch unter<br />

die Füsse der Gläubigen zertreten (Röm.16,20).<br />

Ende der Auslegung von Prof. Külling zu Gen.3,15<br />

<strong>2.1.</strong>1.2. Die Prophezeiungen über das erste Kommen Jesu Christi<br />

Diese Lektion 75 behandelt eines der wesentlichen Themen des Alten Testaments:<br />

die Ankündigung <strong>und</strong> Schilderung der Persönlichkeit <strong>und</strong> des Heilswerks<br />

Jesu Christi. Die zahlreichen prophetischen Offenbarungen über den<br />

Erlöser (Retter) ergeben zusammen ein „Portrait“, das im Neuen Testament<br />

Wirklichkeit geworden ist.<br />

Prophezeiungen Erfüllung<br />

1. Herkunft<br />

aus menschlichem Geschlecht 1. Mo 3,15 Lk 2,6-7.16; 3,38;<br />

vgl. Gal 4,4; Phil. 2,7<br />

Nachkomme Abrahams 1. Mo 12,7; 13,15; Mt 1,1; Lk 3,34<br />

vgl. Gal 3,16<br />

aus dem Stamm Juda 1. Mo 49,10 Mt 1,3; vgl. Heb. 7,14;<br />

Offb 5,5<br />

aus der Familie Isais Jes 11,1 Mt 1,6<br />

aus dem Hause Davids 2.Sam 7,12-13 Lk 1,69; 2,4<br />

2. Geburt<br />

ein W<strong>und</strong>er („von einer Jungfrau geboren“) Jes 7,14 Mt 1,18; Lk 1,30-35<br />

in Bethlehem Mi 5,1 Lk 2,4-7, vgl. Mt 2,3-6<br />

3. Aufenthaltsorte<br />

Aegypten Hos 11,1 Mt 2,14-15<br />

Galiläa Jes 8,23-9,1 Mt 4,12-16<br />

Jerusalem Sach 9,9a Mt 21,4-5.10<br />

4. Charakter<br />

vom Geist erfüllt Jes 11,2; 42,1-4; Mt 3,16-17<br />

61,1-2<br />

ohne Sünde Jes 53,9b 1.Petr 2,21-24<br />

zurückhaltend Jes 42,1-4 Mt 12,16-21<br />

demütig Sach 9,9b Mt 21,1-7; Joh 13,3-5;<br />

vgl. Phil 2, 7-8<br />

5. Dienst bis zum Kreuz<br />

durch einen Boten vorbereitet Mal 3,1; Jes 40,3 Mt 3,1-3; Lk 1,76<br />

durch Befreiung gekennzeichnet Jes 61,1-2 Lk 4,16-21<br />

der Verkündigung geweiht Ps 40,8-10; Jes 2, 2-3 Joh 18,20; Lk 24,46-47<br />

75 Es handelt sich hier um eine Lektion aus dem Lehrmaterial CREDO, S.133f.


6. Leiden<br />

abgelehnt Jes. 53,1-3 Joh 1,11; Mt 12,14; Lk 19,47<br />

verraten Ps 41,10 Joh 13,18-19;<br />

Mt 26,16.20-23.47-50<br />

verkauft Sach 11,12-13 Mt 26,15; 27,3-10<br />

von den Seinen verlassen Sach 13,7 Mt 26,31.56<br />

stumm wie ein Schaf Jes 53,7 Mt 27,13-14<br />

von den Behörden verurteilt Ps 2,1-2 Mt 27,1-2.26; Apg 4,25-26<br />

geschlagen, verspottet, beschimpft Jes 50,6;53,5a; Mt 27,27-31.39-44<br />

Ps 22,8-9<br />

unter die Uebeltäter gerechnet Jes 53,12 Mk 15,27-28<br />

sein Gewand wird verlost Ps 22,19 Joh 19,23-24<br />

Hände <strong>und</strong> Füsse durchbohrt Ps 22,17; Sach 13,6 Joh 20,25.27<br />

mit Essig getränkt Ps 69,22 Joh 19,28-30<br />

von seinem Vater verlassen Ps 22,2 Mt 27,45-46<br />

die Seite durchstochen Sach 12,10b Joh 19,34.37<br />

keine Knochen zerbrochen Ps 34,21 Joh 19,33-36<br />

im Grab eines Reichen beigesetzt Jes 53,9 Mt 27,57-60<br />

7. Heilswerk<br />

er gibt sich freiwillig hin Ps 40,7-9 Joh 10,17-18<br />

er trägt unsere Sünden Jes 53,6.12 1. Petr 2,24; 2.Kor 5,21<br />

er nimmt unsere Strafe auf sich Jes 53,5 1. Petr. 3,18<br />

er rechtfertigt uns Jes 53,11 Röm.3,24<br />

er verleiht uns Frieden Jes 53.5 Röm.5,1<br />

er triumphiert über den Tod Hos 13,14 1,Kor 15,54-55<br />

er besiegt Satan 1.Mo 3,15; Ps 110,1-2 Heb 2,8; 1.Kor 15,24-26<br />

er aufersteht Ps 16,10-11; Lk 24,36-44; Apg 2,24-32<br />

Jes.53,10<br />

er wird zu Gott erhöht Ps 68,19; 24,7-10 Eph 1,20; 4-8-10; Apg 1,9.11<br />

8. Gaben von Jesus Christus<br />

er sendet seinen Geist Ez 36,27; Joel 3,1 Apg 2,4.17<br />

er verleiht seinen Segen 1. Mo 12,3; 18,18; Apg 3,25-26; Gal 3,8<br />

22,18<br />

Diese Liste ist keineswegs erschöpfend. 76<br />

<strong>2.1.</strong>1.3. Die Prophetie als Wiege der <strong>Menschwerdung</strong> Jesu<br />

Die Prophetie als Wiege, d.h. als menschliche Einbettung der <strong>Menschwerdung</strong><br />

Jesu. Wir finden immer präzisere Angaben, je näher Weihnachten war.<br />

Gen.22,18: „...<strong>und</strong> in deinem Samen werden sich segnen alle Nationen der Erde<br />

(oder: gesegnet werden), ...“<br />

Gal.3,16 dagegen spricht nur noch von einem ‚Samen' durch den alle Menschen<br />

gesegnet werden (Gal.3,14).<br />

Gen.17,19-21 Isaak <strong>und</strong> nicht Ismael<br />

Gen.28,10-14 Jakob <strong>und</strong> nicht Esau<br />

Gen.49,10 Juda: „Nicht weichen wird das Zepter von Juda, noch der Herrscherstab<br />

zwischen seinen Füssen hinweg, bis Schilo kommt, <strong>und</strong> ihm werden die Völker<br />

76 Vergleiche hierzu auch den Beitrag von J.Közle „Messianische Weissagungen des Alten Testaments“ in<br />

„Bibel <strong>und</strong> Gemeinde“ 1/97, S.19ff.


gehorchen." (..., Gesenius-Buhl zu Hes.21,32: "Der Mann, dem das Recht<br />

gehört".) Hebr.7,14: „Denn es ist offenbar, dass unser Herr aus Juda entsprossen<br />

ist, von welchem Stamm Mose nichts in bezug auf Priester geredet hat“.<br />

1.Chr.5,2; 28,4 (David aus dem Hause Juda)<br />

2.Sam.7,12-14 vom Samen Davids!; Ps.89,4.5; Lk.1,32f; Hebr.1,5b zitiert<br />

2.Sam.7,14: „Ich will ihm Vater sein, <strong>und</strong> er soll mir Sohn sein...“ (...) Hier<br />

sind Salomo <strong>und</strong> Jesus gemeint' (Sog; eingepackte Prophetie) Der Messias<br />

ist Thronfolger Davids.<br />

Mi.5,1 (Bethlehem); Jes.7,14 (Jungfrauengeburt); Jes.9,5 (s.oben) <strong>Menschwerdung</strong>;<br />

Jes.22,22 (Schlüsselgewalt des Messias); Jes.53 der leidende Gottesknecht;<br />

V.1Ob: Auferstehung ; Ps.22; 16,10 (zit. in Ag.2,27ff;13,30-<br />

37): „Denn meine Seele wirst du dem Totenreich nicht lassen, wirst nicht<br />

zugeben, dass dein Frommer die Grube sehe“. Ps.110,1.4 ewiges Priesteramt<br />

<strong>und</strong> Erhöhung. Nach Wenham ("Christ and the Bible") ist Ps.110 die meist<br />

zitierte AT-Stelle.<br />

Lk.1,67-79, die Vorgeschichte des NT enthält viele Hinweise auf Jesus <strong>und</strong><br />

die Heilsgeschichte.<br />

<strong>2.1.</strong>1.4. Messianische <strong>Christologie</strong><br />

Eine Studie der hebräischen Prophetie über das erste Kommen des Messias<br />

von Dr. Arnold G. Fruchtenbaum<br />

Einleitung<br />

Diese Studie beschäftigt sich mit dem, was theologisch «messianische<br />

<strong>Christologie</strong>» genannt wird. Einfacher gesagt handelt es sich um einen<br />

Überblick über alle messianischen Prophetien der hebräischen Schriften, die<br />

sich beim ersten Kommen des Messias erfüllt haben. Die orthodoxe jüdische<br />

Interpretation erwartet dabei aber natürlich nicht, dass der Messias zweimal<br />

kommen sollte, sondern rechnet stattdessen mit zwei Messiassen, von denen<br />

jeder einmal kommt. Diese Studie erfolgt aus einer judenchristlichen Perspektive,<br />

<strong>und</strong> es wird gezeigt werden, dass diese hebräischen Prophetien erfüllt<br />

worden sind im Leben von Jeschua (Jesus) <strong>und</strong> auf keine andere Art<br />

<strong>und</strong> Weise erfüllt werden können. Als erstes wollen wir aber als Einführung<br />

einen Blick auf das Neue Testament werfen <strong>und</strong> sehen, wie Jesus <strong>und</strong> seine<br />

Jünger dieses Thema behandelt haben.<br />

Der neutestamentliche Gebrauch<br />

Die Evangelien stellen ganz klar fest, dass der Tod Jesu auch für die Apostel<br />

eine Überraschung war. Ihre Verwirrung rührte vor allem von da her, dass<br />

sie nicht das ganze messianische Programm kannten. Sie hatten vollständig<br />

erwartet, dass Jesus ihre Feinde überwinden <strong>und</strong> sein Königreich auf der<br />

Erde aufrichten würde. Sie waren sehr gut vertraut mit denjenigen Prophezeiungen,<br />

die sich auf diesen Aspekt des messianischen Programms bezogen.<br />

Was sie aber verfehlt hatten zu verstehen, war, dass der Messias zweimal zu<br />

kommen hatte: Beim ersten Mal, um zu leiden, <strong>und</strong> dann, später, um zu siegen.<br />

Der Gr<strong>und</strong> für sein erstes Kommen war also ein ganz anderer als der<br />

für sein zweites Kommen. Um den Gr<strong>und</strong> seines ersten Kommens zu belegen,<br />

fordert Jesus die Jünger nicht auf, einfach nur zu glauben, sondern


verweist sie zurück auf die Autorität ihrer eigenen hebräischen Schriften,<br />

nämlich auf das, was Heidenchristen heute das Alte Testament nennen.<br />

„Und er sprach zu ihnen: O ihr Unverständigen <strong>und</strong> im Herzen zu träge, an alles zu glauben, was die<br />

Propheten geredet haben! Musste nicht der Christus dies leiden <strong>und</strong> in seine Herrlichkeit hineingehen?<br />

Und von Mose <strong>und</strong> von allen Propheten anfangend, erklärte er ihnen in allen Schriften das, was ihn betraf.<br />

(...) Er sprach aber zu ihnen: Dies sind meine Worte, die ich zu euch redete, als ich noch bei euch war,<br />

dass alles erfüllt werden muss, was über mich geschrieben steht in dem Gesetz Mose <strong>und</strong> in den Propheten<br />

<strong>und</strong> Psalmen. Dann öffnete er ihnen das Verständnis, damit sie die Schriften verständen, <strong>und</strong> sprach zu<br />

ihnen: So steht geschrieben, <strong>und</strong> so musste der Christus leiden <strong>und</strong> am dritten Tag auferstehen aus den<br />

Toten <strong>und</strong> in seinem Namen Busse zur Vergebung der Sünden gepredigt werden allen Nationen, anfangend<br />

von Jerusalem. Ihr seid Zeugen hiervon. Luk.24,25-27; 44-48.<br />

Hier auf der Strasse nach Emmaus, bei einer seiner Erscheinungen nach der<br />

Auferstehung, tadelt Jesus seine Jünger dafür, dass sie nicht alles wussten,<br />

was die Propheten gesagt hatten. Dazu gehörten nämlich auch die Prophezeiungen<br />

über sein Leiden <strong>und</strong> Sterben. Sie hatten keine Schwierigkeiten<br />

damit, an diejenigen Prophezeiungen zu glauben, die den Messias als einen<br />

regierenden König beschrieben, der Israel seine frühere Ehre zurückbringen<br />

würde. Sie hatten aber grosse Schwierigkeiten damit, diejenigen Prophetien<br />

zu akzeptieren, die das Leiden <strong>und</strong> Sterben des Messias vorhersagten. Die<br />

Tatsache, dass die Jünger so aufgeregt waren darüber, dass Jesus gefangen<br />

<strong>und</strong> exekutiert wurde, zeigt, dass sie sich in gewissem Sinne noch im Unglauben<br />

bef<strong>und</strong>en haben. Es wird uns berichtet, dass Jesus mit dem Gesetz<br />

des Mose begonnen hat, fortfuhr mit den Propheten, <strong>und</strong> die gesamten hebräischen<br />

Schriften durchgegangen ist, um seinen Jüngern alles zu zeigen,<br />

was sich auf den Messias bezog. Dadurch konnte er beweisen, dass sein Tod<br />

<strong>und</strong> seine Auferstehung in völliger Übereinstirnmung mit der Schrift <strong>und</strong><br />

sogar für sein Werk notwendig waren. Sie waren wesentlich, weil sie seine<br />

Messianität bewiesen haben. Von den allerfrühesten Quellen bis zu den modernen<br />

Rabbinern haben jüdische Lehrer die Schriften immer in drei Abteilungen<br />

gegliedert: Das Gesetz, die Propheten <strong>und</strong> die Schriften. Wir sehen<br />

hier (<strong>und</strong> teilweise auch in Vers 44), dass Jesus dasselbe tut. Die ”Schriften»<br />

werden manchmal auch die «Psalmen» genannt, weil die Psalmen das erste<br />

Buch dieser Gruppe sind. Jesus bezieht systematisch die gesamten Schriften<br />

ein, um seinen Jüngern alles über sich selbst zu erklären. «Alles» schliesst<br />

dabei sowohl die Prophetien über sein zweites Kommen (die immer noch<br />

auf ihre Erfüllung warten) mit ein als auch diejenigen über sein erstes<br />

Kommen (die sich gerade erfüllten, als Jesus sprach). Indem er Prophetien<br />

aus allen drei Teilen der jüdischen Schriften zusammennahm, konnte Jesus<br />

beweisen, dass es für ihn notwendig war, umgebracht <strong>und</strong> beerdigt zu werden<br />

<strong>und</strong> am dritten Tag wieder aufzuerstehen. Die Nachfolger Jesu haben<br />

ihre Lektion gut gelernt. Später im Neuen Testament, nach Jesu Himmelfahrt,<br />

sehen wir, dass die Jünger immer wieder Jesu Messianität aus den<br />

hebräischen Schriften heraus gerechtfertigt <strong>und</strong> begründet haben - <strong>und</strong> das<br />

sowohl gegenüber Heiden als auch bei Juden.<br />

„Ein Engel des Herrn aber redete zu Philippus <strong>und</strong> sprach: Steh auf <strong>und</strong> geh nach Süden auf den Weg, der<br />

von Jerusalem nach Gaza hinabführt! Der ist öde. Und er stand auf <strong>und</strong> ging hin. Und siehe, ein Äthiopier,<br />

ein Kämmerer, ein Gewaltiger der Kandake, der Königin der Äthiopier, der über ihren ganzen Schatz<br />

gesetzt war, war gekommen, um zu Jerusalem anzubeten; <strong>und</strong> er war auf der Rückkehr <strong>und</strong> sass auf seinem<br />

Wagen <strong>und</strong> las den Propheten Jesaja. Der Geist aber sprach zu Philippus: Tritt hinzu <strong>und</strong> schliesse<br />

dich diesem Wagen an! Philippus aber lief hinzu <strong>und</strong> hörte ihn den Propheten Jesaja lesen <strong>und</strong> sprach:<br />

Verstehst du auch, was du liest? Er aber sprach: Wie könnte ich denn, wenn nicht jemand mich anleitet?<br />

Und er bat den Philippus, dass er aufsteige <strong>und</strong> sich zu ihm setze. Die Stelle der Schrift aber, die er las,<br />

war diese: «Er wurde wie ein Schaf zur Schlachtung geführt, <strong>und</strong> wie ein Lamm stumm ist vor seinem<br />

Scherer, so tut er seinen M<strong>und</strong> nicht auf. In seiner <strong>Erniedrigung</strong> wurde sein Gericht weggenommen. Wer<br />

aber wird sein Geschlecht beschreiben? Denn sein Leben wird von der Erde weggenommen.» Der Käm-


merer aber antwortete dem Philippus <strong>und</strong> sprach: Ich bitte dich, von wem sagt der Prophet dies? Von sich<br />

selbst oder von einem anderen? Philippus aber tat seinen M<strong>und</strong> auf <strong>und</strong> fing mit dieser Schrift an <strong>und</strong><br />

verkündigte ihm das Evangelium von Jesus. Als sie aber auf dem Weg fortzogen, kamen sie an ein Wasser.<br />

Und der Kämmerer spricht: Siehe, da ist Wasser! Was hindert mich, getauft zu werden? Und er befahl,<br />

den Wagen anzuhalten. Und sie stiegen beide in das Wasser hinab, sowohl Philippus als auch der Kämmerer;<br />

<strong>und</strong> er taufte ihn. Als sie aber aus dem Wasser heraufstiegen, entrückte der Geist des Herrn den Philippus;<br />

<strong>und</strong> der Kämmerer sah ihn nicht mehr, denn er zog seinen Weg mit Freuden“. Apg.8,26-39<br />

Das ist die berühmte Geschichte des äthiopischen Eunuchen, der die Prophetie<br />

von Jesaja in Kapitel 53 liest. Philippus wird zu ihm geschickt, um<br />

ihm die Bedeutung dieser Prophetie zu erklären. Wir lesen in Vers 35, dass<br />

«beginnend von dieser Schrift» Philippus ihm Jesus gepredigt hat. Beginnend<br />

mit Jesaja 53, einer Passage, die in dieser Studie später untersucht<br />

wird, ist es Philippus möglich, die Messianität Jesu zu zeigen. Der äthiopische<br />

Eunuch ist so beeindruckt von der Art <strong>und</strong> Weise, in der Jesu Leiden<br />

<strong>und</strong> Sterben auf Jesajas Beschreibung des Messias passt, dass es ihn überzeugt<br />

<strong>und</strong> er sofort Christ wird.<br />

„Nachdem sie aber durch Amphipolis <strong>und</strong> Apollonia gereist waren, kamen sie nach Thessalonich, wo eine<br />

Synagoge der Juden war. Nach seiner Gewohnheit aber ging Paulus zu ihnen hinein <strong>und</strong> unterredete sich<br />

an drei Sabbaten mit ihnen aus den Schriften, indem er eröffnete <strong>und</strong> darlegte, dass der Christus leiden<br />

<strong>und</strong> aus den Toten auferstehen musste <strong>und</strong> dass dieser der Christus ist: der Jesus, den ich euch verkündige.<br />

Und einige von ihnen liessen sich überzeugen <strong>und</strong> gesellten sich zu Paulus <strong>und</strong> Silas <strong>und</strong> eine grosse Menge<br />

von den anbetenden Griechen <strong>und</strong> nicht wenige der vornehmsten Frauen“. Apg.17,1-4<br />

Hier sehen wir, wie Paulus in der Synagoge vorging. Er hat zuerst die<br />

Schriften des Alten Testaments ausgelegt, <strong>und</strong> zwar besonders die messianischen<br />

Prophetien, die wir später studieren werden. Nachdem er dann erklärt<br />

hatte, was die Schriften vom Messias forderten, konnte er anschliessend zeigen,<br />

wie perfekt Jesus der Gestalt des Messias entsprach, wie sie im Alten<br />

Testament gefordert wurde.<br />

„Denn kräftig widerlegte er die Juden öffentlich, indem er durch die Schriften bewies, dass Jesus der<br />

Christus ist“. Apg.18,28<br />

Hier sehen wir noch einmal Paulus’ Methode beim Diskutieren mit den jüdischen<br />

Führern. Er ging zurück zu den Schriften <strong>und</strong> hat bewiesen, dass<br />

Jesus die Anforderungen der hebräischen Prophetie erfüllt hat. Ein letztes<br />

Beispiel hierfür finden wir in Apostelgeschichte 28.<br />

„Als sie ihm aber einen Tag bestimmt hatten, kamen mehrere zu ihm in die Herberge, denen er das Reich<br />

Gottes auslegte <strong>und</strong> bezeugte. Und er suchte sie zu überzeugen von Jesus, sowohl aus dem Gesetz Moses<br />

als auch den Propheten, von frühmorgens bis zum Abend“. Apg.28, 23<br />

Hier sehen wir Paulus in der Debatte mit den jüdischen Führern in Rom.<br />

Wiederum nimmt Paulus sein Beweismaterial nicht aus Matthäus, Markus,<br />

Lukas oder Johannes - die Evangelien werden nicht erwähnt, weil sie noch<br />

nicht geschrieben worden waren – sondern stattdessen aus den Schriften des<br />

Alten Testaments. In dieser besonderen Situation beruft Paulus sich ausschliesslich<br />

auf das Gesetz <strong>und</strong> die Propheten. Wahrscheinlich spart er die<br />

«Schriften» wegen bestimmter jüdischer Anschauungen über die Inspiration<br />

der Heiligen Schrift aus. Der Judaismus lehrt nämlich, dass zwar alle Schrift<br />

von Gott inspiriert ist, dass es dabei aber drei unterschiedliche Ebenen von<br />

Inspiration gibt. Dem Gesetz wird dabei die grösste Autorität zugeschrieben,<br />

weil es aus den eigenen Worten Gottes selbst besteht, die dieser direkt<br />

menschlichen Schreibern diktiert hat. Die Propheten seien von geringerer<br />

Autorität, weil sie zwar Gottes Botschaften haben, diese aber nur durch den<br />

M<strong>und</strong> von Menschen ausgesprochen. Die Schriften werden schliesslich als<br />

die geringste Autorität angesehen, weil man annimmt, dass sie nur aus den<br />

Worten von Menschen bestehen, wenn auch deren Denken von Gott geleitet<br />

war. Der Judaismus hat also eine sehr hohe Anschauung vom Gesetz <strong>und</strong>


den Propheten, aber keinen besonders grossen Respekt vor den Schriften.<br />

Darum beschränkt sich Paulus hier darauf, nur diejenigen Worte Gottes zu<br />

benutzen, die im Gesetz <strong>und</strong> den Propheten gegeben sind. Jesus hat alle drei<br />

Teile des Alten Testaments benutzt, denn was ihn <strong>und</strong> die Apostel anging,<br />

waren alle hebräischen Schriften von gleicher Gültigkeit. Traurigerweise gibt<br />

es heutzutage nur sehr wenige Leute, die tun können, was die Apostel damals<br />

taten, nämlich das ganze messianische Programm ausschliesslich aus<br />

dem Alten Testament heraus entfalten. Die Fähigkeit, das zu tun, ist aus<br />

verschiedenen Gründen wichtig, kommt aber vor allem beim Dienst unter<br />

Juden zum Tragen. Es ist notwendig, aus dem Alten Testament entfalten zu<br />

können, was für einen Messias es fordert, bevor man sich ins Neue Testament<br />

begibt <strong>und</strong> dort zeigt, dass Jesus alle diese biblischen Anforderungen<br />

perfekt erfüllt.<br />

Die vier Typen messianischer Prophetie<br />

Wenn wir uns mit messianischer Prophetie beschäftigen, ist es sehr wichtig,<br />

zu wissen, dass es vier verschiedene Arten davon gibt. Es ist unbedingt erforderlich,<br />

sie auseinanderzuhalten. Die vier Kategorien lauten:<br />

1. Nur erstes Kommen 2. Nur zweites Kommen 3. Sowohl erstes als auch<br />

zweites Kommen 4. Der ganze Erlösungsweg<br />

Manche Prophetien sind sehr deutlich darin, dass sie sich entweder mit dem<br />

ersten Kommen (Kategorie 1) oder mit dem zweiten Kommen (Kategorie<br />

2) beschäftigen. Andere Prophetien sind komplizierter aufgebaut.<br />

Die dritte Kategorie von Prophezeiungen beinhaltet Verse, die das erste <strong>und</strong><br />

zweite Kommen so zusammenblenden, dass die Zeitspanne, die dazwischenliegt,<br />

versteckt wird. Um sie doch zu erkennen, ist es notwendig, die Parallelstellen<br />

zu lesen. Sacharja 9, 9.10 ist ein gutes Beispiel dafür. Vers 9 geht<br />

auf das erste Kommen ein, Vers 10 auf das zweite. Diese Verse für sich allein<br />

genommen treffen keine Unterscheidung, aber dass es eine gibt, wird<br />

von anderen Schriftstellen klargelegt. Die vierte Kategorie bezieht sich auf<br />

Abschnitte, die das ganze messianische Programm einschliessen, also erstes<br />

Kommen, Zeitintervall, zweites Kommen <strong>und</strong> messianisches Königreich. In<br />

dieser Studie werden wir uns mit allen Stellen der ersten Kategorie auseinandersetzen.<br />

Die zweite Kategorie wird ignoriert, denn sie stellt ein ganzes,<br />

eigenständiges Thema dar (<strong>und</strong> wird vollständig im «Handbuch der<br />

biblischen Prophetie» behandelt). Die Prophetien der dritten <strong>und</strong> vierten<br />

Kategorie werden nur insofern berührt, als sie sich auf das erste Kommen<br />

des Messias beziehen.<br />

Wichtig: Eine Studie dieser Art hat drei Hauptvorteile:<br />

Unzulässige Vereinfachungen vermeiden<br />

Die Beziehung zwischen dem Alten <strong>und</strong> Neuen Testament <strong>und</strong> die Natur<br />

des alttestamentlichen Glaubens werden oftmals übermässig vereinfacht.<br />

Zum Beispiel hört man oft das Klischee, dass «die Heiligen des Alten Testaments<br />

auf den Tod Jesu vorausschauten, während die Heiligen des Neuen<br />

Testaments auf ihn zurückschauen». Wenn das wahr wäre, warum waren<br />

dann die Jünger so erstaunt bei Jesu Tod? Wir haben die Tendenz, ins Alte<br />

Testament ein neutestamentliches Verständnis hineinzulesen, das in jenen<br />

Tagen noch nicht existierte. Wenn wir die fortschreitende Offenbarung in


der Heiligen Schrift verfolgen, werden wir uns der Beschränkungen bewusster,<br />

die es auf verschiedenen Stufen von Israels Geschichte gab, was das Verstehen<br />

anging. Insbesondere gibt es keinen Weg, aus den fünf Büchern des<br />

Gesetzes allein zu erkennen, dass der Messias sterben muss. Das wurde erst<br />

etwa im 8. Jahrh<strong>und</strong>ert v. Chr. offenbart, nämlich durch den Propheten Jesaja.<br />

Das Gesetz stellt den Messias hauptsächlich in Gestalt eines Königs <strong>und</strong><br />

Erlösers dar, aber nicht als einen sterbenden Retter. Es ist nicht wahr, dass<br />

die alttestamentlichen Heiligen auf den Tod des Messias vorausgeschaut hätten:<br />

Für den grössten Teil der alttestamentlichen Geschichte wussten sie gar<br />

nicht, dass dies zu geschehen hatte. Wir sollten vorsichtig sein, den Glaubensinhalt<br />

der alttestamentlichen Gläubigen nicht zu sehr zu vereinfachen.<br />

Auslegen der Prophetien über das zweite Kommen<br />

Die Prophetien über das erste Kommen <strong>und</strong> ihre Erfüllungen zu verstehen,<br />

hilft uns, auch diejenigen über das zweite Kommen richtig zu begreifen <strong>und</strong><br />

korrekt auszulegen. Weil alle Prophetien über das erste Kommen sich auf<br />

wörtliche Art <strong>und</strong> Weise erfüllt haben <strong>und</strong> nicht «allegorisch» oder «geistlich»,<br />

sollten wir von denen über das zweite Kommen erwarten, dass sie sich<br />

in derselben Art <strong>und</strong> Weise erfüllen.<br />

Evangelisation unter Juden<br />

Wie bereits zu sehen war, haben die alttestamentlichen Prophetien der hebräischen<br />

Schriften die Basis zum Evangelisieren im Neuen Testament gebildet.<br />

Zuerst Jesus mit seinen Jüngern <strong>und</strong> danach die Jünger selbst haben das<br />

Alte Testament benutzt, um Jesu Anspruch, der Messias zu sein, zu bestätigen.<br />

Wenn die messianischen Erwartungen der hebräischen Prophetie verstanden<br />

werden, dann wird klar, dass Jesus <strong>und</strong> nur Jesus diese Anforderungen<br />

erfüllen kann. Das sind also die Schriften, die wir jetzt studieren wollen,<br />

wobei wir uns mit ihnen in denselben Kategorien beschäftigen, wie es Jesus<br />

<strong>und</strong> die Apostel getan haben: Im Gesetz, in den Propheten <strong>und</strong> in den<br />

Schriften.<br />

1. Teil: Das Gesetz<br />

Gen.3,15 - Der Same der Frau<br />

„Und ich werde Feindschaft setzen zwischen dir <strong>und</strong> der Frau, zwischen deinem Samen <strong>und</strong> ihrem Samen;<br />

der wird dir den Kopf zermalmen, <strong>und</strong> du, du wirst ihm die Ferse zermalmen“.<br />

Messianische Prophetie beginnt schon im dritten Kapitel des Buches Genesis.<br />

Es ist kein W<strong>und</strong>er, dass die allererste messianische Prophetie im Kontext<br />

des Sündenfalls auftaucht. Wenn die Sünde nicht in die Welt eingedrungen<br />

wäre, hätte es niemals die Notwendigkeit für einen erlösenden<br />

Messias gegeben. Gott verflucht die Schlange nach dem Fall, den sie verursacht<br />

hat <strong>und</strong> erklärt Feindschaft zwischen der Schlange <strong>und</strong> der Frau. Diese<br />

Feindschaft soll sich bis auf den Samen der Frau <strong>und</strong> der Schlange erstrecken.<br />

Der «Same der Frau» bezieht sich auf Christus, den Messias, <strong>und</strong> der<br />

Same der Schlange wird der Antichrist sein. (Eine Untersuchung des Antichristen<br />

würde den Rahmen dieser Studie sprengen, vgl. «Handbuch der<br />

biblischen Prophetie» für weitere Details.)<br />

Anderer Ansicht in Bezug auf diese Stelle ist Prof. Samuel Külling. Vgl. hierzu seine ausführliche Exegese<br />

des sog Protevangeliums oben auf Seite 2ff.<br />

Die Prophezeiung


Diese, die erste messianische Prophezeiung, erklärt, dass die Herkunft oder<br />

Abstammung des Messias nach einer Frau benannt werden wird <strong>und</strong> nicht<br />

nach einem Mann. Das widerspricht sofort der biblischen Norm. Es gibt<br />

viele Genealogien in der Schrift, <strong>und</strong> angefangen von den frühesten in den<br />

Kapiteln Genesis 5 <strong>und</strong> 11 bis zu den ersten 9 Kapiteln des 1. Buches der<br />

Chronik, bis Matthäus 1 <strong>und</strong> Lukas 3 sind (unter vielen anderen) fast alle<br />

davon Listen von Männernamen. Die legale Abstammung, die Identität<br />

nach Nation <strong>und</strong> Stamm, wurden immer vom Vater <strong>und</strong> niemals von der<br />

Mutter genommen (die einzige Ausnahme hierzu findet sich in Esra 2, 61<br />

<strong>und</strong> noch in Nehemia 7, 63). Es geschah nur sehr selten, dass der Name einer<br />

Frau überhaupt aufgenommen wurde in die Liste; das geschah nur,<br />

wenn sie eine wichtige Rolle in der jüdischen Geschichte gespielt hatte, <strong>und</strong><br />

selbst dann brachte ihr das nur die Erwähnung in einer Nebenbemerkung<br />

ein. Mose gibt hier keine Erklärung, sondern zeichnet einfach die Tatsache<br />

auf, dass beim Messias etwas in besonderer Weise ganz anders sein wird,<br />

was dazu führt, dass er seine Abstammung über die Mutter <strong>und</strong> nicht den<br />

Vater angibt. Es wird für einige Jahrh<strong>und</strong>erte auch keine Erklärung gegeben,<br />

bis zur Zeit des Propheten Jesaja. Er wird prophezeien (in Kapitel 7),<br />

dass der Messias von einer Jungfrau geboren werden <strong>und</strong> keinen menschlichen<br />

Vater haben wird. Genesis 3, 15 stellt fest, dass der Messias der<br />

Schlange, das ist Satan, den Kopf zerschmettern wird. 77 Dabei wird Satan es<br />

zwar zuwege bringen, die Ferse des Messias zu verw<strong>und</strong>en, wird aber unfähig<br />

sein, seine eigene Zerstörung zu verhindern. Das Verw<strong>und</strong>en der Ferse<br />

des Messias fand bei Jesu Kreuzigung statt – schmerzhaft, aber, bezogen auf<br />

die Ewigkeit, nicht tödlich. Das Zerschmettern des Kopfes der Schlange begann<br />

mit Jesu Tod <strong>und</strong> Auferstehung, wie in Hebräer 2, 14-18 festgestellt<br />

wird. Römer 16, 20 sieht das Zerschlagen von Satans Kopf als immer noch<br />

zukünftig an. So wird seine endgültige Zerstörung nicht kommen, bevor er<br />

in den Feuersee geworfen wird, wie es Offenbarung 20, 10 beschreibt.<br />

Genauso wie er einen Hinweis auf die Jungfrauengeburt gibt, zeigt dieser<br />

Vers auch an, dass der Messias ein Mensch sein wird. Der Messias, der Erlöser,<br />

wird kein Engel oder einfach göttlich, sondern wird ein Gott-Mensch<br />

sein.<br />

Diese Gedanken werden in den folgenden Prophetien weiter entwickelt.<br />

Gen.4, 5 <strong>und</strong> 6 - Frühe Echos der Verheissung<br />

Das ist unsere Interpretation aus unserer eigenen historischen Perspektive,<br />

aber wie wurde dieser Vers von denen verstanden, die ihn als erste gehört<br />

haben’? Es gibt drei Abschnitte in den folgenden Kapiteln, die einige Hinweise<br />

darüber geben, was die drei Personen, die Gen 3, 15 als erste gehört<br />

hatten, darüber dachten. Eine Studie dieser Passagen zeigt, dass, obwohl die<br />

Jungfrauengeburt bis Jesaja nicht verstanden wurde, doch begriffen worden<br />

war, dass man einen Gott-Menschen als Erlöser zu erwarten hatte.<br />

Genesis 4,1<br />

77 Im Hebräischen steht aber das männliche Fürwort Rl 7 i hu’ (er). Dieses als R’liI hi’ (sie) zu vokalisieren<br />

<strong>und</strong> nach der Vulgata «ipsa» (sie selbst), bezogen auf die Frau zu verstehen <strong>und</strong> zu übersetzen<br />

(dann wären im Hebräischen andere Verformen), entspricht nicht dem hebräischen Text. Man darf auch<br />

nicht die Frau auf eine spätere Frau beziehen. Vgl. FUNDAMENTUM 1/1988, S. 20f. Red.


„Und der Mensch erkannte seine Frau Eva, <strong>und</strong> sie wurde schwanger <strong>und</strong> gebar<br />

Kain; <strong>und</strong> sie sagte: Ich habe einen Mann hervorgebracht mit dem HERRN“.<br />

Eine wörtliche Übersetzung des hebräischen Textes würde lauten: Und der<br />

Mann erkannte Eva, seine Frau, sie empfing <strong>und</strong> gebar Kain <strong>und</strong> sagte: «Ich<br />

habe einen Mann bekommen: Jahwe.»<br />

Das ist exakt dieselbe Satzkonstruktion wie im nächsten Vers: Und wiederum<br />

gebar sie seinen Bruder: Abel. Nur wenige Bibelübersetzer verstehen,<br />

was Eva hier sagt. Deshalb lauten auch die englischen Übersetzungen nicht<br />

so, wie es oben angegeben ist. Eva hat von Gottes Worten in Gen 3, 15 her<br />

klar verstanden, dass die Schlange von einem Gott-Menschen besiegt werden<br />

wird. Offensichtlich denkt sie, dass Kain Jahwe ist. Ihre Theologie ist<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich korrekt: Der Messias würde beides sein, Mensch <strong>und</strong> Gott.<br />

Ihr Fehler liegt in ihrer Anwendung dieser Theologie. Sie hat angenommen,<br />

dass Kain, ihr erstes Kind, der versprochene Gott-Mensch wäre. Dass sie<br />

ihren Fehler schnell erkannt hat, zeigt sich bei der Geburt von Kains Bruder<br />

– sie nennt ihn Abel, was «Nichtigkeit» bedeutet. Es ist interessant zu sehen,<br />

wie unterschiedliche Gelehrte zu verschiedenen Zeiten mit diesem Vers umgegangen<br />

sind. Die meisten englischen Übersetzungen lesen: «Ich habe einen<br />

Mann bekommen mit der Hilfe von Jahwe.» Die Worte «mit der Hilfe<br />

von» wurden dabei von den Übersetzern eingefügt, um eine Lesart zu vermeiden,<br />

die für sie unakzeptabel war. 78 Aber im Hebräischen steht wörtlich:<br />

«Ich habe einen Mann bekommen: Jahwe.» Das ist tatsächlich die gleiche<br />

Konstruktion wie im Hebräischen für die sofort folgenden Worte: «<strong>und</strong> sie<br />

gebar: Kain.» Die geläufige englische Übersetzung basiert nicht auf dem<br />

hebräischen Text, sondern auf der griechischen Septuaginta. Dort heisst es<br />

«durch Gott.» Dem folgte auch die lateinische Vulgata, die ebenfalls «durch<br />

Gott» liest. Der Jerusalemer Targum, eine aramäische Übersetzung, liest:<br />

«Ich habe einen Mann bekommen, den Engel von Jahwe». Die Rabbiner<br />

gaben eine Lesart an, die dem originalen hebräischen Text viel näher kam.<br />

Der Targum Pseudo Jonathan liest: «Ich habe als einen Mann den Engel<br />

Jahwes bekommen». Eine andere aramäische Übersetzung ist der Targum<br />

Onkelos, der «von vor dem Herrn» bietet. Diese aramäischen Übersetzungen<br />

<strong>und</strong> Umschreibungen sehen, was das Hebräische sagt <strong>und</strong> was das für<br />

übernatürliche Folgen beinhaltet. In der christlichen Theologie sieht man<br />

den Engel Jahwes als die zweite Person des dreieinigen Gottes (etwas, was<br />

später unter «Andere Linien der Beweisführung» diskutiert wird), aber das<br />

war natürlich nicht die Sichtweise der jüdischen Übersetzer der Targume.<br />

Der Midrasch Rabbah, der rabbinische Kommentar zur Genesis, bietet in<br />

22, 2 für Genesis 4, 1 «mit der Hilfe des Herrn». «Rabbi Ishmael fragte<br />

Rabbi Akiba ’Da du Nahum von Ginzo 22 Jahre lang gedient hast <strong>und</strong> er<br />

gelehrt hat, dass jedes ach <strong>und</strong> rach eine Begrenzung, aber jedes et <strong>und</strong> gam<br />

eine Erweiterung ist, sage mir, was der Sinn des et hier ist.’ Er antwortete<br />

’Wenn gesagt wird ’Ich habe einen Mann bekommen: Den Herrn’, wäre es<br />

schwierig auszulegen, darum ist et ’mit der Hilfe des Herrn’ erforderlich.’»<br />

Somit hatten die Rabbiner also klar die Aussagen dieser Konstruktion verstanden<br />

<strong>und</strong> mussten darum die nötigen Anpassungen in ihrer Übersetzung<br />

78 Das Hebräische M ’eg kann als Akkusativzeichen «den» oder als Präposition «mit» verstanden werden:<br />

Übersetzung somit entweder: den Jhwh oder mit Jhwh. Vgl. FUNDAMENTUM 3/1989, S. 14f. Red.


machen. Die Peshitta bietet «Ich habe einen Mann bekommen zu dem<br />

Herrn». Ein führender Rabbi, bekannt als Saadia Gaon, las es als «von mit<br />

dem Herrn». Rashi übersetzt es als «mit dem Herrn» <strong>und</strong> Nachmanides<br />

übersetzt es als «für den Herrn zum Dienst für den Herrn». Auch hier werden<br />

wieder Versuche gemacht, das Offensichtliche zu umgehen.<br />

Genesis 5, 28.29<br />

„Und Henoch lebte 65 Jahre <strong>und</strong> zeugte Metuscheiach. 22 Und Henoch wandelte mit Gott, nachdem er<br />

Metuschelach gezeugt hatte, 300 Jahre <strong>und</strong> zeugte Söhne <strong>und</strong> Töchter. 23 Und alle Tage Henochs betrugen<br />

365 Jahre. Und Henoch wandelte mit Gott; <strong>und</strong> er war nicht mehr da, denn Gott nahm ihn hinweg. -<br />

Und Metuschelach lebte 187 Jahre <strong>und</strong> zeugte Lamech. Und Metuschelach lebte, nachdem er Lamech<br />

gezeugt hatte, 782 Jahre <strong>und</strong> zeugte Söhne <strong>und</strong> Töchter. Und alle Tage Metuschelachs betrugen 969 Jahre,<br />

dann starb er. - Und Lamech lebte 18Z Jahre <strong>und</strong> zeugte einen Sohn. Und er gab ihm den Namen<br />

Noah, indem er sagte: Dieser wird uns trösten über unserer Arbeit <strong>und</strong> über der Mühsal unserer Hände<br />

von dem Erdboden, den der HERR verflucht hat“. Gen.5,21-29<br />

In Gen.5,21-24 lesen wir von dem gerechten Henoch, der «nicht war, denn<br />

Gott nahm ihn». Das Neue Testament, in Jud.14-15, sagt uns, dass Henoch<br />

ein Prediger der Gerechtigkeit <strong>und</strong> ein Prophet war. Der Name, den er seinem<br />

Sohn gab, war tatsächlich reich an prophetischer Bedeutsamkeit. Methuselach<br />

ist ein hebräischer Name, der wörtlich bedeutet «Wenn er stirbt,<br />

wird es kommen». Da es im Hebräischen kein Neutrum gibt, heisst es also<br />

tatsächlich «Wenn er stirbt, wird er kommen». Diese Prophezeiung bezieht<br />

sich auf das Kommen der Flut. Eine einfache Berechnung mit den in Genesis<br />

gegebenen Zahlen zeigt, dass die Flut im Jahre 1656 a.H. 79 kam - dasselbe<br />

Jahr, in dem Methuselach auch starb (siehe Diagramm). Lamech hat verstanden,<br />

dass der Name seines Vaters prophetisch war, hat ihn aber fälschlicherweise<br />

auf die Geburt seines Sohnes Noah bezogen. Noah wird tatsächlich<br />

ein Mann von enormer Bedeutung für die Menschheitsgeschichte sein,<br />

aber nicht so, wie Lamech sich das gedacht hatte. Es ist klar, dass Lamech<br />

gehofft hat, Noah (was «Trost» bedeutet) würde der sehnlich erwartete<br />

Messias sein. Es ist von den Alters<strong>und</strong> Jahresangaben in Gen 5 her klar, dass<br />

Lamech 56 Jahre alt war, als Adam starb. Lamech wird darum einen Bericht<br />

aus erster Hand bekommen haben über alles, was im Garten Eden geschehen<br />

war <strong>und</strong> von allen Worten, die Gott gesprochen hatte. Darum ist es<br />

sehr interessant, in Vers 5, 29 zu sehen, wie Lamech seine eigene messianische<br />

Hoffnung ausdrückt: Er sieht den Messias als den Erlöser, der den<br />

Fluch von Adams Fall aufheben wird, <strong>und</strong> auch all dessen Folgen. Wie bei<br />

Eva ist seine Theologie gr<strong>und</strong>sätzlich richtig, aber er hat sie falsch angewandt.<br />

Lamech hat Recht - solch ein Mann wird eines Tages kommen, in<br />

Erfüllung der Verheissung in Gen.3,15 - aber Noah sollte nicht dieser Mann<br />

sein.<br />

Genesis 6, 1-4<br />

Die menschlichen Geschöpfe waren nicht die einzigen, die den Sinn <strong>und</strong> die<br />

Bedeutsamkeit von Gottes Worten in Genesis 3, 15 verstanden. Satan, an<br />

den sich jene Worte richteten, hat sie auch verstanden. In Genesis 6, 1 – 4<br />

sehen wir Satans ersten Versuch, Gottes messianisches Programm zu durchkreuzen.<br />

Da der Messias Nachfahre einer Frau zu sein hat, musste es Satans<br />

Ziel sein, diese Nachkommenschaftslinie zu korrumpieren.<br />

„Und es geschah, als die Menschen begannen, sich zu vermehren auf der Fläche des Erdbodens, <strong>und</strong> ihnen<br />

Töchter geboren wurden, da sahen die Söhne Gottes die Töchter der Menschen, wie schön sie waren, <strong>und</strong><br />

sie nahmen sich von ihnen allen zu Frauen, welche sie wollten. Da sprach der HERR: Mein Geist soll<br />

79 a.H. = anno Homini, im Jahre des Menschen, d.h. nach der Erschaffung des Menschen.


nicht ewig im Menschen bleiben, da er ja auch Fleisch ist. Seine Tage sollen 120 Jahre betragen. In jenen<br />

Tagen waren die Riesen auf der Erde, <strong>und</strong> auch danach, als die Söhne Gottes zu den Töchtern der Menschen<br />

eingingen <strong>und</strong> sie ihnen (Kinder] gebaren. Das sind die Helden, die in der Vorzeit waren, die berühmten<br />

Männer“. Gen.6,1-4<br />

Auf Satans Befehl hin sind gefallene böse Engel («die Söhne Gottes»)<br />

Mischehen rnit menschlichen Frauen eingegangen (eine Vorschattung auf<br />

die übernatürliche Empfängnis des Antichristen, auf die ebenfalls in<br />

Gen.3,15 hingewiesen wird). Die Ergebnisse dieser Ehen waren groteske<br />

Kreaturen - die Nephilim. Es war das Auftreten dieser diabolischen Kreaturen,<br />

die das Gericht der Flut über die Erde brachte. Durch das Mittel der<br />

Flut hat Gott sämtliche Nephilim zerstört <strong>und</strong> eine Linie erhalten, durch die<br />

der Messias geboren werden würde.<br />

Gen.22,18 - Der Same Abrahams<br />

„Und in deinem Samen werden sich segnen alle Nationen der Erde dafür, dass du<br />

meiner Stimme gehorcht hast“.<br />

Genesis 22 beschäftigt sich, zusammen mit vielen anderen Passagen, mit<br />

dem abrahamitischen B<strong>und</strong>, einem der acht B<strong>und</strong>esschlüsse in der Heiligen<br />

Schrift. Der Ausdruck «Same» im hebräischen Text wird zwar immer im<br />

Singular verwendet, kann aber auf zwei verschiedene Arten gebraucht werden.<br />

Er kann als absoluter Singular benutzt werden, wobei er dann eine individuelle<br />

Person meint, oder kann auch als kollektiver Singular auf eine<br />

Gruppe bezogen werden. Im Kontext des abrahamitischen B<strong>und</strong>es bezieht<br />

sich der «Same», wenn er im kollektiven Sinn gebraucht wird, immer auf die<br />

Nation Israel (z.B. ’dein Same soll sein wie die Sterne <strong>und</strong> der Sand’). Wenn<br />

er als absoluter Singular benutzt wird, gilt er einem bestimmten Individuum<br />

- dem Messias. Das wird im Neuen Testament vom Apostel Paulus betont:<br />

Dem Abraham aber wurden die Verheissungen zugesagt <strong>und</strong> seinem Nachkommen.<br />

Er spricht nicht: «<strong>und</strong> seinen Nachkommen» wie bei vielen, sondern<br />

wie bei einem: «<strong>und</strong> deinem Nachkommen», [<strong>und</strong>] der ist Christus.<br />

Galater 3, 16<br />

Hier in Gal.3,16 zitiert Paulus Gen.22,18, indem er die Bedeutung von<br />

«Same» als absolutem Singular betont <strong>und</strong> ihn auf Jesus bezieht. In<br />

Gen.3,15 haben wir erfahren, dass der Messias der «Same der Frau» sein<br />

würde. Der Messias würde also menschlich sein. Im abrahamitischen B<strong>und</strong><br />

wird dies eingeschränkt darauf, dass der Messias ein Nachkomme aus einem<br />

bestimmten Zweig der Menschheit sein muss, nämlich ein Nachfahre Abrahams.<br />

Eine zweite Aussage, die in dieser Prophezeiung getroffen wird, ist, dass die<br />

Heiden - die Nationen - in Zukunft gesegnet werden durch den Samen Abrahams.<br />

Das wird hier nicht erklärt, wird aber in späteren Prophezeiungen<br />

genauer beschrieben (Jes.42,1-4 <strong>und</strong> 49,6). Insgesamt sind es sechs verschiedene<br />

Passagen, die zum abrahamitischen B<strong>und</strong> gehören. Das sind:<br />

Gen.12,1-3, 12,7, 13,14-17, 15,1-21, 17,1-21 <strong>und</strong> Gen.22,15-18. Eine<br />

Studie dieser Abschnitte zeigt, dass es insgesamt 13 spezifische Zusagen innerhalb<br />

dieses B<strong>und</strong>es gibt. Darauf kann hier nicht näher eingegangen werden,<br />

aber wenn man den B<strong>und</strong> auf seine gr<strong>und</strong>sätzlichsten Aussagen reduziert,<br />

dann könnte man sagen, dass er drei Hauptaspekte hat. Das sind das<br />

Land, der Same <strong>und</strong> der Segen. Der Landaspekt wird in der Schrift im palästinischen<br />

B<strong>und</strong> weiterentwickelt. Der Segensaspekt wird im Neuen Testament<br />

weiter ausgeführt. Der Aspekt des Samens wird durch den davidi-


schen B<strong>und</strong> noch mehr detailliert, <strong>und</strong> da der Same für unsere jetzige Studie<br />

wichtig ist, wird auf den davidischen B<strong>und</strong> später bei 1. Chronik 17, 10b –<br />

14 eingegangen. (Das ist in dem Teil über die Schriften, aber es wäre sinnvoll,<br />

diese Schriftstelle schon vor dem Teil über die Propheten zu studieren.<br />

Einige der Passagen in den Propheten entwickeln tatsächlich Aspekte des<br />

davidischen B<strong>und</strong>es weiter.)<br />

Genesis 49, 10 – Der Same Judas<br />

„Nicht weicht das Zepter von Juda, noch der Herrscherstab zwischen seinen Füssen<br />

weg, bis er kommt, dem es gehört, <strong>und</strong> ihm werden die Völker gehorchen“.<br />

Genesis Kapitel 49 beschreibt die Prophetien, die Jakob über seine Söhne<br />

ausgesprochen hat. In Vers 10 macht er eine prophetische Aussage über Juda.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich bedeutet sie, dass Juda seine Stammesidentität oder sein<br />

Recht, über die anderen Stämme zu herrschen, nicht verlieren wird, bevor<br />

jemand kommt. Der genaue Wortlaut der Aussage variiert zwischen den<br />

Übersetzungen. Die meisten Versionen verdunkeln die wirkliche Bedeutung,<br />

indem sie das Wort «Schiloh» so gebrauchen, als ob es’ein spezieller<br />

Name für den Messias wäre. Das Wort sollte tatsächlich aber als ein Possessivpronomen<br />

verstanden werden. Die beste Übersetzung ist wahrscheinlich<br />

die der New International Version: «bis er kommt, dem es gehört». Eine<br />

wörtlichere Übersetzung des Verses würde lauten: «Das Zepter wird nicht<br />

weichen von Juda, noch der Herrscherstab von zwischen seinen Füssen, bis<br />

er kommt, dessen Recht es ist, <strong>und</strong> für ihn soll der Gehorsam der Völker<br />

sein.» Judas Identität <strong>und</strong> Recht zu herrschen können nicht verloren gehen,<br />

bis er kommt, der das volle Anrecht auf das Zepter hat, den vollen Anspruch<br />

auf das Recht zu herrschen. So übersetzt die Septuaginta den Vers,<br />

<strong>und</strong> so tut es auch die syrische Übersetzung. Diese Lesart des Verses wird<br />

weiter gestützt durch Vergleich mit einer Passage in Hesekiel. 25 Du sollst<br />

einen Weg machen, damit das Schwert komme nach Rabba der Söhne<br />

Ammon <strong>und</strong> nach Juda, das [nur noch] in Jerusalem befestigt ist. 26 Denn<br />

der König von Babel bleibt am Kreuzweg stehen, am Anfang der beiden<br />

Wege, um das Losorakel zu befragen; er schüttelt die Pfeile, befragt die Teraphim,<br />

beschaut die Leber. 27 In seiner Rechten ist das Losorakel «Jerusalem»,<br />

dass er Sturmböcke aufstelle, den M<strong>und</strong> öffne mit Geschrei, die<br />

Stimme erhebe mit Kriegsgeschrei, Sturmböcke gegen die Tore aufstelle,<br />

Belagerungswälle aufschütte <strong>und</strong> Belagerungstürme baue.<br />

Hesekiel 21, 25 – 27<br />

Hes.21,25-27 beschäftigt sich vor allem mit dem zweiten Kommen des<br />

Messias. Vers 25 bezieht sich auf den Antichristen, den letzten Heiden, der<br />

über Israel herrscht. In Vers 26 ist mit dem Turban oder der Mitra diejenige<br />

des Priesters gemeint (Exodus 28, 4.37.39; 29, 6; 39, 28.31; Leviticus 8, 9;<br />

16, 4) <strong>und</strong> die Krone ist die Königskrone. Genauso wie Genesis 49, 10 das<br />

königliche Zepter benutzt, um die Autorität, das Recht zu herrschen, darzustellen,<br />

benutzte Hesekiel die Königskrone, um dasselbe darzustellen. Und<br />

es wird genau derselbe Satz verwendet: «bis er kommt, dessen Recht es ist».<br />

Dabei sollte man anmerken, dass Hesekiels Bezugnahme auf die priesterliche<br />

Mitra anzeigt, dass der Messias sowohl Priester als auch König sein<br />

wird. Darauf wird in Psalm 110 näher eingegangen. Sowohl Priestertum als<br />

auch Königsherrschaft werden von Israel weggenommen werden, bis der<br />

Messias (zum zweiten Mal) kommt, wenn ihm sowohl Priestertum als auch


Königswürde übergeben werden. Wenn wir zu Genesis 49, 10 <strong>und</strong> dem ersten<br />

Kommen des Messias zurückkehren, können wir sehen, dass dieser Vers<br />

drei Aussagen trifft. Vom Messias ist vorher schon erklärt worden, dass er<br />

ein Mensch sein wird, der Nachfahre Abrahams. Jetzt wird seine Abstammung<br />

dahingehend eingeschränkt, dass er ein Sohn von Juda sein muss. Ein<br />

zweiter Punkt ist, dass der Messias ein König sein wird. Das Zepter <strong>und</strong> der<br />

Herrscherstab zeigen Königswürde <strong>und</strong> Autorität an. Drittens sollte man<br />

sehen, dass der Messias kommen muss, bevor der Stamm Juda seine Identität<br />

verliert. Das legt klar eine bestimmte Zeitspanne für diese Prophezeiung<br />

fest. Die Aufzeichnungen, durch die die stammesmässigen Zugehörigkeiten<br />

festgehalten wurden, bewahrte man im jüdischen Tempel auf. Alle diese<br />

Aufzeichnungen sind mit der Zerstörung des Tempels 70 n. Chr. verloren<br />

gegangen. In nur wenigen Generationen hatten alle Stämme Israels, mit<br />

Ausnahme Levis, ihre Identität verloren. Sofort nach 70 n. Chr. haben die<br />

Rabbiner Gesetze erlassen, die die Identität des priesterlichen Stammes Levi<br />

erhalten würden, aber Juden von anderen Stämmen haben ihre Identität<br />

schnell verloren. Da der Stamm Juda seine hervorragende Bedeutung <strong>und</strong><br />

Identität im Jahre 70 n. Chr. verloren hat, ist klar zu sehen, dass der Messias<br />

einige Zeit vor 70 n. Chr. gekommen sein musste. Es war für den Messias<br />

nicht möglich, erst nach 70 n. Chr. zu komrnen.<br />

Dieser Vers ist von den Rabbinern einmütig als messianischer Vers angesehen<br />

worden. Zum Beispiel übersetzt ihn der Targum Onkelos (eine aramäische<br />

Übersetzung) als: «das Übertragen der Herrschaft soll nicht weichen<br />

vom Haus Juda, noch der Herrscherstab von seinen Kindeskindern für immer,<br />

bis der Messias kommt, dem das Königreich gehört <strong>und</strong> dem die Nationen<br />

gehorchen sollen.» Onkelos hat diesen Vers klar als messianisch gesehen.<br />

Die Rabbiner haben diesen Vers auch als Quelle für einen der rabbinischen<br />

Namen des Messias interpretiert: Schilo. Eine Passage lautet: «Der Messias<br />

soll Schilo genannt werden, um anzuzeigen, dass er von einer Frau geboren<br />

wurde <strong>und</strong> darum kein göttliches Wesen sein konnte.» Die Plazenta, in der<br />

der Fötus gebildet wird im Mutterleib, wird auf Hebräisch shilyah genannt.<br />

Das ist ähnlich wie schiloh, dem hebräischen Wort für Schilo. Das ist eines<br />

der rabbinischen Argumente gegen die Göttlichkeit des Messias. Dass er<br />

Schilo genannt wurde, hat man sich als einen Hinweis darauf vorgestellt,<br />

dass er aus einer shilyah geboren wurde <strong>und</strong> darum – nach ihrem Denken –<br />

einfach nur Mensch war.<br />

Rashi sagte: «Bis König Messias kommen wird, dem das Königreich zukommt<br />

[gemeint ist der Messias], sollen die Nationen suchen.»<br />

Die Midrasch Rabbah zu dieser Passage, 97, lautet wie folgt:<br />

«Weiterhin wird der königliche Messias vom Stamm Juda abstammen, wie<br />

es heisst [zitiert Jesaja 11, 10]. Somit wird vom Stamm Juda, aus dem Salomo<br />

stammte, der den ersten Tempel baute, <strong>und</strong> Serubbabel, der den zweiten<br />

Tempel baute, auch der königliche Messias abstammen, der den Tempel<br />

wieder aufbauen wird. Nun ist über den Messias geschrieben [zitiert Psalm<br />

89, 37] ...»<br />

«... Juda ist ein Löwenjunges. Rabbi Hummah ben Rabbi Hannina sagte:<br />

’Das spielt auf den Messias, den Sohn Davids an, der von zwei Stämmen<br />

abstammte, sein Vater von Juda <strong>und</strong> seine Mutter von Dan, in Verbindung


mit dem vom ’Löwen’ geschrieben ist’ [zitiert Deuteronomium 33, 22] ...»<br />

«... Das Zepter spielt auf den Messias, den Sohn Davids an, der die Nationen<br />

züchtigen wird mit einem Stab, wie es geschrieben ist [zitiert Psalm 2,<br />

9] ...»<br />

«... ’bis Schiloh kommt’, das zeigt an, dass alle Nationen dem Messias, dem<br />

Sohn Davids, ein Geschenk bringen werden, wie es heisst [zitiert Jesaja 18,<br />

7] ...»<br />

Die Midrasch Rabbah 98 lautet wie folgt: «Dies spielt auf den königlichen<br />

Messias an. ’Gehorsam der Völker,’ der Messias wird kommen <strong>und</strong> wird die<br />

Nationen der Welt unruhig machen.»<br />

Die Midrasch Rabbah 98 sagt zu Vers 49, 10 «dem das Königtum gehört»<br />

<strong>und</strong> nimmt damit wiederum «Schiloh» als Possessivpronomen. Es ist daher<br />

völlig klar, dass die übereinstimmende rabbinische Ansicht von Genesis 49,<br />

10 lautete, dass sich diese Stelle auf den Messias bezieht.<br />

Numeri 23+24 - Die Vorhersagen Bileams<br />

Die Kapitel 22-24 im Buch Numeri berichten uns die Geschichte von Bileam.<br />

Bileam war ein heidnischer Astrologe, ein Seher, der aus einer Region<br />

Babylons kam. Er hatte sich quer durch die ganze antike Welt einen beachtlichen<br />

Ruf aufgebaut. Es war weithin anerkannt, dass «der, den Bileam verflucht<br />

hatte, verflucht war, <strong>und</strong> der, den Bileam gesegnet hatte, gesegnet<br />

war» (22,1-6, dabei besonders Vers 6 <strong>und</strong> 22, 12).<br />

Bis zu diesem Punkt des Auszugs aus Ägypten war Israel an der Grenze von<br />

Moab angekommen <strong>und</strong> war gerade dabei, das verheissene Land zu betreten.<br />

Der König von Moab, einer der frühesten Antisemiten der Geschichte,<br />

war allerdings gegen die Aussicht, neue Nachbarn zu bekommen, <strong>und</strong> entschied<br />

sich, aktiv zu werden. Er sandte nach Bileam <strong>und</strong> beauftragte ihn mit<br />

einem ansehnlichen Geldbetrag, zu kommen <strong>und</strong> die Juden zu verfluchen.<br />

Bileam strengt sich sehr an, seinen Auftrag auszuführen, aber jedesmal,<br />

wenn er seinen M<strong>und</strong> öffnet, um Flüche auszusprechen, ergreift Gott die<br />

Kontrolle über seine Zunge, <strong>und</strong> er findet sich plötzlich dabei wieder, dass<br />

er stattdessen die Juden segnet. Die vier Vorhersagen, die er ausspricht, die<br />

ihm von Gott in den M<strong>und</strong> gelegt werden, gehen zum grössten Teil auf das<br />

zweite Kommen des Messias <strong>und</strong> auf sein Königreich ein. Es gibt aber<br />

trotzdem ein paar Aussagen, die für unsere jetzige Studie von Interesse sind.<br />

Die erste Vorhersage – Numeri 23, 7 – 10<br />

„Da begann er seinen Spruch <strong>und</strong> sprach: Aus Aram hat Balak mich hergeführt, von den Bergen des Ostens<br />

der König von Moab: Komm, verfluche mir Jakob! Ja, komm <strong>und</strong> verwünsche Israel! Wie soll ich<br />

verfluchen, wen Gott nicht verflucht, <strong>und</strong> wie verwünschen, wen der HERR nicht verwünscht hat? Denn<br />

vom Gipfel der Felsen sehe ich es, <strong>und</strong> von den Höhen herab schaue ich es; siehe, ein Volk, das abgesondert<br />

wohnt <strong>und</strong> sich nicht zu den Nationen rechnet. Wer könnte zählen den Staub Jakobs <strong>und</strong> der Zahl<br />

nach den vierten Teil Israels? Meine Seele sterbe den Tod der Aufrichtigen, <strong>und</strong> mein Ende sei gleich dem<br />

ihren!“ Num.23,7-10<br />

Es gibt ein paar Punkte in diesem ersten Orakel, die wert sind, beachtet zu<br />

werden. Bileam betont in Vers 8, dass er unfähig ist, zu verfluchen, wen<br />

Gott nicht verflucht hat. Es wird manchmal gesagt, dass es von Israels Gehorsam<br />

abhängt, ob es sich des göttlichen Segens erfreuen kann. An diesem<br />

speziellen Punkt seiner Geschichte befindet sich Israel zwar im Ungehorsam,<br />

aber trotzdem wacht Gott über es. Unabhängig von seinem Gehorsam oder<br />

Ungehorsam wird Israel immer Gottes erwähltes B<strong>und</strong>esvolk bleiben. Gott<br />

wird niemals Heiden erlauben, Flüche auf es zu legen, die ewige Auswir-


kungen hätten (wie es nämlich bei Bileam der Fall gewesen wäre). Gott hat<br />

daher in dieser Situation eingegriffen <strong>und</strong> die Absichten der Menschen zunichte<br />

gemacht.<br />

Ein zweiter Punkt ist in Vers 9 zur Kenntnis zu nehmen. Die jüdische Nation<br />

wird nicht als eine Nation als solche zu erkennen sein. Für einen grossen<br />

Teil ihrer Geschichte war es den Juden nicht möglich, in einem eigenen<br />

Land zu leben. Während das Land von Kanaan oder Palästina oder besser<br />

das Land von Israel den Juden durch göttliches Recht bereits gehört, war<br />

ihre Fähigkeit, das Land auch wirklich einzunehmen, weitgehend von ihrem<br />

Gehorsam gegenüber Gott abhängig. Was Menschen angeht, kann ein Volk<br />

ohne Land keine Nation sein, weshalb es in Vers 9 auch heisst: «Sie wohnen<br />

alleine ... nicht anerkannt unter den Nationen». Vom göttlichen Gesichtspunkt<br />

aus aber wird das Volk von Israel immer eine klar abgegrenzte Nation<br />

sein. Es macht dabei keinen Unterschied, ob Israel sich im Land befindet<br />

oder im Ausland zerstreut ist. Gott sieht Israel nicht als das Volk einer bestimmten<br />

Gegend, sondern als die Nation an, die von Abraham abstammt.<br />

Jude zu sein wird nicht vom Geburtsort oder von religiösen Glaubensansichten<br />

bestimmt, sondern ausschliesslich durch die Abstamm ung.<br />

Es ist irrelevant, was ein einzelner Jude glauben oder nicht glauben mag,<br />

seine jüdische Identität wird von seiner Abstammung bestimmt. Der Judaismus<br />

als eine Religion wird natürlich vom Glauben bestimmt, aber Atheisten<br />

<strong>und</strong> Agnostiker werden sich selbst immer noch Juden nennen aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer Linie von Vorfahren. In der Zerstreuung sind die Juden jahrh<strong>und</strong>ertelang<br />

«nicht anerkannt worden unter den Nationen» – das heisst, sie haben<br />

keinen separaten nationalen Status erhalten. Sie sind amerikanische, polnische<br />

oder russische Juden genannt worden <strong>und</strong> so weiter, was auch gar<br />

nicht ganz falsch ist – ein amerikanischer Jude ist ein Jude, der in Amerika<br />

lebt. Aber biblisch gesprochen kann das niemals stimmen – ein Jude kann<br />

nie Amerikaner, Pole oder Russe sein – sondern immer nur ein Jude, wenn<br />

auch mit einer recht deutlichen nationalen Identität. Das mag von den Heiden<br />

nicht anerkannt werden, aber in Gottes Augen wird Israel immer etwas<br />

Besonderes ganz für sich <strong>und</strong> einzigartig unter den Nationen der Welt sein.<br />

Als Bileam prophetisch in die Zukunft dieser Nation blickt, sieht er, dass<br />

Gottes Endziel für sie eines von überragendem Segen ist, <strong>und</strong> in Vers 10b<br />

drückt er seinen Wunsch aus, diesen Segen zu teilen.<br />

Die zweite Vorhersage - Numeri 23,18-24<br />

„Da begann er seinen Spruch <strong>und</strong> sprach: Stehe auf, Balak, <strong>und</strong> höre! Horche auf mich, Sohn des Zippor!<br />

Nicht ein Mensch ist Gott, dass er lüge, noch der Sohn eines Menschen, dass er bereue. Sollte fer] gesprochen<br />

haben <strong>und</strong> es nicht tun <strong>und</strong> geredet haben <strong>und</strong> es nicht aufrechthalten? Siehe, zu segnen habe ich<br />

empfangen; er hat gesegnet, <strong>und</strong> ich kann’s nicht wenden. Er erblickt kein Unrecht in Jakob <strong>und</strong> sieht kein<br />

Verderben in Israel; der HERR, sein Gott, ist mit ihm, <strong>und</strong> Königsjubel ist in ihm. Gott ist es, der es<br />

geführt. Es hat (Kraft] wie die Hörner des Büffels. Denn es gibt keine Zauberei gegen Jakob <strong>und</strong> keine<br />

Wahrsagerei gegen Israel. Jetzt wird zu Jakob <strong>und</strong> zu Israel gesagt: Was hat Gott gewirkt! Siehe, ein Volk:<br />

wie eine Löwin steht es auf, <strong>und</strong> wie ein Löwe erhebt es sich. Es legt sich nicht nieder, bis es die Beute<br />

verzehrt <strong>und</strong> das Blut der Erschlagenen getrunken hat!“ Num.23,18-24<br />

Es werden hier zwei Hauptaussagen gemacht, die sich vor allem in Vers 21<br />

finden. Bileam sieht eine Zeit in der Zukunft, zu der Israel als Nation als<br />

sündlos zu sehen sein wird. Zweitens sagt Bileam, dass während dieser Zeit<br />

der Sündlosigkeit Gott selbst bei Israel gegenwärtig sein wird als sein König.<br />

Diese Prophetien beziehen sich auf das zweite Kommen des Messias,<br />

aber es sollte immer noch bemerkt werden, dass Israel eines Tages Gott<br />

selbst in der Mitte des Volkes anwesend haben wird, der als König herrscht.


Die dritte Vorhersage - Numeri 24, 3-9<br />

„Und er begann seinen Spruch <strong>und</strong> sprach: Es spricht Bileam, der Sohn Beors, <strong>und</strong> es spricht der Mann<br />

mit geöffnetem Auge. Es spricht, der die Worte Gottes hört, der ein Gesicht des Allmächtigen sieht, der<br />

niederfällt mit enthüllten Augen: Wie schön sind deine Zelte, Jakob, deine Wohnungen, Israel! Wie Täler<br />

breiten sie sich aus, wie Gärten am Strom, wie Aloebäume, die der HERR gepflanzt hat, wie Zedern an<br />

den Wassern. Wasser rinnt aus seinen Eimern, <strong>und</strong> seine Saat steht in reichlichen Wassern; <strong>und</strong> sein König<br />

wird höher werden als Agag, <strong>und</strong> sein Königreich wird erhaben sein. Gott hat ihn aus Ägypten herausgeführt.<br />

Er hat (Kraft] wie die Hörner des Büffels. Er wird die Nationen, seine Gegner, fressen <strong>und</strong> ihre<br />

Gebeine zermalmen, mit seinen Pfeilen sie durchbohren. Er duckt sich, er legt sich nieder wie ein Löwe<br />

<strong>und</strong> wie eine Löwin. Wer will ihn aufstören? Die dich segnen, sind gesegnet, <strong>und</strong> die dich verfluchen, sind<br />

verflucht!“ Num.24,3-9<br />

Wiederum sind es zwei Punkte, die hier betont werden. Der erste ist eine<br />

Beschreibung des zukünftigen Zustandes von Israel - nämlich eines von<br />

überragendem Segen. Der zweite Höhepunkt ist die Beschreibung von Israels<br />

zukünftigem König (Vers 7b).<br />

Nachdem er die Einzigartigkeit der Nation Israel im ersten Ausspruch vorgestellt<br />

hat, fahren der zweite <strong>und</strong> dritte Ausspruch damit fort, die Einzigartigkeit<br />

des Königs zu betonen, der eines Tages über diese Nation herrschen<br />

wird.<br />

Die vierte Vorhersage – Numeri 24, 15-24<br />

„Und er begann seinen Spruch <strong>und</strong> sprach: Es spricht Bileam, der Sohn Beors, <strong>und</strong> es spricht der Mann<br />

mit geöffnetem Auge. Es spricht, der die Worte Gottes hört, der die Erkenntnis des Höchsten besitzt, der<br />

ein Gesicht des Allmächtigen sieht, der da liegt mit enthüllten Augen: Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich<br />

schaue ihn, aber nicht nahe. Es tritt hervor ein Stern aus Jakob, <strong>und</strong> ein Zepter erhebt sich aus Israel <strong>und</strong><br />

zerschlägt die Schläfen Moabs <strong>und</strong> zerschmettert alle Söhne Sets. Und Edom wird sein Besitz, <strong>und</strong> Seir<br />

wird sein Besitz, seine Feinde; <strong>und</strong> Israel wird Mächtiges tun. Und einer aus Jakob wird herrschen, <strong>und</strong> er<br />

wird den Überrest aus der Stadt verloren gehen lassen. Und er sah Amalek <strong>und</strong> begann seinen Spruch <strong>und</strong><br />

sprach: Die erste der Nationen war Amalek, aber sein Ende (führtJ zum Untergang. Und er sah die Keniter<br />

<strong>und</strong> begann seinen Spruch <strong>und</strong> sprach: Fest ist dein Wohnsitz, <strong>und</strong> auf den Felsen gesetzt ist dein<br />

Nest; jedoch ist Kain der Verwüstung verfallen. Wie lange noch! Dann führt Assur dich gefangen weg.<br />

Und er begann seinen Spruch <strong>und</strong> sprach: Wehe! Wer wird am Leben bleiben, wenn Gott das eintreten<br />

lässt? Und Schiffe (kommenJ von der Küste von Kittim <strong>und</strong> demütigen Assur <strong>und</strong> demütigen Eber, aber<br />

auch das (führt] zum Untergang. - Und Bileam machte sich auf, ging weg <strong>und</strong> kehrte an seinen Ort zurück;<br />

<strong>und</strong> auch Balak ging seines Weges“. Num.24,15-24<br />

Es ist das vierte der Orakel, das von grösstem Interesse ist, da wir die Prophetien<br />

über das erste Kommen studieren. Die Schlüsselprophezeiungen<br />

werden in Vers 17a gegeben. Sie bauen auf der Vorhersage auf, die bereits<br />

in Genesis 49, 10 gegeben wurde. Ein Stern soll hervorgehen aus Jakob, das<br />

ist Israel, <strong>und</strong> verb<strong>und</strong>en mit diesem Stern ist ein Zepter, das wie in Genesis<br />

49, 10 für das Königtum steht (wer das Zepter hat, besitzt auch das Recht<br />

zu herrschen). Die Botschaft lautet darum, dass der Messias, wenn er<br />

kommt, ein König sein wird. Wie wir noch sehen werden, hat der Messias<br />

drei Ämter, wovon eines das des Königs ist. Die Bedeutung der Schlussworte<br />

von Kapitel 24 darf nicht übergangen werden. Nachdem er sein Werk<br />

vollendet hat, kehrt Bileam, der babylonische Astrologe, zu «meinem Volk»<br />

(Vers 14) zurück <strong>und</strong> zu «meinem Ort» (Vers 25). Mit sich nimmt er die<br />

Prophezeiung eines Sterns, der die Geburt eines einzigartigen <strong>und</strong> mächtigen<br />

Königs anzeigen wird, der über Israel herrschen wird. Wie wir später in<br />

dieser Studie noch sehen werden (in Anhang 6), haben spätere Generationen<br />

von Astrologen diese Worte aufgezeichnet <strong>und</strong> haben Ausschau gehalten<br />

nach diesem Stern. Bei seinem Erscheinen sind sie hingegangen <strong>und</strong> haben<br />

den neugeborenen König gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> ihn angebetet.<br />

Deuteronomium 18,15-19 - Ein Prophet wie Mose<br />

„Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, erstehen<br />

lassen. Auf ihn sollt ihr hören nach allem, was du vom HERRN, deinem Gott, am Horeb erbeten hast<br />

am Tag der Versammlung, indem du sagtest: Ich möchte die Stimme des HERRN, meines Gottes, nicht<br />

länger hören, <strong>und</strong> dieses grosse Feuer möchte ich nicht mehr sehen, damit ich nicht sterbe! Da sprach der


HERR zu mir: Sie haben recht getan (mit demJ, was sie geredet haben. Einen Propheten wie dich will ich<br />

ihnen aus der Mitte ihrer Brüder erstehen lassen. Ich will meine Worte in seinen M<strong>und</strong> legen, <strong>und</strong> er wird<br />

zu ihnen alles reden, was ich ihm befehlen werde. Und es wird geschehen, der Mann, der nicht auf meine<br />

Worte hört, die er in meinem Namen reden wird, von dem werde ich Rechenschaft fordern“. Deut.18,15-<br />

19<br />

Deut.18,18 enthält eine Verheissung, die Gott Mose gegeben hat. Gott verspricht<br />

Mose, dass er einen Propheten aufstehen lassen wird «wie dich».<br />

Warum legt Gott genau fest, dass es ein Prophet wie Mose sein wird? Der<br />

einzigartige Status von Mose unter den anderen Propheten wird in Numeri<br />

12, 5-8 erklärt.<br />

„Und der HERR kam in einer Wolkensäule herab <strong>und</strong> stand im Eingang des Zeltes; <strong>und</strong> er rief Aaron<br />

<strong>und</strong> Mirjam, <strong>und</strong> die beiden traten hinaus. Und er sprach: Hört doch meine Worte! Wenn ein Prophet des<br />

HERRN unter euch ist, dem will ich mich in einem Gesicht zu erkennen geben, im Traum will ich mit<br />

ihm reden. So steht [es] nicht [mit] meinem Knecht Mose. Er ist treu in meinem ganzen Haus; mit ihm<br />

rede ich von M<strong>und</strong> zu M<strong>und</strong>, im Sehen <strong>und</strong> nicht in Rätselworten, <strong>und</strong> die Gestalt des HERRN schaut er.<br />

Warum habt ihr euch nicht gefürchtet, gegen meinen Knecht, gegen Mose, zu reden?“ Num.12,5-8<br />

In dieser Passage lästern Aaron <strong>und</strong> Miriam gegen ihren Bruder Mose, weil<br />

sie nicht mit der Frau einverstanden sind, die er geheiratet hat. Gott selbst<br />

tritt daraufhin für Mose ein <strong>und</strong> erklärt Moses einzigartige Position vor ihm.<br />

Sogar bei grossen Männern wie Elia <strong>und</strong> Jesaja hat Gott sich nicht direkt<br />

offenbart, sondern Träume, Visionen <strong>und</strong> andere Methoden benutzt. Mose<br />

ist der einzige Mensch, der direkte Offenbarung von Gott empfangen hat.<br />

Es ist auf dieser Basis geschehen, dass der Judaismus seine Anschauung von<br />

der dreifachen Inspiration der Heiligen Schrift entwickelt hat (s. Einleitung).<br />

Vorher ist uns gesagt worden, dass der Messias ein König sein wird.<br />

Jetzt aber wird uns erklärt, dass er auch ein Prophet sein wird, <strong>und</strong> nicht ein<br />

gewöhnlicher Prophet, sondern einer, der «M<strong>und</strong> zu M<strong>und</strong>» mit Gott sprechen<br />

wird <strong>und</strong> der die tatsächliche Gestalt von Jahwe sehen wird. Viele Autoren<br />

haben versucht, Listen mit Ähnlichkeiten zwischen Mose <strong>und</strong> Jesus<br />

aufzustellen, dem «Prophet wie Mose». Viele dieser Parailelen sind ziemlich<br />

erf<strong>und</strong>en <strong>und</strong> etwas phantastisch. Wir können aber auf jeden Fall auf vier<br />

klare Ähnlichkeiten zwischen dem Dienst von Mose <strong>und</strong> dem des Messias<br />

hinweisen:<br />

1. Ein Prophet (Numeri 12, 6-4) Wie oben erklärt.<br />

2. Ein Erlöser (Exodus 3, 10) In Exodus 3, 1 – 1 0 sieht Gott das Leiden<br />

des Volkes Israel <strong>und</strong> erklärt seine Absicht, sie aus dem Land Ägypten zu<br />

retten. Mose ist der Mann, den Gott erwählt hat, das Volk aus seiner Gefangenschaft<br />

herauszuführen. (Man beachte, dass der Engel Jahwes, der in<br />

Vers 2 erwähnt wird, im vierten Teil dieser Studie eingehender behandelt<br />

wird.) Wie bereits zu sehen war, wird der Messias ebenfalls ein Erlöser sein.<br />

3. Ein Vermittler (Exodus 20, 18 – 21) Gott sprach direkt zum Volk Israel<br />

(Exodus 19, 16 – 25). Der Klang seiner Stimme war so überwältigend, dass<br />

das Volk Mose bat, für sie zu vermitteln, so dass sie Gottes Stimme nicht<br />

mehr hören würden, sondern nur Gottes Worte, die ihnen von Mose wiederholt<br />

wurden.<br />

4. Ein Fürbitter (Exodus 32, 7-35) Während des langen Auszugs aus Ägypten<br />

geschah es oft wegen Moses Fürbitte ihretwegen, dass Israel dem Gericht<br />

Gottes entkam <strong>und</strong> überlebte. Das wird besonders klar in Exodus 32,<br />

30 – 32. Der Messias wird der Gestalt des Mose in jedem dieser vier Gebiete<br />

entsprechen: Er wird ein Prophet sein, ein Erlöser, ein Vermittler <strong>und</strong> Fürbitter.<br />

Zusammenfassung des Gesetzes


Die messianischen Prophetien im Gesetz, die sich auf das erste Kommen des<br />

Messias beziehen, können in 6 Schlüsselaussagen zusammengefasst werden.<br />

Der Same bzw. dem Thema des Samens sind wir dreimal begegnet:<br />

1. Der Same der Frau Der Messias würde ein Mensch sein, also weder ein<br />

Engel noch einfach Gott als Gott.<br />

2. Der Same Abrahams Der Messias würde aus einem bestimmten Teil der<br />

Menschheit kommen; er würde ein Jude sein, kein Heide.<br />

3. Der Same Judas<br />

Obwohl es zwölf jüdische Stämme gab, würde der Messias aus einem bestimmten<br />

dieser Stämme kommen, dem Stamm Juda. Das erfordert, dass<br />

der Messias vor der Zerstörung der jüdischen genealogischen Aufzeichnungen<br />

im Jahre 70 n. Chr. kommen musste.<br />

Sowohl Gott als auch Mensch Obwohl Eva fälschlicherweise Kain als den<br />

Messias identifiziert hatte, hat sie doch klar verstanden, dass der Messias ein<br />

Gott-Mensch zu sein hatte.<br />

Ein König Mehr als einmal wurde das Symbol des Zepters benutzt, um anzuzeigen,<br />

dass der Messias ein König sein würde.<br />

Ein Prophet wie Mose - Der Messias würde ein Prophet sein, <strong>und</strong> zwar<br />

ganz speziell ein Prophet wie Mose.<br />

Entfernen des Fluches - Obwohl Lamech fälschlicherweise seinen Sohn Noah<br />

als Messias angesehen hatte, hat er doch klar verstanden, dass der Messias,<br />

sobald er käme, den Fluch entfernen würde, der durch Adams Sünde<br />

über die Erde gebracht worden war.<br />

Ein Fingerzeig auf die Jungfrauengeburt Obwohl es nicht so klar festgestellt<br />

wird wie die obigen fünf Punkte, gibt es in Genesis 3, 15 doch einen Hinweis,<br />

dass der Messias von einer Jungfrau geboren werden würde. Der Messias<br />

würde als der Same einer Frau benannt werden <strong>und</strong> nicht als der eines<br />

Mannes. 80<br />

<strong>2.1.</strong>1.5. Die Messiasprophetie (Erich Sauer)<br />

„DIE VÄTER HABEN SEIN GEHARRT."<br />

Christus ist durch das Alte Testament im Kommen begriffen 81 . Das Evangelium<br />

ist im Alten B<strong>und</strong>e am Werden. „Das Alte Testament ist Morgendäm-<br />

80 Der Autor: Dr. Arnold G. Fruchtenbaum, einer der führenden Experten über die Nation Israel, ist<br />

messianischer Jude <strong>und</strong> Leiter der Ariel Ministries, einer in Kalifornien ansässigen Organisation von Juden.<br />

Dr. Fruchtenbaum wurde 1943 in Russland geboren, nachdem seine Eltern aus einem kommunistischen<br />

Qefängnis freikamen. Mit Hilfe israelischer Untergr<strong>und</strong>organisationen konnte die Familie Fruchtenbaum<br />

die Länder hinter dem Eisernen Vorhang verlassen. Während sie zwischen 1947 <strong>und</strong> 1951 in<br />

Deutschland lebten, erhielt Arnold einen orthodoxen jüdischen Unterricht von seinem Vater; dieser war<br />

selbst mit dem Ziel erzogen worden, die chassidische (ultra-orthodoxe jüdische) Leitung in Polen zu<br />

übernehmen, verlor aber wenig später den grössten Teil seiner Familie <strong>und</strong> seinen Glauben im Holocaust.<br />

Die Fruchtenbaums emigrierten nach New York, wo Arnoid fünf Jahre später, im Alter von 13 Jahren,<br />

zum rettenden Glauben kam. Bevor er seinen Doktortitel an der New York University erhielt, verdiente<br />

sich Dr. Fruchtenbaum den Master of Theology am Dallas Theological Seminary. Seine Abschlussarbeit<br />

beinhaltet auch Studien am Jewish Theological Seminary in New York City <strong>und</strong> der Hebrew University<br />

von Jerusalem. Nachdem er drei Jahre in Israel gelebt hat, haben seine intensiven Studien über die Rolle<br />

der Nation Israel in Gottes Plan zur Erlösung der Welt ihn zu einem beliebten <strong>und</strong> gefragten Redner bei<br />

Bibel-Konferenzen <strong>und</strong> Schulen r<strong>und</strong> um die Welt gemacht.<br />

81 Genau dieselbe Wortform "Christos" gebraucht schon im 3. Jahrh<strong>und</strong>ert vor Christi Geburt die Bibel<br />

der ägyptischen Auslandsjuden, die "Septuaginta", die von Juden angefertigte, griechische Übersetzung des<br />

Alten Testaments. Man lese dort Stellen wie Ps. 2,2;1. Sam. 2,10; Dan.9,25.


merung <strong>und</strong> Morgenrot. Das Morgenrot gehört zur Sonne. So gehört das<br />

Alte Testament zu Jesus Christus" (E. Brunner). „Das Alte Testament sagt,<br />

was der Christus ist, das Neue sagt, wer er ist, <strong>und</strong> zwar so, dass offenbar<br />

wird: nur der kennt ‘Jesus’, der ihn als den ‘Christus’ erkennt, <strong>und</strong> nur der<br />

weiss, wer der ‘Christus ist’, der da wiss, dass er ‘Jesus’ ist. So entsprechen<br />

die beiden Testamente den beiden Hauptnamen des Erlösers, das Alte seinem<br />

Berufsnamen Christus, das Neue seinem Eigennamen Jesus; aber beide<br />

sind von einem Geiste durchhaucht <strong>und</strong> deuten einander." 82<br />

Allumfassend ist darum auch das Messiasbild der alttestamentlichen Prophetie.<br />

83 Sie schildert:<br />

l. Die Person des Messias.<br />

Seine Menschheit nach Familie, Ort, Zeit.<br />

Seine Gottheit (diese in verhüllter Form). 84<br />

ll. Das Werk des Messias.<br />

Sein Kommen in Niedrigkeit.<br />

Sein Kommen in Herrlichkeit.<br />

l. Die Person des Messias<br />

Christus ist schon vor seiner <strong>Menschwerdung</strong> das Zentrum der Heilsgeschichte.<br />

Seine alttestamentliche Vorausdarstellung ist zugleich Selbstdarstellung;<br />

denn der „Geist Christi“ war in den Propheten (1. Petr.1,11). Schon<br />

die vorchristliche Offenbarungsgeschichte ist „Geschichte Christi".<br />

1. Seine Menschheit. Zielbewusst im Lauf der Jahrh<strong>und</strong>erte voranschreitend,<br />

schildert die alttestamentliche Weissagung die Menschheit des Erlösers<br />

in immer enger werdenden, konzentrischen Lichtkreisen, einer sich nach<br />

oben hin verjüngenden Pyramide gleich. Zunächst<br />

a) Die Familie. Der Welterlöser stammt aus der Menschheit, ist „Weibessame"<br />

(1.Mose 3,15) - so heisst es zur Zeit Adams <strong>und</strong> Evas (um 4300);<br />

von allen Rassen der Menschheit aus Sems Geschlecht (1. Mose 9,26) - so<br />

prophezeit Noah (um 2300); von allen Semiten aus Abrahams Samen<br />

(1.Mose 12,1-3) - so sagt ihm Gott selbst um 1900; von Nationen, die von<br />

Abraham stammen, aus Israel - so beweisen es die B<strong>und</strong>esübertragungen an<br />

Isaak <strong>und</strong> Jakob (um 1850 vgl. 1.Mose 26,3; 4; 28.13; 14); von allen Israeliten<br />

aus dem Königsstamm Juda (vgl. 1.Chron.5,2; Hebr.7,14) - so heisst<br />

es um 1800 (1.Mose 49,10). 85<br />

Dann steht die Spezialisierung der Verheissung einige Jahrh<strong>und</strong>erte hindurch<br />

still. Wohl schreibt Mose um 1500 sein fünfteiliges Werk, weissagt<br />

auch von dem Kommen eines Propheten wie er (5.Mose 18,15 vgl.<br />

Apg.3,22; 7,37), <strong>und</strong> vor allem sind Stiftshütten umd Opfereinrichtungen<br />

Vorbilder auf Christum als den Priester (bes. 2.Mose 25-31; 3.Mose 1-7;16;<br />

82<br />

Vgl. W. Vischer, Das Chistuszeugnis des Alten Testaments, 1935, S. 7.<br />

83<br />

Vgl. Franz Delitzsch, Messianische Weissagungen in geschichtlicer Folge. Berlin 1899.<br />

84<br />

Vgl. S. 20, Anm. 10.<br />

85<br />

Eigentlich hatte Ruben daas Erstgeburtsrecht. Dennoch ist der Messias nicht "Löwe aus dem Stamm<br />

Ruben". Denn Ruben war, wegen senier Sünde von 1. Mose 35,22, seines Erstgeburttsrechtes <strong>und</strong> Messsisrechtes<br />

entkleidet worden (1. Chron. 5,1; 1. Mose 49,3; 4). Die dann folgenden Brüder Simeon <strong>und</strong><br />

Levi waren aber auch ausgeschaltet (1.Mose 49,5-7), <strong>und</strong> zwar wegen ihrer Bluttat in Sichem (1. Mose<br />

34,25).


Joh.5,46); aber, weiterrführen tut er die Zugipfelung der Verheissung nicht.<br />

Ebenso bleibt Bileam, der heidnische Seher, sein Zeitgenosse, mit seiner<br />

Weissagung von dem kommenden König durchaus innerhalb des Rahmens<br />

des allgemeinen Israels stehen: „Ich sehe ihn, doch nicht schon jetzt; ich schaue<br />

ihn, doch nicht in der Nähe: es geht ein Stern aus Jakob auf, <strong>und</strong> ein Herrscherstab<br />

erhebt sich aus Israel“ (Num.24,17).<br />

Daher wurde Rubens Erstgeburtsrecht folgendermassen geteilt: a) Den doppelten Anteil am äusseren<br />

Erbbesitz (5. Mose 21, 15-17) bekam Joseph (in Ephraim <strong>und</strong> Manasse: 1. Chron. 5,1;2; b) die Priesterwürde<br />

(vgl. 2. Mose 13,2;15) bekam, im Hinblick auf 2. Mose 32,26-28, Levi: 4. Mose 3,12; 45; 8,17;<br />

18, <strong>und</strong> c) die Herrschaftswürde (vgl. 1. Mose 43,33; 48,14; 18; 19) bekam Juda, der vierte Sohn Jakobs<br />

(1. Chron. 5,2). Daher ist der Messias "Löwe aus dem Stamm Juda" (Off. 5,5; 1. Mose 49,9; 10).<br />

Erst mit Nathan, dem Propheten der Davidszeit (um 1050), also 700 Jahre<br />

später, hebt die Spezialisierung der Prophetie von neuem an. Inzwischen<br />

war aber das israelitische Königtum entstanden (mit Saul, 1100); <strong>und</strong> dies<br />

war, vom Gesichtspunkt der Königsherrschaft Gottes aus (2.Mose 19,5; 6;<br />

5.Mose 33,5), ein Rückschritt (1.Sam.8,7), ein Zugeständnis an die „Herzenshärtigkeit“<br />

der Menschen (vgl. Matth.19,8). Aber der Plan Gottes kann<br />

nicht durch menschliche Querwirkungen vereitelt werden.<br />

Aus Israel sollte der gott-menschliche Messiaskönig kommen. Irgendein Israelit<br />

musste darum sein Ahnherr sein. Dass dies aber gerade ein Messias<br />

war eine irdisch Königsdynastie durchaus nicht erforderlich, ja, nach dem<br />

Plan Gottes sogar nicht einmal erwünscht. Jede beliebige Privatperson aus<br />

dem Stamm Juda konnte zum Vorfahrer des Messias erwählt werden.<br />

Nachdem aber nun einmal das Königtum da war <strong>und</strong> - wenn auch zunächst<br />

nicht von Gottes gewolt, so doch tatsächlich von ihm selbst eingesetz -, bestand<br />

die Oberregierung Gottes über das Zukurzkommen der Menschen darin,<br />

dass Gott nun ncht eine Privatperson, sondern gerade einen gläubigen<br />

Träger der Krone zum Ahnherrn der Messias erwählte.<br />

Dies ist die Bedeutung des Sedung Nathans im Heilsplan (1.Chron.17,3-14,<br />

2.Sam.7,4-16). Durch Nathans Weissagung an David wurden die messianischen<br />

Verheissungen, innerhalb des Königsstammes Juda, auf ihn, den gekrönten<br />

Sohn Isais, übertragen (vgl. Jes.11,1). Von nun an ist der Messias<br />

„Sohn Davids“ (vgl. Off. 5,5).6) 86 .<br />

Die weitere Speziallisierung der Verheissung ging dann durch das Davidische<br />

Königsgeschlecht hindurch. Von den zahlreichen Söhnen Davids<br />

(2.Sam.5,13; 14) wurden namentlich zwei die Träger des messianischen Segens:<br />

Salomo <strong>und</strong> Nathan, beides Söne der Bathseba (1.Chron.3,5). Von<br />

Salomo stammt Joseph ab, der rechtliche „Vater“ des HErrn Jesu<br />

(Matth.1,6;16), von Nathan die Jungfrau Maria, seine eigentliche Mutter 87<br />

(Luk.3,23;31). Genau genommen stammt Christus also nicht von der königlichen<br />

Salomo-Hauptlinie ab, sondern von der nicht-regierenden Nathan-Nebenlinie.<br />

Das eine ist das Juristische, das andere das Organische;<br />

aber das Orgenische ist bedeutsammer als das Juristische.<br />

86 Der Name "David" kommt im Alten Tetament 986mal, im Neuen Testament 59mal, zusammen also<br />

1045mal vor (der Name "Jesus" 996mal).<br />

87 Matthäus gibt den Stammbaum des Joseph, Lukas den der Maria oder, genauer, den ihres Vater Eli<br />

(Luk. 3,23), des Schwieger"vaters" des Joseph (daher Vers 23, vgl. Neh.7,63). Auch der Talmud nennt<br />

Maria eine Tochter Elis. - Ebenso erklären Luther, Bengel, Lange, Delitzche, v. Oosterzee, Ebrard, Riggenbach,<br />

v. Viebahn, Dächsel, Modersohn u.a.


So war die Prophetie in stufenweisem Aufgang des Lichts vom Allgemeinen<br />

zum Besonderen vorangeschritten, vom Amt zum Amtstäger, vom Sachlichen<br />

zum Persönlichen, gleichsam von „Christus“ zu „Jesus“. Das Alte Testament<br />

war ein „Ziehen des Vaters zum Sohne“ gewesen, gleichwie das<br />

Neue Testament ein „Ziehen des zum Vater hin“ ist (1.Kor.15,28).<br />

Das irdische Königtum ging später zugr<strong>und</strong>e. Mit Zedekia verlor das Davidische<br />

Geschlecht seine Krone (2.Chron.36,11-20). Aber das Reich <strong>und</strong> die<br />

Macht <strong>und</strong> die Herrlichkeit blieben dennoch mit David verb<strong>und</strong>en<br />

(Jes.55,3); <strong>und</strong> in der Endzeit wird Christus, gerade als „David“, sein Volk<br />

<strong>und</strong> die Völkerwelt weiden (Hes.37,24; 25; Hos.3,5; Jes.11,1-10;<br />

Jer.23,5). „Mein Knecht David soll ihr Fürst sein für immer!“ (Hes.37,25 vgl.<br />

Off.22,16.) So hatte der Mensch, was er gewollt hatte, bekommen (das irdische<br />

Königtum); aber zuletzt hatte Gott dennoch sein Recht behalten (das<br />

himmliche Königtum).<br />

b) Der Ort. Mit der Nathans-Weissagung an David war die Frage nach der<br />

Familie des Messias abschliessend beantwortet worden (um 1050). Aber<br />

noch war die Frage nach dem Ort <strong>und</strong> der Zeit nicht geklärt. Darum wurden<br />

noch zwei weitere Hauptweissagungen hinzugefügt, <strong>und</strong> zwar Michas<br />

Weissagung vom Ort, nach 300 Jahren (um 725), 88 <strong>und</strong> Daniels Weissangung<br />

von der Zeit, nach 500 Jahren (um 536). 89<br />

Obwohl von einem Nachkommen des heldenhaften Kaleb gegründet<br />

(1.Chron. 2,50; 51 <strong>und</strong> in der Richterzeit sieben Jahre lang Wohnsitz des<br />

Richters Ibzan (Richt.12,8-10), tritt Bethlehem-Ephrata („Brothausen, das<br />

Fruchtbare“) in den Jahrh<strong>und</strong>erten vor David in der Geschichte Israels doch<br />

nur sehr unrühmlich hervor, <strong>und</strong> zwar in Verbindung mit Tod <strong>und</strong> Totenklage<br />

(1.Mose 35,19; 20) Götzendienst (Richt.17,7ff.), Unsittlichkeit, Bruderkrieg<br />

(Richt.19, 1ff.) 90 <strong>und</strong> Hungersnot (Ruth.1,1). Aber gerade aus<br />

dieser Stadt erwählte sich Gott, der sich stetes zu dem Gerringen herabneigt,<br />

den Ahnherrn des Messias; <strong>und</strong> so wurde Bethlehem-Ephrata, als „Stadt<br />

Davids“, der Ort, in dem „Christus der HErr“ geboren werden sollte (Micha<br />

5,1; Luk.2,11).<br />

Aber noch genauer wurde die Prohetie. Fast zweih<strong>und</strong>ert Jahre, nachdem<br />

Micha den Ort geweissagt hatte (um 725), verkündete Daniel um 536<br />

c) Die Zeit. Dies geschah in der Weissagung von den „siebenzig Jahrwochen“,<br />

genauer gesagt, den 69 Jahrwochen vor dem Anbruch der 70. Damit<br />

aber erreicht die Zugipfelung der Prohetie ihren Höhepunkt <strong>und</strong> zugleich<br />

ihren Abschluss.<br />

„So wisse nun <strong>und</strong> merke: Von der Zeit an, da ausgeht der Befehl, dass Jerusalem<br />

soll wiederum gebaut werden, bis auf den Gesalbten, den Fürsten, 91<br />

sind sieben Wochen <strong>und</strong> zwei<strong>und</strong>sechzig Wochen, so werden die Gassen<br />

<strong>und</strong> Mauern wiedern gebaut werden, wiewohl in kümmerlicher Zeit; <strong>und</strong><br />

88<br />

Micha 5,1 vgl. 1,1.<br />

89<br />

Dan. 9,24-27 vgl. 1.<br />

90<br />

Wenn auch nur indirekt. Jonathan, der Levit, der Hauspriester des Götzendiesers Micha, war aus Bethlehem<br />

zu Micha gekommen (Richt. 17,7-10, 1-5, 18,30).<br />

91<br />

Dass mit diesem "Gesalbten" Christus gemeint ist (<strong>und</strong> nicht etwa Cyrus oder der nach 2. Makk. 4,34<br />

im Jahre 172 v. Chr. ermordete Hoheprister Onias lll.), lehrt auch die altkirchkiche Auslegung, unter den<br />

Neueren Schrifterklärer wie Hengstenberg, Hävernick, Auberlen, Kliefoth, Keil, B. Keller, G. Stokmann.


nach den zwei<strong>und</strong>sechzig Wochen wird der Gesalbte ausgerottet werden<br />

<strong>und</strong> nichts mehr sein“ (Dan.9,25; 26).<br />

Die 70 Wochen („Siebenheiten“) sind je sieben Jahre. Dies begriff ein Israelit<br />

wie Daniel sehr leicht; galt doch, nach dem mosaischen Gesetz, jedes siebente<br />

Jahr als ein „Sabbatjahr“ (3.Mose 25,4). Also umspannen die<br />

7+62=69 Jahrwochen „bis auf den Gesalbten (den Messias) den Fürsten“<br />

483 Jahre.<br />

Ihr Anfang ist der Ausgang des Befehls, die Stadt Jerusalem wiederr zu bauen<br />

(Vers 25). Hiermit kann nicht der Erlass des Kores gemeint sein (536);<br />

denn dieser bezog sich vornehmlich auf den Wideraufbau des Tempels<br />

(2.Chron. 36,23; Ersa 1,1-4; 5,13-15, 6,3-5), eine Aufgabe, die durch den<br />

Fürsten Serrubabel, den Hohenprister Josua <strong>und</strong> die Propheten Haggai <strong>und</strong><br />

Sacharja bis zum Jahre 516 ausgeführt wurde (Esra 5,1; 6,14; 92 . Den eigentlich<br />

Wiederaufbau der Stadt vollführten erst, einige Jahrzehnte später,<br />

der Priester Esra, der Statthalter Nehemia <strong>und</strong> der Prophet Maleachi.<br />

Ihre Tätigkeit setzte ein mit dem auch die politische Neuorganisierung Palästinas<br />

betreffenden Erlass des persischen Königs Artaxerxes l. Longimanus<br />

(Arthasastha) im siebenten Jahre seiner Regierung (465-424), also im Jahre<br />

457 (Esra 7,25; 7). Der Beginn der Tätigkeit Esras ist also der Anfang der<br />

siebenzig Jahrwochen. Wenn Nehemia erst einige Jahre später (445) mit<br />

dem Mauerbau beginnen konnte, so lag dies daran, dass sich dem gr<strong>und</strong>legenden<br />

Anfang zunächst besondere Schwierigkeiten in den Weg gestellt hatten.<br />

Aber Anfang <strong>und</strong> „Ausgang“ blieb jener erstere Erlass trotzdem. 93<br />

Rechnen wir nun zu diesem Jahre 457 die geweissagten 69 Jahrewochen,<br />

d.h. 483 Jahre hinzu, so kommen wir in das Jahr 26/27 nach Christi Geburt,<br />

also genau in das Jahr, in dem Christus, nach Luk. 3,1; 2, kurz hinter<br />

Johannes dem Täufer, mit der Himmelreichsbotschaft begann! Denn als des<br />

HErr auftrat, war er ungefähr 30 Jahre alt (Luk.3,23), <strong>und</strong> da Herodes der<br />

Grosse seine Geburt noch miterlebt hat (Matth.2), selber aber schon im Jahre<br />

749 der Stadt Rom, also „4 vor Chr. Geb.“, gestroben ist, muss der HErr<br />

schon vier oder fünf Jahre vor dem Beginn der chrstlichen Zeitrechnung geboren<br />

worden sein, war also buchstäblich beim Beginn seiner öffentlichen<br />

Tätigkeit, im Jahre 26/27, „etwa dreissig Jahre alt“. 94<br />

So hat auch hier die Erfüllung in überraschendster Weise die Wiessagung<br />

bestätigt; <strong>und</strong> indem die alttestamentliche Messiasprophetie die Menschheit<br />

des Erlösers nach Familie, Ort <strong>und</strong> Zeit genau bestimmt hatte, hat sie sich<br />

gleichzeitig als ein vollkommenes, göttliches Gemälde erwiesen.<br />

2. Die prophetische Vorausahnung der Gottheit des Messias. Aber auch<br />

die Gottheit des Messias ist im Alten Testament - wenn auch nur verhüllt<br />

92 Hos.3,5; 2,17-19; Jes. 11,9; Zeph. 3,13.<br />

93 Ebenso erklären Auberlen, Stockmann, Dächsels Bibelwerk, B. Keller, auch Isaak Newton (der bekannte<br />

Physiker). Vgl. G. Stokmann, Die Erlebnisse <strong>und</strong> Gesichte des Propheten Daniel, Gütersloh 1922, S.<br />

147ff.<br />

94 Bekannt ist, dass sich Victorin v. Aquitanien (gest. 465) <strong>und</strong> der römische Abt Dionysus Exiguus (gest.<br />

um 556) bei der Festsetzung der christlichen Zeitrechnung um 4-6 Jahre geirrt haben. Das Jahr "1" der<br />

christlichen Zeitrechnung sollte nicht gleich "753" der Stadt Rom sein, sondern zum mindesten 749, wenn<br />

nicht noch 1 oder 2 Jahre früher. Das Jahr 26 ist auch das "15. Jahr des Tiberius" (Luk. 3,1). Denn dorft<br />

rechnet Lukas die Regierungsjahre nicht von der Alleinherrschaft des Tiberius ab (d.h. vom Tode des<br />

Augustus am 19. August 14), sondern von seiner Erhebung in die Mitregentschaft (kurz vor dem 16.<br />

Januar 12).- Vgl. v. Zahn Lukaskommentar, Leipzig 1920, S. 183-188; 205 f.


<strong>und</strong> in Bilder <strong>und</strong> Rätselworten - angedeutet. Zuerst am verhältnismässig<br />

deutlichsten in der Nathansweisagung: „Ich will sein Vater sein, <strong>und</strong> er soll<br />

mein Sohn sein“ (1.Chron.17,13). Sich darauf gründend, nennt David in<br />

Psalm 110 seinen Sohn senen „HErrn“ (Ps.110,1; Matt.22,44; 45), <strong>und</strong> der<br />

vorbildliche David legt, gleichsam vom Throne herabgestigen, seine Krone<br />

zu den Füssen dessen nieder, der, sitzend zur Rechten des HErrn, der eigentliche,<br />

wahre "David" ist (Hos. 3,5; Hes.37,24;25). Weiterhin sagt derselbe<br />

(Apg. 4,25) Psalmist: "Küsset den Sohn, dass er nicht zürne" <strong>und</strong>:<br />

"Der HErr hat zu mir gesprochen: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich<br />

gezeugt" (Ps.2,12; 7), ein Wort, weches das Neue Testament auf die Auferstehung<br />

Jesu bezieht (Apg. 13,33 vgl. Röm. 1,4), die ja sein vErsetzwerrden<br />

aus dem Leben in Knechtschaft in das Leben der Erhöhung war <strong>und</strong> also<br />

seine "Zeugung" in sein königliches Dasein.<br />

Auf die Gottheit des Messias weist ferner bildhaft auch Jesaja hin, indem er<br />

den "Wurzelzweig Isais" (Jes. 11,1) als "Zemach (Spross) des HErrn unsere<br />

Gerechtigkeit" (Jer. 23,5; 6) <strong>und</strong> für Maleachi "der HErr, den ihr sucht" <strong>und</strong><br />

"der Engel des B<strong>und</strong>es, des ihr begehrt" (Mal, 3,1). 95<br />

ll. Das Werk des Messias<br />

Wie die Person des Messias von den Propheten unter einem harmonischen<br />

Gegensatz geschaut worden war, so auch sein Werk. Dort war es der Gegensatz<br />

zwischen Gottheit <strong>und</strong> Menschheit, hier zwischen Niedrigkeit <strong>und</strong><br />

Hoheit. Die "Leiden, die auf Christum kommen sollten" <strong>und</strong> "die Herrlichkeiten<br />

danach" - das ist der zweifache Gr<strong>und</strong>inhalt aller ihrer Weissagung (1.<br />

Petr. 1,11).<br />

1. C h r i s t i K o m m e n N i e d r i g k e i t. In einem geradezu grossartigen<br />

Kleingemälde schikdert sie sein erstes Kommen, diesen dunklen Untergr<strong>und</strong><br />

seiner strahlenden Königsherrlichkeit.<br />

Sein Geborenwerden in Bethlehem: Micha 5,1; Matth. 2,1;<br />

Sein Auftreten <strong>und</strong> Galiläa: Jes. 8,23-9,6; Matth. 4,14-16,<br />

Seine Sanftmut <strong>und</strong> Zartheit: Jes. 42,2; 3, Matth.12,17-21;<br />

Seine verzehrenden Feuereifer: Ps. 69,10; Joh. 2,17; Matth. 21,12;<br />

Seine W<strong>und</strong>er <strong>und</strong> Krankenheilungen: Jes.53,4; Matth. 8,16;17;<br />

Seinen Einzug in Jerusalem: Sach. 9,9; Matth.21,4;5;<br />

Die Wut seiner Feinde: Ps. 2,1-4; Apg. 4,25-28;<br />

Sein Verlassenwerden durch seine Fre<strong>und</strong>e: Sach. 13,7; Matth.26,31;<br />

Sein Verratenwerden um 30 Silberlinge: Sach. 11,12; Matth. 26,15;<br />

Sein Durchbohrtsein am Kreuz: Ps. 22,17;18; Joh. 20,25-27;<br />

Sein Getränktwerden mit Essig: Ps. 69,22; Matth. 27,34;<br />

Seinen Schmerzensruf in der Not: Ps. 22,2; Matth. 27,46;<br />

Seinen Siegesruf: "Es ist vollbracht!" Ps. 22,32; Joh. 19.30;<br />

Das Nichtzerbrechen seiner Gebeine: 2. Mose 12,46; Ps. 34,21;<br />

Den Speerstich der Legionäre: Sach. 12,10; Joh. 19,27:<br />

95 Hierher gehört auch das Selbstzeugnis der ewigen "Weisheit" in Spr.8,22-31. Vgl. Joh. 1,1-3. - Auch<br />

die obige Reihenfolge ist geschichtlich geordnet: Nathan <strong>und</strong> David um 1050, Jesaja <strong>und</strong> Micha um 720,<br />

Jeremia um 586, Maleachi um 430.


Das Loswerfen um sein Gewand. Ps. 22,19; Matth. 27,35;<br />

Seine Auferstheung am dritten Tage: Ps. 16,10; Apg.2,25-31;<br />

Seine Auffahrt in den Himmel: Ps. 110,1; Apg. 2.34,35<br />

Durch dies alles ist er der leidende <strong>und</strong> triumphierende "Gottensknecht",<br />

der, als der Stellvertreter der Sünder, die Erlösung vollbringt <strong>und</strong> also Jesaja<br />

53, diese w<strong>und</strong>erbarste Weissagung des Alten Testaments, erfüllt (Apg.<br />

8,32-35).<br />

2. Christi Kommen in Herrlichkeit. Aber auch das z w e i t e Kommen<br />

des HErrn wird in lebendigster Farbenpracht geschildert. Hierbei schauen<br />

die Propfeten, nach dem Gesetz der "prophetischen Perspektive", das erste<br />

umd zweite Kommen Christi oft in e i n e m Bilde zusammen (Jes. 61,1;2;<br />

Luk. 4,18-20).<br />

Gekrönt mit der gold-silbernen Doppelkrone (Sach. 6,11-13) des melchisedekschen<br />

Königs-<strong>und</strong> Priestertums (Ps. 110,4), herrscht der Messias in<br />

Gerechtigkeit <strong>und</strong> siebenfacher Geisterfülle über sein Reich (Jes. 11,2-4).<br />

Bekehrung159 <strong>und</strong> Vereinigung Israels (Hes.37,15-22),<br />

Erneuerung der Nationen (Zeph.3,9),<br />

Segenungen der Natur (Jes. 11,6-8;Hos.2,23;24).<br />

erhöhter Glanz von Sonne <strong>und</strong> Mond (Jes.30,26)-<br />

Das sind einige der Herrlichkeiten dieses goldenen Zeitalters.<br />

So gleicht das Alte Testamment einem gestrinten Nachthimmel gleichwie<br />

das Neue einem sonnenhellen Tag, "<strong>und</strong> ist kein Wort im Neuen Testament,<br />

das nicht hinter sich sehe in das Alte, darinnen es zuvor vork<strong>und</strong>igt ist;...<br />

denn das Neue Testament ist nicht mehr denn eine Offenbarung des Alten,<br />

gleich als wenn jemand zum ersten ein beschlossen Brief hätte <strong>und</strong> danach<br />

aufbräche" (Luther) 96 . An die letzte Messiasprophetie des Alten B<strong>und</strong>es<br />

(Mal.3,1) knüpft dann die erste Geburtsankünkigung des Neuen B<strong>und</strong>es an<br />

(Gabriel an Zacharieas: Luk. 1,5-17). Denn Christus ist das Omega des Alten<br />

<strong>und</strong> das Alpha des Neuen Testaments.<br />

lll. D a s S c h w e i g e n G o t t e s<br />

Die Propheten hatten geradet. Fast 4000 Jahre lang hatte Gott sich geoffenbart,<br />

zuerst in der Menschheit, dann besonders in Israel. Namentlich seit<br />

Mose hatte es eine ununterbrochene Kette prophetischer Botschaften gegeben.<br />

Dann plötzlich mit Maleachi verstummt die Prophetie. Gott zieht sich in<br />

seine Himmelshöhe zurück <strong>und</strong> - schweigt -, schweigt 400 Jahre! -,<br />

schweigt <strong>und</strong> harrt.-<br />

Und die Menschheit hier untern im Tränental muss noch weiter fast ein<br />

hlbes Jahrtausend auf den verheissenen Erlöser warten! Und doch ist schon<br />

alles gesagt, was vor dem Erscheinen des Weltheilands zu sagen war! Die<br />

alttestamentliche Gottesoffenbarung ist schon vierh<strong>und</strong>ert Jahre vor Christi<br />

Geburt abgeschlossen <strong>und</strong> fertig!<br />

96 Kirchenpostille von 1522 (WA., Bd. X, 1. Abt., 1. Hälfte, S. 181 f.)


Wozu da noch diese Schule der Sehnsucht für die Gläubigen in Israel, diese<br />

so lange Zwischenzeit zwischen Maleachi <strong>und</strong> Johannes dem Täufer? Warum<br />

kam Christus nicht schon zur Zeit Maleachis?<br />

Die Antwort lingt darin, dass das Evangelium nicht nur offenbarungsgeschchtlich,<br />

sondern auch welt-<strong>und</strong> kulturgeschichtlich vorbereitet werden<br />

musste. Und gerade dies geschah in der Zwischenzeit zwischen dem Alten<br />

<strong>und</strong> dem Neuen Testament, besonders durch Alexander den Grossen, den<br />

Hellenisums <strong>und</strong> das Römerreich. Damit aber treten die Weltreiche unter<br />

den GEsichtspunkt der Heilsvorbereitung, <strong>und</strong> der offenbarungsgeschichte<br />

schweigende Gott ist zugleich der weltgeschichtlich handelnde Gott.<br />

Hier ist es besonders das Buch Daniel, welches die Nacht dieses halgen Jahrtausend<br />

erleuchtet.<br />

Zwei lange, offenbarungslose Zeiten kennt die Heilsgeschichte der Bibel:<br />

die Zeit zwischen Maleachi <strong>und</strong> Johannes dem Täufer <strong>und</strong> die Zeit zwischen<br />

kChristus <strong>und</strong> dem kommenden Gottesreich. Die erste währte 400 Jahre;<br />

die zweite währt jetzt schon fast 2000 Jahre. Beides sind "Zeiten der Nationen"<br />

(Luk.21,24).<br />

Die Leuchte der ersten ist der Völkerprophet Daniel, der Leistern der letzteren<br />

ist die Offenbarung Johannes. Das Buch Daniel wurde den Heiligen des<br />

Alten b<strong>und</strong>es gegeben beim Eintritt in die Nacht zwischen der ersten Zerstörung<br />

Jerusalems (586 v. Chr.) <strong>und</strong> dem ersten Erscheinen des HErrn.<br />

Die O f f e n b a r u n g<br />

J o h a n n e s wurde den Heiligen des Neuen b<strong>und</strong>es gegeben beim Eintritt<br />

in die Nacht zwischen der zweiten Zerstörung Jerusalems (70 nach Chr.)<br />

<strong>und</strong> dem zweiten Erscheinen des HErrn. 97 So gehären sie denn beiden zusammen:<br />

das eine ist das Genstück des andern, <strong>und</strong> das zweite ist die<br />

Vollendung des ersten.<br />

<strong>2.1.</strong>2. Typologische Hinweise des AT<br />

Einige Vorbemerkungen zur Typologie allgemein. Das Wort Typus erscheint<br />

nicht nur in der Theologie, sondern auch in der Philosophie, Medizin<br />

<strong>und</strong> anderen Wissenschaften. In all diesen Fachgebieten ist die gr<strong>und</strong>legende<br />

Idee dieselbe, nur die Anwendung ist verschieden. Eine Ähnlichkeit<br />

irgendwelcher Art, real oder nur angenommen, liegt immer zu Gr<strong>und</strong>e. In<br />

der Wissenschaft der Theologie bedeutet es „die vorherbestimmte repräsentative<br />

Beziehung, welche gewisse Personen, Ereignisse <strong>und</strong> Institutionen des<br />

Alten Testaments besitzen <strong>und</strong> sie mit Peronen, Ereignissen <strong>und</strong> Institutionen<br />

des Neuen Testaments verbinden“ 98 . Dementsprechend ist der Typus<br />

immer etwas reales, nicht fiktives oder ein ideelles Symbol. Und zudem ist<br />

es keine gewöhnliche Tatsache oder ein Vorfall in der Geschichte, sondern<br />

einer von erhobener Würde <strong>und</strong> Wert - ein göttlich eingesetztes vom allwissenden<br />

Herrscher um etwas voraus zu schatten. Drei Dinge sind wichtig,<br />

dass etwas als Typus gilt.<br />

97<br />

Vgl. Auberlen bei P. Althaus, Die letzten Dinge, LGütersloh 1933, S. 253.<br />

98<br />

„In the science of theology it properly signifies the preordained representative relation which certain<br />

persons, events and institutions of the Old Testament bear to corresponding persons, events and institutions<br />

in the New“ (M. Terry, „Biblical Hermeneutics“, Grand Rapids 1986,14),


1. Es existiert eine beachtliche Ähnlichkeit oder Analogie zwischen den<br />

Zweien. Sie können in gewisser Hinsicht sehr verschieden sein. Ja es ist genauso<br />

wichtig, dass sich die beiden in anderen Dingen deutlich unterscheiden.<br />

Adam z.B. ist ein Typus auf Christus hin, aber nur als Erstling seiner Rasse, als der erste Repräsentant der<br />

Menschheit; <strong>und</strong> in Röm.5,14-20 <strong>und</strong> 1.Kor.15,45-49 beschreibt der Apostel mehr Unterschiede als Ähnlichkeiten.<br />

2. Es muss Anzeichen <strong>und</strong> Beweise geben, dass der Typus von Gott dazu<br />

bestimmt <strong>und</strong> eingesetzt war, das Vorzuschattende zu repräsentieren. Allerdings<br />

meint dies nicht, wie einige extreme Ausleger meinen, dass nur diejenigen<br />

Typen als solche gelten, die im Neuen Testament als solche deklariert<br />

werden.<br />

3. Der Typus muss etwas in der Zukunft vorstellen. Er muss in der göttlichen<br />

Ökonomie als Schatten auf zukünftige Dinge hinweisen (Vgl. Kol.2,<br />

17; Hebr. 10,1). Daher ist diese heilige Typologie eine spezifische Form<br />

von prophetischer Offenbarung.<br />

Es existieren fünf gr<strong>und</strong>sätzliche Klassen von Typen im Alten Testament:<br />

(1) Typologische Personen (2) Typologische Institutionen (3) Typologische<br />

Dienste <strong>und</strong> Ämter (4) Typologische Ereignisse <strong>und</strong> (5) Typologische<br />

Handlungen.<br />

<strong>2.1.</strong><strong>2.1.</strong> Messianische Vorläufer<br />

(1) Adam: 1.Kor.15,45: "Der erste Mensch, Adam, wurde zu einer lebendigen<br />

Seele, der letzte Adam zu einem lebendig machenden Geist" (Zit.<br />

Gen.2,7) / Rö.5,12-21 (Durch Adam den Tod, durch Christus das Leben.)<br />

(2) Abraham, als Urheber <strong>und</strong> erster Vertreter des Gottesvolkes Hebr.11,8-<br />

10; Gal.3,14 "...damit der Segen Abrahams in Christus Jesus zu den Nationen<br />

komme..." (Jesus als Segensvollstrecker.) (Weiterer Hinweis: ...)<br />

(3) Melchisedek: Hebr.7,3: "Ohne Vater, ohne Mutter, ohne Geschlechtsregister,<br />

hat er weder Anfang der Tage noch Ende des Lebens, er gleicht<br />

dem Sohn Gottes <strong>und</strong> bleibt Priester auf immerdar " Gen.14,18; Ps.110;<br />

Hebr.7<br />

(4) Joseph: Vom Vater geliebt (Gen.37,3 / Mt.3,17), ausgezeichnet<br />

(Gen.37,3f; Ps.45,3-8; Hebr.1,8f), sucht seine Brüder (Gen.37,16;<br />

Hebr.2,11), gehasst (Gen.37,4; Joh.1,11; 15,18), verkauft (Gen.37,28;<br />

Sach.11,12; Mt.26,l5), durch Leiden zur Erhöhung (Gen.39-41; Phil.2,5-<br />

11; Hebr.2,10), begnadigt seine Brüder (Gen.45;50, 15ff; Eph.1,6), erhält<br />

<strong>und</strong> schenkt seinen Brüdern Leben (Gen.50,20; Joh.3,16; 1.Joh.5,20).<br />

(5) Moses: Von Gott beauftragter Erlöser (Ex.3; Hebr.11,23-29), wobei<br />

Jesu Auftrag universal ist, d.h. Erlöser der ganzen Welt (Mt.1,21; Lk.19,10;<br />

1.Joh.2,2). Mittler des alten B<strong>und</strong>es (Ex.24,7f; Hebr.9,19-22), Jesus als<br />

Mittler des neuen B<strong>und</strong>es (1.Tim.2,5; Hebr.9,14-17). Er war treu im ganzen<br />

Haus (Hebr.3,2.5 / vergl. Prof.E.Hoffmann in F<strong>und</strong>amentum 3/1981,<br />

S.27f), wobei Jesus "grösserer Herrlichkeit gewürdigt worden" ist<br />

(Hebr.3,2.3.6). Er war Prophet (Dtr.18,15.19) wie Jesus auch (Ag.3,22;<br />

7,37).<br />

(6) David bezügl. messianischem Königreich <strong>und</strong> Stammvater (Hes.34,23-<br />

25: "...ich werde einen Hirten über sie erwecken ... meinen Knecht David ...


wird Fürst sein in ihrer Mitte..."; Lk.1,32: "...der Herr, Gott, wird ihm den<br />

Thron seines Vaters David geben...")<br />

(7) Josua: Hebr.4,8-10; gleicher Name (..., d.h. "Jahwe ist Heil")<br />

(8) Jona: Mt.12,39-41, das Zeichen Jonas, des Propheten<br />

(9ff evtl. Isaak, Daniel, Johannes der Täufer etc.)<br />

<strong>2.1.</strong>2.2. Typologische Ereignisse im Alten Testament<br />

(1) Opferung Isaaks (Gen.22) als Typologie für das Kreuz Jesu (vgl. Hebr.<br />

11,17; Rö.8,32; Joh.3,16).<br />

Wesentliche Inhalte: Der Erstgeborene; das stellvertretende Opfer.<br />

(2) Die erhöhte Schlange (Nu.21; Joh.3,14f).<br />

Wesentliche Inhalte: Das tödliche Gift der Sünde; Glauben als Blick zu Gottes Heilspfahl.<br />

(3) Das Passahlamm (Ex.12; Joh.1,29.36). 1.Kor.5,7f: "Denn auch unser<br />

Passah, Christus, ist geschlachtet. ..."; 1.Petr.1,18f.<br />

Wesentliche Inhalte: Stellvertretung durch das Lamm; Bedeutung des Blutes; Abwenden des Gerichtes<br />

Gottes. / Interessantes Detail: Mit Auszug <strong>und</strong> mit Christus begann eine neue Zeitrechnung. Vergl.<br />

1.Kö.6,1.<br />

(4) Manna vom Himmel <strong>und</strong> Wasser aus dem Felsen (Ex.16,15; Joh.6;<br />

Ex.17,6; Joh.4; 1.Kor.10,3f).<br />

Wesentliche Inhalte: Nahrung für den Menschen; Notwendigkeit des täglichen Gehorsams.<br />

<strong>2.1.</strong>2.3. Typologische Einrichtungen im Alten Testament<br />

(1) Der Opferdienst im alten Testament (Hebr.10,1ff)<br />

(2) Die Stiftshütte (vgl. unten Pkt. 2.2.4.)<br />

<strong>2.1.</strong>2.4. Jesus in der Stiftshütte<br />

<strong>2.1.</strong>2.4.1. In der Stiftshütte selber<br />

1. Die Eingangs-Türe<br />

Jesus ist die Türe, weil er der einzige Zugang zum Vater, d.h. in die Gegenwart<br />

Gottes darstellt.<br />

Ex.27,16: „Das Tor des Vorhofs aber soll einen Vorhang von zwanzig Ellen haben,<br />

aus violettem <strong>und</strong> rotem Purpur, Karmesinstoff <strong>und</strong> gezwirntem Byssus, in<br />

Buntwirkerarbeit, ihre vier Säulen <strong>und</strong> ihre vier Füsse“. Joh.10,7.9: „Jesus<br />

sprach nun wieder zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ich bin die Tür<br />

der Schafe. * Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich eingeht, so wird er errettet<br />

werden <strong>und</strong> wird ein- <strong>und</strong> ausgehen <strong>und</strong> Weide finden“.<br />

Mt.7,13f: Geht ein durch die enge Pforte; denn weit ist die Pforte <strong>und</strong> breit der Weg, der zum Verderben<br />

führt, <strong>und</strong> viele sind, die auf ihm hineingehen. Denn eng ist die Pforte <strong>und</strong> schmal der Weg, der zum Leben<br />

führt, <strong>und</strong> wenige sind, die ihn finden.; Lk.13,24-27: Ringt danach, durch die enge Pforte einzugehen;<br />

denn viele, sage ich euch, werden einzugehen suchen <strong>und</strong> werden es nicht vermögen. Sobald der<br />

Hausherr aufgestanden ist <strong>und</strong> die Tür verschlossen hat <strong>und</strong> ihr anfangen werdet, draussen zu stehen <strong>und</strong><br />

an der Tür zu klopfen <strong>und</strong> zu sagen: Herr, tu uns auf! wird er antworten <strong>und</strong> zu euch sagen: Ich kenne<br />

euch nicht <strong>und</strong> weiss nicht, woher ihr seid. Dann werdet ihr anfangen, zu sagen: Wir haben vor dir gegessen<br />

<strong>und</strong> getrunken, <strong>und</strong> auf unseren Strassen hast du gelehrt. Und er wird sagen: Ich sage euch, ich kenne<br />

euch nicht <strong>und</strong> weiss nicht, woher ihr seid. Weicht von mir, alle ihr Übeltäter!<br />

Was die Materialien betrifft, so sind drei Tatsachen bemerkenswert. (a) Der Umhang war von weissem,<br />

gezwirnten Leinen. Ein Bild für die unbefleckte Reinheit <strong>und</strong> Heiligkeit unseres Heilandes (vgl. Jes.64,6;<br />

Joh.8,46). (b) Die vier Säulen ruhten auf ehernen Füssen. Sie sind ein Symbol der Kraft <strong>und</strong> Gerechtigkeit<br />

Jesu <strong>und</strong> Gottes. „Die Gerechtigkeit der Heiligen, die köstliche Leinwand, kann nicht aus sich selber<br />

stehen, sie muss von der unzerbrechlichen Gerechtigkeit Gottes, durch die Säulen mit ehernen Füssen<br />

gehalten werden“. (c) Die Querstäbe <strong>und</strong> Haken waren aus Silber. Das Silber, das jeder Israelit als<br />

Sühnopfer für die Versöhnung seiner Seele dem Herrn geben musste (Ex. 30,12), war nur ein Teil des


Lösegeldes. Wenn die Juden um sich blickten in der SH, konnten sie überall das Silber, das Sinnbild der<br />

Versöhnung sehen.<br />

2. Der Brandopferaltar inkl. stellvertretendes Blutvergiessen <strong>und</strong><br />

Sühne für die Sünden<br />

Der eherne Altar ist ein dreifaches Gleichnisbild von Jesus als unserem Versöhner.<br />

Jesus ist der Altar, das Opfer <strong>und</strong> der Priester zugleich. Der Altar<br />

spricht vom Leben, das Opfer von seinem Tode <strong>und</strong> der Priester von seinem<br />

Auferstehungsleben.<br />

Ex.27,1-8: „Den Altar sollst du aus Akazienholz machen, fünf Ellen lang <strong>und</strong> fünf Ellen breit - viereckig<br />

soll der Altar sein - <strong>und</strong> drei Ellen hoch. Seine Hörner mache an seinen vier Ecken - seine Hörner sollen<br />

aus einem Stück mit ihm sein - <strong>und</strong> überziehe ihn mit Bronze! Fertige auch seine Töpfe an, die man<br />

braucht, um ihn von der Fettasche zu reinigen, <strong>und</strong> seine Schaufeln, seine Sprengschalen, seine Fleischgabeln<br />

<strong>und</strong> seine Feuerbecken! Für all seine Geräte sollst du Bronze verwenden. Und mache für ihn ein<br />

bronzenes Gitter wie ein Netz, befestige an dem Netzgitter vier bronzene Ringe an seinen vier Ecken <strong>und</strong><br />

setze es unter die Einfassung des Altars, von unten her, dass das Netz bis zur halben Höhe des Altars<br />

reicht! Mache auch Stangen für den Altar, Stangen aus Akazienholz, <strong>und</strong> überzieh sie mit Bronze! Diese<br />

seine Stangen sollen in die Ringe gesteckt werden, so dass die Stangen an beiden Seiten des Altars sind,<br />

wenn man ihn trägt. Aus Brettern sollst du ihn anfertigen - innen hohl. Wie es dir auf dem Berg gezeigt<br />

worden ist, so soll man ihn machen.;<br />

Lev.17,11: Denn die Seele des Fleisches ist im Blut, <strong>und</strong> ich selbst habe es<br />

euch auf den Altar gegeben, Sühnung für eure Seelen zu erwirken. Denn das<br />

Blut ist es, das Sühnung tut durch die Seele in ihm. Hebr.9,22: ... <strong>und</strong> fast<br />

alle Dinge werden mit Blut gereinigt nach dem Gesetz, <strong>und</strong> ohne Blutvergiessen<br />

gibt es keine Vergebung. Hebr.7,27: ... der nicht Tag für Tag nötig<br />

hat, wie die Hohenpriester, zuerst für die eigenen Sünden Schlachtopfer<br />

darzubringen, dann für die des Volkes; denn dies hat er ein für allemal getan,<br />

als er sich selbst dargebracht hat.<br />

Das Material: Akazienholz, ein Bild der menschlichen Natur des Erlösers. Mit Erz überzogen, ein Symbol<br />

der göttlichen Kraft.<br />

3. Das Waschbecken für die Heiligung im Sinne der täglichen<br />

Reinigung<br />

Ex.30,17-21: Und der HERR redete zu Mose <strong>und</strong> sprach: Stelle ein bronzenes Becken <strong>und</strong> sein bronzenes<br />

Gestell her zum Waschen! Das stelle zwischen das Zelt der Begegnung <strong>und</strong> den Altar, tu Wasser hinein,<br />

<strong>und</strong> Aaron <strong>und</strong> seine Söhne sollen ihre Hände <strong>und</strong> ihre Füsse darin waschen! Wenn sie in das Zelt der<br />

Begegnung hineingehen, sollen sie sich mit Wasser waschen, damit sie nicht sterben. Oder wenn sie an<br />

den Altar herantreten zum Dienst, um für den HERRN ein Feueropfer als Rauch aufsteigen zu lassen,<br />

dann sollen sie ihre Hände <strong>und</strong> ihre Füsse waschen, damit sie nicht sterben. Und das soll für sie eine ewige<br />

Ordnung sein, für ihn <strong>und</strong> seine Nachkommen, für all ihre Generationen.<br />

Eph.5,25b.26: ... wie auch der Christus die Gemeinde geliebt <strong>und</strong> sich<br />

selbst für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen, sie reinigend durch das<br />

Wasserbad im Wort. 1.Joh.3,3: Und jeder, der diese Hoffnung auf ihn hat,<br />

reinigt sich selbst, wie er rein ist. 2.Kor.7,1: Da wir nun diese Verheissung<br />

haben, Geliebte, so wollen wir uns reinigen von jeder Befleckung des Fleisches<br />

<strong>und</strong> des Geistes <strong>und</strong> die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes.<br />

4. Das Material der Stiftshütte <strong>und</strong> der Umzäunung<br />

5. Der Leuchter <strong>und</strong> das Licht der Welt<br />

Ex.25,31-40: „Und du sollst einen Leuchter aus reinem Gold machen. In getriebener Arbeit soll der<br />

Leuchter gemacht werden, sein Fussgestell <strong>und</strong> seine Schaftröhre. Seine Kelche, Knäufe <strong>und</strong> Blüten sollen<br />

aus einem Stück mit ihm sein. Sechs Arme sollen von seinen beiden Seiten ausgehen: drei Arme des<br />

Leuchters aus seiner einen Seite <strong>und</strong> drei Arme des Leuchters aus seiner andern Seite. Drei Kelche in der<br />

Form von Mandelblüten seien an dem einen Arm, aus Knauf <strong>und</strong> Blüte bestehend, <strong>und</strong> drei Kelche in der<br />

Form von Mandelblüten am nächsten Arm, aus Knauf <strong>und</strong> Blüte bestehend; so sei es an den sechs Armen,<br />

die vom Leuchter ausgehen. Am Leuchter aber sollen vier Kelche sein in der Form von Mandelblüten, aus<br />

seinen Knäufen <strong>und</strong> Blüten bestehend; <strong>und</strong> zwar ein Knauf unter den ersten zwei von ihm ausgehenden<br />

Armen, ein Knauf unter den nächsten zwei von ihm ausgehenden Armen <strong>und</strong> wieder ein Knauf unter den<br />

dritten zwei von ihm ausgehenden Armen; so sei es an den sechs Armen, die vom Leuchter ausgehen. Ihre


Knäufe <strong>und</strong> Arme sollen aus einem Stück mit ihm sein. Der ganze Leuchter sei eine getriebene Arbeit, aus<br />

reinem Gold. Und fertige seine sieben Lampen an, <strong>und</strong> man soll seine Lampen daraufsetzen, so dass jede<br />

auf die ihm gegenüberliegende Seite leuchtet. Auch ihre Dochtscheren <strong>und</strong> Feuerbecken sollst du aus reinem<br />

Gold herstellen. Aus einem Talent reinen Goldes soll man ihn machen mit all diesen Geräten. Und<br />

sieh zu, dass du alles nach ihrem Urbild machst, das dir auf dem Berg gezeigt worden ist!<br />

Joh.1,9: Das war das wahrhaftige Licht, das, in die Welt kommend, jeden<br />

Menschen erleuchtet. Joh.8,12: Jesus redete nun wieder zu ihnen <strong>und</strong><br />

sprach: Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, wird nicht in der<br />

Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben. Joh.9,5: Solange<br />

ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt.<br />

Mt.5,14 (Gläubigen); Off.1,12ff (Ältesten / Gemeinden)<br />

6. Der Schaubrottisch<br />

Ex.25,23.24.30: Und du sollst einen Tisch aus Akazienholz machen: zwei Ellen sei seine Länge, eine Elle<br />

seine Breite <strong>und</strong> anderthalb Ellen seine Höhe. Den überzieh mit reinem Gold <strong>und</strong> bringe an ihm ringsum<br />

eine goldene Kante an! Mache an ihm ringsum eine Leiste von einer Handbreit <strong>und</strong> bringe an seiner Leiste<br />

ringsum eine goldene Kante an! Auf den Tisch aber sollst du beständig vor mein Angesicht<br />

Schaubrote legen.<br />

Joh.6,47-51: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, hat ewiges Leben.<br />

Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben das Manna in der Wüste<br />

gegessen <strong>und</strong> sind gestorben. Dies aber ist das Brot, das aus dem Himmel<br />

herabkommt, damit man davon esse <strong>und</strong> nicht sterbe. Ich bin das lebendige<br />

Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist; wenn jemand von diesem<br />

Brot isst, wird er leben in Ewigkeit. Das Brot aber, das ich geben werde, ist<br />

mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt. Mt.26,26p:<br />

"...dies ist mein Leib!"; 1.Kor.10,16.17: Der Kelch der Segnung, den wir<br />

segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes des Christus? Das Brot, das<br />

wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes des Christus? Denn ein<br />

Brot, ein Leib sind wir, die vielen, denn wir alle nehmen teil an dem einen<br />

Brot.<br />

7. Der Räucheraltar<br />

Ex.30,1-10: Ferner sollst du einen Altar anfertigen zum Räuchern des Räucherwerks, aus Akazienholz<br />

sollst du ihn machen: eine Elle seine Länge <strong>und</strong> eine Elle seine Breite - viereckig soll er sein - <strong>und</strong> zwei<br />

Ellen seine Höhe; seine Hörner sollen aus einem Stück mit ihm sein. Und überzieh ihn mit reinem Gold,<br />

seine Platte <strong>und</strong> seine Wände ringsum sowie seine Hörner, <strong>und</strong> bringe an ihm ringsum eine goldene Kante<br />

an! Und bringe an ihm unter seiner Kante zwei goldene Ringe an! An seine beiden Seiten sollst du sie<br />

anbringen, an seine beiden Wände. Die sollen als Behälter für die Stangen dienen, damit man ihn daran<br />

tragen kann. Und stelle die Stangen aus Akazienholz her <strong>und</strong> überzieh sie mit Gold! Und stelle ihn vor<br />

dem Vorhang auf, der an der Lade des Zeugnisses ist, vor der Deckplatte, die über dem Zeugnis liegt, wo<br />

ich dir begegnen werde. Und Aaron soll wohlriechendes Räucherwerk als Rauch aufsteigen lassen. Morgen<br />

für Morgen, wenn er die Lampen zurichtet, soll er es als Rauch aufsteigen lassen. Auch wenn Aaron<br />

die Lampen zwischen den zwei Abenden aufsetzt, soll er es als Rauch aufsteigen lassen. Dies sei ein regelmässiges<br />

Räucheropfer vor dem HERRN für all eure Generationen. Ihr dürft kein fremdes Räucherwerk<br />

auf ihm darbringen, auch kein Brandopfer oder Speisopfer; auch Trankopfer dürft ihr nicht auf ihm<br />

ausgiessen. Und Aaron soll einmal im Jahr an seinen Hörnern Sühnung vollziehen mit dem Blut des<br />

Sündopfers der Versöhnung; einmal im Jahr soll er Sühnung an ihm vollziehen, für all eure Generationen:<br />

Hochheilig ist er dem HERRN.<br />

Die Gebete der Heiligen: Ps.141,2: Lass als Rauchopfer vor dir stehen<br />

mein Gebet, das Erheben meiner Hände als Speisopfer am Abend.<br />

Off.8,3.4: Und ein anderer Engel kam <strong>und</strong> stellte sich an den Altar, <strong>und</strong> er<br />

hatte ein goldenes Räucherfass; <strong>und</strong> es wurde ihm viel Räucherwerk gegeben,<br />

damit er es für die Gebete aller Heiligen auf den goldenen Altar gebe,<br />

der vor dem Thron ist. Und der Rauch des Räucherwerks stieg mit den Gebeten<br />

der Heiligen auf aus der Hand des Engels vor Gott. / Wohlgeruch<br />

des Opfers: Eph.5,2: Und wandelt in Liebe, wie auch der Christus euch geliebt<br />

<strong>und</strong> sich selbst für uns hingegeben hat als Gabe <strong>und</strong> Schlachtopfer,<br />

Gott zu einem duftenden Wohlgeruch.


Ein Hinweis auf Jesus ist dieser Räucheraltar in dem Sinne, dass er der Ort<br />

ist (oder die Person), wo wir Gott unsere Dankbarkeit <strong>und</strong> Anbetung<br />

darbringen können.<br />

„Die Masse des Räucheraltars <strong>und</strong> des Schaubrottisches stehen in merkwürdiger Beziehung zueinander.<br />

Der Schaubrottisch hat eine Länge von zwei Ellen <strong>und</strong> eine Breite von einer Elle. Der goldene Altar hat<br />

eine Höhe von zwei Ellen, seine Länge <strong>und</strong> Breite betrug je eine Elle. (...) Die Höhe des goldenen Altars<br />

weist auf seine ausschliesslich nach oben gerichtete Tätigkeit hin. Sie bezieht sich auf seinen heiligen<br />

Dienst, den er für uns vor unserem Gott <strong>und</strong> Vater ausübt. Der Herr Jesus Christus steht hier in der besonderen<br />

Würde des Hohenpriesters vor uns“ (Kiene, S.115).<br />

8. Der Vorhang<br />

Ex.26,31; Mt.27,51p (Riss); Hebr.10,19f: "...durch das Blut Jesu Freimütigkeit<br />

zum Eintritt...durch den Vorhang - das ist durch sein Fleisch - ..."<br />

9. Die B<strong>und</strong>eslade<br />

Ex.25,10-22 (7xGnadenthron, (...) in den Versen 17-22 mit weiter Bedeutung),<br />

auch Inhalt wichtig'/ (Hebr.4,14-16; Rö.3,25: "Ihn hat Gott dargestellt<br />

zu einem Gnadenstuhl (...) durch den Glauben an sein Blut...")<br />

Die Stiftshütte nach Paul F. Keine, „Das Heiligtum Gottes in der Wüste Sinai“, S.156<br />

<strong>2.1.</strong>2.4.2. Jesus im Priesterdienst der Stiftshütte allgemein<br />

Vergleiche hierzu folgende Literatur:<br />

- Schultz Samuel J., „Die Welt des Alten Testaments“ (Kap.4.5. Die Opfer,<br />

S.81-85); ICI, Asslar 1988.<br />

„Die Gesetze <strong>und</strong> Anweisungen für das Opfer, die am Berg Sinai gegeben<br />

wurden, weisen nicht darauf hin, dass es vor dieser Zeit keine Opfer gab.<br />

Ob die verschiedenen Arten von Opfern klar unterschieden wurden <strong>und</strong> den<br />

Israeliten bekannt waren, ist umstritten, aber der Brauch, Opfer darzubringen,<br />

war ihnen zweifellos aus den Berichten über Kain, Abel, Noah <strong>und</strong> die<br />

Patriarchen bekannt. Als Mose die Freilassung Israels vom Pharao verlangte,<br />

erwartete er, dass Opfer dargebracht werden würden, <strong>und</strong> führte dies nach<br />

dem Auszug aus Ägypten ein (2. Mose 5,1-3; 18,12 <strong>und</strong> 24,5).


Nun, wo Israel eine freie Nation war <strong>und</strong> einen B<strong>und</strong> mit Gott geschlossen<br />

hatte, wurden spezielle Anweisungen hinsichtlich verschiedener Arten von<br />

Opfern gegeben. Durch das vorschriftsgemässe Darbringen dieser Opfer<br />

hatten die Israeliten die Gelegenheit, Gott auf ihm angenehme Weise zu<br />

dienen (3. Mose 1-7).<br />

Es gab vier Arten von Opfern, die das Vergiessen von Blut verlangten - das<br />

Brandopfer, das Dankopfer, das Sündopfer <strong>und</strong> das Schuldopfer. Zum Opfer<br />

geeignete Tiere waren reine zahme Tiere, deren Fleisch gegessen werden<br />

konnte, wie Schafe, Ziegen oder Rinder, männlich oder weiblich, alt oder<br />

jung. Irn Falle extremer Armut waren Tauben als Ersatz zugelassen.<br />

Allgemeine Regeln für das Darbringen des Opfers waren:<br />

1. Vorführung des Tieres am Altar.<br />

2. Die Hand des Opfernden wird auf das Opfer gelegt.<br />

3. Das Tier wird getötet.<br />

4. Das Blut wird auf den Altar gesprengt.<br />

5. Das Opfer wird verbrannt.<br />

Wenn ein Opfer für das Volk dargebracht wurde, tat es der Priester. Wenn<br />

ein Israelit für sich selbst opferte, brachte er das Tier, legte seine Hand darauf<br />

<strong>und</strong> tötete es. Der Priester versprengte dann das Blut <strong>und</strong> verbrannte<br />

das Opfer. Derjenige, der das Opfer darbrachte, konnte nicht davon essen,<br />

ausgenommen beim Dankopfer. Wenn mehrere Opfer zur gleichen Zeit<br />

dargebracht wurden, ging das Sündopfer dem Brand- <strong>und</strong> dem Dankopfer<br />

voraus.<br />

1. Das Brandopfer<br />

Das charakteristische Merkmal des Brandopfers war die Tatsache, dass das<br />

gesamte Opfer auf dem Altar verzehrt wurde (3. Mose 1,5-17; 6,8-13). Die<br />

Sühne war nicht ausgeschlossen, da die Versöhnung ein Teil jedes Blutopfers<br />

war. Die völlige Hingabe des Opfernden an Gott wurde durch das Venehren<br />

des ganzen Opfers ausgedrückt. Vielleicht verwies Paulus auf dieses<br />

Opfer in seinem Aufruf zur völligen Hingabe (Röm.12,1). Israel wurde befohlen,<br />

durch ein Feuer auf dem ehernen Altar bei Tag <strong>und</strong> bei Nacht ein<br />

ständiges Brandopfer zu unterhalten. Jeden Morgen <strong>und</strong> jeden Abend wurde<br />

ein Lamm geopfert <strong>und</strong> sollte dadurch Israel an seine Hingabe an Gott<br />

erinnern (2. Mose 29,38-42; 4. Mose 28,3-8).<br />

2. Das Dankopfer<br />

Das Dankopfer (wörtlich: Friedensopfer) war völlig freiwillig. Obwohl<br />

Stellvertretung <strong>und</strong> Sühne auch Teil dieses Opfers waren, war das hauptsächliche<br />

Merkmal das Opfermahl (3.Mose 3,1-17; 7,11-34; 19,5-8; 22,21-<br />

25). Dieses stellte die lebendige Gemeinschaft <strong>und</strong> Verb<strong>und</strong>enheit zwischen<br />

dem Menschen <strong>und</strong> Gott dar. Der Familie <strong>und</strong> den Fre<strong>und</strong>en des Opfernden<br />

war es erlaubt, an dem Opfermahl teilzunehmen (5. Mose 12, 6-7.17-<br />

18). Da dies ein freiwilliges Opfer war, konnte jedes Tier, mit der Ausnahme<br />

von Vögeln, ohne Berücksichtigung des Alters oder Geschlechts dargebracht<br />

werden. Nachdem das Opfer getötet <strong>und</strong> sein Blut zur Sühnung der<br />

Sünden versprengt worden war, wurde das Fett des Tieres auf dem Altar<br />

verbrannt. Die Hände des Opfernden schwangen die Keule <strong>und</strong> die Brust,<br />

<strong>und</strong> der Priester weihte durch dieses Ritual Gott diesen Teil des Tieres. Der<br />

Rest des Opfers stand für den Opfernden <strong>und</strong> seine eingeladenen Gäste zum


Festmahl zur Verfügung. Diese freudige Gemeinschaft stellte die Fre<strong>und</strong>schaft<br />

zwischen Gott <strong>und</strong> dem Menschen dar.<br />

Es gab drei Arten von Dankopfern. Sie unterschieden sich je nach Beweggr<strong>und</strong><br />

des Opfernden. Wurde das Opfer als Dank für unverdiente <strong>und</strong> unerwartete<br />

Segnungen dargebracht, nannte man es Lobopfer. Die zweite Möglichkeit<br />

war, dass das Opfer zur Einlösung eines Gelübdes dargebracht wurde.<br />

Brachte man das Opfer dar, um seine Liebe zu Gott auszudrücken, wurde<br />

es als freiwilliges Opfer bezeichnet. Jedes dieser Opfer wurde von einem<br />

vorgeschriebenen Speisopfer begleitet. Das Lobopfer dauerte einen Tag<br />

lang, während die zwei anderen Opfer auf zwei Tage ausgedehnt wurden<br />

<strong>und</strong> die Verordnung bestand, dass alle Reste am dritten Tage verbrannt<br />

werden sollten. Der Israelit hatte hier das Vorrecht, sich der Verbindung<br />

mit Gott, die durch den B<strong>und</strong> bestand, auf praktische Art zu erfreuen.<br />

3. Das Sündopfer<br />

Sünden, die versehentlich begangen wurden, erforderten ein Sündopfer<br />

(3.Mose 4,1-35; 6,17-23). Die Übertretung von bestimmten Verboten, die<br />

mit dem Tod bestraft werden sollte, konnte durch ein vorgeschriebenes Opfer<br />

berichtigt werden. Obwohl Gott nur einen moralischen Massstab hat,<br />

unterschied sich das Opfer je nach der Verantwortlichkeit des einzelnen.<br />

Kein religiöser oder bürgerlicher Führer war so bedeutend, dass seine Sünde<br />

entschuldigt werden konnte, <strong>und</strong> kein Mann war so unbedeutend, dass seine<br />

Sünde übersehen wurde. Die vorgeschriebenen Opfer waren abgestuft: ein<br />

junger Stier für den Hohenpriester oder das Volk Israel, ein Ziegenbock für<br />

Stammesfürsten, eine junge Ziege für den Privatmann. Die Riten unterschieden<br />

sich ebenfalls. Für den Priester oder das Volk Israel wurde das Blut<br />

siebenmal vor dem Eingang zum Allerheiligsten versprengt. Für Stammesfürsten<br />

oder einfache Bürger wurde das Blut auf die Hörner des Altars gestrichen.<br />

Da es ein Opfer zur Sühnung war, durfte der Schuldige nicht von<br />

dem Tier essen. Daher wurde dieses Opfer entweder auf dem Altar verzehrt<br />

oder vor dem Lager verbrannt. Es bestand jedoch eine Ausnahme -- der<br />

Priester erhielt einen Teil, wenn er für einen Stammesfürsten oder einen<br />

Bürger opferte.<br />

Das Sündopfer wurde auch bei speziellen Sünden verlangt, zum Beispiel<br />

wenn jemand sich weigerte, Zeugnis abzulegen, sich verunreinigte, oder versehentlich<br />

fluchte (3.Mose 5,1-13). Obwohl diese Sünden als beabsichtigt<br />

betrachtet werden können, stellen sie keine vorsätzliche Schmähung Gottes<br />

dar, deren Strafe der Tod ist (4.Mose 15,27-31). Jeder Sünder, der seine Tat<br />

bereute, konnte ohne Berücksichtigung seines Standes Tilgung für seine<br />

Sünde erlangen. Wenn ihm die Mittel für ein Schaf oder eine Ziege nicht<br />

zur Verfügung standen, konnte er eine Turteltaube oder eine andere Taube<br />

zum Opfer bringen. Im Falle extremer Armut sollte selbst eine Portion<br />

feinstes Mehl, die einer Tagesration entsprach, dem Schuldigen die Sicherheit<br />

geben, dass er von Gott angenommen worden war. (Siehe 3.Mose<br />

12,6-8; 14,19-31; 15,25-30 <strong>und</strong> 4.Mose 6,10-14 für weitere Anlässe, die<br />

ein Sündopfer verlangten.)<br />

4. Das Schuldopfer<br />

Die Rechte <strong>und</strong> das Eigentum Gottes <strong>und</strong> der Mitmenschen wurden deutlich<br />

in den Anordnungen über das Schuldopfer dargelegt (3.Mose 5,14-26;<br />

7,1-7). Unterliess ein Mensch, Gott die Erstgeburt, den Zehnten oder ande-


e verlangte Opfer zu bringen, verlangte dies nicht nur eine Entschädigung,<br />

sondern auch ein Opfer. Der Sünder musste zusätzlich zu sechs Fünfteln der<br />

verlangten Abgaben einen Widder opfern, um Vergebung seiner Sünden zu<br />

erlangen. Dieses teure Opfer machte ihm den Preis der Sünde deutlich. Versündigte<br />

sich ein Mensch gegen seinen Nächsten, wurde das zusätzliche<br />

Fünftel ebenfalls zur Entschädigung verlangt. Wenn die Wiedergutmachung<br />

nicht an den Geschädigten oder einen nahen Verwandten entrichtet werden<br />

konnte, musste diese Entschädigung dem Priester übergeben werden<br />

(4.Mose 5,5-10). Die Verletzung der Rechte eines anderen Menschen stellte<br />

ebenso ein Vergehen gegen Gott dar. Daher war ein Opfer für diese Tat erforderlich.<br />

5. Das Speisopfer<br />

Dies ist das einzige Opfer, das nicht das Leben eines Tieres verlangte, sondern<br />

hauptsächlich aus Feldfrüchten bestand, die den Ertrag der Arbeit des<br />

Menschen darstellten (3.Mose 2,1-16; 6,7-16). Dieses Opfer konnte auf<br />

verschiedene Arten dargebracht werden, immer mit Öl, Weihrauch <strong>und</strong> Salz<br />

vermengt, aber ohne Sauerteig <strong>und</strong> Honig. Bestand ein Opfer aus Erstlingsfrüchten,<br />

sollten die Ahren des neuen Getreides am Feuer geröstet werden.<br />

Nachdem das Getreide gemahlen worden war, konnte es dem Priester als<br />

feines Mehl oder in gebackenem Zustand (aus dem Ofen oder aus der Pfanne)<br />

übergeben werden. Anscheinend war ein zweitrangiger Bestandteil dieses<br />

Opfers eine angemessene Menge Wein zum Trankopfer (2.Mose 39,40;<br />

3.Mose 23,13; 4.Mose 15,5,10). Es scheint eine vertretbare Schlussfolgerung<br />

zu sein, dass das Speisopfer nie allein dargebracht wurde. Es war<br />

hauptsächlich eine Zugabe zum Brand- <strong>und</strong> Dankopfer. Für diese beiden<br />

Opfer schien es die notwendige <strong>und</strong> angemessene Ergänzung gewesen zu<br />

sein (4.Mose 15,1-13). Dies traf auch auf das tägliche Brandopfer zu<br />

(3.Mose 6,7-16; 4.Mose 4,16). Wenn der Priester es für das Volk darbrachte,<br />

wurde das gesamte Opfer verzehrt. Wenn ein Bürger opferte, brachte der<br />

amtierende Priester nur eine Handvoll am Altar als Brandopfer dar <strong>und</strong> behielt<br />

den Rest für das Heiligtum zurück. Weder das Opfer noch das Ritual<br />

weist in irgendeiner Weise darauf hin, dass es Sühne oder Busse für Sünden<br />

darstellte. Durch dieses Opfer bot der Israelit die Früchte seiner Arbeit an<br />

<strong>und</strong> machte deutlich, dass sie Gott geweiht waren.<br />

Jesus <strong>und</strong> die Opfer<br />

Hebr.9,11-10,17<br />

Das einmalige <strong>und</strong> vollkommene Opfer Jesu.<br />

„Christus aber ist gekommen als Hoherpriester der zukünftigen Güter <strong>und</strong> ist durch das grössere <strong>und</strong><br />

vollkommenere Zelt - das nicht mit Händen gemacht, das heisst nicht von dieser Schöpfung ist - 12 <strong>und</strong><br />

nicht mit Blut von Böcken <strong>und</strong> Kälbern, sondern mit seinem eigenen Blut ein für allemal in das Heiligtum<br />

hineingegangen <strong>und</strong> hat eine ewige Erlösung erf<strong>und</strong>en. 13 Denn wenn das Blut von Böcken <strong>und</strong> Stieren<br />

<strong>und</strong> die Asche einer jungen Kuh, auf die Unreinen gesprengt, zur Reinheit des Fleisches heiligt, 14 wieviel<br />

mehr wird das Blut des Christus, der sich selbst durch den ewigen Geist als Opfer ohne Fehler Gott dargebracht<br />

hat, euer Gewissen reinigen von toten Werken, damit ihr dem lebendigen Gott dient! 15 Und<br />

darum ist er Mittler eines neuen B<strong>und</strong>es, damit, da der Tod geschehen ist zur Erlösung von den<br />

Übertretungen unter dem ersten B<strong>und</strong>, die Berufenen die Verheissung des ewigen Erbes empfangen. 16 -<br />

Denn wo ein Testament ist, da muss notwendig der Tod dessen eintreten, der das Testament gemacht hat.<br />

17 Denn ein Testament ist gültig, wenn der Tod eingetreten ist, weil es niemals Kraft hat, solange der<br />

lebt, der das Testament gemacht hat. - 18 Daher ist auch der erste B<strong>und</strong> nicht ohne Blut eingeweiht worden.<br />

19 Denn als jedes Gebot nach dem Gesetz von Mose dem ganzen Volk mitgeteilt war, nahm er das<br />

Blut der Kälber <strong>und</strong> Böcke mit Wasser <strong>und</strong> Purpurwolle <strong>und</strong> Ysop <strong>und</strong> besprengte sowohl das Buch selbst<br />

als auch das ganze Volk 20 <strong>und</strong> sprach: ‘Dies ist das Blut des B<strong>und</strong>es, den Gott für euch geboten hat’. 21<br />

Aber auch das Zelt <strong>und</strong> alle Gefässe des Dienstes besprengte er ebenso mit dem Blut; 22 <strong>und</strong> fast alle Dinge<br />

werden mit Blut gereinigt nach dem Gesetz, <strong>und</strong> ohne Blutvergiessen gibt es keine Vergebung. 23 Es


ist nun nötig, dass die Abbilder der himmlischen Dinge hierdurch gereinigt werden, die himmlischen<br />

Dinge selbst aber durch bessere Schlachtopfer als diese. 24 Denn der Christus ist nicht hineingegangen in<br />

ein mit Händen gemachtes Heiligtum, ein Gegenbild des wahren Heiligtums, sondern in den Himmel<br />

selbst, um jetzt vor dem Angesicht Gottes für uns zu erscheinen, 25 auch nicht, um sich selbst oftmals zu<br />

opfern, wie der Hohepriester alljährlich mit fremdem Blut in das Heiligtum hineingeht 26 - sonst hätte er<br />

oftmals leiden müssen von Gr<strong>und</strong>legung der Welt an -; jetzt aber ist er einmal in der Vollendung der Zeitalter<br />

offenbar geworden, um durch sein Opfer die Sünde aufzuheben. 27 Und wie es den Menschen gesetzt<br />

ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht, 28 so wird auch der Christus, nachdem er einmal<br />

geopfert worden ist, um vieler Sünden zu tragen, zum zweiten Male ohne Beziehung zur Sünde denen<br />

zum Heil erscheinen, die ihn erwarten.<br />

1 Denn da das Gesetz einen Schatten der zukünftigen Güter, nicht der Dinge Ebenbild selbst hat, so kann<br />

es niemals mit denselben Schlachtopfern, die sie alljährlich darbringen, die Hinzunahenden für immer<br />

vollkommen machen. 2 Denn würde sonst nicht ihre Darbringung aufgehört haben, weil die den Gottesdienst<br />

Übenden einmal gereinigt, kein Sündenbewusstsein mehr gehabt hätten? 3 Doch in jenen Opfern<br />

ist alljährlich ein Erinnern an die Sünden; 4 denn unmöglich kann Blut von Stieren <strong>und</strong> Böcken Sünden<br />

hinwegnehmen. 5 Darum spricht er, als er in die Welt kommt: ‘Schlachtopfer <strong>und</strong> Gaben hast du nicht<br />

gewollt, einen Leib aber hast du mir bereitet; 6 an Brandopfern <strong>und</strong> Sündopfern hast du kein Wohlgefallen<br />

gef<strong>und</strong>en. 7 Da sprach ich: Siehe, ich komme - in der Buchrolle steht von mir geschrieben -, um deinen<br />

Willen, o Gott, zu tun’. 8 Vorher sagt er: ‘Schlachtopfer <strong>und</strong> Gaben <strong>und</strong> Brandopfer <strong>und</strong> Sündopfer<br />

hast du nicht gewollt, noch Wohlgefallen daran gef<strong>und</strong>en’ - die doch nach dem Gesetz dargebracht werden<br />

-, 9 dann sprach er: ‘Siehe, ich komme, um deinen Willen zu tun’ - er nimmt das Erste weg, um das Zweite<br />

aufzurichten -. 10 In diesem Willen sind wir geheiligt durch das ein für allemal geschehene Opfer des<br />

Leibes Jesu Christi. 11 Und jeder Priester steht täglich da, verrichtet den Dienst <strong>und</strong> bringt oft dieselben<br />

Schlachtopfer dar, die niemals Sünden hinwegnehmen können. 12 Dieser aber hat ein Schlachtopfer für<br />

Sünden dargebracht <strong>und</strong> sich für immer gesetzt zur Rechten Gottes. 13 Fortan wartet er, bis seine Feinde<br />

hingelegt sind als Schemel seiner Füsse. 14 Denn mit einem Opfer hat er die, die geheiligt werden, für<br />

immer vollkommen gemacht. 15 Das bezeugt uns aber auch der Heilige Geist; denn nachdem er gesagt<br />

hat: 16 ‘Dies ist der B<strong>und</strong>, den ich ihnen nach jenen Tagen errichten werde, spricht der Herr, ich werde<br />

meine Gesetze in ihre Herzen geben <strong>und</strong> sie auch in ihre Sinne schreiben;’ 17 <strong>und</strong>: ‘Ihrer Sünden <strong>und</strong><br />

ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nicht mehr gedenken’. 18 Wo aber dafür eine Vergebung ist, gibt es kein<br />

Opfer für die Sünde mehr.<br />

<strong>2.1.</strong>2.4.3. Jesus im Hohepriester-Dienst der Stiftshütte<br />

1. Das Hohepriester-Amt<br />

Ex.28,1ff; Hebr.7,1-28.<br />

2. Der Dienst am Jom Kippur, am Versöhnungstag<br />

Lev.16; Hebr.9,11ff.<br />

Literatur zum Thema<br />

Brinke Georg,"Symbolik des Stiftshütte",<br />

Aehrenleseverlag, Bern 1956 1<br />

Dolmann D. H., „Jesus in der Stiftshütte“,<br />

Bethel Verlag, Hamburg 1976 6<br />

Kiene Paul F., "Das Heiligtum Gottes in der Wüste Sinai",<br />

Hermann Schulte, Wetzlar 1977 3<br />

<strong>2.1.</strong>3. Die <strong>Menschwerdung</strong> (Subjekt, Anlass, Notwendigkeit)<br />

(a) Das Subjekt der Inkarnation<br />

„Es war nicht der dreieine Gott, sondern die zweite Person der Trinität, die<br />

menschliche Natur annahm. Aus diesem Gr<strong>und</strong> sollte man besser sagen ‘das<br />

Wort wurde Fleisch’, als ‘Gott wurde Mensch’. Gleichzeitig sollten wir bedenken,<br />

dass jede der göttlichen Personen aktiv war in der Fleischwerdung<br />

(Mt.1,20; Lk.1,35; Joh.1,14; Apg.2,30; Röm.8,3; Gal.4,4; Phil.2,7). (...)<br />

Es ist nicht möglich, von der Fleischwerdung von jemandem zu sprechen,<br />

der vorher nicht existierte. Diese Prä-Existenz wird deutlich gelehrt in der<br />

Schrift (Joh.1,1; 6,38; 2.Kor.8,9; Phil.2,6.7; Gal.4,4). Der präexistente<br />

Sohn Gottes nimmt menschliche Natur an <strong>und</strong> nimmt für sich selber


menschliches Fleisch <strong>und</strong> Blut, ein W<strong>und</strong>er, das unser beschränktes Verständnis<br />

übersteigt. Aber es zeigt deutlich, dass der Unendliche in endliche<br />

Beziehungen eintreten kann <strong>und</strong> tut <strong>und</strong> dass der Übernatürliche in einer<br />

gewissen Weise in das geschichtliche Leben der Welt eintreten kann. 99<br />

(b) War Sünde der Anlass zur Inkarnation?<br />

Seit der Scholastik wird die Frage debattiert, ob der Sohn Gottes Fleisch geworden<br />

wäre, auch wenn der Mensch nicht gesündigt hätte. Oder anders<br />

formuliert: Ist die Inkarnation ‘nur’ ein Teil des Erlösungskonzeptes oder<br />

bereits in der Schöpfungsidee enthalten?<br />

Diese zweite, weiter gefasste Sicht vertrat als erster Rupert von Deutz <strong>und</strong> nach ihm Alexander von Hales,<br />

Duns Scotus <strong>und</strong> später Osiander, Rothe, Dorner, Lange, Van Oosterzee, Martensen, Ebrard <strong>und</strong><br />

Westcott. Thomas von Aquin dagegen vertrat die Position, dass der Gr<strong>und</strong> für die Inkarnation im Eintreten<br />

der Sünde in die Welt zu finden ist. Ihm folgten die Reformatoren <strong>und</strong> ihre Kirchen.<br />

Als Argumente für die weitere, zweite Ansicht wird folgendes angeführt:<br />

Eine solch gewaltige Tatsache wie die <strong>Menschwerdung</strong> kann nicht unvorhergesehen<br />

oder zufällig sein <strong>und</strong> kann seine Verursachung nicht in der<br />

Sünde haben als einem zufälligen, willkürlichen Akt von Menschen. Sie<br />

muss im ursprünglichen Plan Gottes enthalten gewesen sein. (...) Zudem<br />

darf Christi Werk nicht beschränkt werden auf die Versöhnung <strong>und</strong> sein<br />

Rettungswerk.<br />

Trotzdem muss beachtet werden, dass die Schrift die Inkarnation gleichbleibend<br />

als von menschlicher Sünde verursacht darstellt. Die Stärke solcher<br />

Stellen wie Lk.19,10; Joh.3,16; Gal.4,4; 1.Joh.3,8 <strong>und</strong> Phil.2,5-11 kann<br />

man nicht leicht durchbrechen. 100<br />

Mein persönlicher Lösungsvorschlag beruht auch hier wieder auf der Unterscheidung zwischen Vorherbestimmung<br />

<strong>und</strong> Vorherwissen. Weil Gott wusste, dass der Mensch seine Freiheit missbrauchen würde, ist<br />

die Inkarnation gewissermassen im Schöpfungsplan Gottes mit eingeschlossen. Die Frage, was gewesen<br />

wäre, wenn Adam nicht gesündigt hätte, ist unsinnig <strong>und</strong> zeitverschwendend!<br />

(Ryrie diskutiert diese Frage ausführlich in seiner Dogmatik „Die Bibel verstehen“ auf den Seiten 356ff.<br />

Darin lehnt er blosses Vorherwissen Gottes mit der Begründung ab, dass Vorherwissen kein neutraler<br />

Begriff sei, sondern eine Beziehung voraussetze. Eine für mich schwer verständliche Argumentation!)<br />

(c) Die Notwendigkeit der Inkarnation<br />

Zuerst einige einleitende Gedanken anhand von Hebr.2,14-18: „Weil nun<br />

die Kinder Blutes <strong>und</strong> Fleisches teilhaftig sind, hat auch er in gleicher Weise daran<br />

Anteil gehabt, um durch den Tod den zunichte zu machen, der die Macht des<br />

Todes hat, das ist den Teufel, <strong>und</strong> um alle die zu befreien, die durch Todesfurcht<br />

das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren. Denn er nimmt<br />

sich doch wohl nicht der Engel an, sondern der Nachkommenschaft Abrahams<br />

nimmt er sich an. Daher musste er in allem den Brüdern gleich werden, damit er<br />

barmherzig <strong>und</strong> ein treuer Hoherpriester vor Gott werde, um die Sünden des Volkes<br />

zu sühnen; denn worin er selbst gelitten hat, als er versucht worden ist, kann<br />

er denen helfen, die versucht werden.“.<br />

Hier wird eindrücklich <strong>und</strong> prägnant beantwortet, weshalb Jesus Mensch<br />

wurde. (a) Nur so konnte er die Menschen erlösen, befreien <strong>und</strong> versöhnen.<br />

(b) Nur auf diese Weise konnte er lernen, sie noch besser 101 zu verstehen<br />

<strong>und</strong> barmherzig zu werden. (c) Nur so wurde er befähigt, den Menschen in<br />

ihren Versuchungen <strong>und</strong> Problemen wirklich helfen zu können.<br />

99<br />

Louis Berkhof, „Systematic Theology“, S.333.<br />

100<br />

Vgl. Louis Berkhof, „Systematic Theology“, S.333f.<br />

101<br />

Auch ohne Inkarnation versteht Gott die Menschen besser als sie sich selber, da er ihr Schöpfer ist.


<strong>2.1.</strong>4. Der Beginn der <strong>Erniedrigung</strong><br />

(a) Der Zeitpunkt: "Als die Zeit erfüllet war" (Gal.4,4)<br />

Gal.4,4: (to\ plh/rwma tou~ xro/nou) Die Fülle der Zeit spricht davon, dass<br />

Gott einen Zeitplan hat, nichts ist Zufall. Auch Eph.1,9f zeigt, dass Gott<br />

einen Zeitpunkt kennt ("...für die Haushaltung (ei>j oi>konomi/an tou~<br />

plhrw/matoj tw~n kairw~n) bei der Erfüllung der Zeiten..."). 102 1.Kor.10,11<br />

spricht vom Zielpunkt der Aeonen; Hebr.1,2: "...am Ende der Tage..."<br />

(Vgl.E.Hoffmann in F<strong>und</strong>amentum Erstausgabe, S.25f) Die St<strong>und</strong>e ist gekommen<br />

<strong>und</strong> doch noch nicht (gekommen: Joh.17,1; noch nicht:<br />

2,4;7,30;8,20).<br />

(b) Gr<strong>und</strong>sätzliche Hinweise zur <strong>Erniedrigung</strong> Jesu<br />

Phil.2,6-8: „...der in der Gestalt Gottes war <strong>und</strong> es nicht für einen Raub achtete,<br />

Gott gleich zu sein. Aber er machte sich selbst zu nichts (eke/nwsen) <strong>und</strong><br />

nahm Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist (e>n<br />

oncrw/pwn) <strong>und</strong> der Gestalt nach (\sxh/mati) wie ein Mensch erf<strong>und</strong>en,<br />

erniedrigte er sich selbst (e>tapei/nwsen e


Worte; Joh.10,17f pers. Wille; Joh.6,36; 10,25.37f; 14,11; 15,24 / Joh.<br />

14,28 Vater ist grösser; 10,30 eins; 14,19 mich - Vater.<br />

Jede vermeindliche Präzisierung über dieses Geheimnis geht entweder<br />

auf Kosten seiner Göttlichkeit oder Menschlichkeit!<br />

Zusammenfassung: Dies letzte Geheimnis lässt sich hier auf Erden nicht lösen<br />

oder lüften! Tatsache bleibt, dass die <strong>Menschwerdung</strong> als Gnade, als unverdientes<br />

Geschenk an uns Menschen beschrieben wird (vgl. Joh.1,16; 2.<br />

Kor.8,9 u.a.). Gerade diese Verse zeigen uns die praktischen Konsequenzen<br />

aus der <strong>Menschwerdung</strong> auf:<br />

1. Die <strong>Menschwerdung</strong> Gottes <strong>und</strong> damit die Geburt Jesu <strong>und</strong> Weihnachten<br />

müssen als Gnadengeschenk angenommen werden. Besonders aber die darin<br />

implizit enthaltenen Segnungen wie (a) die Gegenwart Gottes (b) die Sündenvergebung<br />

<strong>und</strong> (c) das neue Leben allgemein.<br />

2. Weil wir Beschenkte sind, können wir andere beschenken!<br />

2.2. Die Jungfrauengeburt<br />

2.<strong>2.1.</strong> Von Jes.7,14 bis Mt.1,23<br />

Jes.7,14: "Darum wird der Herr selbst euch ein Zeichen geben: Siehe, die Jungfrau<br />

wird schwanger werden <strong>und</strong> einen Sohn gebären <strong>und</strong> wird seinen Namen<br />

Immanuel nennen".<br />

Kontext dieser interessanten Prophezeiung ist die Ankündigung der assyrischen<br />

Invasion. Ahas, der König will Gott nicht versuchen <strong>und</strong> kein Zeichen<br />

fordern:<br />

„Und der HERR fuhr fort, zu Ahas zu reden, <strong>und</strong> sprach: Fordere dir ein Zeichen vom HERRN, deinem<br />

Gott! In der Tiefe fordere es oder oben in der Höhe! Ahas aber sagte: Ich will nicht fordern <strong>und</strong> will den<br />

HERRN nicht prüfen. Da sprach er: Hört doch, Haus David! Ist es euch zu wenig, Menschen zu ermüden,<br />

dass ihr auch meinen Gott ermüdet? (Jes.7,10-13)<br />

Daraufhin verspricht Gott selber ein Zeichen: Eine Jungfrau wird schwanger<br />

<strong>und</strong> der Name Immanuel (Mt.1,23) / wahrscheinlich zwei Erfüllungen!<br />

(Kaum Hiskia, zeitlich / wahrscheinlich 2.Sohn Jesajas). HâM:LaYâH GB594:<br />

Mannbares Mädchen (nicht spez. Jungfrau), aber unbestimmt, ob verheiratet.<br />

Wenn wir schon die zeitgemässe Auslegung wählen, dann müssen wir die<br />

HâM:LaY auch richtig auslegen im Sinne von Jesajas Frau! Der griechische<br />

Ausdruck parce/noj ist bereits eine Verengung des Begriffes.<br />

Weber weist darauf hin, dass bereits im Protevangelium ein Hinweis auf die Jungfrauengeburt zu finden<br />

ist: „Und ich werde Feindschaft setzen zwischen dir <strong>und</strong> der Frau, zwischen deinem Samen <strong>und</strong> ihrem<br />

Samen; er wird dir den Kopf zermalmen, <strong>und</strong> du, du wirst ihm die Ferse zermalmen“ (Gen.3,15). Ich<br />

sehe diesen Zusammenhang jedoch nicht. Zu dieser Frage vgl. auch die Auslegung von Gen.3,15 oben<br />

durch Prof. S. Külling auf Seite 2ff.<br />

2.2.2. Die Tatsache der Jungfrauengeburt<br />

E.Schweizer z.B. behauptet (NTDII), Jesus sei einer unter vielen mit Jungfrauengeburt!<br />

Dies ist eine unhaltbare Behauptung! (Antwort darauf von<br />

R.Riesner, ThBtr.4,81, S.83ff) / 1.Tim.3,16 / Joh.1,13 qui als 'welcher'


Kirchenväter eindeutig für Jungfrauengeburt. Kerinth lehnte die Jungfrauengeburt<br />

ab.<br />

Sicher geht es hier nicht um eine Randfrage! (Hi.14,4; 15,14; 25,4;<br />

Ps.51,7 zeigen, ist entscheidend für Sündenvergebung). Röm.5,12 auch für<br />

Jesus?<br />

Hier die entscheidenden Stellen:<br />

Mt.1,16-25: "Jakob aber zeugte Joseph, den Mann Marias, von welcher Jesus geboren wurde, der<br />

Christus genannt wird. So sind nun alle Geschlechter von Abraham bis auf David vierzehn Geschlechter<br />

<strong>und</strong> von David bis zur Wegführung nach Babylon vierzehn Geschlechter <strong>und</strong> von der Wegführung nach<br />

Babylon bis auf den Christus vierzehn Geschlechter. Mit der Geburt Jesu Christi verhielt es sich aber so:<br />

Als nämlich Maria, seine Mutter, dem Joseph verlobt war, wurde sie, ehe sie zusammengekommen waren,<br />

schwanger erf<strong>und</strong>en von dem Heiligen Geist. Joseph aber, ihr Mann, der gerecht war <strong>und</strong> sie nicht<br />

öffentlich blossstellen wollte, gedachte sie heimlich zu entlassen. Während er dies aber bei sich überlegte,<br />

siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum <strong>und</strong> sprach: Joseph, Sohn Davids, fürchte dich<br />

nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen; denn das in ihr Gezeugte ist von dem Heiligen Geist. Und sie<br />

wird einen Sohn gebären, <strong>und</strong> du sollst seinen Namen Jesus nennen; denn er wird sein Volk erretten von<br />

seinen Sünden. Dies alles geschah aber, damit erfüllt würde, was von dem Herrn geredet ist durch den<br />

Propheten, der spricht: ‚Siehe, die Jungfrau wird schwanger sein <strong>und</strong> einen Sohn gebären, <strong>und</strong> sie werden<br />

seinen Namen Emmanuel nennen', was übersetzt ist: Gott mit uns. Joseph aber, vom Schlaf erwacht, tat,<br />

wie ihm der Engel des Herrn befohlen hatte, <strong>und</strong> nahm seine Frau zu sich; <strong>und</strong> er erkannte sie nicht, bis<br />

sie ihren erstgeborenen Sohn geboren hatte; <strong>und</strong> er nannte seinen Namen Jesus".<br />

Lk.1,26-38: "Im sechsten Monat aber wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt von Galiläa, mit<br />

Namen Nazareth, gesandt, zu einer Jungfrau, die einem Mann namens Joseph, aus dem Haus Davids,<br />

verlobt war, <strong>und</strong> der Name der Jungfrau war Maria. Und er kam zu ihr hinein <strong>und</strong> sprach: Sei gegrüsst,<br />

Begnadigte! Der Herr ist mit dir. Sie aber wurde bestürzt über das Wort <strong>und</strong> überlegte, was für ein Gruss<br />

dies sei. Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria! Denn du hast Gnade bei Gott gef<strong>und</strong>en.<br />

Und siehe, du wirst schwanger werden <strong>und</strong> einen Sohn gebären, <strong>und</strong> du sollst ihm seinen Namen Jesus<br />

nennen. Dieser wird gross sein <strong>und</strong> Sohn des Höchsten genannt werden; <strong>und</strong> der Herr, Gott, wird ihm<br />

den Thron seines Vaters David geben; <strong>und</strong> er wird über das Haus Jakobs herrschen in Ewigkeit, <strong>und</strong> seines<br />

Königtums wird kein Ende sein. Maria aber sprach zu dem Engel: Wie wird dies zugehen, da ich von<br />

keinem Mann weiss? Und der Engel antwortete <strong>und</strong> sprach zu ihr: Der Heilige Geist wird über dich<br />

kommen, <strong>und</strong> Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren<br />

werden wird, Sohn Gottes genannt werden. Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, auch sie erwartet<br />

einen Sohn in ihrem Alter, <strong>und</strong> dies ist der sechste Monat bei ihr, die unfruchtbar genannt war. Denn kein<br />

Wort, das von Gott kommt, wird kraftlos sein. Maria aber sprach: Siehe, ich bin die Magd des Herrn; es<br />

geschehe mir nach deinem Wort. Und der Engel schied von ihr".<br />

„Neben diesen klaren Aussagen finden wir auch ein Selbstzeugnis unseres<br />

Herrn. 12-jährig war Er im Tempel zurückgeblieben <strong>und</strong> entgegnete nun<br />

dem Vorwurf Seiner ‘Eltern’: „Und er sprach zu ihnen: Was ist es, dass ihr<br />

mich gesucht habt? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters<br />

ist?“ (Lk.2,49). Nie finden wir, dass Jesus Christus Joseph als Seinen<br />

Vater anspricht. Immer, wenn Er von Seinem Vater spricht, ist die Rede<br />

vom göttlichen Vater im Himmel“ 104 .<br />

Das Geheimnis der Jungfrauengeburt<br />

E.Schweizer schreibt (S.15), dass es sich dabei um eine moderne Frage handelt.<br />

Früher war dies kein Problem. Beschrieben wird sie nirgens. Matth.<br />

<strong>und</strong> Lukas erwähnen nur Ankündigung. Ein Schleier liegt über den Details.<br />

Mt.1,18.20.22.23.25 klare Beschreibung. Lk.1,31ff.34f.37 (Gn.18,14!);<br />

3,23 wnomi/zeto, ‘wie man meinte’.<br />

Die Jungfrauengeburt Jesu - eine Auseinandersetzung mit der kritischen<br />

Theologie<br />

Ein Kernstück unseres christlichen Glaubens ist <strong>und</strong> bleibt: „Das Mysterium<br />

der Jungfrauengeburt Jesu“. 105<br />

104 Weber, S.19.<br />

105 Christopher Engelhardt, Lübeck, BuG 4/80, S.406-408.


Vor etlichen Jahren kam es im Verlauf einer von mir geleiteten Bibelst<strong>und</strong>e<br />

zur Auseinandersetzung zwischen einem jungen Theologen <strong>und</strong> mir über<br />

die Jungfrauengeburt Jesu. Während seines Universitätsstudiums hatte er<br />

unter anderem gelernt, dass diese nicht auf historischem Geschehen beruhe,<br />

sondern nur ein christianisiertes Stück griechischer Göttermythologie darstelle.<br />

Nun brachte er diese Anschauungen zum Ausdruck <strong>und</strong> versuchte,<br />

ihnen mit Hilfe griechischer <strong>und</strong> hebräischer Vokabeln besonderen Nachdruck<br />

zu verleihen. Da sich die Versammlung daraufhin in eine nutzlose<br />

Diskussion verwickelte, musste ich ihn zum Schweigen auffordern. Die<br />

Schrift sage es anders, stellte ich fest, folglich sei er im Unrecht. Eine öffentlich<br />

vorgebrachte Irrlehre könne man nicht dulden. Nach dieser zwangsweisen<br />

Unterbrechung verlief die weitere Bibelbetrachtung zwar ruhig, doch<br />

erfuhr ich später, dass der junge Mann den dortigen Kreis noch bei anderen<br />

Gelegenheiten irritiert <strong>und</strong> mit seinen Gedanken infiziert hatte. Mein entschiedenes<br />

Beharren auf dem »Es steht geschrieben!« hatte wohl an jenem<br />

Abend zu einem guten Ende geführt, aber um die Ausbreitung dieser Ideen<br />

zu verhindern, hätte man den Zuhörern noch mehr biblische Argumente<br />

<strong>und</strong> theologische Zusammenhänge einsichtig machen sollen <strong>und</strong> aufzeigen<br />

müssen, wohin der falsche Weg führt, wenn er erst einmal eingeschlagen<br />

worden ist. Will man dem Feind wirksam entgegentreten, muss die Kenntnis<br />

seiner Aufmarschpläne möglichst umfassend sein. So müssen auch wir<br />

die Argumente des Glaubensgegners kennen, um sie widerlegen <strong>und</strong> zerstören<br />

zu können. Darum will ich im folgenden kurz das Denkschema der kritizistischen<br />

Theologie skizzieren, die die Jungfrauengeburt Jesu ablehnt. Es<br />

lässt sich auf zwei Gr<strong>und</strong>gedanken reduzieren:<br />

1. Das erste Argument entstammt der Traditionsgeschichte <strong>und</strong> stützt sich<br />

auf die Gr<strong>und</strong>these, die Tradition der Jungfrauengeburt sei sehr dürftig <strong>und</strong><br />

trete zudem zeitlich spät auf. Der Gedankengang leitet sich von der Vermutung<br />

ab, dass die ersten Zeugen im Neuen Testament von der Jungfrauengeburt<br />

nichts gewusst hätten. Die frühesten Schriften — die Briefe des Paulus<br />

— machten keine Aussagen zur Jungfrauengeburt; vielmehr zeigten<br />

Ausdrücke »geboren von einem Weibe« (Gal. 4, 4) u. a., dass von der Geburt<br />

Jesu wie von jeder normalen Geburt gesprochen werde. Markus, den<br />

man für den ältesten Evangelisten hält <strong>und</strong> der ums Jahr 70 geschrieben habe,<br />

kenne ebenfalls keine Jungfrauengeburt. Auch die Anführung der<br />

Stammbäume Jesu im Matthäus- <strong>und</strong> Lukasevangelium widerlegten eine<br />

Jungfrauengeburt, indem sie eine normale Abstammung voraussetzten.<br />

Schliesslich habe auch Johannes sie nicht erwähnt, zumal sie sich rein logisch<br />

nicht mit dem johanneischen Konzept der Präexistenz vertrage. Denn<br />

wie kann Jesus erst in Maria gezeugt werden, wenn er schon zuvor existierte?<br />

Diese Gedankengänge haben die kritischen Theologen unserer Zeit dazu<br />

veranlasst, die Geburtsberichte der Evangelisten Matthäus <strong>und</strong> Lukas als<br />

allmählich entstandene, späte Traditionen einzustufen. Bereits das Zurücktreten<br />

von Josefs Charakter in den Evangelien weise auf die Tendenz hin,<br />

Jesus <strong>und</strong> seine Mutter stärker zu betonen <strong>und</strong> sei der erste Schritt auf dem<br />

Wege, der zur Vorstellung von der Jungfrauengeburt geführt habe. Die im<br />

Neuen Testament vorliegenden Geburts- <strong>und</strong> Kindheitsgeschichten Jesu<br />

werden somit als sehr spät in die Evangelien eingearbeitetes »Kolorit« gewertet,<br />

das keinen Anspruch auf Historizität erhebe.


2. Das zweite Argument ist ein theologisches. Es geht von der Beobachtung<br />

aus, dass die Jungfrauengeburt Jesu in der urchristlichen Verkündigung, wie<br />

sie im Neuen Testament vorliegt, keine Rolle spielt. In den Reden der<br />

Apostelgeschichte wird sie nicht erwähnt. Auch die Paulusbriefe, denen wir<br />

fast unser gesamtes Wissen von der urchristlichen Verkündigung verdanken,<br />

sprechen nicht davon. In allen wesentlichen Lehrstücken der Gemeinde, die<br />

Glaube <strong>und</strong> Werke, Rechtfertigung <strong>und</strong> Verdammnis, christlichen Wandel<br />

<strong>und</strong> endzeitliche Hoffnung, eben das gesamte Erlösungswerk Jesu Christi<br />

betreffen <strong>und</strong> die Paulus in einzigartiger Weise entfaltet, wird die Jungfrauengeburt<br />

nicht einmal erwähnt. Demzufolge, so schliesst die kritische Theologie,<br />

sei sie keine für den christlichen Glauben notwendige Lehre. Diese<br />

Schlussfolgerung entspricht dann auch dem bereits »traditionsgeschichtlich<br />

gesicherten« Bef<strong>und</strong>. Die Jungfrauengeburt Jesu sei also ein urchristliches<br />

theologisches Interpretament im Sinne einer Doxologie (d. h. zum Lobe<br />

Gottes), aber kein »mechanischer« Erklärungsversuch. Sie stehe lediglich als<br />

ein Zeichen dafür, dass Gott in Christus gehandelt habe. Das Zeichen sei<br />

aber nicht die Sache selbst <strong>und</strong> dürfe daher für den Glauben nicht konstitutiv<br />

gemacht werden.<br />

Was sollen wir nun hierzu sagen? Das traditionsgeschichtliche Argument ist<br />

leicht zu durchschauen. Es leitet sich von der Voraussetzung ab, dass die<br />

Bibel reines Menschenwort sei. Man nimmt an, dass die urchristliche Gemeinde<br />

einige weniger zuverlässige Berichte über die Wirksamkeit Jesu auf<br />

Erden weiter durchdacht <strong>und</strong> entfaltet habe. Die kreative Bildung neuer Jesusgeschichten,<br />

wie z. B. auch der Jungfrauengeburt, sei nur Ausdruck eines<br />

solchen Denkprozesses. Dieses Argument lässt sich innerhalb einer kritizistischen<br />

Denkweise nicht widerlegen; denn der Lukasprolog, wonach Lukas<br />

seine Informationen aus zuverlässiger Quelle erhalten hat, fällt dabei kaum<br />

ins Gewicht. Wir können dem Kritikgeist nur damit entgegentreten, dass<br />

wir uns zur Bibel als Gottes Wort bekennen. Ihre Schreiber waren vom Heiligen<br />

Geist gedrungen, die Berichte wahrheitsgetreu niederzuschreiben. Geben<br />

wir dieses F<strong>und</strong>ament auf, dann verlassen wir den sicheren Felsengr<strong>und</strong>,<br />

um uns statt dessen auf das ungewisse Schaukelspiel einer subjektiven Theosophie<br />

einzulassen. Dass wir neben der ganzen <strong>und</strong> vollständigen Bibel noch<br />

ein spezielles »Urkerygma«, gewissermassen als »Kanon im Kanon« herausarbeiten<br />

könnten, diese Möglichkeit hat schon G. Maier 1974 in »Das Ende<br />

der historisch-kritischen Methode« überzeugend ausgeschlossen. Gegenüber<br />

dem zweiten, theologischen Argument müssen wir festhalten, dass die<br />

Schrift keine Trennung kennt zwischen dem raum-zeitlichen Heilshandeln<br />

Gottes <strong>und</strong> dem dieses Handeln erklärenden Wort. Es gibt kein »Kerygma«,<br />

das nicht durch tatsächliches Geschehen abgedeckt wäre. Was sollen wir als<br />

geschehen verkündigen, wenn nichts geschehen ist? Wie sollen wir ein w<strong>und</strong>ersames<br />

Ereignis recht verstehen können, wenn uns Gott nicht die autoritative<br />

Deutung dazu gibt? Es bliebe dem irrelevanten Bereich abnormer<br />

Phänomene verhaftet. Ereignis <strong>und</strong> Erklärung sind in der Schrift untrennbar.<br />

Gott handelt wirklich, <strong>und</strong> Er macht sein Handeln durch Sein Wort<br />

verstehbar <strong>und</strong> transparent. In jedem Fall ist es eine sehr heikle Angelegenheit,<br />

etwas deuten zu wollen aufgr<strong>und</strong> der Feststellung, dass nichts davon<br />

erwähnt wird. Und auf diese Art <strong>und</strong> Weise soll auch die Jungfrauengeburt<br />

Jesu abgetan werden — einfach deswegen, weil viele Teile des Neuen Testamentes<br />

nichts darüber aussagen. Aber dieses »argumentum e silentio« ist


nicht stichhaltig. Ist es wahr, dass die Jungfrauengeburt Jesu nur eine<br />

schmale <strong>und</strong> späte Tradition im Neuen Testament darstellt? Lesen Sie dazu<br />

den nachfolgenden Artikel von A. T. Schofield; sie werden überrascht sein,<br />

an wie vielen Stellen das Neue Testament die Tatsache der Jungfrauengeburt<br />

bezeugt.“<br />

2.2.3. Biblische Streiflichter zur Frage der Jungfrauengeburt Jesu<br />

von A. T. Schofield. 106<br />

Ich beabsichtige nicht, die Frage der Jungfrauengeburt von einem biologischen<br />

oder medizinischen Standpunkt aus zu erörtern, wie faszinierend eine<br />

solche Studie auch sein würde. Die Zeit ist zu ernst, um mit einem solchen<br />

Gegenstand, der, wie ich glaube, einer der wesentlichen Gr<strong>und</strong>lagen des<br />

biblischen Glaubens ist, leichtfertig umzugehen. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e suche<br />

ich als christlicher Arzt, als demütiger Nachfolger des Lukas, gewisse Punkte<br />

in gebührender Reihenfolge darzulegen, um so die Gewissheit der Dinge, in<br />

denen wir unterrichtet worden sind, nachzuweisen. Ich beabsichtige nicht,<br />

irgendein vorgefasstes Argument ins Spiel zu bringen, weil eine Jungfrauengeburt<br />

— wenn wir einen Welterlöser haben sollen — wünschenswert oder<br />

tatsächlich notwendig wäre. Ich beabsichtige, diejenigen Schriftstellen anzuführen,<br />

die lediglich mehr ein Streiflicht als ein direktes Licht auf die Jungfrauengeburt<br />

werfen. Zuallererst möchte ich Sie darauf hinweisen, dass gerade<br />

der Arzt Lukas besonders geeignet war, der Geschichtsschreiber dieses<br />

Ereignisses zu sein. Wir erhalten diesen Bericht nicht aus der Feder einer<br />

Frau, obwohl niemand daran zweifeln kann, dass es sich bei dem Bericht im<br />

Lukasevangelium um einen solchen handelt, den die Jungfrau selber abgegeben<br />

hat. Wir erhalten ihn auch nicht aus der Feder irgendeines gewöhnlichen<br />

Menschen bzw. irgendeines Evangelisten, noch, <strong>und</strong> das ist erwähnenswert,<br />

aus der Feder eines Juden, der einige Vorurteile für oder gegen<br />

diese Angelegenheit hätte haben können. Sondern wir bekommen ihn von<br />

einem Heiden, einem liebenswerten Arzt. Die besondere Richtigkeit dieser<br />

Wahl ist nicht schwer zu verstehen. Wir sind somit überrascht von der<br />

w<strong>und</strong>erbaren Schönheit, Zurückhaltung <strong>und</strong> gleichzeitig noch genauen Beschreibung,<br />

in der uns jedes kleine Detail, das wir kennen müssen, berichtet<br />

wird, in der jedoch nichts gesagt wird, was für uns nicht von Interesse wäre.<br />

Dadurch unterscheidet sich dieser Bericht so klar von allen Pseudo-<br />

Evangelien.<br />

Die Evangelien<br />

Tatsächlich werden uns die Einzelheiten der Jungfrauengeburt nur in Matthäus<br />

<strong>und</strong> Lukas berichtet, nicht jedoch in Markus <strong>und</strong> Johannes. Der<br />

Gr<strong>und</strong> dafür ist offensichtlich. Wie viele von Ihnen wissen, haben wir im<br />

Neuen Testament gr<strong>und</strong>sätzlich keine vier Evangelien, sondern vielmehr ein<br />

Evangelium von Jesus Christus unter vier Aspekten. Betrachtet man den<br />

Aspekt des Matthäus, so sieht man den König, <strong>und</strong> zwar schon bei seiner<br />

Geburt <strong>und</strong> in seiner Genealogie. Betrachtet man den Aspekt des Lukas, so<br />

sieht man einen Mann im Rahmen seiner Familie <strong>und</strong> seines Geschlechtes.<br />

Betrachtet man den Aspekt des Markus, so sieht man einen Diener, aber wer<br />

106 A.T.Schofield, Lübeck, BuG 4/80, S.409-417.


will schon viel von der Geburt oder Abstammung eines Dieners hören? Daher<br />

schweigt Markus hierüber. Unter dem vierten Aspekt - in dem Bericht<br />

des Johannes - sehen wir den Sohn Gottes, dessen Existenz in der Existenz<br />

Gottes durch alle Ewigkeit gleich ist. Daher gibt es hier ebenfalls keine Einzelheiten<br />

über Geburt <strong>und</strong> Abstammung. So bleibt es Matthäus <strong>und</strong> Lukas,<br />

den Geschichtsschreibern des Königs <strong>und</strong> des Mannes als solchen überlassen,<br />

uns in dem einen Evangelium die königliche Abstammung <strong>und</strong> in dem<br />

anderen die Verbindung zu Adam aufzuzeigen. Die Darstellung der Genealogie<br />

in Matthäus kann als der gemeinverständliche oder für Aussenstehende<br />

bestimmte Bericht bezeichnet werden. Es ist die Geschichte von Josef. Seine<br />

Abstammung entspricht der Sicht dieses Evangeliums. Die Darstellung des<br />

Lukas kann als die geheime oder für Eingeweihte bestimmte Geschichte von<br />

Maria selber bezeichnet werden. Die Abstammung, die dieser entspricht, ist<br />

die der Maria <strong>und</strong> nicht die des Josef <strong>und</strong> zwar in Übereinstimmung mit der<br />

Eigenart des Lukasevangeliums. Es mag verw<strong>und</strong>ern, dass ich von »Streiflichtern«<br />

im Blick auf die Jungfrauengeburt spreche. Der Gr<strong>und</strong> dafür ist<br />

der, dass infolge der Verderbtheit unseres Verstandes Streiflichter einen besonderen<br />

Reiz haben. Wenn jemand eine direkte Aussage macht, kann man<br />

sie glauben oder auch nicht. Aber wenn jemand unbeabsichtigt auf einen<br />

Vorfall hinweist, merkt man, dass hinter dem Gesagten nicht die Absicht<br />

steht, einen anderen etwas Bestimmtes glauben zu lassen, sondern ein aktueller<br />

Einblick in das, was er (der Sprecher) in Wirklichkeit für das Tatsächliche<br />

hält. Hierfür gibt es einen interessanten metaphysischen Gr<strong>und</strong>, <strong>und</strong><br />

zwar in Zusammenhang mit dem Wert eines indirekten Beweises oder,<br />

wenn Sie so wollen, einer unbeabsichtigten Bestätigung. Wir kennen das<br />

Sprichwort »in vino veritas«, welches besagt, dass ein Mensch oft die Wahrheit<br />

ausspricht, wenn er durch Alkoholgenuss teilweise seiner Sinne nicht<br />

mehr mächtig ist. Solange er im vollen Besitz seiner Sinne ist, kann er die<br />

Wahrheit verbergen. Aber wir handeln unabsichtlich, wenn wir unsere Sinne<br />

nicht beieinander haben. Viele Menschen sagen dann die Wahrheit mehr<br />

unbewusst als bewusst. Darum hat das Sprichwort »in vino veritas« einen<br />

gewissen Wahrheitsgehalt. Aber es gilt auch allgemein: Wenn jemand eine<br />

Aussage macht <strong>und</strong> diese unbeabsichtigt nachweist, halten wir die Aussage<br />

wahrscheinlich für wahr. Dies sind menschliche Argumente, aber sie sind<br />

nützlich. Die Aussage eines Menschen, die eine bestimmte Angelegenheit<br />

indirekt bestätigt, hat oft einen grösseren Wert als die direkte Erklärung,<br />

dass es so ist.<br />

Genealogie<br />

Wir wollen nun als erstes die beiden Stammbäume betrachten. Den einen<br />

finden wir in Matthäus, den anderen in Lukas. Der Stammbaum bei Matthäus<br />

beginnt bei Abraham, um die Königslinie der Juden zurückzuverfolgen,<br />

<strong>und</strong> führt dann über die Könige bis zu Josef. Was den Stammbaum bei<br />

Lukas anbetrifft, so müssen wir verstehen, dass es bei den Juden nicht erlaubt<br />

war, einen Stammbaum mit einer Frau zu beenden. So etwas wie einen<br />

weiblichen Stammbaum gab es nicht. Endete die Linie mit einer Tochter,<br />

wurde immer der Name ihres Ehegatten an der Stelle ihres eigenen<br />

Namens eingesetzt. Der Ehemann wurde somit beschrieben als Sohn ihres<br />

Vaters. Hierfür gibt es zwei Beispiele in dem Stammbaum bei Lukas, auf<br />

die ich Ihre Aufmerksamkeit richten möchte. Das erste Beispiel finden Sie,


wenn Sie Lukas 3:27 mit Matthäus 1:12 vergleichen. Die Stelle lautet: »Der<br />

war ein Sohn Johanans, der war ein Sohn Reses, der war ein Sohn Serubabels,<br />

der war ein Sohn Neris.« Und in Matthäus: »Jojachin zeugte Sealthiel,<br />

Sealthiel zeugte Serubabel; Serubabel zeugte Abiud.« Schematisch dargestellt<br />

sieht das so aus:<br />

(n. b. bei Lukas bildet die »Gegenwart« den Ausgangspunkt seiner Aufzählung<br />

— im Gegensatz zu Matthäus)<br />

In Matthäus ist Sealthiel der Sohn des Jojachin; in Lukas ist er der Sohn des<br />

Neri. Sealthiel hat sowohl in dem Bericht des Matthäus als in dem des Lukas<br />

denselben Sohn, Serubabel. Serubabel hat mehrere Söhne; Abiud ist<br />

derjenige, der die Linie von Josef fortsetzt, <strong>und</strong> ein anderer Sohn, Resa, die<br />

Linie von Maria; so haben wir zwei Linien, die bei Serubabel zusammentreffen<br />

<strong>und</strong> sich in seinen Söhnen wieder teilen. Aber in welchem Sinne<br />

konnte Sealthiel der Sohn des Neri <strong>und</strong> des Jojachin sein? Es ist bemerkenswert,<br />

dass das Wort »gezeugt« nur in dem Evangelium des Matthäus<br />

verwendet wird, nicht in dem von Lukas. Ohne Zweifel zeugte Jojachin tatsächlich<br />

Sealthiel, <strong>und</strong> Sealthiel war der Sohn des Jojachin; dennoch wird er<br />

in Lukas als Sohn des Neri bezeichnet, <strong>und</strong> in beiden Fällen ist Serubabel<br />

sein Sohn. Ich behaupte, dass dies ein deutliches Beispiel dafür ist, dass ein<br />

Schwiegersohn als Sohn bezeichnet wird. Sealthiel war nicht der Sohn, sondern<br />

der Schwiegersohn des Neri, aber in Lukas wird er, da die Erbfolge<br />

nicht an eine Frau gehen kann, als Sohn des Neri bezeichnet. Das zweite<br />

Beispiel ist der Fall von Josef selber. Wir lesen (Luk. 3:23) von Jesus, dass<br />

er »gehalten wurde für einen Sohn Josefs, welcher war ein Sohn Elis«. Aber<br />

es ist so gemeint, dass Josef der Schwiegersohn des Eli war, ebenso wie<br />

Sealthiel, der, obwohl er als Sohn bezeichnet wurde, ein Schwiegersohn des<br />

Neri war. Diese zwei Fälle bilden eine Parallele, <strong>und</strong> beide erscheinen in<br />

dem Stammbaum der Maria. Es gibt wirklich keinen ernstzunehmenden<br />

Zweifel daran, dass dies der Stammbaum Marias ist. Nun war Christus nur<br />

Erbe durch Maria, <strong>und</strong> darum mussten ihre Ahnen in der Schrift aufgeführt


werden, wenn Er nicht der Sohn Josefs war; andernfalls wäre Er überhaupt<br />

nicht der Erbe des Thrones Davids. Es gibt viele, die sagen, dass Jesus den<br />

Thron nur durch Josef erbte. Das ist nicht der Fall. Wenn Maria überhaupt<br />

nicht geheiratet hätte, wäre Christus durch Seine Mutter Maria der Erbe des<br />

Thrones von David, wie ich später zeigen werde. Dies ist der erste Punkt in<br />

Verbindung mit den jeweiligen Ahnenreihen. Mein zweiter Punkt bezieht<br />

sich auf Mt.1,16: »Jakob zeugte Josef, den Mann der Maria«. Es wird niemals<br />

gesagt, dass Eli Josef zeugte. Das Wort »zeugte« wird in der Ahnenreihe<br />

der Maria überhaupt nicht verwendet, nur in der des Josef. Jakob zeugte<br />

Josef, <strong>und</strong> es geht nicht so weiter, dass Josef Christus zeugte, sondern hier<br />

folgt der bemerkenswerte Satz, der meiner Meinung nach absolut nicht geschrieben<br />

worden wäre, wenn es keine Jungfrauengeburt gegeben hätte:<br />

»der Mann der Maria, von welcher ist geboren Jesus, der da heisst Christus«.<br />

Solch eine umständliche Art der Beschreibung der Geburt Christi ist völlig<br />

ohne Bedeutung <strong>und</strong> Sinn, es sei denn, Christus wurde von einer Jungfrau<br />

geboren.<br />

Die Prophezeiungen<br />

Wenn die Jungfrauengeburt verglichen wird mit 1. Mose 3:15, kann man<br />

eine w<strong>und</strong>erbare Erfüllung jener einzigartigen Schriftstelle feststellen. Es ist<br />

ein wenig überraschend, dass in dem ersten Buch des Wortes Gottes die<br />

Jungfrauengeburt vorausgesagt wurde: »Ich will Feindschaft setzen zwischen<br />

dir <strong>und</strong> dem Weibe <strong>und</strong> zwischen deinem Nachkommen <strong>und</strong> ihrem<br />

Nachkommen; der soll dir den Kopf zertreten, <strong>und</strong> du wirst ihn in die Ferse<br />

stechen.« Ihr Nachkomme! Solch ein Gedanke als ein Nachkomme einer<br />

Frau, wie hier dargelegt, ist sonst nirgendwo zu finden. Über einh<strong>und</strong>ert<br />

Mal, vielleicht zweih<strong>und</strong>ert Mal, wenn wir von Nachkomme <strong>und</strong> Nachkommen<br />

lesen, von Abrahams Nachkommen usw., handelt es sich immer<br />

um die Nachkommen eines Mannes. Aber der Nachkomme der Frau ist ein<br />

einmaliges Konzept <strong>und</strong> kann nur interpretiert werden als Vorahnung der<br />

Jungfrauengeburt, <strong>und</strong> es ist sehr bemerkenswert, dass man es an dieser<br />

Stelle antrifft. Ich behaupte, dass, wenn Jesus nicht von einer Jungfrau geboren<br />

worden wäre, Adam angesprochen worden wäre, <strong>und</strong> dass auf seinen<br />

Nachkommen verwiesen worden wäre.<br />

Mein nächster Beweis findet sich in Mt.1,23: »Siehe, eine Jungfrau wird<br />

schwanger sein <strong>und</strong> einen Sohn gebären.« Aber wenn in Lukas von der Geburt<br />

des Täufers berichtet wird, heisst es dort: »Dein Weib Elisabeth wird<br />

dir einen Sohn gebären« (Lk.1,13). Das Wort »dir« wird in Matthäus ausgelassen,<br />

denn Maria gebar nicht Josef den Sohn, während Elisabeth Zacharias<br />

einen Sohn gebar. Das eine Wort »dir«, das im einen Fall ausgelassen<br />

<strong>und</strong> im anderen eingefügt wird, verdient unsere Aufmerksamkeit. Als nächstes<br />

finden wir in Mt.1,23: »Siehe, eine Jungfrau wird... « Nun, es ist sehr<br />

wahr <strong>und</strong> sehr interessant, dass das hebräische Wort »almah« im Alten Testament<br />

nicht notwendigerweise eine Jungfrau bezeichnet, aber die Schreiber<br />

der Septuaginta verwendeten es, um eine Jungfrau zu kennzeichnen; denn<br />

sie übersetzten »parthenos«, was »Jungfrau« bedeutet. Auf die Tatsache,<br />

dass das Wort »almah« nicht zwangsläufig »Jungfrau« bedeutet, stützt sich<br />

die entschiedene Behauptung von Harnack <strong>und</strong> anderen Gelehrten, dass für<br />

den Messias niemals eine Jungfrauengeburt prophezeit worden ist, <strong>und</strong> dass<br />

die Juden niemals geglaubt haben, dass der Messias von einer Jungfrau ge-


oren werde. Deshalb könne es kein Glaube sein, der durch jüdische Leichtgläubigkeit<br />

begünstigt wurde. Gleichzeitig jedoch bedeutet »almah« im gewöhnlichen<br />

Sinne Jungfrau. Luther bot einh<strong>und</strong>ert Taler für einen einzigen<br />

Beweis der Verwendung des Wortes für eine verheiratete Frau, »obwohl«,<br />

wie er hinzufügte, »nur Gott weiss, woher ich das Geld nehmen soll«. Wenn<br />

der Gedanke einer Jungfrauengeburt nicht unter den Juden entstanden ist,<br />

entstand er noch viel weniger unter den Heiden. Weber sagt, dass er nicht<br />

Teil der geläufigen Messiaserwartung war. Es ist darum um so bemerkenswerter,<br />

dass die damalige Heilige Schrift von Matthäus zitiert wurde, als sei<br />

sie in der Geburt unseres Herrn vollkommen erfüllt.<br />

Frauen <strong>und</strong> Erbschaft<br />

Ich komme jetzt zu einem Beweis, der — wie ich annehme — viele überraschen<br />

wird. In Mt.2,2 lesen wir: »Wo ist der neugeborene König der Juden?«<br />

Nun, keine Frau konnte erben. Der Thron Davids hätte Maria zufallen<br />

können, aber Maria konnte ihn nach der üblichen Gesetzesauffassung<br />

nicht ererben. Er würde demgemäss dem nächsten männlichen Verwandten<br />

zufallen. Daher scheint es auf jeden Fall so zu sein, dass Jesus nicht der Erbe<br />

des Thrones von David sein konnte, weder durch Josef, denn Er war kein<br />

Nachkomme des Josef, noch durch Maria, denn eine Frau konnte ihn nicht<br />

erben. Somit würde es Ihm ein bemerkenswerter Umstand besonders unmöglich<br />

machen, der König der Juden zu sein. Eigentlich ist die Jungfrauengeburt<br />

selber ein Gr<strong>und</strong>, Ihn vom Thron auszuschliessen. Bei den Autoren<br />

der Bibel, den Verfassern dieser Buchreihe von sechs<strong>und</strong>sechzig Büchern,<br />

haben wir ohnehin ungefähr fünfzig Einzelpersonen vor uns. Dennoch<br />

kann man immer den führenden Geist hinter ihnen, den »Dirigenten«<br />

von ihnen allen, aufspüren, der sie alle in Harmonie zusammenwirken <strong>und</strong><br />

somit das Oratorium des Wortes Gottes erkennen lässt. Um eine Lösung<br />

dafür zu finden, dass Jesus auf dem Thron Davids sitzen kann, müssen wir<br />

zurückgehen zu 4.Mose 27,1-8. Hier steht die einzige Lösung dieses Problems.<br />

Mose hatte, wie Sie wissen, tausende von Wortgefechten unter der<br />

streitsüchtigsten Nation der Welt, den Israeliten, zu beschwichtigen (während<br />

der Strafzeit von vierzig Jahren, die er mit ihnen in der Wüste verbrachte).<br />

Aber von all den rechtlichen Fragen <strong>und</strong> Spitzfindigkeiten, die vor<br />

Mose gebracht wurden, unterweist uns nur eine in unserer speziellen Angelegenheit.<br />

Diese finden wir im 4. Buch Mose. Es ist eine bemerkenswerte<br />

Tatsache, dass hier fünf Frauen vor Mose kommen, deren Namen sogar angegeben<br />

werden — Machla, Noa, Hogla, Milka <strong>und</strong> Tirza. Diese fünf Frauen<br />

— ihr Vater Zelophhad, ein sehr reicher Mann, war gestorben — fragten,<br />

warum sein Name, wie es Brauch war, untergehen sollte, weil er keine<br />

Söhne hatte. Denn bis zu dieser Zeit konnten Frauen nicht erben. In normalen<br />

Fällen konnte Mose die Fragen, die an ihn gerichtet wurden,<br />

beantworten. Aber in diesem Fall spürte er, dass diese Sache so<br />

ausserordentlich wichtig war, dass er es nicht konnte. Darum brachte er sie<br />

vor Gott. Gott antwortete ihm wie folgt (V. 8): „Und sage den Kindern<br />

Israel: ‚Wenn jemand stirbt <strong>und</strong> keinen Sohn hat — (wie z.B. auch im Fall des<br />

Eli, des Vaters der Maria) — so sollt ihr sein Erbe seiner Tochter zuwenden“<br />

(Num.27,8). Dieses Gesetz wurde dort (von Gott) zum ersten Mal erlassen,<br />

<strong>und</strong> wäre es nicht geschehen, hätte Maria nicht erben können. Darum<br />

beruht die Stellung Christi, Seine Erbfolge auf den Thron Davids, auf<br />

einer uralten rechtlichen Entscheidung im Pentateuch (5 Bücher Mose).


echtlichen Entscheidung im Pentateuch (5 Bücher Mose). Aber das ist<br />

nicht alles, wie wir feststellen, wenn wir uns noch 4.Mose 36,1-13 zuwenden.<br />

Diese »unbezähmbaren« Töchter erscheinen ein zweites Mal zu unserer<br />

Unterweisung. Diesmal lautet die Frage: »Die Entscheidung ist gut, solange<br />

wir alleine bleiben; was aber geschieht, wenn wir heiraten? « Es würde alle<br />

Stämme Israels verwirren, wenn Frauen ihr Erbe einem Mann aus einem<br />

anderen Stamm mitbringen könnten. Die Antwort Moses war (V. 6): »Dies<br />

ist's, was der Herr gebietet über die Töchter Zelophhads: Lass sie heiraten,<br />

wie es ihnen gefällt. Nur sollen sie in ein Geschlecht aus dem Stamm ihres<br />

Vaters hineinheiraten.« Darum war Maria gezwungen, Josef aus dem<br />

Stamme Juda zu heiraten. Ich behaupte, dass die Hinweise, die ich zu 1.<br />

Mose 3 <strong>und</strong> 4. Mose 27 in Zusammenhang mit der Geburt unseres Herrn<br />

gegeben habe, jeden ehrfürchtigen Menschen mit heiliger Scheu erfüllen<br />

müssen, wenn ihm bewusst wird, sich in der Gegenwart Gottes als dem<br />

wahren Autor des inspirierten Wortes zu befinden.<br />

Die Evangelien des Lukas <strong>und</strong> des Johannes<br />

Mein nächster Punkt ist Lk.1,14: »Und du wirst Freude <strong>und</strong> Wonne haben<br />

<strong>und</strong> viele werden sich seiner Geburt freuen.« Dies wurde einem orientalischen<br />

Vater gesagt, <strong>und</strong> die, die den Orient kennen, wissen, was das bedeutet.<br />

Dieses Versprechen wurde Zacharias gegeben, Josef jedoch nicht. Wir müssen<br />

nur nach dem Gr<strong>und</strong> fragen, <strong>und</strong> wieder stossen wir auf die Jungfrauengeburt.<br />

Vergleichen Sie noch einmal die Verse 18 <strong>und</strong> 27 dieses Kapitels<br />

miteinander, <strong>und</strong> zwar Vers 18: »Und Zacharias sprach zu dem Engel:<br />

Woran soll ich das erkennen? Denn ich bin alt, <strong>und</strong> mein Weib ist betagt.«<br />

Dann Vers 24: »Zu einer Jungfrau, die vertraut war einem Manne mit Namen<br />

Josef... Und der Engel kam zu ihr herein <strong>und</strong> sagte: Gegrüsset seist<br />

du.« Beide Geburten waren somit übernatürlich: Die der Elisabeth, weil sie<br />

zu spät war, <strong>und</strong> die der Maria, weil sie zu früh war. Nochmals: Beide Geburten<br />

waren übernatürlich. Deswegen unterscheidet sich auch die Jungfrauengeburt<br />

erheblich von all den verderbten Geschichten der heidnischen<br />

Mythologie <strong>und</strong> all den Berichten von orientalischen <strong>und</strong> ägyptischen Königen,<br />

in denen es keine Parallele zur Jungfrauengeburt gibt. Jene alle sind im<br />

Wesen Perversionen; die Jungfrauengeburt Jesu ist übernatürlich. Es ist also<br />

keine Besonderheit, dass sie genauestens geprüft werden sollte. Ich bin der<br />

Meinung, dass die Kritik sogar ganz recht daran tut, die Nachweise der<br />

Jungfrauengeburt sorgfältig <strong>und</strong> genau zu untersuchen, da die Letztere einmalig<br />

ist.<br />

Mein nächster Punkt ist Lk.1,31: »Siehe, du wirst schwanger werden« —<br />

Wörtlich: »Du wirst gerade jetzt schwanger« — »<strong>und</strong> einen Sohn gebären.«<br />

Es ist das historische Präsens, <strong>und</strong> der Nachweis hierfür steht in Vers 36:<br />

»Und siehe, Elisabeth, deine Verwandte, ist auch (!) schwanger« — was zeigt,<br />

dass in Maria das Wort bereits (während der Aussage des Engels) begonnen<br />

hatte, »Fleisch zu werden«. Es heisst »du wirst gerade jetzt« — nicht »du<br />

sollst werden« zu irgendeinem zukünftigen Zeitpunkt (nach der Hochzeit).<br />

Dann in Vers 35: »Darum wird auch das Heilige, das aus dir geboren wird,<br />

Gottes Sohn genannt werden.« Es gibt viele, die heilig sind, nachdem sie geboren<br />

sind. Christus allein war zuvor heilig. Aber hierin ist das ganze<br />

Geheimnis der Jungfrauengeburt, des »Gottmenschen«, eingeschlossen.<br />

»Das Heilige, das aus dir geboren wird.«


Der nächste Punkt ist besonders interessant <strong>und</strong> für meine Begriffe sehr bezeichnend.<br />

In Lk.1,38 heisst es: »Maria aber sprach: Siehe, ich bin des Herrn<br />

Magd.« Das Wort »doule« bedeutet wörtlich »der weibliche Sklave des<br />

Herrn «. Wenn wir uns Ps.86,16 zuwenden — einem jener messianischen<br />

Psalmen, wo der Geist Christi spricht — lesen wir diese bemerkenswerten<br />

Worte: »Wende dich zu mir <strong>und</strong> sei mir gnädig; stärke deinen Knecht mit deiner<br />

Kraft <strong>und</strong> hilf dem Sohn deiner Magd.« Es gibt ausser hier <strong>und</strong> in<br />

Ps.116,16 keinen weiteren Ausdruck dieser Art in der Schrift, der auf irgendeinen<br />

Mann als »Sohn deiner Magd« hinweist. 107 So sehen wir, wie die<br />

Jungfrauengeburt von einem w<strong>und</strong>erbaren Streiflicht berührt wird. In<br />

Ps.116,16, einem anderen messianischen Psalm (in beiden Psalmen kommt<br />

derselbe Vers vor) lesen wir: »Ach Herr, ich bin dein Knecht, ich bin dein<br />

Knecht, der Sohn deiner Magd.« Wer war die Magd des Herrn? Nur Maria!<br />

Es ist völlig richtig, dass bei der Septuaginta dieses Wort »Magd« in den<br />

Psalmen »paidiskee« lautet, während es in Lukas »doule« heisst. Beide Worte<br />

jedoch bedeuten absolut das gleiche, nämlich »der weibliche Sklave«, so<br />

dass praktisch der Ausdruck ebenfalls das gleiche bedeutet: »der Sohn deines<br />

weiblichen Sklaven«. Bei denen, die ihren Herrn lieben <strong>und</strong> wissen, in welche<br />

Tiefen Er um unseretwillen hinabstieg, werden Worte wie diese einen<br />

besonderen Klang in ihrem Herzen hervorrufen. »Der Sohn deines weiblichen<br />

Sklaven.«<br />

Das nächste Beispiel, das ich nennen will, ist Lk.1,46 ff, verglichen mit Vers<br />

68ff. In den erstgenannten Versen erhalten wir das sog. »Magnificat«, in<br />

den letzteren den »Benedictus«. Warum? Sind wird jemals auf den Gedanken<br />

gekommen zu fragen, warum wir hier in diesem Kapitel zwei Lieder<br />

haben, das eine »Magnificat« <strong>und</strong> das andere »Benedictus« genannt, das letztere<br />

von Zacharias <strong>und</strong> das erstere ausgerechnet von Maria? Wenn wir ein<br />

Lied von Zacharias <strong>und</strong> eines von Josef hätten, könnten wir das verstehen,<br />

denn wir wissen, wie im Orient die Väter vor Freude singen, wenn ein<br />

männliches Kind zur Welt gekommen ist. Aber es ist dort immer der Vater,<br />

der singt, niemals die Mutter. Nun singt zwar Zacharias sein Lied zur Geburt<br />

des Täufers, jedoch Maria ihr Lied zur Geburt Christi. Josef ist hier<br />

völlig stumm; er singt nicht einen Ton. Der Vater ist im Heiligen Lande<br />

sonst niemals stumm, denn Kinder werden dort willkommen geheissen. Er<br />

ist vielleicht manchmal bei uns stumm, wo Kinder nicht immer erwünscht<br />

sind; aber im Orient ist das anders, besonders unter Gottes auserwähltem<br />

Volk. Diese Tatsache — nicht ein direkter Beleg, sondern ein sog. Streiflicht<br />

— ist in sich selbst ein hinreichender Gr<strong>und</strong>, die Jungfrauengeburt zu begründen.<br />

Andernfalls ist das Lied der Maria völlig unverständlich. Es gibt<br />

keine Möglichkeit, es zu erklären, ausser, dass Josef nicht der Vater unseres<br />

Herrn ist, während Zacharias der (leibliche) Vater des Täufers war. Meiner<br />

Meinung nach ist dieses das stärkste Beispiel indirekter Art, das ich zu<br />

erbringen habe. Benötigen wir noch ein weiteres Zeugnis?<br />

Jetzt kommen wir aber zu Vers 39: »Maria aber stand auf in den Tagen <strong>und</strong><br />

ging eilends auf das Gebirge.« Dieser Satz ist ebenfalls schwierig zu erklären,<br />

wenn nicht die Jungfrau Mutter würde. Man erwartete von keiner Frau, al-<br />

107 Es gibt noch eine weitere Stelle im Zusammenhang mit dem Sabbath-Gebot in Ex.23,12: „Sechs Tage<br />

sollst du deine Arbeiten verrichten. Aber am siebten Tag sollst du ruhen, damit dein Rind <strong>und</strong> dein Esel<br />

ausruhen <strong>und</strong> der Sohn deiner Magd <strong>und</strong> der Fremde Atem schöpfen“.


lein eine lange Reise von ungefähr achtzig Meilen zu machen. Darüber hinaus<br />

war dieses einer verlobten Frau unter keinen Umständen erlaubt. Das<br />

Verlöbnis wurde als ebenso heilig angesehen wie die Ehe selbst. Und warum<br />

die »Eile«? Weil Josef von ihren Fre<strong>und</strong>en über ihren Zustand in<br />

Kenntnis gesetzt worden war. Sie konnte keinen anderen Trost für ihr brechendes<br />

Herz finden, als auf das Gebirge von Judäa zu ihrer einzigen Verwandten<br />

zu gehen, die sie trösten würde: Daher ging sie eilends zu Elisabeth.<br />

Die Jungfrauengeburt erklärt sowohl die Reise wie auch die Eile. In<br />

Vers 43 fällt uns nebenbei auf, dass Elisabeth Maria »die Mutter meines<br />

Herrn« nennt. Maria wird heute immer als »unsere liebe Frau« oder als<br />

»Mutter Gottes« bezeichnet. Es wird auch zu ihr gebetet, um bei ihrem<br />

Sohn Fürsprache einzulegen. Sehr bemerkenswert ist, dass diese Ausdrücke<br />

nicht in der Bibel zu finden sind. In diesem Abschnitt bei Lukas heisst es<br />

lediglich »die Mutter meines Herrn«, nicht die »Mutter Gottes«.<br />

Mein nächster Punkt bezieht sich auf Lk.2,5, wo uns berichtet wird, dass<br />

Josef hinabging, um sich mit Maria, seinem vertrauten Weibe, schätzen zu<br />

lassen. Es bestand nicht die geringste Notwendigkeit für Maria, mit Josef<br />

nach Bethlehem zu gehen, es sei denn, sie war eine Erbin. Es war nur der<br />

Rechtsgr<strong>und</strong> ihrer Erbfolge auf den Thron Davids, der es für sie erforderlich<br />

machte, zu gehen <strong>und</strong> sich schätzen zu lassen, wie uns berichtet wird.<br />

Als nächstes kommen wir zu Lk.2,33: »Und sein Vater <strong>und</strong> seine Mutter<br />

w<strong>und</strong>erten sich.« Diese Lesart ist falsch. Es heisst »Josef <strong>und</strong> Seine Mutter«.<br />

Wir sind alle damit einverstanden, <strong>und</strong> ich muss diesen Punkt nicht weiter<br />

ausführen.<br />

In Vers 48 <strong>und</strong> 49 desselben Kapitels: »Und seine Mutter sprach zu ihm:<br />

Sohn... dein Vater <strong>und</strong> ich« Er antwortet: »Wisset ihr nicht, dass ich sein<br />

muss in dem, das meines Vaters ist? « Er akzeptiert nicht, dass gesagt wird<br />

»dein Vater <strong>und</strong> ich«. Er ändert es in »mein Vater« <strong>und</strong> meint Gott. Und<br />

wir alle wissen, dass »das, was meines Vaters ist«, im Alter von zwölf Jahren<br />

begann, als ihn der Eifer für die Sache Gottes bereits verzehrte, <strong>und</strong> vollendet<br />

wurde mit dem Wort »Tetelestai «, »es ist vollbracht«. Die Sühne war<br />

geschaffen, »das, was seines Vaters war«, war vollbracht worden.<br />

In Lk.3,38, in dieser Ahnenreihe Marias, ist in einmaliger Weise die Abstammung<br />

der beiden einzigen Söhne Gottes zu sehen. Es gab gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

nur zwei Söhne Gottes, <strong>und</strong> beide wurden Adam genannt. Diese waren der<br />

erste <strong>und</strong> der letzte Adam. Der w<strong>und</strong>erbare Stammbaum beginnt <strong>und</strong> endet<br />

mit dem Sohn Gottes; der eine in der Schöpfung, der andere in der Erlösung.<br />

Ich bitte noch einmal um Ihre Aufmerksamkeit, <strong>und</strong> zwar für Hebr.1,5:<br />

»Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt« — dies begann in Bethlehem,<br />

die Verkündigung dessen geschah mit Macht in der Auferstehung.<br />

Ausserdem erbitte ich die Aufmerksamkeit für Psalm 69: »Ich bin fremd geworden<br />

meinen Brüdern <strong>und</strong> unbekannt den Kindern meiner Mutter« (V. 9).<br />

Warum nicht »den Kindern meines Vaters«? »Denn auch seine Brüder<br />

glaubten nicht an ihn« (Joh.7,5). Es gibt keine andere Stelle in der Schrift,<br />

wo von den Kindern der Mutter gesprochen wird, ausser in dem Fall von<br />

Jakob, als der Vater selbst sprach. Im übrigen ist dies ein einzigartiger Ausdruck<br />

im Wort Gottes <strong>und</strong>, wie ich glaube, ein weiterer indirekter Hinweis<br />

auf die Jungfrauengeburt.


Ich schliesse mit folgender Erklärung: Als das Ergebnis der Untersuchung<br />

der vorliegenden Stellen ist die einzige Lösung für das Problem der Jungfrauengeburt<br />

— abgesehen von allen a priori Argumenten — für jeden logisch<br />

denkenden <strong>und</strong> aufrichtigen Menschen vollständig klar, nämlich, dass<br />

die Jungfrauengeburt wirklich geschehen ist.“<br />

Aus Bible League Quarterly, Nr. 316, 1979 Aus dem Englischen übersetzt von H. Volkert. Leicht überarbeitet.<br />

2.2.4. Folgen aus der Jungfrauengeburt<br />

1. Dass Jesus gleichzeitig ganz Mensch <strong>und</strong> ganz Gott war, wird nur verständlich<br />

durch die Jungfrauengeburt. Weil Jesus keinen menschlichen Vater<br />

hatte, ist Gott selber sein Vater, gezeugt vom Heiligen Geist. D.h. all die<br />

Segnungen aus dem vollständigen Menschsein <strong>und</strong> gleichzeitigem Gottsein<br />

können nur durch die Jungfrauengeburt zu uns gelangen.<br />

2. Eine negative Folge, wenn wir nicht an sie glauben beschreibt De Haan:<br />

„Die Wegnahme der Jungfrauengeburt reduziert Jesus zu einem gewöhnlichen<br />

Menschen, gibt ihm den Stempel eines unehelichen Kindes, dem ein<br />

unglückliches, lediges Mädchen das Leben schenkte. Durch die Wegerklärung<br />

der Jungfrauengeburt wurde Maria zur Dirne, Joseph wäre dann ein<br />

Ehebrecher <strong>und</strong> Jesus selbst ein Bastard. [...] Sagen Sie mir, was dieser oder<br />

jener glaubt hinsichtlich der Geburt Christi <strong>und</strong> was seine Haltung ist zu der<br />

Lehre der Heiligen Schrift von der Jungfrauengeburt, <strong>und</strong> ich kann Ihnen<br />

genau sagen, was die Person glaubt bezüglich der Gottheit Christi, seines<br />

Erlösertodes, seiner leiblichen Auferstehung <strong>und</strong> seines persönlichen Wiedererscheines“<br />

108 .<br />

Luther schreibt: „Es geht keiner Vernunft ein, dass, der Himmel <strong>und</strong> Erde geschaffen hat <strong>und</strong> den die<br />

Engel anbeten, sei von einer Jungfrau geboren. Das glaubt niemand, ausser, wer auch den Glauben kennt,<br />

dies Kindlein sei der Herr <strong>und</strong> Heiland. Den sollen wir erkennen <strong>und</strong> annehmen.“<br />

3. Eine meiner Meinung nach wichtige Schlussfolgerung aus der Lehre von<br />

der Jungfrauengeburt betrifft die Anthropologie <strong>und</strong> die Harmatologie.<br />

Wenn wir die katholische Verherrlichung der Maria ablehnen <strong>und</strong> zugleich<br />

die Sündlosigkeit (auch <strong>und</strong> besonders von der Erbsünde) Jesu betonen<br />

wollen, dann bleibt nur die Erklärung, dass die Vererbung der Erbsünde<br />

über den Mann, den Vater läuft. Und daraus folgt dann die wichtigste Konsequenz<br />

der Jungfrauengeburt:<br />

4. Weber (S.21) schreibt zur Notwendigkeit der Jungfrauengeburt: „Mit<br />

der Jungfrauengeburt steht <strong>und</strong> fällt unsere Erlösung. Sie zu leugnen, bedeutet<br />

Gott einen Lügner zu nennen oder an Seiner Allmacht zu zweifeln.<br />

Aber warum ist die Geburt Jesu von einer Jungfrau so heilsentscheidend?<br />

Hätte Jesus nur menschliche Eltern, so wäre Er ein bedeutender Mensch -<br />

aber eben nur ein Mensch! Niemals wäre Er frei von der Erbsünde <strong>und</strong> der<br />

sündigen Natur, die einem jeden Menschen eigen ist. Selbst wenn dies noch<br />

möglich wäre, so würde doch der schuldlose Tod eines Menschen nur stellvertretend<br />

für einen anderen wirksam sein. Fazit: die Menschheit bliebe verloren!<br />

Wäre Christus nur göttlicher Natur, so könnte Er nicht sterben. Nur<br />

der Tod Jesu Christi ist aber das Opfer, das vor Gott gültig ist. Sein sündloses<br />

Leben wäre nicht Vorbild <strong>und</strong> die Erfüllung des Gesetzes (somit auch<br />

108 De Haan, Bibel & Gemeinde 2/76, S.187.189 (cit. bei Weber, S.20).


Bedingung für einen stellvertretenden Tod) - sondern Selbstverständlichkeit,<br />

denn Gott kann nicht zum Bösen versucht werden (Jak.1,13). Wieder ergibt<br />

sich das Fazit: wäre Christus nur Gott, so bliebe die Menschheit verloren.<br />

Die Jungfrauengeburt ist im Heilsplan Gottes unabdingbar. So kommt Jesus<br />

Christus als vollkommener Gott <strong>und</strong> vollkommener Mensch zur Welt -<br />

ein W<strong>und</strong>er der Liebe Gottes, das unser Heil ermöglicht.“<br />

Persönliche Nachgedanken zur Jungfrauengeburt<br />

Durch die übertriebene Reaktion der katholischen Kirche auf dieses Dogma sind wir versucht, möglichst<br />

alles spekulative aus dieser Debatte rauszuhalten. Dadurch verliert dieses Sachgebiet viel an Reiz <strong>und</strong><br />

Schönheit. Ich möchte dies verdeutlichen, indem ich einen Gedanken konsequent weiterdenke.<br />

Könnte es nicht sein, dass die besondere Geburt Jesu gewissermassen typologisch schon auf die besondere<br />

Wiedergeburt seiner Nachfolger hinweist? Gott selber in seinem Geist bewirkt in einem Menschen, der<br />

sich ihm im Glauben öffnet etwas völlig neues, einen neuen inneren Menschen. Die besondere Geburt Jesu<br />

wäre dann wie seine Auferstehung als Erstlingsereignis in einer ganzen Folge zu verstehen. Vergleichen Sie<br />

hierzu die Ausführungen auf Seite Fehler! Textmarke nicht definiert..<br />

Aber auch die Vererbungslehre empfängt durch die Jungfrauengeburt interessante Impulse. Wie wir sahen,<br />

wird die Erbsünde anscheinend vom Vater auf die Nachkommen übertragen. Konsequenterweise<br />

aber auch das Gute! Von unserem himmlischen Vater wird in unserer Wiedergeburt all das Gute an uns<br />

vererbt, das uns ermöglicht, als neue Menschen zu leben. Die Heiligung lebt also Tag für Tag aus diesem<br />

W<strong>und</strong>er der besonderen Geburt.<br />

2.2.5. Diverse Artikel <strong>und</strong> Aufsätze zum Thema<br />

Eine Jungfrauengeburt?<br />

(Dieser Artikel wurde vom Autor Wolfgang Schneider im Internet veröffentlicht <strong>und</strong> zudem im Verlag<br />

Der Weg, Bonn 1997)<br />

Eines der zentralen Dogmen einer der grossen christlichen Kirchen ist die<br />

Lehre von der sogenannten „Jungfrauengeburt", die besagt, dass Maria vor,<br />

in <strong>und</strong> auch nach der Geburt Jesu Jungfrau war. Allerdings wurde die Richtigkeit<br />

dieses Dogmas seit langem auch in Frage gestellt. In dieser Studie<br />

wird anhand der Berichte in der Bibel erneut deutlich, wie absolut verlässlich<br />

<strong>und</strong> genau das Wort Gottes in allen seinen Aussagen ist <strong>und</strong> wie eine<br />

sorgfältige Studie der Schrift eine klare <strong>und</strong> eindeutige Antwort bietet.<br />

Eine der am weitesten verbreiteten <strong>und</strong> von vielen Christen geglaubten<br />

Lehrsätze der grossen christlichen Amtskirchen ist das Dogma von der jungfräulichen<br />

Geburt Jesu. Maria, die Mutter Jesu, wurde dadurch zur „heiligen<br />

Jungfrau", <strong>und</strong> sie erhielt nicht zuletzt aufgr<strong>und</strong> solcher Lehren schliesslich<br />

auch den Status einer „Mutter Gottes". Diese Lehren werden als göttliche<br />

Lehre aus der Bibel hingestellt, <strong>und</strong> sie müssen daher – nach Meinung der<br />

sie vertretenden Amtskirchen – auch geglaubt werden, wenn sie nicht unbedingt<br />

logischen Überlegungen oder vernunftmässigen Kriterien zu genügen<br />

scheinen. Die Lehre von der jungfräulichen Geburt Jesu wird andererseits<br />

von vielen Menschen, die sich mit den natürlichen Gegebenheiten <strong>und</strong> der<br />

Physiologie des Menschen beschäftigen, aus sicherlich einleuchtenden<br />

Gründen als völlig unmöglich abgelehnt. Es ist verständlich, dass dann gerade<br />

solche Lehrsätze zum Ansatzpunkt heftigster Kritik an der<br />

Glaubwürdigkeit der Bibel werden.<br />

Wir wollen uns sorgfältig betrachten, was über dieses Thema in der Bibel<br />

berichtet wird. Wenn der Bibel schon solche scheinbar unmöglichen Dinge<br />

zugesprochen werden, sollte man sich diese Dinge auch in der Bibel selbst<br />

ansehen. Es könnte immerhin sein, dass einige Punkte, die später zu Lehrsätzen<br />

wurden, in der Bibel gar nicht auftauchen, bzw. dass sich manche


Behauptungen im Vergleich mit dem genauen Wortlaut der Bibel als absichtlich<br />

gefälscht erweisen. Normalerweise ist das Wort Gottes absolut logisch<br />

<strong>und</strong> in Übereinstimmung mit anderen ebenfalls von Gott, dem Schöpfer,<br />

aufgestellten Naturgesetzen <strong>und</strong> anderen Ordnungen, die in der Schöpfung<br />

gelten.<br />

Was versteht man unter „Jungfrauengeburt"?<br />

Was versteht man eigentlich unter „Jungfrauengeburt"? Bevor wir den biblischen<br />

Bericht untersuchen, sei kurz erwähnt, was der Artikel in Band 11 der<br />

Brockhaus Enzyklopädie 109 enthält.<br />

Jungfrauengeburt, Parthenogenese, die in vielen Kulturen anzutreffende Vorstellung, dass Götter oder<br />

ausserordentl. Menschen (Heroen, Könige, Heilige) auf übernatürl. Weise, ohne vorhergehende<br />

geschlechtl. Zeugung, geboren werden. Oft ist damit eine Idealisierung der Jungfräulichkeit verb<strong>und</strong>en,<br />

<strong>und</strong> die Unversehrtheit der Gebärenden auch während <strong>und</strong> nach der Geburt wird betont. Nach einer<br />

Überlieferung ging Buddha in Gestalt eines weissen Elefanten in den Leib der Maya ein, aus ihrer Seite<br />

wieder aus; nach ägypt. Vorstellung wurden die Pharaonen durch Vereinigung des Gottes Amun-Re mit<br />

der Königin gezeugt; Alexander d.Gr. galt als durch einen Blitzstrahl empfangen. Die Vorstellung einer<br />

sowohl vater- als auch mutterlosen Zeugung findet sich in der griech. Religion für Dionysos, Pallas Athene<br />

<strong>und</strong> Aphrodite.- Im Christentum erhielt die Vorstellung einer J. in der Person der Mutter Jesu, Maria,<br />

eine besondere Bedeutung. Das Prädikat der Jungfräulichkeit bezeichnet nach den Glaubensbekenntnissen<br />

der Frühkirche die Zeit vor, in <strong>und</strong> nach der Geburt <strong>und</strong> bezieht sich auf die Kindheitsgeschichten Jesu.<br />

Die neuere Theologie versteht die Aussagen über Jungfräulichkeit nicht mehr als eine organisch-physische<br />

Zustandsbeschreibung, sondern primär heilsgeschichtlich-christologisch als Legitimierung der Gottessohnschaft<br />

Jesu.<br />

Dieser Artikel erwähnt einige Punkte, die wir bei unserer Studie im Auge<br />

behalten sollten: (1) Das Konzept der Jungfrauengeburt war offenbar bereits<br />

lange vor der Geburt Jesu Christi bei Völkern im Alten Orient Teil ihrer<br />

Religion; es hat also auf keinen Fall seinen Ursprung in dem Bericht<br />

über die Geburt Jesu. (2) Hinsichtlich der Bedeutung im Christentum ist<br />

ein interessanter Meinungswechsel unter den Theologen zu verzeichnen,<br />

denn die neuere Theologie will angesichts der vernünftigen <strong>und</strong> für viele<br />

Menschen verständlichen Argumente hinsichtlich des organisch-physischen<br />

Zustands einer Frau insbesondere in <strong>und</strong> nach der Geburt eines Kindes<br />

nicht als dumm dastehen, <strong>und</strong> sie hat sich nun darauf verlegt, der Sache einen<br />

anderen, wenn auch leicht nebulösen, Anstrich zu geben. Es scheint<br />

aber auch weiterhin nicht möglich zu sein, ein solches Kirchendogma<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich zu überdenken <strong>und</strong> im Lichte von Gottes Wort neu zu beurteilen.<br />

Biblische Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Nun gilt es, sich mit den biblischen Berichten über die Geburt bzw. Empfängnis<br />

Jesu Christi zu beschäftigen, um zu sehen, wie die Bibel zu dieser<br />

Frage steht.<br />

Mt.1,18-25 (...) - Dieser Abschnitt aus Matthäus 1 berichtet über die Empfängnis<br />

<strong>und</strong> Geburt Jesu, <strong>und</strong> genau diese Verse werden von den Vertretern<br />

der Lehre der Jungfrauengeburt als positiver Beweis angeführt. Ist aber in<br />

diesen Versen denn von einer Jungfrauengeburt die Rede?<br />

Dieser Abschnitt der Schrift berichtet eigentlich leicht verständlich einige<br />

klare Punkte: (1) Eindeutig klar ist, dass diese Verse die göttliche Empfängnis<br />

lehren, denn Jesus wurde in Maria nicht von Josef empfangen, sondern<br />

von Gott empfangen – „von dem heiligen Geist". (2) Eindeutig klar ist<br />

auch, dass Maria zum Zeitpunkt der Empfängnis eine Jungfrau war. (3)<br />

109 Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 11. Mannheim: F.A. Brockhaus, 1990.


Eindeutig klar ist ebenfalls, dass Maria Josefs Frau <strong>und</strong> Josef Marias Mann<br />

war, <strong>und</strong> dass Josef seine Frau „zu sich nahm", sie aber „nicht berührte, bis<br />

sie einen Sohn gebar".<br />

Man kann nun sicherlich nicht einfach einige dieser Wahrheiten beiseite<br />

schieben, um aus denen, die übrigbleiben, ein Dogma aufzubauen, das dann<br />

Gottes Wahrheit sein soll. Eine korrekte Beurteilung des gesamten Themas<br />

ist nur möglich, wenn man die im Wort Gottes erwähnten Einzelheiten genau<br />

beachtet <strong>und</strong> sich unter Berücksichtigung der Bräuche zu jener Zeit in<br />

den biblischen Landen <strong>und</strong> durch Vergleichen mit anderen Teilen der<br />

Schrift um ein biblisches Verständnis bemüht.<br />

Die Empfängnis Jesu Christi<br />

Bevor wir diesen Abschnitt in Matthäus 1 näher untersuchen, wollen wir<br />

zunächst einige Informationen aus dem Evangelium nach Lukas über die<br />

Empfängnis Jesu Christi in unsere Überlegungen einbeziehen.<br />

Lk.1,26.27 (...) Der „sechste Monat" nimmt Bezug auf die im Abschnitt<br />

davor berichtete Schwangerschaft der Elisabeth. Im sechsten Monat von Elisabeths<br />

Schwangerschaft wurde der Engel Gabriel, der in Gottes Wort immer<br />

wieder als Gottes Bote in besonderen <strong>und</strong> wichtigen Situationen erwähnt<br />

wird, von Gott zu einer „Jungfrau" nach Nazareth gesandt. Diese<br />

Jungfrau Maria war zu dem Zeitpunkt einem Manne namens Josef „vertraut".<br />

Begriffe wie „Jungfrau" <strong>und</strong> „vertraut sein", wie auch andere in den biblischen<br />

Berichten im Zusammenhang mit der Empfängnis Jesu geschilderte<br />

Begebenheiten, sind immer wieder mit möglicherweise ähnlichen Bräuchen<br />

unserer verschiedenen abendländischen Kulturen gleichgesetzt worden, was<br />

aber dem wahren biblischen Verständnis grossen Schaden zugefügt hat. Die<br />

Bibel ist ein Buch, das nicht unserem abendländischen Kulturkreis entstammt<br />

<strong>und</strong> das nicht auf Gegebenheiten unserer Zeit Bezug nimmt; wenn<br />

Ereignisse geschildert werden, müssen diese unbedingt im Licht von Land<br />

<strong>und</strong> Zeit der Bibel verstanden werden, wenn man Gottes Wort recht austeilen<br />

<strong>und</strong> am Ende seiner Bemühungen eine wahre Auslegung haben will.<br />

„Jungfrau" bedeutet zunächst einfach „junge Frau", wobei es in biblischen<br />

Zeiten jedoch selbstverständlich war, dass eine junge unverheiratete bzw.<br />

einem Mann vertraute Frau auch „Jungfrau" im heute allgemein bekannten<br />

Sinne war, denn die Unberührtheit der jungen Frau vor der Ehe spielte eine<br />

besondere Rolle im Volk Israel. Das Wort „Jungfrau" wird biblisch zunächst<br />

aber im Sinne von „junge Frau" benutzt, <strong>und</strong> an verschiedenen Stellen auch<br />

für eine junge Frau, die offensichtlich bereits sexuellen Verkehr mit einem<br />

Mann hatte. 110<br />

„Einem Manne vertraut sein" bedeutete weit mehr, als man heutzutage in<br />

unserer Gesellschaft etwa unter einer Verlobung versteht. Wenn eine Frau<br />

einem Manne vertraut war, so war das fast gleichbedeutend mit unserer heutigen<br />

Eheschliessung. Die Eltern beider Partner hatten bereits alles arrangiert,<br />

auch der Brautpreis war vereinbart <strong>und</strong> die Ehe von all diesen Gesichtspunkten<br />

her bereits geschlossen. Oft wurde ein „vertrautes" Paar bereits<br />

als „Mann <strong>und</strong> Frau" bezeichnet. Es fehlte lediglich die eigentliche<br />

Hochzeitsfeier <strong>und</strong> das anschliessende Vollziehen der ehelichen Gemein-<br />

110 Vgl. dazu 1. Mose 24,16; 34,1-4; 5. Mose 22,19; Ester 2,17.19; Joel 1,8.


schaft, wenn beide an einem vorbestimmten Tag nach der Hochzeitsfeier<br />

zum ersten Geschlechtsverkehr „zusammenkamen". 111<br />

Maria war dem Josef vertraut, aber die eigentliche Hochzeitsfeier mit dem<br />

anschliessenden Zusammenkommen hatte noch nicht stattgef<strong>und</strong>en. Sie hatten<br />

daher zu diesem Zeitpunkt noch keine sexuellen Beziehungen zueinander<br />

aufgenommen. Marias Entgegnung auf des Engels Worte bestätigen dies<br />

ebenfalls.<br />

Lk.1,28-35 (...) Der Bericht über das Gespräch zwischen Gabriel <strong>und</strong> Maria<br />

gibt uns ausserdem weitere bedeutsame Informationen, um genauer zu<br />

bestimmen, was sich zutrug. Gabriel verkündete Maria, dass sie schwanger<br />

werden <strong>und</strong> einen Sohn gebären würde; er teilte ihr weiterhin einige andere<br />

Informationen über ihren Sohn mit, wobei für unsere Studie wichtig ist,<br />

dass es um Jesus ging, <strong>und</strong> dass dieser „der Sohn des Höchsten" genannt<br />

würde.<br />

Die Bezeichnung „Sohn des Höchsten" weist darauf hin, dass diese Schwangerschaft<br />

nicht durch einen Mann, sondern von Gott selbst herbeigeführt<br />

würde. In dieser Sache würde von menschlicher Seite lediglich Maria beteiligt<br />

sein. Das war rein menschlich kaum oder nicht zu verstehen – normalerweise<br />

sind ein Mann <strong>und</strong> eine Frau zur Zeugung eines Nachkommens<br />

erforderlich. Maria war sich dessen sofort bewusst, wie ihre Frage an Gabriel<br />

aufzeigte: „Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Mann weiss?"<br />

Maria redete nicht davon, dass sie keine Männer kannte oder nichts über<br />

Männer wusste; der Zusammenhang dieser Stelle weist darauf hin, dass<br />

„von einem Manne wissen" etwas mit einer sexuellen Beziehung zu einem<br />

Mann zu tun haben muss. Dieser Gebrauch des Wortes „wissen" ist zunächst<br />

eine in den semitischen Sprachen typische Ausdrucksweise, die sich später<br />

auch in der griechischen Sprache einbürgerte. „Wissen" bzw. „erkennen" bezeichnet<br />

unter Einbeziehung der Redefigur Euphemismus „Geschlechtsverkehr<br />

mit daraus resultierender Schwangerschaft". Diese Ausdrücke kommen<br />

z.B. im Alten Testament an einigen Stellen vor, aus denen sich die hier gegebene<br />

Bedeutung leicht ableiten lässt.<br />

Marias Entgegnung auf die Ankündigung Gabriels ist noch in anderer Weise<br />

bemerkenswert. Maria stellte die an sie gerichteten Worte des Engels nicht<br />

in Frage, sie bezeichnete dessen Botschaft auch nicht als unmöglich; sie erk<strong>und</strong>igte<br />

sich nur weiter, wie denn das Gesagte in ihrer Situation geschehen<br />

könnte <strong>und</strong> sollte. 112 Gabriel wiederholte in leicht abgewandelter Form seine<br />

Botschaft, <strong>und</strong> er erklärte Maria, dass der heilige Geist, dass also Gott selbst,<br />

dafür sorgen würde, dass dies geschehen könne. Sie würde durch die Kraft<br />

des Höchsten schwanger werden, weshalb ihr Sohn auch „Gottes Sohn" genannt<br />

würde.<br />

Dann verwies der Engel noch auf eine Maria bekannte Situation, die ihr zeigen<br />

sollte, dass Gott auch in scheinbar unmöglichen Dingen wirken kann.<br />

Lk.1,36-38 (...) Um Maria zu verdeutlichen, dass auch „menschlich unmöglich"<br />

erscheinende Dinge durch Gottes Eingreifen durchaus geschehen können,<br />

erinnerte er sie daran, was mit Elisabeth, einer von Marias Verwand-<br />

111 Viele Einzelheiten zu diesen Aspekten werden behandelt in: Wierwille, Victor Paul: Jesus Christ Our<br />

Promised Seed. New Knoxville, Ohio: American Christian Press, 1982.<br />

112 Vgl. dazu die Worte von Zacharias (Lukas 1,18), aus denen Zweifel an Gottes Verheissung spricht.


ten, geschehen war. Eine Unfruchtbare war schwanger – das war in etwa so<br />

unmöglich wie die Schwangerschaft einer Frau ohne Zutun eines Mannes.<br />

Und doch stand zweifelsfrei fest, dass Elisabeth schwanger war, <strong>und</strong> das im<br />

sechsten Monat! Daraus wurde deutlich, dass Gott Seine Verheissungen zustandebringen<br />

kann.<br />

Vers 37 wird oft aus dem Zusammenhang gerissen, um dann zu behaupten,<br />

Gott könne <strong>und</strong> würde einfach willkürlich alles tun, weil Ihm nichts unmöglich<br />

sei. „Denn bei Gott ist kein Ding unmöglich" ist wörtlich aus dem griechischen<br />

Text: „Denn nicht kraftlos wird sein von Gott jedes Wort [kein<br />

Wort von Gott wird kraftlos sein]." 113 Es geht also bei „kein Ding" um das,<br />

was Gott zugesagt bzw. was Er verheissen hat.<br />

Nach dieser weiteren Zusicherung Gabriels erklärte sich Maria einverstanden<br />

mit dieser Sache. 114 Was wohl in ihrem Herzen vor sich ging? Eine solche<br />

Sache auf sich zu nehmen, war für Maria direkt mit gewaltigen<br />

Schwierigkeiten verb<strong>und</strong>en, ganz zu schweigen von den Gedanken, die<br />

bereits ein wenig weiter über das zu jener Zeit vor ihr liegende Geschehen<br />

blickten. Josef <strong>und</strong> Maria - Jesu Geburt<br />

Einige der Schwierigkeiten, die auf Maria zukamen, werden aus dem Bericht<br />

in Matthäus deutlich, den wir nun genauer untersuchen wollen.<br />

Mt.1,18 (...) Vers 18 schildert uns, wie die „Geburt Jesu Christi" geschah.<br />

Die alles entscheidende Aussage steht am Ende des Verses: Maria war<br />

schwanger „von dem heiligen Geist". Bereits hier wird kategorisch festgestellt,<br />

dass Jesus Christus durch den heiligen Geist, durch Gott gezeugt wurde.<br />

Maria war nicht schwanger von Josef, sie war schwanger „von dem heiligen<br />

Geist".<br />

In diesem Vers könnte auch eine Parenthese vorliegen, wodurch dieser<br />

Punkt noch stärker betont würde, denn dann würde der Vers lauten: Aber<br />

die Geburt Jesu Christi geschah (als Maria, seine Mutter, dem Josef vertraut<br />

war, fand es sich, ehe er sie heimholte, dass sie schwanger war) von dem<br />

heiligen Geist.<br />

Der Hauptsatz würde die grossartige Wahrheit ausdrücken, dass die Geburt<br />

Jesu Christi von dem heiligen Geist war. Durch diesen parenthetischen Einschub<br />

würde hervorgehoben, dass dies geschah, bevor Josef mit seiner Frau<br />

Maria eheliche Beziehungen aufgenommen hatte.<br />

Das Wort „Geburt" wird übersetzt aus dem griechischen Text von dem<br />

Wort genesis, was in diesem Falle besser mit „Zeugung" bzw. „Empfängnis"<br />

übersetzt werden sollte. Es ist klar, dass diese Stelle hier von der Zeugung<br />

handelt, nicht von der Geburt. In den Versen davor wird ein mit dem Wort<br />

genesis verwandtes griechisches Wort jedesmal mit „zeugte" übersetzt.<br />

Dass Jesus nicht durch einen Menschen gezeugt wurde, wird noch weiter<br />

durch den Gebrauch des Wortes „aber" betont, wodurch Vers 18 in Gegensatz<br />

zu den vorangehenden Versen gestellt wird. Der Gegensatz besteht darin,<br />

dass alle in dem in den Versen davor aufgeführten Stammbaum enthal-<br />

113 Vgl. dazu Das Neue Testament, Interlinearübersetzung Griechisch-Deutsch / übers. von E. Dietzfelbinger.<br />

Neuhausen-Stuttgart: Hänssler, 1986.<br />

114 Auch dies ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür, dass der wahre Gott nie den freien Willen eines<br />

Menschen übertritt <strong>und</strong> einen Menschen besessen hält.


tenen Männer durch einen irdischen Vater „gezeugt" wurden, Jesus Christus<br />

dagegen durch den heiligen Geist gezeugt wurde.<br />

Zu diesen kategorischen Aussagen kommen weitere Angaben, die uns verdeutlichen,<br />

dass Josef nichts mit Marias Schwangerschaft zu tun hatte. Ein<br />

wichtiger Punkt wird deutlich aus der Aussage, dass Maria schwanger war,<br />

„ehe er [Josef] sie heimholte". Dieses Heimholen bezieht sich auf den Zeitpunkt<br />

des ersten sexuellen Verkehrs zwischen den beiden Ehegatten zu dem<br />

zuvor festgesetzten Termin kurz nach der eigentlichen Hochzeitsfeier. Dieser<br />

Zeitpunkt wird meist von den Priestern <strong>und</strong> Eltern bestimmt, wobei verschiedene<br />

Dinge berücksichtigt werden, um einen möglichst günstigen<br />

Zeitpunkt für eine Schwangerschaft zu erhalten. Maria <strong>und</strong> Josef hatten<br />

mittlerweile ihre Hochzeitsfeier hinter sich, aber sie waren noch nicht in<br />

ehelicher Beziehung zusammengekommen, als Maria bereits mit Jesus<br />

schwanger war.<br />

Die nachfolgenden Verse machen das ebenfalls deutlich. Mt.1,19 (...) Die<br />

Situation war nicht nur für Maria schwierig. Josef befand sich ebenfalls in<br />

einem Dilemma, denn diese Situation war nicht ganz einfach zu handhaben.<br />

Das Gesetz kannte bestimmte Vorschriften für den Fall, dass eine junge<br />

Frau vor der Ehe schwanger wurde, <strong>und</strong> es wurde darin auch geregelt, welche<br />

Möglichkeiten dem Mann in diesem Fall blieben. Wenn es hier heisst,<br />

Josef „gedachte aber, sie heimlich zu verlassen", so ist damit nicht gemeint,<br />

dass er sie stillschweigend einfach zurücklassen wollte. Dieser Ausdruck<br />

nimmt Bezug auf eine Regelung aus dem Gesetz.<br />

Deut.24,1: „Wenn jemand eine Frau zur Ehe nimmt <strong>und</strong> sie nicht Gnade findet<br />

vor seinen Augen, weil er etwas Schändliches an ihr gef<strong>und</strong>en hat, <strong>und</strong> er einen<br />

Scheidebrief schreibt <strong>und</strong> ihr in die Hand gibt <strong>und</strong> sie aus seinem Hause entlässt“.<br />

Dieser Vers umschreibt in etwa die Situation Josefs. Er war dabei, die<br />

hier erwähnte Sache zu erwägen. Während er noch schweren Herzens über<br />

seine Möglichkeiten nachdachte, erschien ihm der Engel des Herrn mit einer<br />

Botschaft.<br />

Mt.1,20-23 (...) Welch eine Offenbarung dies für Josef gewesen sein muss!<br />

Der Engel verkündete Josef die beruhigende Nachricht, dass Maria nicht<br />

von einem anderen Mann schwanger war, sondern dass sich nun vielmehr<br />

das ereignete, was Jahrh<strong>und</strong>erte zuvor in einer Weissagung des Propheten<br />

Jesaja vorausgesagt worden war. Die Zeit für die Ankunft des Messias war<br />

gekommen! Josef wurde auch von dem Engel in die Ereignisse mit einbezogen.<br />

Er sollte dem Jungen den Namen „Jesus" geben, wodurch Josefs grosse<br />

Aufgabe angedeutet wird, denn durch die Namengebung würde Josef entsprechende<br />

Verantwortung gemäss dem Gesetz für die Erziehung des Knaben<br />

übernehmen.<br />

Nun folgen zwei erstaunliche <strong>und</strong> für unsere Studie äusserst bedeutsame<br />

Verse. (...) In jener Nacht, als der Engel dem Josef erschien, „nahm Josef<br />

seine Frau zu sich", genau wie der Engel befohlen hatte. Das bedeutet, dass<br />

Josef <strong>und</strong> Maria zu jenem Zeitpunkt sexuelle Beziehungen aufnahmen. Der<br />

Zusammenhang lässt keine anderen Schlüsse zu, die wirklich einen Sinn ergäben.<br />

Maria war zu dem Zeitpunkt etwa 3 Monate schwanger. Dies lässt sich errechnen,<br />

wenn man den Bericht in Lukas zur Hand nimmt, wo dargelegt<br />

wurde, dass der Engel Gabriel im 6. Monat der Schwangerschaft Elisabeths


zu Maria kam, um ihr die Geburt Jesu anzukündigen. Danach verbrachte<br />

Maria etwa 3 Monate bei Elisabeth, bevor sie wieder nach Hause zurückkehrte.<br />

Kurz nach ihrer Rückkehr muss ihre Hochzeit mit Josef stattgef<strong>und</strong>en<br />

haben, <strong>und</strong> die hier berichtete Begebenheit dürfte nicht lange danach<br />

anzusetzen sein. Dies stellt auch sicher fest, dass Maria auf keinen Fall mehr<br />

durch Josef schwanger geworden sein kann 115 .<br />

Dieser Punkt wird zudem noch durch die Aussage in Vers 25 bestätigt, wo<br />

es heisst: „… er berührte sie nicht, bis sie einen Sohn gebar …". Die Worte<br />

„er berührte sie nicht" sind im griechischen Text wörtlich „er erkannte sie<br />

nicht". Wenn in einem solchen Zusammenhang ein Mann „eine Frau erkennt"<br />

bzw. eine Frau „von einem Mann weiss", bedeutet dies soviel wie<br />

„Geschlechtsverkehr haben, aus dem eine Schwangerschaft resultiert". Dies<br />

wurde zuvor bereits kurz erwähnt <strong>und</strong> soll hier ausführlicher dargelegt werden.<br />

Diese Bedeutung ist leicht ersichtlich, wenn man einige der Stellen aus<br />

dem Alten Testament berücksichtigt, wo diese Ausdrücke vorkommen.<br />

Gen.4,1: Und Adam erkannte sein Weib Eva, <strong>und</strong> sie ward schwanger <strong>und</strong> gebar den Kain. Gen.4,17:<br />

Und Kain erkannte sein Weib; die ward schwanger <strong>und</strong> gebar den Henoch. Gen.4,25: Adam erkannte<br />

abermals sein Weib, <strong>und</strong> sie gebar einen Sohn. Gen.19,8.14: Siehe, ich habe zwei Töchter, die wissen<br />

noch von keinem Manne; die will ich herausgeben unter euch. Da ging Lot hinaus <strong>und</strong> redete mit den<br />

Männern, die seine Töchter heiraten sollten [wörtlich: „…<strong>und</strong> er redete zu seinen Schwiegersöhnen"]<br />

Gen.24,16: Und das Mädchen war sehr schön von Angesicht, eine Jungfrau, die noch von keinem Manne<br />

wusste. 1.Sam.1,19.20: Und am andern Morgen machten sie sich früh auf. Und als sie angebetet hatten<br />

vor dem Herrn, kehrten sie wieder um <strong>und</strong> kamen heim nach Rama. Und Elkana erkannte Hanna, seine<br />

Frau, <strong>und</strong> der Herr gedachte an sie. Und Hanna ward schwanger; <strong>und</strong> als die Tage um waren, gebar sie<br />

einen Sohn.<br />

Diese Verse erläutern eindeutig, worum es geht. Es kann nicht nur von sexuellen<br />

Beziehungen die Rede sein, sondern es handelt es sich jeweils um<br />

Geschlechtsverkehr mit daraus resultierender Schwangerschaft. Besondes das<br />

Beispiel Hannas <strong>und</strong> Elkanas bezeugt dies, denn beide unterhielten selbstverständlich<br />

auch zuvor eheliche Beziehungen; aber erst als Elkana seine<br />

Frau „erkannte", wurde Hanna schwanger.<br />

Biblische Ergebnisse<br />

Eine sorgfältige Studie dieser zwei Berichte über die Empfängnis <strong>und</strong> die<br />

Zeit bis zur Geburt Jesu Christi aus Lukas <strong>und</strong> Matthäus zeigt, dass von einer<br />

„Jungfrauengeburt" absolut nicht die Rede sein kann. Maria war zur<br />

Zeit der Empfängnis Jesu durch den heiligen Geist eine Jungfrau; sie hatte<br />

aber nach ihrer etwa drei Monate späteren Hochzeit mit Josef selbstverständlich<br />

ehelichen Verkehr mit ihrem Mann. Allerdings wurde sie nicht<br />

von ihm schwanger bis nach der Geburt Jesu Christi.<br />

Matthäus 1,25 weist darauf hin, dass Jesus Marias erstgeborener Sohn war.<br />

Der letzte Teil dieses Verses lautet wörtlich: „… bis sie einen Sohn, ihren<br />

Erstgeborenen, gebar." Hieraus geht hervor, dass Josef <strong>und</strong> Maria nach der<br />

Geburt Jesu auch gemeinsame Kinder hatten. Nur so ist es zu verstehen,<br />

dass so betont dargelegt wird, dass Josef seine Frau nicht erkannte, bis nach<br />

der Geburt Jesu.<br />

Eine Stelle in Matthäus 13 gibt uns weitere Auskunft über diese Sache.<br />

Mt.13,55.56: Ist er nicht der Sohn des Zimmermanns? Heisst nicht seine Mutter Maria? <strong>und</strong> seine Brüder<br />

Jakobus <strong>und</strong> Josef <strong>und</strong> Simon <strong>und</strong> Judas? Und seine Schwestern, sind sie nicht alle bei uns? Woher kommt<br />

ihm denn das alles?<br />

115 In seltenen Fällen soll es medizinisch möglich <strong>und</strong> auch vorgekommen sein, dass eine Frau während<br />

der ganz frühen Phase einer Schwangerschaft nochmals mit einem zweiten Kind schwanger werden kann.


Aus den Äusserungen dieser Kritiker in Nazareth geht hervor, dass Jesus<br />

nicht als Einzelkind im Hause Josefs <strong>und</strong> Marias in Nazareth aufwuchs. Josef<br />

<strong>und</strong> Maria hatten vier weitere Söhne, die hier sogar namentlich genannt<br />

werden, dazu höchstwahrscheinlich mehr als zwei Töchter, da hier nicht nur<br />

von „beiden", sondern von „allen" Schwestern die Rede ist. Diese Tatsache<br />

bestätigt ebenfalls, dass Maria keineswegs immer Jungfrau war <strong>und</strong> blieb.<br />

Diese Schriftstellen vermitteln uns ein wahres <strong>und</strong> mit allen Gesetzen der<br />

verschiedenen Wissenschaften übereinstimmendes Bild über die Empfängnis<br />

Jesu <strong>und</strong> die Situation mit seiner Mutter Maria. Keine merkwürdigen oder<br />

unerklärlichen Dinge verunsichern den, der sich mit wachsamem Auge die<br />

w<strong>und</strong>erbare Offenbarung Gottes hinsichtlich dieses Themas ansieht. Die<br />

hier geschilderten Wahrheiten genügen völlig, um ein umfassendes Bild<br />

über Maria <strong>und</strong> die Geschehnisse bei der Empfängnis <strong>und</strong> Geburt Jesu zu<br />

erlangen.<br />

Die von manchen verbreiteten Lehren über Maria <strong>und</strong> ihre andauernde<br />

Jungfräulichkeit als notwendiger Beweis dafür, dass Jesus Gottes Sohn war,<br />

sind biblisch gar nicht erforderlich, um Jesu Anspruch auf seine Gottessohnschaft<br />

zu beweisen. Einzig notwendig für diesen Anspruch ist, dass Jesus<br />

von dem heiligen Geist empfangen wurde <strong>und</strong> dass Maria zu der Zeit Jungfrau<br />

war – beides ist klar <strong>und</strong> deutlich aus dem biblischen Bericht ersichtlich.<br />

Alles andere zu diesem Thema „Jungfrauengeburt" ist eigentlich absolut<br />

irrelevant <strong>und</strong> biblisch absolut nicht nachzuvollziehen.<br />

Möge das Licht der Wahrheit nicht nur in dieser Sache wiederum heller erstrahlen!<br />

Eine ganze Reihe ähnlicher Irrtümer <strong>und</strong> „sonderbarer Geschichten"<br />

im Zusammenhang mit Christi Geburt könnten auf die gleiche Art <strong>und</strong><br />

Weise aus dem Wort Gottes erläutert <strong>und</strong> in einfacher Form für einen jeden<br />

einleuchtend dargelegt werden, dessen Herz darauf gerichtet ist, die Wahrheit<br />

des Wortes Gottes zu erforschen <strong>und</strong> zu erkennen.<br />

2.3. Jesu Kindheit <strong>und</strong> Jugend<br />

2.3.1. Luk.2,52<br />

„Und Jesus nahm zu an Weisheit <strong>und</strong> Alter <strong>und</strong> Gunst bei Gott <strong>und</strong> Menschen“.<br />

2.3.2. Jesus im Tempel


Albrecht Dürer; Der zwölfjährige Jesus unter den Schriftgelehrten<br />

Holz; 650 x 800 cm; 1506; Lugano, Sammlung Thyssen-Bornemisza<br />

2.4. Wahrer Mensch <strong>und</strong> wahrer Gott zugleich<br />

2.4.1. Jesus von Nazareth ist wahrer Mensch<br />

(a) Jesus wird Mensch, um durch seinen Tod Mittler des neuen<br />

B<strong>und</strong>es zu werden.<br />

1.Tim.2,3-6: "Dies ist gut <strong>und</strong> angenehm vor unserem Heiland-Gott, welcher<br />

will, dass alle Menschen errettet werden <strong>und</strong> zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.<br />

Denn einer ist Gott, <strong>und</strong> einer ist Mittler zwischen Gott <strong>und</strong> Menschen, der<br />

Mensch Christus Jesus (a]ncrwpoj Xristo\j >Ihsou~j), der sich selbst als Lösegeld<br />

für alle gab, als das Zeugnis zur rechten Zeit". Nur Jesus als wahrer<br />

Mensch konnte vermitteln (1.Petr.1,18f). Jes.42 - Auch Jesajas Gottesknecht<br />

setzt Menschsein voraus (vgl. auch Psalm 2; Hebr.2,14 116 ; 9,11-28;<br />

Phil.2,7f.<br />

116 "Weil nun die Kinder Blutes <strong>und</strong> Fleisches teilhaftig sind, hat auch er in gleicher Weise daran Anteil<br />

gehabt, um durch den Tod den zunichte zu machen, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel, ..."


(b) Jesus wird Fleisch (sarx), um in seiner menschlichen Existenz<br />

mit der Sünde abzurechnen.<br />

Joh.1,14: "Und das Wort wurde Fleisch <strong>und</strong> wohnte unter uns, <strong>und</strong> wir haben<br />

seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater,<br />

voller Gnade <strong>und</strong> Wahrheit". / Joh.6,51: "Ich bin das lebendige Brot, das<br />

aus dem Himmel herabgekommen ist; wenn jemand von diesem Brot isst, wird er<br />

leben in Ewigkeit. Das Brot aber, das ich geben werde, ist mein Fleisch, das ich<br />

geben werde für das Leben der Welt". / Röm.1,3 / Röm.8,3: "Denn das dem<br />

Gesetz Unmögliche, weil es durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott, indem er seinen<br />

eigenen Sohn in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde (e>n oq h{j e>gennh/ch), der Christus<br />

genannt wird".<br />

Lk.3,23 (Stammbaum Marias): "Und er selbst, Jesus, war ungefähr dreissig<br />

Jahre alt, als er auftrat, <strong>und</strong> war, wie man meinte (wnomi/zeto), ein Sohn<br />

des Joseph, des Eli, ..."<br />

(d) Die natürlichen menschlichen Regungen im Leben des irdischen<br />

Jesus<br />

Hunger (Mt.4,2), Durst (Joh.4,7; Ps.22; Joh.19,28), seufzen (Mt.7,34),<br />

schlafen (Mt.8,24), weinen (Joh.11,35; Lk.19,41), versucht (Mt.4,1ffp),<br />

betrübt (Mt.26,38), stirbt (Lk.23,46), beten (Mt.14,23p).<br />

2.4.2. Trotz seines Menschseins bleibt Jesus absolut sündlos<br />

Diese Tatsache ist v.a. für seinen Opferdienst am Kreuz wichtig!<br />

Hebr.7,26.27: "Denn ein solcher Hoherpriester geziemte sich auch für uns: heilig,<br />

sündlos, unbefleckt, abgesondert von den Sündern <strong>und</strong> höher als die Himmel<br />

geworden, der nicht Tag für Tag nötig hat, wie die Hohenpriester, zuerst für die<br />

eigenen Sünden Schlachtopfer darzubringen, dann für die des Volkes; denn dies<br />

hat er ein für allemal getan, als er sich selbst dargebracht hat". / Joh.8,46;<br />

Röm.8,3 / 2.Kor.5,21: "Den, der Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sün-<br />

117 Eµoi_µÓti Röm.8,3 - vgl. Schneider, ThWB IV, S.195f (zu Röm.8,3; Phil.2,7). Gleichheit in der<br />

Erscheinung, aber Unterschied im Wesen.


de gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in ihm". / Hebr.4,15b;<br />

1.Petr.1,18f; 1.Joh.3,5.<br />

Gen.6,12 / Gen.8,21b: "Das Sinnen des menschlichen Herzens ist böse von seiner<br />

Jugend an; <strong>und</strong> nicht noch einmal will ich alles Lebendige schlagen, wie ich<br />

getan habe". / Jos.24,19: "Da sagte Josua zum Volk: Ihr könnt dem HERRN<br />

nicht dienen. Denn er ist ein heiliger Gott, er ist ein eifersüchtiger Gott. Er wird<br />

euer Vergehen <strong>und</strong> eure Sünden nicht vergeben". vgl. auch Röm.7.<br />

Wie steht es aber damit mit Jesus? Seit Adam sind alle Nachkommen Sünder!<br />

(1.Joh.1,10; Röm.5,12) Jesus ist die einzige Ausnahme. Röm.8,3:<br />

Die Lösung dieses Problems: Jesus wurde anders gezeugt! (Mt.1,18;<br />

Lk.1,35) Durch den Heiligen Geist. (Vgl. dazu die Ausführungen unten<br />

zum Thema „Jungfrauengeburt“ auf Seite 49).<br />

Die Geburt Jesu unterliegt nicht der Gesetzmässigkeit der Sünde <strong>und</strong><br />

des Todes! (Röm.8,2b; 7,22b; Gal.3,13).<br />

Der biblische Beleg zur Menschlichkeit Christi:<br />

Matth.26,38: "Dann spricht er zu ihnen: Meine Seele ist sehr betrübt, bis zum Tod. Bleibt hier <strong>und</strong> wacht<br />

mit mir!" / Lk.24,39: "Seht meine Hände <strong>und</strong> meine Füsse, dass ich es selbst bin; betastet mich <strong>und</strong> seht,<br />

denn ein Geist hat nicht Fleisch <strong>und</strong> Bein, wie ihr seht, dass ich habe".<br />

Johannes der Täufer prophezeit: Joh.1,30: "Dieser ist es, von dem ich sagte: Nach mir kommt ein<br />

Mann, der vor mir ist, denn er war eher als ich".<br />

Jesus selbst bezeugt: Joh.8,40: "jetzt aber sucht ihr mich zu töten, einen Menschen, der die Wahrheit zu<br />

euch geredet hat, die ich von Gott gehört habe; das hat Abraham nicht getan".<br />

Die Feinde nennen ihn "Mensch": Joh.7,46; 9,11; 10,33; 11,47.50: "Die Diener antworteten: Niemals<br />

hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch." / "Er antwortete: Der Mensch, der Jesus heisst, bereitete<br />

einen Teig <strong>und</strong> salbte meine Augen damit <strong>und</strong> sprach zu mir: Geh hin nach Siloah <strong>und</strong> wasche dich. Als<br />

ich aber hinging <strong>und</strong> mich wusch, wurde ich sehend." / "Die Juden antworteten ihm: Wegen eines guten<br />

Werkes steinigen wir dich nicht, sondern wegen Lästerung, <strong>und</strong> weil du, der du ein Mensch bist, dich<br />

selbst zu Gott machst". / "Da versammelten die Hohenpriester <strong>und</strong> die Pharisäer den Hohen Rat <strong>und</strong> sprachen:<br />

Was tun wir? Denn dieser Mensch tut viele Zeichen". / "...<strong>und</strong> überlegt auch nicht, dass es euch<br />

nützlich ist, dass ein Mensch für das Volk sterbe <strong>und</strong> nicht die ganze Nation umkomme".<br />

Die Apostel: Apg.2,22: "Männer von Israel, hört diese Worte: Jesus, den Nazoräer, einen Mann, der von<br />

Gott euch gegenüber erwiesen worden ist durch Machttaten <strong>und</strong> W<strong>und</strong>er <strong>und</strong> Zeichen, die Gott durch ihn<br />

in eurer Mitte tat...". / Apg.17,31: "weil er einen Tag gesetzt hat, an dem er den Erdkreis richten wird in<br />

Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, <strong>und</strong> er hat allen dadurch den Beweis gegeben,<br />

dass er ihn auferweckt hat aus den Toten". / Phil.2,7: "Aber er machte sich selbst zu nichts <strong>und</strong> nahm<br />

Knechtsgestalt an, indem er den Menschen gleich geworden ist, <strong>und</strong> der Gestalt nach wie ein Mensch erf<strong>und</strong>en,"<br />

/ 1.Tim.2,5: "Denn einer ist Gott, <strong>und</strong> einer ist Mittler zwischen Gott <strong>und</strong> Menschen, der<br />

Mensch Christus Jesus...".<br />

Die Anwendung von Ps.2 auf Christus durch Hebr.2: Hebr.2,7.9.14f: "Du hast ihn kurze Zeit unter<br />

die Engel erniedrigt; mit Herrlichkeit <strong>und</strong> Ehre hast du ihn gekrönt; / Wir sehen aber Jesus, der kurze<br />

Zeit unter die Engel erniedrigt war, wegen des Todesleidens mit Herrlichkeit <strong>und</strong> Ehre gekrönt, damit er<br />

durch Gottes Gnade für jeden den Tod schmeckte. / Weil nun die Kinder Blutes <strong>und</strong> Fleisches teilhaftig<br />

sind, hat auch er in gleicher Weise daran Anteil gehabt, um durch den Tod den zunichte zu machen, der<br />

die Macht des Todes hat, das ist den Teufel, <strong>und</strong> um alle die zu befreien, die durch Todesfurcht das ganze<br />

Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren".<br />

Vgl. auch unter Pkt.6.9. die Stellen zu "Menschensohn".<br />

Praktische Folgen für die Gläubigen<br />

Hebr.2,14.15: "Weil nun die Kinder Blutes <strong>und</strong> Fleisches teilhaftig sind, hat auch er in gleicher<br />

Weise daran Anteil gehabt, um durch den Tod den zunichte zu machen, der die Macht des Todes<br />

hat, das ist den Teufel, <strong>und</strong> um alle die zu befreien, die durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch<br />

der Knechtschaft unterworfen waren".<br />

1) Tod <strong>und</strong> Teufel sind gr<strong>und</strong>sätzlich überw<strong>und</strong>en für die Kinder Gottes.<br />

2) Durch Jesu Menschsein befreite er uns aus der Knechtschaft.<br />

Hebr.2,17.18: "Daher musste er in allem den Brüdern gleich werden, damit er barmherzig <strong>und</strong> ein<br />

treuer Hoherpriester vor Gott werde, um die Sünden des Volkes zu sühnen; denn worin er selbst<br />

gelitten hat, als er versucht worden ist, kann er denen helfen, die versucht werden".<br />

1) Jesus wurde selber noch barmherziger durch sein Menschsein.<br />

2) Treue Hohepriestertätigkeit ist nur dank Menschsein möglich.


3) Sühne war nur möglich durch sein vollständiges Menschsein.<br />

4) Er kann den Menschen in der Versuchung helfen.<br />

Hebr.4,15.16: "Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid haben könnte mit<br />

unseren Schwachheiten, sondern der in allem in gleicher Weise wie wir versucht worden ist, doch<br />

ohne Sünde. Lasst uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zum Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit<br />

empfangen <strong>und</strong> Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe".<br />

1) Jesus kann mit uns wirklich "mitleiden".<br />

2) Er weiss, was Versuchung bedeutet.<br />

3) Jesu Menschsein fördert unsere Freimütigkeit zum Gebet.<br />

Hebr.5,7-10: "Der hat in den Tagen seines Fleisches sowohl Bitten als Flehen mit starkem Geschrei<br />

<strong>und</strong> Tränen dem dargebracht, der ihn aus dem Tod erretten kann, <strong>und</strong> ist um seiner Gottesfurcht<br />

willen erhört worden 8 <strong>und</strong> lernte, obwohl er Sohn war, an dem, was er litt, den Gehorsam; 9 <strong>und</strong><br />

vollendet, ist er allen, die ihm gehorchen, der Urheber ewigen Heils geworden, 10 von Gott begrüsst<br />

als Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks".<br />

1) Jesu Vorbild im ganzheitlichen Gebet (mit starkem Geschrei <strong>und</strong> Tränen)<br />

2) Jesu Vorbild im lernen des Gehorsams durch/im Leiden.<br />

3) Jesu Vorbild im Gehorsam zum Heil.<br />

2.4.3. Der irdische Jesus bleibt wahrer Gott<br />

Vergleiche hierzu auch die obigen Ausführungen zur Gottheit Jesu in Kapitel 1.<br />

Joh.1,1-14.18; 20,28 / Röm.9,5: "... deren die Väter sind <strong>und</strong> aus denen<br />

dem Fleisch nach der Christus ist, der über allem ist, Gott, gepriesen in<br />

Ewigkeit. Amen". / Kol.1,15ff; Tit.3,4; 1.Joh.5,20.<br />

Oft wird Jesus angebetet oder angerufen. Mt.2,2.8.11; 8,2; 9,18; 14,33;<br />

15,25; Mk.5,6; Joh.9,38; Hebr.1,6.<br />

2.4.4. Die Einheit der beiden Naturen Christi<br />

Literatur: Buswell II, S.54ff; Strong, S.683ff; Berkhof, S.321ff; Böhl, S.326ff; Calvin, Inst. II.14,1-4. Zur<br />

theologischen Entwicklung vgl. die Theologiegeschichte <strong>und</strong> die Dogmengeschichte.<br />

Erst nach dem trinitarischen Streit (381) kam diese Frage auf <strong>und</strong> folgte der<br />

christologische Streit (428-451 / Nestorius, Cyrill, Eutychus, Leo der Grosse).<br />

Augustin durchdachte die Problematik am gründlichsten. Ephesus <strong>und</strong><br />

Chalcedon: unvermischt, unverwandelt, ungesondert, ungetrennt.<br />

Im Neuen Testament finden wir keine systematische Zwei-Naturen-Lehre,<br />

aber:<br />

(1) Der Heilsplan Gottes bedingt die zwei Naturen in Christus (vgl. Berkhof,<br />

S.319).<br />

(2) Die Heilige Schrift bezeugt sowohl die Gottheit, als auch die Menschheit<br />

von Jesus Christus. Christus war eine unzertrennbare Persönlichkeit<br />

(Jantzen). Wir finden keinen Bruch, keine Widersprüchlichkeit in seiner<br />

Persönlichkeit. Die Vereinigung ist so vollkommen, dass keines auf Kosten<br />

des anderen litt (theantropisch / unipersonality).<br />

(Berkhof, S.321ff / Calvin, II.14.1-4) Röm.1,3f; 9,5; Kol.1,15-23; 2,9;<br />

Hebr.7,27; 9,14. Beide Seiten!


Exkurs zu den zwei Naturen Christi (L.Berkhof)<br />

In der Bibel wird Christus als eine Person dargestellt, die zwei Naturen hat,<br />

nämlich eine göttliche <strong>und</strong> eine menschliche. Dies ist das grosse Geheimnis<br />

der Gottseligkeit: Gott ist im Fleisch offenbart (1.Tim.3,16: "Und anerkannt<br />

gross ist das Geheimnis der Gottseligkeit: Der geoffenbart worden ist im<br />

Fleisch, gerechtfertigt im Geist, gesehen von den Engeln, gepredigt unter den Nationen,<br />

geglaubt in der Welt, aufgenommen in Herrlichkeit".).<br />

a) Die zwei Naturen<br />

"Da viele Menschen heute die Göttlichkeit Christi bestreiten, müssen wir die<br />

biblischen Belege hervorheben. Einige alttestamentliche Passagen weisen<br />

eindeutig darauf hin, so z.B. Jes.9,5; Jer.23,6; Mi.5,1; Mal.3,1. Im Neuen<br />

Testament gibt es eine Fülle weiterer Belege: Matt.11,27; 16,1ff; 26,63.64;<br />

Joh.1,1.18; Röm.9,5; 1.Kor.2,8; 2.Kor.5,10; Phil.2,6; Kol.2,9; Heb.1,1-3;<br />

Offb.19,16. Dass Jesus Mensch war, wird heute nicht mehr in Frage gestellt.<br />

In der Tat, viele schreiben ihm nur insofern Göttlichkeit zu, als er<br />

vollkommener Mensch war. Es gibt eine Fülle von Belegen dafür, dass Jesus<br />

wahrer Mensch war. Er bezeichnet sich selbst als ein Mensch (Joh.8,40) <strong>und</strong><br />

wird auch von anderen so bezeichnet (Apg.2,22; Röm.5,15; 1.Kor.15,21).<br />

Er besass die wesentlichen Bestandteile der menschlichen Natur, nämlich<br />

einen Leib <strong>und</strong> eine Seele (Matt.26,26.38; Lk.24,39; Heb.2,14). Er war<br />

ausserdem den normalen Gesetzen menschlicher Entwicklung<br />

(Luk.2,40.52) sowie menschlichen Bedürfnissen <strong>und</strong> menschlichen Leiden<br />

unterworfen (Matt.4,2; 8,24; Luk.22,44; Joh.4,6; 11,35; 12,27;<br />

Heb.2,10.18; 5,7+8). Und dennoch: obwohl er wirklich ein Mensch war,<br />

blieb er zeitlebens sündlos; er beging keinerlei sünde <strong>und</strong> konnte unmöglich<br />

sündigen (Joh.8,46; 2.Kor.5,21; Heb.4,15; 9,14; 1.Pet.2,22; 1.Joh.3,5).<br />

Es war notwendig, dass Christus sowohl Gott als auch Mensch sein sollte.<br />

Nur als Mensch konnte er unser Stellvertreter sein, leiden <strong>und</strong> sterben; nur<br />

als ein sündloser Mensch konnte er für die Sünden anderer Menschen Sühne<br />

leisten. Und nur als Gott konnte er seinem Sühnopfer einen unendlichen<br />

Wert geben <strong>und</strong> den Zorn Gottes auf sich nehmen, um andere davor zu bewahren<br />

(Ps.40,8-11; 130,3)" 118 .<br />

b) Die zwei Naturen vereint in einer einzigen Person<br />

"Christus hat eine menschliche Natur, aber er ist nicht lediglich ein Mensch.<br />

Der Mittler ist der unwandelbare Sohn Gottes. Bei der <strong>Menschwerdung</strong> verwandelte<br />

er sich nicht in einen Menschen, noch adoptierte er eine menschliche<br />

Person. Er nahm vielmehr zusätzlich zu seiner göttlichen Natur eine<br />

menschliche Natur an, die sich nicht zu einer getrennten Persönlichkeit<br />

entwickelte, sondern in der Person des Sohnes Gottes persönlich wurde.<br />

Nachdem er diese menschliche Natur annahm, war der Mittler nicht nur<br />

Gott, sondern Gott <strong>und</strong> Mensch zugleich; er ist der Gott-Mensch, der alle<br />

wesentlichen Eigenschaften der göttlichen wie auch der menschlichen Natur<br />

besitzt. Er hat sowohl ein göttliches als auch ein menschliches Bewusstsein,<br />

sowohl einen göttlichen als auch einen menschlichen Willen. Dies ist ein unfassbares<br />

Geheimnis. Die Heilige Schrift weist sehr deutlich auf die Einheit<br />

der Person Christi hin. Es spricht immer dieselbe Person, gleich, ob es der<br />

118 Berkhof, "Gr<strong>und</strong>riss", aaO, S.44.


menschliche oder der göttliche Verstand ist, der sich äussert: s. Joh.10,30;<br />

17,5; vgl. Matt.27,46; Joh.19,28. Manchmal werden der mit einem göttlichen<br />

Titel versehenen Person menschliche Eigenschaften <strong>und</strong> Handlungsweisen<br />

zugeschrieben: Apg.20,28; 1.Kor.2,8; Kol.1,13.14. Und manchmal<br />

werden der mit einem menschlichen Titel versehenen Person göttliche Eigenschaften<br />

<strong>und</strong> Handlungsweisen zugeschrieben: Joh.3,13; 6,62;<br />

Röm.9,5" 119 .<br />

2.4.5. Die Notwendigkeit der beiden Naturen Christi<br />

Viele Theologen heute sehen die Notwendigkeit der Zwei-Natuern-Lehre<br />

nicht mehr. Für sie ist Jesus nur ein Mensch. Die Notwendigkeit der zwei<br />

Naturen Christi folgt aus dem, was notwendig ist für die biblische Lehre<br />

von der Versöhnung.<br />

a) Die Notwendigkeit seines Menschseins<br />

Weil die Menschen sündigten, war es notwendig, dass die Strafe von Menschen<br />

getragen wurde. Zudem beinhaltet die Bezahlung der Strafe sowohl<br />

Leiden des Körpers als auch der Seele, so dass nur ein Mensch fähig war, sie<br />

zu bezahlen. Joh.12,27; Apg.3,18; Hebr.2,14; 9,22. Es war nötig, dass<br />

Christus von einer menschlichen Natur ausgehen konnte nicht nur mit all<br />

ihren wesentlichen Eigenschaften, sondern auch mit ihren Schwächen, zu<br />

denen sie seit dem Sündenfall neigt. Und so sollte er hinabsteigen zur Tiefe<br />

der Degradierung, in die der Mensch gefallen war Hebr.2,17.18. Gleichzeitig<br />

musste er ein sündloser Mensch sein, denn ein Mensch, der selber Sünder<br />

war <strong>und</strong> sein Leben verwirkt hatte, konnte sicher nicht für andere wiedergutmachen<br />

Hebr.7,26. Nur ein solcher wirklich menschlicher Mittler,<br />

der selbst experimentelle Kenntnis des Leids der Menschheit hatte <strong>und</strong> alle<br />

Versuchungen überstanden hatte, konnte echtes Mitleiden empfinden in all<br />

den Erfahrungen, den Problemen <strong>und</strong> den Versuchungen der Menschen<br />

Hebr.2,17.18; 4,15-5,2 <strong>und</strong> ein vollkommenes menschliches Beispiel für<br />

seine Nachfolger sein Mt.11,29; Mk.10,39; Joh.13,13-15; Phil.2,5-8;<br />

Hebr. 12,2-4; 1.Petr.2,21.<br />

b) Die Notwendigkeit seiner Göttlichkeit<br />

Für den göttlichen Rettungsplan war es absolute Voraussetzung, dass der<br />

Mittler auch ganz Gott sein musste. Dies war notwendig, damit (1) er ein<br />

Opfer von unendlichem Wert bringen konnte <strong>und</strong> dem Gesetz Gottes gegenüber<br />

absolut gehorsam sein konnte; (2) damit er den Zorn Gottes versöhnend<br />

auf sich nehmen konnte oder anders formuliert, dass er andere vom<br />

Fluch des Gesetzes befreien konnte <strong>und</strong> (3) damit er die Früchte seiner getanen<br />

Arbeit denen zurechnen konnte, die ihn durch Glauben angenommen<br />

hatten. Der Mensch mit seinem bankroten Leben kann weder die Strafe für<br />

die Sünde bezahlen, noch Gott absoluten Gehorsam entgegen bringen. Er<br />

muss den Zorn Gottes tragen, es sei denn die versöhnende Gnade Gotte<br />

würde es ewig auf sich nehmen, aber dies kann er nicht tun, indem er einen<br />

anderen Ausweg öffnet (Ps.49,7-10; 130,3). 120<br />

119<br />

Berkhof, "Gr<strong>und</strong>riss", aaO, S.45.<br />

120<br />

Berkhof, "Systematic Theology", aaO, S.319.


c) Richard Rohr: Der nackte Gott<br />

Richard Rohr schreibt in seinem Buch „Der Nackte Gott – Plädoyers für ein<br />

Christentum aus Fleisch <strong>und</strong> Blut“ im ersten Kapitel, „Die Inkarnation“:<br />

„Wegen der Inkarnation, der <strong>Menschwerdung</strong> Jesu, ergibt das Christentum<br />

losgelöst von der Kirche für mich keinen Sinn. Bis Gottes Wort in<br />

wirklichen Menschen <strong>und</strong> konkreten zwischenmenschlichen Beziehungen<br />

vor Ort Fleisch <strong>und</strong> Gestalt annimmt, bleibt das Christentum trocken <strong>und</strong><br />

abstrakt. Die eigentliche Pointe der Fleischwerdung Jesu besteht darin, daß<br />

der Vater in Jesus Gott <strong>und</strong> Mensch zusammengefügt hat. Ich habe jedoch<br />

den Verdacht, daß sich viele Christen so schwer damit tun, das Menschliche<br />

<strong>und</strong> das Göttliche miteinander zu versöhnen, daß sie Gott <strong>und</strong> ihre konkrete<br />

Gemeindekirche um die Ecke nur schwer zusammenbringen. Dieser<br />

Widerwille, die Inkarnation derartig konkret <strong>und</strong> praktisch zu verstehen,<br />

trägt für mich zur Erklärung bei, weshalb die Kirche so wenig Ausstrahlung<br />

hat <strong>und</strong> an ihrem Auftrag scheitert, der Welt das Evangelium zu<br />

verkündigen. Zu oft haben wir ein fleischloses <strong>und</strong> blutarmes Evangelium<br />

verkündigt, das den Eindruck erweckt hat, es sei irgendwie nicht ganz o. k.,<br />

Mensch zu sein. Im Namen Jesu haben wir die Wirklichkeit andauernd in<br />

natürlich <strong>und</strong> übernatürlich, weltlich <strong>und</strong> geistlich aufgeteilt. Was Gott<br />

zusammengefügt hat, das haben wir geschieden. Der vielfach zerrissene <strong>und</strong><br />

gespaltene Leib Christi steht als bitteres Zeichen vor aller Augen, daß wir<br />

von Jesus nichts begriffen haben. Jesus kennen, das bedeutet: sich dem<br />

stellen, was Gott in Jesus getan hat – <strong>und</strong> daran Anteil haben. In seinem<br />

Sohn hat Gott Ja gesagt zum Menschsein; er hat das Menschliche <strong>und</strong> das<br />

Göttliche – auf den ersten Blick jedenfalls – un-unterscheidbar <strong>und</strong><br />

verwechselbar gemacht; Gott hat sich schwach gemacht – <strong>und</strong> er hat das<br />

Menschsein zu jenem Ort gemacht, wo seine Begegnung mit uns<br />

stattfindet“. (Seite13)<br />

2.4.6. Vom doppelten Stand Jesu Christi<br />

Dies ist ein Auszug der Dogmatik (§ 59) von Eduard Böhl, S.290-300:<br />

„In dem Willen Christi liegt nach Phil.2,5ff der Gr<strong>und</strong> für sein menschliches<br />

Sichhervortun bei aller ihm eigenen Gottförmigkeit. Er wollte nicht mehr<br />

sein als wir; er hat es sich nicht leicht machen wollen; er hat im Glauben, im<br />

Gebet <strong>und</strong> Flehen seinen Weg auf Erden vollenden wollen. Er wandelte an<br />

des Geistes Hand, nicht aber im Schauen. Er hat unsere Errettung im Elend<br />

beschafft, im Gehorsam unter des Vaters Willen hat er ein grosses Heil erworben.<br />

Sonst wären wir mächtiger <strong>und</strong> mehr vermögend als er, die wir im<br />

Elend, <strong>und</strong> gehalten allein durch den Glauben, hiernieden wallen. In diesem<br />

Willen liegt es nun auch begründet, dass von einer Zweiteilung der Stände<br />

oder Zustände Jesu Christi in der Dogmatik die Rede sein kann. Der eine<br />

ist der der <strong>Erniedrigung</strong>, der zweite der der Erhöhung; beide nennt Paulus<br />

in Phil.2,7-9. Auf diese zwei Stände lässt sich die ganze Reihe von Tatsachen<br />

verteilen, auf denen unsere Errettung beruht <strong>und</strong> welche der 2. Artikel<br />

des Apostolicums in der Kürze angibt.<br />

Die Ständelehre tritt nun aber in der Reformationszeit noch zu sehr zurück.<br />

In der lutherischen Kirche wird sie zwar gelehrt, aber als das Subjekt der


<strong>Erniedrigung</strong> wird der schon im Schoss der Jungfrau empfangene, gottmenschliche<br />

Erlöser statuiert. Um der heiligen Schrift tunlichst gerecht zu<br />

werden, half man sich lutherischerseits mit einer <strong>Erniedrigung</strong> der eigentlich<br />

im Akt der Konzeption aufs höchste erhöhten menschlichen Natur des Erlösers,<br />

damit nur die göttlichen Prädikate die menschlichen zur Ruhe kommen<br />

liessen. Die letzteren sollten Zeit gewinnen sich menschlich zu äussern,<br />

nicht aber in die göttlichen untergehen. 121 Man hatte seine liebe Not, um<br />

die menschlichen Qualitäten aus der Umarmung der göttlichen zu befreien,<br />

was auch noch w<strong>und</strong>erlich genug bei dem neusten Vertreter, Philippi<br />

(Glaubenslehre IV, l.439 Note) zu Tage tritt. S. 444 heisst es: ”Er war wahrer<br />

<strong>und</strong> wirklicher Mensch, aber als der Gottmensch <strong>und</strong> der durchgottete<br />

Mensch hätte er auch als Mensch gottähnlich erscheinen können, zog es indes<br />

vor – menschenähnlich aufzutreten. Da er dabei aber in göttlicher Gestalt<br />

blieb, so bestand die Annahme der Knechtsgestalt in dem Zurückziehen<br />

der Strahlen der Gottesherrlichkeit, welche seinem Fleische fortdauernd<br />

einwohnte, <strong>und</strong> die er nun mit dem Vorhang des Fleisches verhing <strong>und</strong><br />

dämpfte.” Als Subjekt der Erhöhung wird dann immer der Mensch Jesus<br />

vorgeschoben, der doch aber abgesehen vom Logos gar nicht subsistierte.<br />

Das Problem ist bei Philippi nur in seiner ganzen Schroffheit reproduziert.<br />

In der reformierten Kirche liess man die <strong>Erniedrigung</strong> durch die Annahme<br />

der Knechtsgestalt sich vollziehen, gründete sie also auf Phil. 2,7 statt auf<br />

Röm. 8,3.<br />

In beiden Kirchen aber drohte immer wieder der feste Boden für einen Status<br />

exinanitionis 122 verloren zu gehen. Man suchte vergeblich nach einem,<br />

Christus mit uns verbindenden Gliede; die Anknüpfung an unsere Natur<br />

wurde vergebens versucht, wo die Fleischwerdung des Logos nicht gründlich<br />

festgehalten <strong>und</strong> in ihren Folgen durchdacht wurde. Das, was die Inkarnation<br />

zur Exinanition macht, fällt weg, sowie wir den Eintritt des Logos<br />

in das Lebensgebiet der gefallenen Menschheit leugnen. Erst die<br />

Fleischwerdung des Logos fällt unter den Gesichtspunkt des Erduldens von<br />

etwas, das seiner unwürdig war, <strong>und</strong> worin das tiefste Geheimnis seiner<br />

Liebe sich kündlich gross offenbart. Nun erst haben wir jenen erwünschten<br />

Anknüpfungspunkt seiner Natur mit der unsrigen. Er nimmt den Fluch auf<br />

sich, um ihn aber zu brechen. Hier in der Fleischwerdung des Logos haben<br />

wir tiefste <strong>Erniedrigung</strong> <strong>und</strong> dabei zugleich weisheitsvolle Liebe, die den<br />

Kelch nicht von sich weist, den der Vater ihr gibt; hier haben wir den<br />

Durchgang durch das Todestal zum Leben – aber nicht so, dass alles ein<br />

Schein <strong>und</strong> nicht Wesen wäre, was der Erlöser getan <strong>und</strong> gelitten. Auf ihm<br />

ruhte wirklich von wegen der Annahme unsrer gegenwärtigen menschlichen<br />

Natur Gottes Bann <strong>und</strong> Fluch (vgl. Thomasius, Christi Person <strong>und</strong> Werk<br />

III,1,92f.). Und das hat er tragen wollen – er hat den Zorn, der wider diese<br />

Natur gerichtet war – ertragen wollen <strong>und</strong> dieses Band, das ihn mit uns verknüpfte,<br />

nie wieder zerrissen, auch da nicht, als es ihn zum Tode, ja zum<br />

Tode am Kreuz führte.<br />

121<br />

S. Schneckenburger, Zur kirchlicben <strong>Christologie</strong>, Seiten 24.29.<br />

122<br />

exinanio = ausleeren, ausladen, ausplündern. Die Vulgata übersetzt Phil.2,7 e>ke/nwsen mit exinanivit<br />

(„... er entäusserte sich selbst“) / Anmerkung von M.Macher.


Wirklich behauptet nun aber Heppe (Dogmatik S. 351): die <strong>Erniedrigung</strong><br />

bestehe nicht in der <strong>Menschwerdung</strong> als solcher – Christus erniedrigte sich<br />

dadurch, dass er die Knechtsgestalt annahm etc. Er irrt <strong>und</strong> kann sich dafür<br />

nicht auf die älteren reformierten Dogmatiker berufen, welche vielmehr die<br />

<strong>Erniedrigung</strong> für zusammenfallend mit der Inkarnation hielten (s. mein<br />

Buch: Von der Incarnation des göttlichen Wortes S.19). Immerhin verlor<br />

man aber doch allmählich auf reformierter Seite das Interesse an der Ständelehre,<br />

<strong>und</strong> etliche, wie W.v.Brakel, Heydanus <strong>und</strong> andere, leugneten allen<br />

Ernstes, dass die <strong>Menschwerdung</strong> an sich schon eine <strong>Erniedrigung</strong> in sich<br />

schliesse <strong>und</strong> zogen damit eigentlich nur die Konsequenz aus dem Lehrbegriff<br />

der älteren Theologen. Wenn man die Bedeutung der Fleischwerdung<br />

des Logos verkennt, so kommt man nie zu einem wahren Stande der <strong>Erniedrigung</strong>.<br />

Wir wiederholen es: Nicht dies, dass etwa Gott zum Menschen<br />

gemacht worden, begründet die <strong>Erniedrigung</strong> – sondern allein dies: dass<br />

nach Joh. 1,14 der Logos Fleisch wurde ( $ 55). Mensch zu werden, ist an<br />

sich nichts Erniedrigendes - dagegen Fleisch zu werden, ist für den Logos<br />

eine Sache der äussersten <strong>Erniedrigung</strong>. 123 Denn hier ging seine Natur mit<br />

einer anderen in eins zusammen, die unter göttlicher Schuldhaft, d.h. unter<br />

dem von Adam herrührenden; kata/krima (im Zustand der Verdammung)<br />

sich befand.<br />

Von dem Augenblick an, da der Logos Fleisch geworden <strong>und</strong> der Sohn<br />

Gottes eben damit Knechtsgestalt annahm, begann der Zustand der <strong>Erniedrigung</strong><br />

<strong>und</strong> mit ihm zugleich das Werk der Erlösung. Wie sehr schon gleich<br />

dieser Akt der Fleischwerdung im Willen des Sohnes Gottes beruhe, zeigt<br />

uns Hebr. 10,5-10. Hier ist vom Zweck der Ankunft Christi in die Welt die<br />

Rede: Gott habe Opfer <strong>und</strong> Darbringung nicht gewollt, sondern einen Leib<br />

Christo zubereitet. Und V.6-7 heisst es dann weiter, dass Christus gesagt<br />

durch Davids M<strong>und</strong>, was in Ps. 40,7ff weiter geschrieben steht. In diesen<br />

Worten, durch die Christus sich bereit erklärt, in die Welt zu kommen, offenbart<br />

sich Christi Wille, durch seine Selbstaufopferung Gottes ganzen Ratschluss<br />

zu erfüllen, die Feindschaft zwischen uns <strong>und</strong> Gott aufzuheben <strong>und</strong><br />

die Gerechtigkeit wiederzubringen: weshalb es auch V.10 heisst: ”Ich will<br />

predigen die Gerechtigkeit in der grossen Gemeinde.” Auch bei der Taufe<br />

spricht Jesus seinen Willen aus, der dahin geht, dass es sich zieme, alle<br />

Gerechtigkeit zu erfüllen. Mt 3,15. Johannes des Täufers Wille ist, dass<br />

Christus lieber ihn taufe; das wäre jedoch eine Erlösung ohne Genugtuung<br />

gewesen. Christus aber will erst Genugtuung leisten, will sich selber erst hineinwerfen<br />

in den Tod des Wasserbades, will Gottes gerechter Anforderung,<br />

die in dieser Taufe an alles Fleisch erging, genügen, auf dass er Gottes<br />

Wohlgefallen sich im Namen der an ihn Glaubenden erwerbe <strong>und</strong> Gott also<br />

zur Rehabilitation herausfordere, die dann auch erfolgte nach Mt 3,17.<br />

Die darauffolgende, durch das Festhalten an Gottes Wort siegreich bestandene<br />

Versuchung durch Satan (Mt. 4; Lk. 4) war eine Bewährung an unsrer<br />

Statt; in der selbsterwählten, <strong>und</strong> konsequent von ihm durchgeführten <strong>Erniedrigung</strong><br />

hat Christus unsere Erlösung beschafft.<br />

Auch der Wille seiner Jünger. besonders Petrus, demzufolge Jesus dem Leiden<br />

zu Jerusalem aus dem Wege gehen sollte, wird von Jesus abgewiesen.<br />

123 Vgl. mein Werk: Von der lncarnation des göttlichcn Wortes, Seiten 19.110.


Mt. 16,22.23 (ska/ndalo/n mou ei>). Jesus behauptet seinen auf unsere Errettung<br />

abzielenden Willen. Ganz so handelt er in Gethsemane Mt. 26,39<br />

<strong>und</strong> bei der Gefangennahme 26,53.54; Joh. 18,8. Auch am Kreuz stirbt Jesus<br />

freiwillig; er neigt zuvor das Haupt <strong>und</strong> stirbt sodann, Joh. 19,30. Da<br />

erfüllte sich sein Wort: ”Niemand nimmt das Leben von mir; – er selber ist<br />

es, der seinen Geist in die Hände des Vaters übergibt, Joh. 10,17.18. Den<br />

gesamten Zustand der <strong>Erniedrigung</strong> fasst der Hebräerbrief auf Gr<strong>und</strong> von<br />

Ps. 8,5-7 in das Wort zusammen, dass Jesus geringer gemacht sei, als die<br />

Engel, auf dass er den Tod schmecke für alles (ihm Gegebene) Hebr. 2,9. In<br />

dieser Weise hat er von seinem Lebensanfang bis zum Ende desselben am<br />

Kreuze seinen Willen gehorsam dem Willen des Vaters untergeordnet, Phil.<br />

2,8. Worauf nun dieser Wille des Vaters im letzten Gr<strong>und</strong>e abzielte – daran<br />

wollen wir hier mit den Worten Jesajas nur erinnern Kap.53,10: ”Wenn seine<br />

Seele ein Schuldopfer wird gebracht haben, so wird er Samen sehen <strong>und</strong><br />

der Rat des Herrn wird Fortgang haben durch ihn.” Vgl. Bernhard, In ascensione<br />

Domini Sermo III,2: Singularis illa maiestas voluit mori, ut viveremus,<br />

servire ut regnaremus, exsulare ut repatriemur et usque ad servilissima<br />

opera inclinari, ut constitueret nos super ornnia opera sua.<br />

Bernhard hat die Weise, wie die göttliche Natur an der <strong>Erniedrigung</strong> teilgenommen,<br />

treffend angedeutet, nach dem Vorgang von Cyrill (§ 58) <strong>und</strong><br />

Hilarius in der alten Kirche. Der Erlöser hat alle göttlichen Eigenschaften an<br />

sich,<br />

aber wie Bernhard treffend bemerkt, er übt sie im Werke der Erlösung mit<br />

Anstrengung, was von dem Werke der Schöpfung nicht zu sagen ist. 124 In<br />

der Tat: was kann hier auch die maiestas ausrichten, wo nur die humilitas<br />

das Feld behauptet. Die Beweise für das Wirken der göttlichen Natur, sie<br />

liegen in der Krippe; sie begegnen uns dort, wo der Erlöser leidet <strong>und</strong> bezahlen<br />

muss, was er nicht geraubt hat (Ps 69,5); wo er sich durch Geisseln<br />

den Rücken aufreissen, beleidigen <strong>und</strong> ans Kreuz nageln lässt; wo er ruft:<br />

”Mich dürstet!”; wo er stirbt <strong>und</strong> drei Tage im Schoss der Erde liegt! Wir<br />

sagen, in diesen Werken hat der Erlöser stärker seine Gottheit bewiesen, als<br />

es durch lange Beweisreden über dieselbe je hätte geschehen können. Er tut<br />

hier in der Tat nur dasjenige, was er als Schöpfer <strong>und</strong> Erhalter der Welt je<br />

<strong>und</strong> je getan, wie solches Bernhard in sehr zutreffender Weise hervorhebt in<br />

s. Canticum canticorum, sermo VI,3: ”Dum in carne et per carnem facit opera<br />

non carnis sed Dei, naturae utique imperans superansque fortunam, stultam faciens<br />

sapientiam hominum daemonumque debellans tyrannidem, manifeste ipsum<br />

se esse indicat, per quem eadem et ante fiebant, quando fiebant. In carne, inquam,<br />

et per carnem potenter et patenter operatus mira, locutus salubria, passus<br />

indigna, evidenter ostendit, quia ipse sit, qui potenter sed invisibiliter secula condidisset,<br />

sapienter regeret, benigne protegeret. Denique dum evangelizat ingratis,<br />

signa praebet infidelibus, pro suis crucifixoribus orat, nonne liquido ipsum se esse<br />

124 Bernhard, Sermo XX,2: Multum quippr laboravit in co salvator, ncc in amni m<strong>und</strong>i fabrica tantum<br />

fatigationis auctor assumsit. IDa dcniquc dixit, ct facta sunt, mandavis et creata sunt (Ps 33,9). At vrio hic<br />

rt in dictir suis sussinuit cont- radictorcs e t in factis obscrvatorcs ct in tormcn6s illusons rt iu morte<br />

cxprobmton.s. Ecce quomodo dikxit. Ferner vgl. sermo in Ferin IV. Hebdomadae sanctae $ 13. Vidc<br />

rrgo quam magnificaverit faccre t e cum ilLt maicstas. Dc omnibus, quar in roek ct sub roslo sunt, dixit, et<br />

facta sunt (Ps 148,5). Et qaid facilius dictu.’ S ~ d nunquid solo v e rbo factum cst, mm tc qunn fic e rat<br />

refccit.’ Triginta et tribm annis supra tcrram visus, rt cum hominibus conversatus, etiam habuit m factis<br />

calumniatorts, in dictis iinsultatons ctc. Quarr hoc. ~ Quia vcrbum a sua subtilitate descenckrar ct grossius<br />

accepc rat indummsum. Nam vcrbum caro factum crat, ct icko grossiori rt morosiori opcrc utebatur.


declarat, qui cum patre suo quotidie oriri facit solem super bonos et malos, pluit<br />

super iustos et iniustos?” Zu dieser Stelle bemerkt Ritschl (Studien <strong>und</strong> Kritiken<br />

1879, S. 324) unter anderem Folgendes. Passus indigna: ”Die Erduldung<br />

von Gegenwirkungen die seiner unwürdig sind, kann Christus unter<br />

dem Gesichtspunkt beigelegt werden, dass dieselbe das Mittel ist, durch welches<br />

er die Weltordnung auf das Heil der Menschen hinweist <strong>und</strong> gütig<br />

leitet. Die Allmacht steht, nach Bernhard, nicht dem Leiden oder der Geduld<br />

Christi entgegen.” Es ist dies eine wahre <strong>und</strong> fruchtbare Durchführung<br />

der communicatio idiomatum, fügen wir hinzu. Wir werden nun sagen, dass<br />

auch die Fleischwerdung des Logos unter dem Gesichtspunkte des Erduldens<br />

von etwas seiner Unwürdigem aufgefasst werden darf, ein Erdulden,<br />

dem sich der Logos aus grosser Liebe zu dem gefallenen Menschen unterzogen<br />

hat <strong>und</strong> wobei er der Allmacht nicht, wie die Vertreter der Kenosis<br />

wollen, entraten konnte, sondern ihrer erst recht bedurfte. Und wir sind<br />

gewiss nicht genugsam in dem göttlichen Wesen zu Hause, um in Abrede<br />

zu stellen, dass dieses Zusammenwohnen des Starken mit dem Schwachen<br />

möglich gewesen sei. Insofern aber die Liebe den Logos zur Fleischwerdung<br />

bewog, so kann er selbst seinen Kreuzestod unter den Gesichtspunkt<br />

der Erhöhung <strong>und</strong> Verherrlichung stellen Joh. 17, 1; vgl. 12,23). Der Akt<br />

der höchsten Demut <strong>und</strong> Selbstverleugnung war zugleich der Akt der Verherrlichung<br />

des Sohnes Gottes. Bernhards Aussagen greifen also in die Tiefen<br />

des Geheimnisses der Gottseligkeit, <strong>und</strong> die Reformatoren, bes. Luther,<br />

haben Ähnliches gesagt (Ritschl III.S. 365f.) Ebenso tiefsinnig sind schon<br />

die merkwürdigen Stellen über dieses Geheimnis bei Hilarius, z.B. in De<br />

trinitate IX,14.: Deo proprium fuit, esse aliud, quam manebat, nec tamen non<br />

esse quod manserat: nasci in hominem Deum nec tamen Deum esse desinere,<br />

contrahere seusque ad conceptum et cunas et infantiam, nec tamen Dei potestate<br />

decedere. Hoc non sibi sed nobis est sacramentum, neque assumtio nostra Deo profectus<br />

est, sed contumeliae suae voluntas nostra perfectio est, dum nec amittit ille,<br />

quod Deus est et homini acquirit, ut Deus sit. Mit diesen Worten will Hilarius<br />

das w<strong>und</strong>erbare Geheimnis, von dem wir im § reden, nach Möglichkeit uns<br />

nahe bringen. Menschliche Natur geht vom Niederen zum Höheren, nicht<br />

so die göttliche. ”Gott (so übersetzen wir Obiges) war es eigentümlich, ein<br />

anderes zu sein, als was er verblieb, <strong>und</strong> doch nicht nicht zu sein, was er<br />

verblieben war (e>n morfh~ ceou~): als Mensch geboren zu werden, <strong>und</strong> doch<br />

nicht aufzuhören, Gott zu sein; sich zusammenzuziehen bis zu Empfängnis<br />

<strong>und</strong> Wiege <strong>und</strong> Kindesweise, <strong>und</strong> doch der Gottesmacht nicht zu entsagen.<br />

Das ist ein Geheimnis nicht für ihn, sondern uns zu gut. Auch ist das Annehmen<br />

unserer Natur für Gott kein Fortschritt: aber dass er sich solche<br />

Schmach antun wollte, geschieht zu unserer Vollendung, da er nicht verliert,<br />

was er als Gott ist, <strong>und</strong> dem Menschen erwirbt, dass er Gott werde. Man<br />

vgl. über Hilarius G. Thomasius, Christi Person <strong>und</strong> Werk II, S. 172-189.<br />

Wegen seines Gehorsams bis zum Tode hat nun Gott auch Jesus erhöht,<br />

<strong>und</strong> zwar, um so höher erhoben, je tiefer seine <strong>Erniedrigung</strong> zuvor gewesen.<br />

Phil. 2,9. 125 Die Erhöhung oder der status exaltationis beginnt mit der Auferstehung.<br />

Durch diese Auferstehung wird der Erlöser nach Röm. 1,4 öffentlich<br />

erwiesen als der Sohn Gottes, der er war. Er hat sich den Sohnes-<br />

125 Die lutherische Dogmarik muss stattdessen sagen: „der Logos hat sich selbst erhöht.“


namen verdient durch seine Werke, verdient hat er ihn sich für uns, Hebr.<br />

1,4, <strong>und</strong> bestätigt wird ihm dieses sein Verdienst durch die Auferstehung.<br />

Dasselbe empfängt durch die Auferstehung eine für alle ersichtliche Anerkennung.<br />

Weiter offenbart Jesus bei der Auferstehung seine siegende Macht<br />

über den Tod, Apg. 2,24; Röm. 6,9; 1.Kor 15,55.57; er zeigt dadurch öffentlich,<br />

dass sein Werk vollbracht <strong>und</strong> unsere Frei- <strong>und</strong> Gerechtsprechung<br />

vor Gottes Gericht vollzogen sei, indem das Haupt freigesprochen ist. Röm.<br />

4,25; 1.Kor 15,17.<br />

Endlich begründet Christus durch seine Auferstehung die Hoffnung der<br />

Seinen auf eine gleichfalls herrliche Auferweckung ihres Leibes: 1.Kor<br />

15,2022.45-49. Und zwar ist diese Auferstehung eine leibliche gewesen, die<br />

sich den zweifelnden Jüngern unwiderstehlich aufdrängte. Der Evangelist<br />

Markus (16,11-14) hebt die Zweifel der Jünger ganz besonders hervor.<br />

Desgleichen stehen Petrus <strong>und</strong> Paulus mit ihrer ganzen Autorität für die<br />

leibliche Auferstehung des Herrn ein; dieselbe ist ein Gr<strong>und</strong>bestandteil der<br />

apostolischen Verkündigung. Apg. 2,31; 1.Kor 15,4-8. Und wahrlich,<br />

nachdem die Auferstehung Christi lange zuvor verheissen worden durch<br />

David <strong>und</strong> die Propheten, z.B. Ps 16,10.11; Jes. 53,8.10.12; 55,3 vgl. Apg.<br />

2,31; 13,34.35 – so ist es nur billig, dass sie endlich auch eintrete. Auf der<br />

Tatsache der leiblichen Auferstehung Christi ruht unser ganzes Heil (vgl.<br />

1.Petr 1,3) <strong>und</strong> besonders unseres Leibes Auferstehung nach 1.Kor<br />

15,19.22.23.<br />

Die mit der Auferstehung beginnende Erhöhung vollendet sich in der<br />

Himmelfahrt <strong>und</strong> dem Sitzen zur rechten Hand Gottes. Röm. 8,34; 1.Petr<br />

3,22. Mt 26,64. Lk. 24,51. Apg. 1,9.11; 3,21.<br />

Was da zu unserem ewigen Heil auf Erden begonnen – das vollendet sich in<br />

den Regionen des Himmels. Die sichtbare <strong>und</strong> tastbare Gegenwart des<br />

Herrn ward zunächst 40 Tage hindurch den Jüngern wiederholt gewährt.<br />

Da sahen sie, dass er lebte <strong>und</strong> gesiegt hatte, <strong>und</strong> somit keine Verdammnis<br />

mehr vorhanden sei für sie. Röm. 8,34. Und als er nun sichtbar vor ihren<br />

Augen gen Himmel fuhr – da befestigte sich die Überzeugung: dass der mit<br />

der Auferstehung gefeierte Triumph ein ewiger sei. Sie lernten dadurch<br />

(Heid. Kat. 49): dass ihr Fleisch <strong>und</strong> Blut im Himmel sei als ein sicheres<br />

Pfand, dass er, als das Haupt, uns seine Glieder auch zu sich werde nehmen,<br />

Joh. 14,3. Sie lernten, dass ihr Bruder <strong>und</strong> Herr als Fürsprecher bei dem<br />

Vater die einmal erworbene Erlösung fort <strong>und</strong> fort geltend machen werde.<br />

Es stand seitdem bei ihnen fest: dass, wie Joh. 14,18 verheissen, Christus<br />

auch von dort aus seine Kirche regieren, ihr seinen Geist senden, <strong>und</strong> endlich<br />

von dort her zum Gericht wiederkommen <strong>und</strong> seine Kirche einsammeln<br />

werde in das Reich der ewigen Herrlichkeit. Joh. 14,16-18; 16,13.14; Apg.<br />

1,11; Röm. 4,25; Hebr. 7,25.26; 9,24; Kol. 3,4; 1. Thess. 4,14-17.<br />

Beides, die Auferstehung <strong>und</strong> die Himmelfahrt, wird gern im Neuen Testament<br />

als ein Stück der Erhöhung zusammengefasst: Phil. 2,9; Eph. 4,8-<br />

10; Kol. 2,15; 1.Tim 3,16; Hebr. 1,3. Beides wird auch als ein Lohn für die<br />

Arbeit der Seele Christi angeschaut: Phil. 2,9; Hebr. 2,9; vgl. Jes. 53,10. Es<br />

erteilt ihm der Vater, als dem Mittler Gottes <strong>und</strong> der Menschen, einen<br />

Lohn, der bereits in dem ewigen Ratschluss festgesetzt worden: Jes. 53,10.<br />

Christus trägt die Erhöhung als einen Kampfpreis davon, <strong>und</strong> zwar als der<br />

Mittler <strong>und</strong> unser Stellvertreter. An allen Orten der heiligen Schrift, wo von


Christus ein Erben <strong>und</strong> eine Besitznahme ausgesagt wird, oder wo es heisst,<br />

dass ihm etwas geschenkt worden, ja dass er gekrönt <strong>und</strong> als etwas deklariert<br />

worden ist, dass ihm alles unter die Füsse gelegt worden, gilt solches von<br />

dem Mittler Gottes <strong>und</strong> der Menschen, dem Menschen Christus Jesus <strong>und</strong><br />

zugleich wahrhaftigem Gott. Mt 28,18 (potestas offici nach Olevian) Röm.<br />

1,4; Hebr. 1,2-4; 2,8.9; 5,5.6; 1.Kor 15,25.27 – vgl. Ps 8,7; Phil. 2,9;<br />

Eph. 1,20-23. Auf unsere Seite wollte der Sohn Gottes ganz <strong>und</strong> gar hinübertreten,<br />

<strong>und</strong> als des Menschen Sohn sich alles erwerben <strong>und</strong> mitteilen<br />

lassen, was uns fehlte, auf dass er es fortan als die reife Frucht seines prophetischen,<br />

hohenpriesterlichen <strong>und</strong> königlichen Amtes durch Vermittlung des<br />

heiligen Geistes seiner Gemeinde zufliessen lasse. In solchem Willen Christi<br />

hat das selige Geheimnis seiner <strong>Erniedrigung</strong> <strong>und</strong> Erhöhung seinen Gr<strong>und</strong>.<br />

Die Weise also, in der die menschliche Natur Christi an der Erhöhung <strong>und</strong><br />

Verherrlichung des Erlösers, teilnimmt, ist durchaus nicht durch eine der<br />

Konsequenz des Systems entstammende Formel zu bestimmen, wie in der<br />

Lutherischen Kirche bei Aufstellung des tertium genus der Communicatio<br />

idiomatum geschah (des g. maiestaticum). Mit Recht wiesen die reformierten<br />

Theologen (z.B. Zanchius, Opp. tom. VIII,170ff <strong>und</strong> Maresius, Systema<br />

loc. IX,35-37) es ab, dass solche Mitteilung der göttlichen Eigenschaften<br />

an die menschliche Natur Christi, sei es von dem Moment der Fleischwerdung<br />

an, sei es von der Erhöhung an stattgehabt habe (beides wird vertreten<br />

unter den Lutheranern). Eine derartige Mitteilung göttlicher Eigenschaften<br />

zerstört den festen Gr<strong>und</strong> unsres Glaubens, indem sie die wahre menschliche<br />

Natur verflüchtigt <strong>und</strong> auf Eutychianismus hinauszulaufen droht.<br />

Bei dem genus majestaticum der Lutherischen Kirche verliert der Glaube<br />

sein Objekt, die natura humana geht auf in die divina <strong>und</strong> die Früchte des<br />

hohenpriesterlichen Amtes Christi werden verflüchtigt.<br />

Die natura humana wird die natura divina. In der Vergangenheit läge, was<br />

Christus getan, sein allgegenwärtig gewordener Leib zeigte keine W<strong>und</strong>enmale<br />

mehr – <strong>und</strong> was an dem Herrn das teuerste ist für die Gemeinde, seine<br />

Niedrigkeit auch in der Erhöhung, wonach er bittet für uns, Hebr. 7,25,<br />

<strong>und</strong> abwartet, bis Gott ihm alle seine Feinde zu Füssen legt, wäre nur noch<br />

in der Erinnerung konserviert. Vor unseren Augen stände die zufolge der<br />

Transfusion der essentiell göttlichen Eigenschaften in die menschliche Natur<br />

nun erst vollständig gewordene persona ceancrw/pou: ein ganz erschreckliches<br />

Wesen, vor dem wir zittern müssten, wenn wir seiner gedenken. Non<br />

enim finitum ab infinito potest adaequate inhabitari, quidquid kontra pertendant<br />

Ubiquitarii, sagt sehr richtig Maresius (Systema, loc. IX,30). Und wir<br />

fügen, im Hinblick auf Olevians Ausführungen betreffs dieses Problems,<br />

hinzu: Wer uns den nexus, welchen die göttliche <strong>und</strong> menschliche Natur des<br />

Erlösers hier auf Erden gehabt, auflösen wollte, löst für uns das Erlösungswerk<br />

auf, das ewig an der wahren menschlichen Natur haftet, <strong>und</strong> leugnet,<br />

dass wir ihn so wiederkehren sehen werden, wie ihn die Apostel von hinnen<br />

haben gehen sehen (Apg. 1,11; vgl. Hebr. 9,28). Dies war ja gerade die<br />

Sünde Adams, dass er Gott gleich sein wollte; Christus kam, diesen Schaden<br />

zu heilen (contrario remedio wie Olevian, De substantia foederis gratuiti<br />

I,6,31 sagt). Wie sollte der Erlöser nun die geschaffene menschliche Natur<br />

gleichwohl vergotten lassen <strong>und</strong> die Grenzen zwischen beiden Seinsweisen<br />

überschreiten? Wir sagen vielmehr mit Olevian (1 c. g 31): Ut dixi: summa


gloria est humilitas palam manifestata: quod nimirum in coelesti luce humiliatio<br />

in terra exhibita aeternam vim exserit coram Patre, et in animo Sacerdotis, qui<br />

utcunque patiendo non amplius se humiliet, humiliationis tamen in terra exhibitae<br />

dignitate palam manifestata fulget; eiusque fons, quod mitis sit Pontifex et<br />

humilis corde haudquaquam exaruit. Quin potius e luce et throno coelesti in coelum<br />

et terram scaturit intercedendo pro nobis, non seorsim a Lo/gw; (neque enim<br />

est individuum per se subsistens humana natura) sed Lo/gw in aeternum unita.<br />

Diese Worte Olevians, die entnommen sind aus dem gewichtigen 6. Abschnitt<br />

seines Werkes vom Wesen des Gnadenb<strong>und</strong>es, lauten: ”Wie ich gesagt<br />

habe: die höchste Herrlichkeit (des erhöhten Mittlers) ist die vor der<br />

Welt geoffenbarte Demut, wonach also die auf Erden bewährte Demut droben<br />

im himmlischen Lichte ihre ewige Kraft vor dem Vater beweist <strong>und</strong><br />

(zugleich) im Gemüte des Hohenpriesters (Christi), der, obschon selbst<br />

nicht mehr durch Leiden sich erniedrigend, gleichwohl durch die Würdigkeit<br />

seiner hier auf Erden bewiesenen Demut, die nunmehr vor aller Augen<br />

offengelegt wird, sich in seinem wahren Glanze zeigt. Und das geschieht so,<br />

dass die Quelle, wonach er ein sanfter <strong>und</strong> von Herzen demütiger Hoherpriester<br />

ist, keineswegs versiegt ist, sondern vielmehr reichlich fliesst aus<br />

dem himmlischen Lichte <strong>und</strong> vom Thron herab, sich über Himmel <strong>und</strong> Erde<br />

verbreitend, dadurch dass er für uns bittet. Und dies tut die menschliche<br />

Natur nicht abgesondert von dem Logos (denn sie ist nichts für sich bestehendes)<br />

sondern als mit dem Logos ewiglich vereint.” Die Einheit der Person<br />

des Logos wird überhaupt nicht durch menschliche Mittel der theologischen<br />

Spekulation gefördert; – wenn wir sie nicht im Glauben besitzen <strong>und</strong><br />

antizipieren, so werden wir sie durch kein Netz der theologischen Spekulation<br />

zusammenhalten können. – Wenn also Christus Joh. 17,5 bittet: Und<br />

nun, Vater, verherrliche mich mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, vor<br />

dem dass die Welt war – so fordert er nicht für seine menschliche Natur eine<br />

Fülle der Herrlichkeit, welche er in der Ewigkeit besessen (diese hatte er ja<br />

nie abgelegt), sondern diese Herrlichkeit ist die im ewigen Friedensrate nun<br />

auch für die Seinen bestimmte. Und diese kam dem Erlöser wirklich zu in<br />

den grossen Akten der Auferstehung, Himmelfahrt <strong>und</strong> dem Sitzen zur<br />

Rechten Gottes, kurz in der ganzen vom Erlöser wiederholt (auch beim<br />

letzten Passamahl, Lk 22,16) in Aussicht genommenen Zukunft, die auf<br />

sein Dulderleben folgen sollte. (Vgl. das Erben des Sohnesnamens, den er<br />

bereits besass, Hebr. 1,4.)<br />

Was nun besonders die Art des Leibes Christi seit der Erhöhung betrifft, so<br />

ist dieselbe von dem festen Gr<strong>und</strong>e der Auferstehung aus zu bestimmen.<br />

Christus behielt seinen beschränkten menschlichen Körper; aber so, dass<br />

derselbe frei sich bewegt als ganz gefügiges Organ des in ihm wohnenden<br />

Geistes. Bald erscheint Christus hier, bald dort den Jüngern, selbst bei verschlossenen<br />

Türen tritt er ein Joh. 20,26. Was aber vom Leibe der Auferstehung<br />

gilt, gilt auch von dem Leibe, den der Erlöser bei der Himmelfahrt<br />

mit sich nahm. Wie ihn die Jünger auf Erden gesehen, so wird er<br />

wiederkommen, Apg. 1,1 1; so sahen ihn später Stephanus Apg. 7,55 <strong>und</strong><br />

Paulus Apg. 22,14; 1.Kor 15, 8. Auch der Leib Christi nimmt also nur in<br />

dem Masse teil an der Erhöhung <strong>und</strong> dem Mitbesitz göttlicher Majestät, als<br />

es ihm durch die ihm eigene lokale Beschränktheit <strong>und</strong> Begrenztheit<br />

möglich ist. Endlich darf dieser Leib Christi nie seine Ähnlichkeit mit dem<br />

unsrigen verlieren, weil er das Urbild unsres verklärten Leibes sein soll (Phil


verlieren, weil er das Urbild unsres verklärten Leibes sein soll (Phil 3,21;<br />

1.Kor 15,49). Es muss daher dem Christenherzen billig weh tun, dass über<br />

diese Ubiquitätslehre so viel Streit stattgef<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> dadurch Bande gelöst<br />

wurden, die unzerreiRbar hätten sein sollen.<br />

Diesen doppelten Stand der <strong>Erniedrigung</strong> <strong>und</strong> Erhöhung charakterisiert<br />

ebenfalls die verschiedene Stellung, die der Geist Gottes einmal zum Fleisch<br />

gewordenen, sodann aber zum erhöhten Erlöser einnimmt. Der Logos wurde<br />

ja, was er nicht war; er wurde Fleisch. Und da war er nun als Fleischgewordener<br />

in dem Falle, mit dem heiligen Geist noch erst erAillt zu werden,<br />

damit er in allem uns gleich wäre: Jes. 11,2; 42,1; 61,1; Lk 4,18. 126 Der<br />

Geist Gottes kam bereits bei der Empfängnis im mütterlichen Schoss über<br />

den Erlöser <strong>und</strong> ist seitdem bei ihm geblieben. Die Stellung unseres Herrn,<br />

als des Mittlers <strong>und</strong> Bürgen der Seinen, als des unter die Engel Erniedrigten,<br />

Hebr. 2,9, als des zweiten Adam: – diese Stellung brachte es mit sich, daR<br />

er in Abhängigkeit vom Geiste Gottes dastand, dass er an der Hand des<br />

Geistes <strong>und</strong> von ihm gehalten wandelte, Mt 4,1; Lk 4,1. Seine Stellung als<br />

der zweite Adam brachte es mit sich, dass er vom heiligen Geiste sich die<br />

Gaben mitteilen lassen wollte, die er zu seinem Werke jeweilig nötig hatte.<br />

Welche die Gaben waren, mit denen der heilige Geist Christus ausgerüstet,<br />

das ist klar – es sind Amtsgaben, <strong>und</strong> nicht etwa göttliche Eigenschaften, die<br />

die göttliche Natur der menschlichen in Christus mitgeteilt hätte. Wir lernen<br />

sie kennen aus Jes. 11,1-5; 42,1.2; 61,1.2. Es sind Gaben, deren der Messias<br />

als Prophet, Hoheryriester <strong>und</strong> König bedarf. Unter diesen Gaben ragt die<br />

humilitas, die Demut, 127 hervor, von der Jes. 52,13.14 als des einen<br />

Lineaments Christi prophezeit. Zugleich ersehen wir hieraus, dass der<br />

Tätigkeit des heiligen Geistes Spielraum genug geboten war; denn bei der<br />

Leitung des Messias durch den heiligen Geist war es nicht etwa genügend,<br />

dass die göttliche Natur in die menschliche ihre Gaben übergoss, sondern<br />

der fleischgewordene Logos erhielt besondere Amtsgaben, die von den<br />

wesenhaften Eigenschaften Gottes (dona essentialia) wohl zu unterscheiden<br />

sind. Unser Herr im Stande seiner <strong>Erniedrigung</strong> tat nichts ohne den<br />

heiligen Geist; alles vielmehr tat er, durch denselben getrieben; er wandelte<br />

nicht im Schauen, sondern im Glauben. Der Geist macht sich Jesus zum<br />

gefügigen Organ seines Wirkens. Mt 4,1; 12,18.28; Lk 4,14.18; Joh. 3,34;<br />

Apgl,2; Jes. 11,2ff.; 42,1; 61,1.2. Auch seine Aufopferung ist in der Kraft<br />

dieses Geistes geschehen Hebr. 9,14, <strong>und</strong> die Auferstehung ist nach<br />

Massgabe des Geistes der Heiligung vor sich gegangen, d.h. unter der<br />

GutheiRung desselben: Röm.1,4; 1.Petr 3,18. Der Geist Gottes ist es, der<br />

den Fleisch gewordenen Logos überschattet, ihn mit Kraft ausrüstet (Apg.<br />

10,38) – Gott war mit ihm – ihn aufrecht erhält, ja wieder aufrichtet, indem<br />

er einmal selbst sichtbar in Gestalt einer Taube auf Jesus herabkommt Lk<br />

3,22.<br />

126 Unsere alten reformierten Dogmariker Fassen diese Mitteilung von Gaben (grariae habiruales) als eine<br />

Konsequenr. der unio naturarum auf, aber nach den oben angeFührten Schriftstellen kommen diese Gaben<br />

durch die Mittei- lung des heiligen Geistes auf Christus herab, eine Mitteilung, die auch den Propheren<br />

zureil wurde. Der Unter- schied liep lediglich in dem ov’ yap ex pr’rpou goh 3,3 4 ) d.h: ei non – ur<br />

ceteris – admetitur (=zumessen’ l Deus Spiritum; Chrisrus empFängt gemäR der Wichtigkeic seines Berufs<br />

Gaben in Fülle. Un 5 re AIren widersetzen sich gerade zu dieser Stelle rapfer der Lurherischen Annahme<br />

einer Mirreilung der metaphysischen göttlichen Caben ohne MaR (Maresius IX,32).<br />

127 Vgl, Olevian, De subst, foed. gr. 1,6 § 30.


Von der Erhöhung an dagegen verfügt unser Herr über diesen Geist Gottes<br />

als seinen, des Fleisch gewordenen Geist;<br />

er verfügt über den Geist Gottes, dessen Einwohnen in unseren sterblichen<br />

Leibesorganen er erworben, der daher auch der Geist des Sohnes heisst. Gal<br />

4,6; Röm.8,10.11; Phil 1,19. Ja, der erhöhte Christus selber wird ihn senden<br />

Joh. 15,26; er giesst ihn aus Apg 2,33. Mit dem Hingang Christi zum<br />

Vater hängt namentlich die ausserordentliche Geistesausgiessung am<br />

Pfingstfeste in Apg 2 zusammen nach Joh. 14,12.16-18; Apg 2,33: denn er<br />

hat den Geist erworben; ferner hat er, das gehorsame Kind Gottes, den<br />

Geist der Kindschaft uns erworben, kraft dessen wir nunmehr Gott mit dem<br />

Vaternamen nennen laut Röm.8,15; Gal 4,4.5. Was wir fortan sind, wissen,<br />

wollen <strong>und</strong> können durch Wirkung des heiligen Geistes – das ist alles sein<br />

Erwerb, eine Frucht der Arbeit seiner Seele; das hat er alles dargestellt, s.<br />

1.Petr 1,2ff.; 2.Thess 2,13f.<br />

Wir kommen nunmehr auf den Wert der <strong>Erniedrigung</strong> <strong>und</strong> Erhöhung unseres<br />

Herrn für uns zu reden. Diesen Wert aber können wir nicht anders als<br />

nach dem in den zwei Ständen vollführten Werke beurteilen <strong>und</strong> somit<br />

kommen wir zu dem Lehrstück von dem Werke Christi.“<br />

Zum Schluss dieser Ausführungen möchte ich noch Donald Guthrie zitieren:<br />

„Die grösste Bedeutung der Auferstehung besteht in ihrem Beitrag zu<br />

unserem Verständnis der Person <strong>und</strong> des Werkes Christi. Denn, dass der<br />

präexistente Christus Mensch wurde können wir uns nur vorstellen, wenn<br />

die Auferstehung ein reales Ereignis war. Anderenfalls müsste man eine Unterscheidung<br />

machen zwischen einer göttlichen Person, die nie wirklich<br />

Mensch wurde <strong>und</strong> nie gestorben ist (die doketische Ansicht) <strong>und</strong> einer<br />

menschlichen Person, die nicht göttlich war <strong>und</strong> starb, aber nie von den Toten<br />

auferstand. In beiden Fällen müssten Teile der neutestamentlichen Beweislage<br />

wegerklärt werden. Nur der Glaube in das Ereignis der Auferstehung<br />

kann die Kontinuität gewährleisten, die notwendig ist, wenn die Auffassung<br />

von Jesus als Gott <strong>und</strong> Mensch aufrecht erhalten werden soll. Keine<br />

andere Sicht von ihm ist möglich, wenn die Beweislage des NT ernst genommen<br />

wird“ 128 .<br />

2.5. Jesu Selbstverständnis<br />

Gr<strong>und</strong>sätzliches<br />

(Phil.2,7 kenosis teilweise freiwilliger Verzicht)<br />

Wusste Jesus von seiner Gottheit? Die kritische Theologie lehnt seine Messianität<br />

ab / Jesus war ein blosser Mensch! (vgl. Bultmann, S.26-28 in der<br />

NT-Theologie über die Messiasstellen: sie sind historisch nicht relevant;<br />

sind nicht Selbstzeugnis, sondern von Evangelisten zurückprojizierte Ostergeschichte)<br />

Für Bultmann ist es eine Wunschprojektion!<br />

Wenham schreibt in "Christ and the Bible", S.43ff: Jesus wusste nicht alles<br />

(vgl. Lk.2,52, Mk.6,38; 5,9.30; 9,21; 11,13; Mt.24,36; Mk.13,32), aber<br />

alles was er lehrte ist absolute Wahrheit. Vergleiche hierzu den Wachstums-<br />

128 Guthrie Donald, „New Testament Theology“, S.390.


prozess bei Jesus parallel zu seinem physischen Wachstum in Lk.2,52.40;<br />

(3,23 - Auftreten mit 30 Jahren). Rätselursache für Familie (sündlos - es<br />

zog ihn zu Gottes Wort, Lk.2,46ff).<br />

Er empfing jedoch den Heiligen Geist nicht erst bei der Taufe (= Doketismus<br />

/ Joh.1,29-34 belegt Zeichencharakter, Bestätigung für Johannes <strong>und</strong><br />

die Zuhörer). Keine Bewusstseinsenthüllung. / In Joh.12,28ff finden wir<br />

nochmals die Stimme als Zeichen (vgl. Berkhof, S.317) / Jesus, wahr in seinen<br />

Worten: Mt.24,35p; 7,24-26; Lk.6,46-49; Mk.8,38p; Lk.9,26).<br />

(a) Jesus nennt Gott seinen Vater als Selbstzeugnis - Mt.11,27; Lk.23,46<br />

u.ö.<br />

(b) Jesus als Sohn Joh.5,19-27 (10x hyios) 8,36; 10,36 u.ö.<br />

(c) Jesus weiss, dass er der Messias ist oder bestätigt Aussagen über ihn<br />

<strong>und</strong> weist sie nicht zurück.<br />

Mt.16,13ff: 13 Als aber Jesus in die Gegenden von Cäsarea Philippi gekommen war, fragte er seine Jünger<br />

<strong>und</strong> sprach: Was sagen die Menschen, wer der Sohn des Menschen ist? 14 Sie aber sagten: Einige: Johannes<br />

der Täufer; andere aber: Elia; <strong>und</strong> andere wieder: Jeremia oder einer der Propheten. 15 Er spricht zu<br />

ihnen: Ihr aber, was sagt ihr, wer ich bin? 16 Simon Petrus aber antwortete <strong>und</strong> sprach: Du bist der<br />

Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. 17 Und Jesus antwortete <strong>und</strong> sprach zu ihm: Glückselig bist<br />

du, Simon, Bar Jona; denn Fleisch <strong>und</strong> Blut haben es dir nicht geoffenbart, sondern mein Vater, der in<br />

den Himmeln ist. 18 Aber auch ich sage dir, dass du bist Petrus, <strong>und</strong> auf diesem Felsen werde ich meine<br />

Gemeinde bauen, <strong>und</strong> des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen. 19 Und ich werde dir die Schlüssel<br />

des Reiches der Himmel geben; <strong>und</strong> was immer du auf der Erde binden wirst, wird in den Himmeln<br />

geb<strong>und</strong>en sein, <strong>und</strong> was immer du auf der Erde lösen wirst, wird in den Himmeln gelöst sein. 20 Dann<br />

gab er seinen Jüngern strenge Weisung, dass sie niemand sagten, dass er der Christus sei. (Mk.8,27ff;<br />

Lk.9,18ff)<br />

Mt.22,42: "... <strong>und</strong> sagte: Was haltet ihr von dem Christus? Wessen Sohn ist er? Sie sagen zu ihm: Davids".<br />

(Mk.12,35; Lk.20,41)<br />

Mt.23,10: "Lasst euch auch nicht Meister nennen; denn einer ist euer Meister, der Christus".<br />

Mt.26,63f: "Jesus aber schwieg. Und der Hohepriester sagte zu ihm: Ich beschwöre dich bei dem lebendigen<br />

Gott, dass du uns sagst, ob du der Christus bist, der Sohn Gottes! 64 Jesus spricht zu ihm: Du hast es<br />

gesagt. Doch ich sage euch: Von nun an werdet ihr den Sohn des Menschen sitzen sehen zur Rechten der<br />

Macht <strong>und</strong> kommen auf den Wolken des Himmels". (sy eipas übersetzt Cullmann: "Meinst du?", s. unten /<br />

Mk.14,62 'ego eimi' (p Lk.22,70)<br />

Mk.9,41: "Denn wer euch einen Becher Wasser zu trinken geben wird in meinem Namen, weil ihr Christus<br />

angehört, wahrlich, ich sage euch: er wird seinen Lohn nicht verlieren".<br />

Lk.2,26; 4,41 - andere wissen es genau! / Lk.24,26 / Die Apostel zitieren<br />

Jesus - Apg.3,18; 17,3; 26,23; Joh.4,25f; 7,26-41; 10,24-26; 11,27; 17,3;<br />

20,31 usw.<br />

(d) Die 'ego eimi'-Worte im Johannes-Evangelium Joh.6,35.48; 8,12;<br />

10,7.9.11; 11,25; 15,1; 14,6; 18,36 (vgl. auch Synoptiker)<br />

(e) Jesus bezeichnet sich als Menschensohn<br />

Vgl. unten unter Namen Jesu 6.5<br />

Zusammenfassung: Jesu Selbstverständnis ist in Übereinstimmung mit<br />

dem übrigen NT

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