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02/2012 - Harnwegsinfektionen - Was ist Nephrologie?

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ISSN 1605-881X<br />

P.b.b. GZ <strong>02</strong>Z031654 M, Benachrichtigungspostamt 1070 Wien Falls unzustellbar, bitte retour an: MEDMEDIA Verlag, Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien<br />

Interdisziplinäre Fortbildungsreihe der<br />

Österreichischen Gesellschaft für <strong>Nephrologie</strong><br />

Script<br />

<strong>Harnwegsinfektionen</strong><br />

Ögn<br />

15. Jahrgang / nr. 2/<strong>2012</strong><br />

1


EDITORIAL<br />

Sehr geehrte Kolleginnen<br />

und Kollegen!<br />

Einführung zum Thema<br />

<strong>Harnwegsinfektionen</strong><br />

<strong>Harnwegsinfektionen</strong> lassen sich unterteilen in<br />

• symptomatisch oder asymptomatisch (asymptomatische<br />

Bakteriurie)<br />

• akut oder chronisch<br />

• kompliziert oder unkompliziert<br />

• lokalisiert auf die Blase oder eine bzw. beide Nieren.<br />

Die schwerwiegendste Form einer Infektion des Harntrakts<br />

<strong>ist</strong> die Urosepsis.<br />

<strong>Harnwegsinfektionen</strong> sind außerordentlich häufig und daher<br />

von enormer klinischer Relevanz. Wichtig <strong>ist</strong> die enge Kooperation<br />

zwischen praktischen Ärzten, Mikrobiologen, Radiologen,<br />

Nuklearmedizinern, Infektiologen, Urologen,<br />

Gynäkologen, Nephrologen und anderen Intern<strong>ist</strong>en, um<br />

in Diagnostik und Therapie kostensparend und effizient<br />

Coverbild: Urine infection, SEM. Steve Gschmeissner/Science Photo Library<br />

nEPhrO Script<br />

Walter h. hörl<br />

möglichst rasch erfolgreich zu sein. Zunehmende Res<strong>ist</strong>enzprobleme<br />

bei uropathogenen Mikroorganismen stellen uns<br />

interdisziplinär vor manche Herausforderung.<br />

Es <strong>ist</strong> daher naheliegend, mit dem vorliegenden Themenheft<br />

„<strong>Harnwegsinfektionen</strong>“ aktuelle Probleme in Diagnostik<br />

und Therapie aufzuzeigen und Lösungen anzubieten.<br />

Prof. DDr. Walter H. Hörl, FRCP<br />

Medizinische Universitätsklinik III<br />

Klinische Abteilung für <strong>Nephrologie</strong> und Dialyse<br />

AKH Wien<br />

walter.hoerl@meduniwien.ac.at<br />

3


In eigener Sache: neues aus dem MedMedia Verlag<br />

Mag. gaBrIele<br />

JerlICh<br />

Verlagsleitung<br />

MedMedia Verlag<br />

und Mediaservice GmbH<br />

Short Cut<br />

Die wesentlichen Informationen<br />

auf einen Blick<br />

Über den Verlag:<br />

MedMedia <strong>ist</strong> der führende Anbieter von medizinischen Medien in Österreich und langjähriger Partner zahlreicher<br />

Fachgesellschaften und Institutionen. 19 Fachzeitschriften (u. a. Universum Innere Medizin, Diabetes Forum, Ärzte Krone,<br />

MeDIzInProDUKt, Spectrum onkologie) sorgen für den Informationsaustausch zwischen Meinungsbildnern und therapieentscheidern.<br />

Kooperationen und Partnerunternehmen (z. B. Krone Gesund, MeDahead, netdoktor, MiniMed etc.) verknüpfen Arzt,<br />

Apotheker und die breite Öffentlichkeit.<br />

Testen Sie die neue art des lesens aus unserem Verlag. Wir freuen uns über Ihr Feedback!<br />

Gabriele Jerlich, Verlagsleitung<br />

MedMedia Verlag und Mediaservice GmbH<br />

e-Mail: g.jerlich@medmedia.at<br />

Dieses Symbol finden Sie ab sofort am Beginn eines<br />

jeden Beitrags in nePHro Script. es steht für neuen<br />

Leserservice, den wir Ihnen in allen Fachzeitschriften des<br />

MedMedia Verlags bieten: SHort CUt fasst vor jedem<br />

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Mit ShorT CuT ermöglichen wir unseren lesern das,<br />

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CUt für den schnellen Überblick und dem ausführlichen<br />

Beitrag zur Vertiefung<br />

Damit entscheiden Sie, wie viel Sie lesen. Wir helfen<br />

dabei, dass Sie trotzdem alles wissen. Die Kompetenz<br />

unserer 16-köpfigen Fachredaktion sorgt für Ihre<br />

zeitersparnis.<br />

PrIM. unIv.-Prof.<br />

Dr. erICh<br />

Pohanka<br />

abteilung für Innere<br />

Medizin 2, allgemeines<br />

krankenhaus linz<br />

Im neu etablierten Modul<br />

SHort CUt finden sich<br />

zentrale Botschaften der einzelnen<br />

Beiträge. Bereits beim<br />

Durchblättern des Mediums wird<br />

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CUt <strong>ist</strong> dem Artikel vorangestellt<br />

und kann einerseits das aktuelle<br />

Wissen kompakt transportieren,<br />

andererseits auch Motivation<br />

zum einstieg in den Beitrag sein.


fOcuS<br />

INHALT<br />

03 Editorial<br />

08<br />

12<br />

16<br />

19<br />

23<br />

FOcuS<br />

Epidemiologie von harnwegsinfektionen<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Balcke<br />

Stellenwert der mikrobiologischen Diagnostik bei<br />

harnwegsinfektionen<br />

Prim. Univ.-Doz.<br />

Dr. Petra Apfalter<br />

Management der asymptomatischen Bakteriurie<br />

OA Dr. Gernot Fritsche<br />

akute Zystitis<br />

Ass. Dr. Gernot Schilcher, Univ.-Prof. Dr. Alexander<br />

Rosenkranz<br />

rezidivierende harnwegsinfektionen<br />

Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer<br />

27<br />

30<br />

32<br />

34<br />

akute Pyelonephritis<br />

Prim. Dr. Hubert Volgger<br />

nEPhrO Script<br />

harnwegsinfektionen nach nierentransplantation<br />

Prof. PD Dr. Marcus Säemann<br />

fallstricke in der Diagnostik und Therapie von<br />

harnwegsinfekten<br />

Prof. DDr. Walter H. Hörl, FRCP<br />

FREIES THEMA<br />

(entgeltliche Einschaltung)<br />

altbewährtes in moderner form: Von der ampulle<br />

zum Vial<br />

Impressum<br />

Verlag: MEDMEDIA Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H. Herausgeber: Österreichische Gesellschaft für <strong>Nephrologie</strong>, Prim. Univ.-Prof. Dr. Erich Pohanka,<br />

Abteilung für Innere Medizin 2, Allgemeines Krankenhaus Linz, und ao. Univ.-Prof. Dr. Sabine Schmaldienst, Klinische Abteilung für <strong>Nephrologie</strong> und Dialyse, Universitätsklinik<br />

für Innere Medizin III, AKH Wien. Chefredakteur: Univ.-Prof. DDr. Walter Hörl, Klinische Abteilung für <strong>Nephrologie</strong> und Dialyse, Universitätsklinik<br />

für Innere Medizin III, AKH Wien. Anzeigen/Organisation: MEDMEDIA Verlag und Mediaservice Ges.m.b.H., Seidengasse 9/Top 1.1, 1070 Wien, Tel.: 01/407<br />

31 11. projekt leitung/produktion: Friederike Maierhofer. redaktion: Dr. Claudia Uhlir. Layout/DTp: Patrick Kloepfer. Cover illustration: © fotolia. Lektorat:<br />

onlinelektorat@aon.at. Druck: „agensketterl“ Druckerei, Mauerbach. Druckauflage: 7.508 Stück im 2. Halbjahr 2011, geprüft von der Österreichischen Auflagenkontrolle.<br />

Bezugsbedingungen: Die Zeitschrift <strong>ist</strong> zum Einzelpreis von 9,50 Euro plus MwSt. zu be ziehen. Grundsätze und Ziele von NepHrO script: Information für<br />

nephrologisch interessierte Krankenhaus- und niedergelassene Ärzte. Angaben über Dosierungen, Applikationsformen und Indikationen von pharmazeutischen Spezialitäten<br />

müssen vom jeweiligen Anwender auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Herausgeber und Medieninhaber übernehmen dafür keine Gewähr. Literatur zu den Fachbeiträgen<br />

bei den jeweiligen Autoren. Allgemeine Hinweise: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die persönliche und/oder wissenschaftliche Meinung des jeweiligen Autors<br />

wieder und fallen somit in den persönlichen Verantwortungs bereich des Verfassers. Mit „Freies Thema“ gekennzeichnete Beiträge sind entgeltliche Einschaltungen gem. § 26<br />

Mediengesetz und fallen in den Verantwortungsbereich des jeweiligen Auftraggebers; sie müssen nicht die Meinung von Herausgeber, Reviewer oder Redaktion wiedergeben.<br />

Angaben über Dosierungen, Applikationsformen und Indikationen von pharmazeutischen Spezialitäten müssen vom jeweiligen Anwender auf<br />

ihre Richtigkeit überprüft werden. Trotz sorgfältiger Prüfung über nehmen Medieninhaber und Herausgeber kei nerlei Haftung für drucktechnische<br />

und inhaltliche Fehler. Ausgewählte Artikel dieser Ausgabe finden Sie auch unter www.medmedia.at zum Download. Kein Teil des Werkes darf<br />

in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter<br />

Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt, verwertet oder verbreitet werden.<br />

7


nEPhrO Script<br />

8<br />

u Bakteriurie und Harnwegsinfekte (HWI) können, müssen aber nicht assoziiert sein.<br />

u Asymptomatische Bakteriurien sind speziell bei alten und pflegebedürftigen<br />

Menschen besonders häufig.<br />

u Ein erhöhtes Risiko für HWI haben pflegebedürftige Menschen, sexuell aktive Frauen,<br />

Diabetiker, Nierentransplantierte sowie Patienten mit Harnblasenkathetern.<br />

u Bei den me<strong>ist</strong>en HWI handelt es sich um unkomplizierte Harnwegsinfekte. Nur etwa 2 % sind<br />

komplizierte Infekte.<br />

Epidemiologie von <strong>Harnwegsinfektionen</strong><br />

Obwohl <strong>Harnwegsinfektionen</strong> (HWI) zu den<br />

häufigsten Infektionen gehören und die Folgen<br />

bezüglich Morbidität beträchtlich sind,<br />

<strong>ist</strong> die Literaturlage zur Epidemiologie in einzelnen<br />

Bereichen nicht sehr umfangreich.<br />

Aus Gründen des praktischen Umgangs sowie der<br />

Relevanz <strong>ist</strong> es sinnvoll, zwischen einer asymptomatischen<br />

Bakteriurie und symptomatischen<br />

<strong>Harnwegsinfektionen</strong> zu unterscheiden.<br />

Bei symptomatischer Bakteriurie besteht zume<strong>ist</strong>,<br />

mit Ausnahme der Schwangerschaft und eines<br />

bevorstehenden urologischen Eingriffs, im Gegensatz<br />

zu den symptomatischen <strong>Harnwegsinfektionen</strong><br />

keine Behandlungsindikation.<br />

asymptomatische Bakteriurie<br />

Harn <strong>ist</strong> normalerweise steril; nur im Bereich der d<strong>ist</strong>alen<br />

Urethra können unter physiologischen Bedingungen Bakterien<br />

gefunden werden. Bakteriurie und Harnwegsinfekte<br />

können, müssen aber nicht assoziiert sein.<br />

jüngere Männer<br />

jüngere Frauen<br />

Schwangere<br />

Frauen 60–90 Jahre<br />

Männer > 65 Jahre<br />

Nierentransplantierte<br />

postoperativ<br />

Männer pflegebedürftig<br />

Frauen pflegebedürftig<br />

Dauerkatheterträger<br />

■ niedrigste Prozentzahl<br />

■ höchste Prozentzahl<br />

0 20 40 60 80 100 120<br />

* niedrigste und höchste in der Literatur gefundene Prävalenz (%)<br />

abb. 1: Prävalenz der asymptomatischen Bakteriurie bei<br />

verschiedenen Populationsgruppen*<br />

Prim. univ.-Prof.<br />

Dr. Peter Balcke<br />

Vorstand der 1. Medizinischen<br />

Abteilung des<br />

Landesklinikums St. Pölten<br />

und des Karl-Landsteiner-Instituts<br />

für<br />

<strong>Nephrologie</strong> und Hämatoonkologie<br />

fOcuS<br />

Eine asymptomatische Bakteriurie <strong>ist</strong> nach den<br />

Kriterien der Guidelines der Infectious Diseases<br />

Society of America (IDSA, 2005) definiert als der<br />

Nachweis einer Bakteriurie im Ausmaß von ≥ 10 5<br />

colony-forming units (cfu)/ml in einer angemessen<br />

gewonnenen Harnprobe eines diesbezüglich<br />

asymptomatischen Patienten. Als angemessen gewonnene<br />

Harnprobe gilt beim Mann eine einmalige<br />

spontane Harnprobe, bei der Frau dagegen<br />

wegen des höheren Kontaminationsrisikos eine<br />

zweimalige konsekutive Harnprobe mit demselben<br />

Keimnachweis oder eine einmalige Einmalkatheter-Harnprobe.<br />

prävalenz: Die Prävalenz der asymptomatischen<br />

Bakteriurie variiert je nach Geschlecht, Alter und<br />

Begleiterkrankungen außerordentlich stark. Während die<br />

asymptomatische Bakteriurie bei jüngeren Männern kaum<br />

angetroffen wird, liegt ihre Prävalenz bei jüngeren Frauen<br />

zwischen 1 % und 2 %, bei Frauen im Alter zwischen 65<br />

und 90 Jahren zwischen 6 % und 16 % und bei Frauen im<br />

Alter von mehr als 90 Jahren zwischen 22 % und 43 %. Bei<br />

Männern über 65 Jahren findet man bei 5 % bis 21 % der<br />

Personen eine asymptomatische Bakteriurie vor, wobei die<br />

Zahl jenseits des 90. Lebensjahrs noch steigt.<br />

Bei pflegebedürftigen Patienten liegt die Zahl zwischen 25 %<br />

und 50 % bei Frauen und 15 % und 35 % bei Männern.<br />

Bei Patienten mit Dauerkathetern wird die Prävalenz in der<br />

Literatur sowohl bei Männern wie Frauen mit bis zu 100 %<br />

angegeben. Bei Hämodialysepatienten findet man bei etwa<br />

28 % eine asymptomatische Bakteriurie.<br />

risikofaktoren: Allgemeine prädisponierende Faktoren<br />

scheinen zu sein: neurologische Erkrankungen, Diabetes<br />

mellitus, verringerte Mobilität, urologische Besonderheiten,<br />

ein Restharnvolumen – besonders mehr als 180 ml – oder<br />

auch chronische Obstipation.


fOcuS<br />

Haupterreger <strong>ist</strong> E. coli (gefunden bei Älteren in 75 bis<br />

80 % der Fälle). Andere Erreger sind Klebsiella pneumoniae,<br />

koagulasenegative Staphylokokken und Enterokokken. Bei<br />

Patienten in Pflegeheimen sind es Proteus mirabilis, Providencia<br />

stuarti und Klebsiella pneumoniae; bei Dauerkatheterträgern<br />

Proteus mirabilis, Providencia stuartii und Pseudomonas<br />

aeruginosa.<br />

Eine Sonderstellung nimmt die Schwangerschaft ein. Zwar<br />

<strong>ist</strong> die Prävalenz einer asymptomatischen Bakteriurie bei<br />

Schwangeren mit 2 % bis 7 % nicht wesentlich höher als<br />

bei Nichtschwangeren und das Keimspektrum ähnlich, jedoch<br />

ergibt sich hier eine Behandlungsindikation, da zahlreiche<br />

Publikationen ein erhöhtes Risiko für Aborte, Frühgeburten,<br />

Totgeburten und für die Entwicklung einer Pyelonephritis<br />

nachweisen.<br />

Nach Nierentransplantation wurde in einer großen Studie<br />

die Prävalenz im 1.–2. Monat mit etwa 25 % angegeben.<br />

Sie sank kontinuierlich auf etwa 5–10 % innerhalb von<br />

36 Monaten.<br />

Asymptomatische Candidurie: Epidemiologischen Daten<br />

zur asymptomatischen Candidurie sind sehr spärlich. Immunosuppression,<br />

Diabetes mellitus, hohes Alter, Antibiotikatherapie<br />

und Blasenkatheter sind die wichtigsten prädisponierenden<br />

Faktoren. Bei Patienten mit Blasenkathetern<br />

wird in der Literatur eine Prävalenz von 11 % bis 40 %<br />

angegeben. Die Candidurie stellt besonders auf Intensivstationen<br />

ein Problem dar.<br />

Die Candidurie verläuft im Allgemeinen asymptomatisch.<br />

Nur 4–14 % der Betroffenen entwickeln Symptome eines<br />

HWI.<br />

Eine Untersuchung im stationären Setting ergab ein 12-fach<br />

erhöhtes Risiko durch einen Harnkatheter, durch Breitbandantibiotika<br />

um das 6-Fache, bei abdominellen Eingriffen<br />

um das 4-Fache und durch Diabetes mellitus um das<br />

2-Fache.<br />

Bei Patienten mit liegendem Harnkatheter stellen in absteigender<br />

Höhe Antibiotika, weibliches Geschlecht und Diabetes<br />

mellitus zusätzliche Risikofaktoren dar. Unter den<br />

Antibiotika waren besonders Chinolone mit dem Auftreten<br />

einer Candidurie assoziiert.<br />

harnwegsinfektionen<br />

Weltweit treten jährlich mehr als 150 Millionen symptomatische<br />

HWI auf (90 % Zystitiden, < 10 % Pyelonephritiden).<br />

In 75 % der Fälle handelt es sich um sporadische<br />

Harnwegsinfekte, zu 25 % treten Harnwegsinfekt wiederkehrend<br />

auf.<br />

2 % der HWI sind komplizierte HWI. Etwa 15 % der Frauen<br />

und 3 % der Männer erkranken in den USA jährlich an<br />

einem Harnwegsinfekt. Die Zahl der Patienten, die einer<br />

stationären Aufnahme bedürfen, <strong>ist</strong> hoch. HWI sind in den<br />

nEPhrO Script<br />

USA jährlich für etwa 500.000 stationäre Aufnahmen verantwortlich.<br />

Die Zahl ambulant behandelter <strong>Harnwegsinfektionen</strong><br />

lag in den USA im Jahr 2000 bei über 8 Millionen.<br />

10,3 % der stationären Aufnahmen aufgrund von Infektionen<br />

in den USA waren auf eine Harnwegsinfektion zurückzuführen.<br />

Am höchsten war der Anteil der Patienten<br />

über 80 Jahren. Die Erreger sind in absteigender Reihenfolge<br />

E. coli (70 %), Klebsiellen, Proteus mirabilis, Enterobacter,<br />

Pseudomonas, Enterococcus und Staphylococcus.<br />

Zystitis<br />

neonatal<br />

Schule<br />

Vorschule<br />

Erwachsene<br />

Blasenkatheter<br />

Alte Pflegepatienten,<br />

nicht pflegebedürftig<br />

Alte Pflegepatienten,<br />

pflegebedürftig<br />

■ niedrigste Prozentzahl<br />

■ höchste Prozentzahl<br />

0 5 10 15 20 25 30 35<br />

* niedrigste und höchste in der Literatur gefundene Prävalenz (%)<br />

abb. 2: Prävalenz (%) des symptomatischen Harnwegsinfekts bei<br />

verschiedenen Populationsgruppen*<br />

Bei jungen erwachsenen Frauen wird in der Literatur eine<br />

Prävalenz zwischen 2,7 % und 6,5 % angegeben. Die Inzidenz<br />

liegt bei jüngeren, sexuell aktiven Frauen mit etwa 0,7<br />

Infekten pro Individuum und Jahr besonders hoch. Besonders<br />

bei wiederkehrenden <strong>Harnwegsinfektionen</strong> ergibt sich<br />

ein Zusammenhang mit der sexuellen Aktivität. Frauen, die<br />

mehr als 9 Verkehre im letzten Monat hatten, wiesen in<br />

einer Studie eine 10-fach höhere Frequenz einer Zystitis auf<br />

als Frauen ohne Verkehr im selben Zeitraum.<br />

Bei Frauen in der Postmenopause liegt die Inzidenz dagegen<br />

nur bei 0,07 pro Patientenjahr. In einer Studie hatten etwa<br />

70 % in einem Zeitraum von 2 Jahren nur ein einzelnes Ereignis,<br />

20 % ein zweites und 10 % drei oder mehr Ereignisse.<br />

Bei jüngeren Männern gibt es kaum Daten über unkomplizierte<br />

Harnwegsinfekte; sie kommen praktisch nicht vor.<br />

Me<strong>ist</strong> <strong>ist</strong> dann auch eine Prostatitis assoziiert. Eine Studie<br />

nennt eine Zahl von etwa 7 Infektionen pro 10.000 Patientenjahren<br />

bis zum 50. Lebensjahr.<br />

Die Häufigkeit nimmt bei beiden Geschlechtern in höherem<br />

Alter stark zu.<br />

Bei älteren Menschen, die nicht pflegebedürftig sind, wird<br />

eine Prävalenz von 20–30 % angegeben, bei Pflegebedürftigen<br />

eine Prävalenz um etwa 30 %, wobei sich die Zahlen<br />

in höherem Alter zwischen Frauen und Männern angleichen.<br />

Risikofaktoren sind frühere Harnwegsinfekte, Alter, Prostatahypertrophie,<br />

Demenz, Hinfälligkeit und Diabetes mellitus.<br />

c<br />

9


nEPhrO Script<br />

Den größten Risikofaktor stellt aber ein liegender Blasenkatheter<br />

dar. Mit Blasenkathetern assoziierte <strong>Harnwegsinfektionen</strong><br />

machen 34 % aller nosokomialen Infektionen in<br />

den USA aus.<br />

Etwa 15 % der Patienten mit Harnblasenkathetern entwickeln<br />

eine Harnwegsinfektion, wobei die Zahl deutlich unter<br />

dem Prozentsatz einer asymptomatischen Bakteriurie liegt,<br />

die an die 100 % reicht. Die Inzidenz von Infektionen beträgt<br />

etwa 7 pro 1000 Kathetertage.<br />

Pyelonephritis<br />

Bei Frauen liegt die jährliche Inzidenz der Pyelonephritis<br />

bei 17/10.000, bei Männern bei 3/10.000 Einwohner.<br />

Junge Frauen im Alter von 15 bis 35 Jahren sind am häufigsten<br />

betroffen (jährlich 20/10.000), gefolgt von Kindern<br />

und älteren Patienten. Risikofaktoren für Infekte sind besonders<br />

ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus, Abnormalitäten<br />

der Harnwege, frühere Harnwegsinfekte,<br />

Schwangerschaft und Immunsuppression. Eine emphysematöse<br />

Pyelonephritis kommt fast ausschließlich bei Diabetikern<br />

vor.<br />

harnwegsinfekte durch Pilze<br />

Pilzinfektionen der Harnwege werden fast ausschließlich<br />

durch Candida-Arten verursacht. Risikofaktoren sind Diabetes<br />

mellitus, Nierentransplantation, hohes Alter, urologische<br />

Eingriffe, stationäre Aufnahme, Aufnahme auf Intensivstationen,<br />

Antibiotika, Immunsuppression und besonders<br />

ein liegender Blasenkatheter. Bei Patienten auf<br />

Intensivstationen treten HWI durch Pilze zume<strong>ist</strong> nach etwa<br />

zwei Wochen auf. Einer Studie zufolge werden etwa 20 %<br />

der HWI auf Intensivstationen durch Candida verursacht.<br />

Bei ambulanten Diabetikern liegt einer Untersuchung zufolge<br />

die Prävalenz von Candida-Infektionen bei 5 %. Da<br />

aber oft eine Mischinfektion vorliegt, <strong>ist</strong> der tatsächliche<br />

Anteil von Candida an den <strong>Harnwegsinfektionen</strong> schwer<br />

zu beurteilen.<br />

Besondere Patientengruppen<br />

Diabetiker: Das Risiko, an einem Harnwegsinfekt zu erkranken,<br />

<strong>ist</strong> bei Frauen etwa 25- und bei Männern etwa<br />

20-mal größer als bei Nichtdiabetikern. Bei schlecht eingestelltem<br />

Diabetes mellitus sind die Ereignisse als komplizierter<br />

Harnwegsinfekt einzustufen.<br />

In einer rezenten Publikation waren 15 % Diabetikerinnen<br />

im vorangegangenen Jahr an einer Zystitis und 3 % an einer<br />

Pyelonephritis erkrankt. Sexuelle Aktivität war auch hier<br />

mit einer 10-fach höhern Inzidenz verbunden.<br />

Diabetiker mit HWI haben ein erhöhtes Risiko für Papillennekrosen.<br />

10<br />

fOcuS<br />

schwangere: Bei etwa 5 % der Schwangeren findet sich<br />

eine asymptomatische Bakteriurie, die in rund 30 % in einen<br />

symptomatischen Harnwegsinfekt übergeht. Darüber hinaus<br />

<strong>ist</strong> die asymptomatische Bakteriurie mit einem erhöhten<br />

Risiko für Frühgeburten verbunden. Eine akute Zystitis <strong>ist</strong><br />

bei etwa 2 % der Schwangerschaften nachweisbar. Die Inzidenz<br />

einer symptomatischen Pyelonephritis in der Schwangerschaft<br />

liegt bei 1,4 %. Etwa 4 % der Patientinnen mit<br />

einer Pyelonephritis in der Schwangerschaft erleiden eine<br />

Frühgeburt.<br />

Organtransplantierte: Eine Studie, die Nieren-, Leber-,<br />

Herz-, Nieren- und Nieren-Pankreas-Tranplantierte umfasste,<br />

erbrachte eine HWI-Inzidenz von 0,23 Episoden/1.000<br />

Transplantattage. Die höchste Rate wurde bei<br />

Nierentransplantierten gefunden. Etwa 25 % der Nierentransplantierten<br />

entwickelten einen Harnwegsinfekt im ersten<br />

Jahr; dies weitgehend unabhängig von der Art der immunsuppressiven<br />

Therapie. Eine asymptomatische Bakteriurie<br />

war bei 50 % der Transplantierten innerhalb eines<br />

Beobachtungszeitraumes von 3 Jahren anzutreffen.<br />

Harnwegsinfekte sind die häufigste bakterielle Infektion bei<br />

Nierentransplantierten. Sie treten gehäuft in den ersten Monaten<br />

nach Transplantation auf. Risikofaktoren sind weibliches<br />

Geschlecht, höheres Alter, lange Zeit mit einer Nierenersatztherapie,<br />

postoperativer Blasenkatheter, Ureterstents,<br />

Zystennieren als Grunderkrankung und Diabetes<br />

mellitus.<br />

Die Inzidenz der Candidurie liegt einer Studie zufolgte bei<br />

11 % in einem Beobachtungszeitraum von 8 Jahren. ■<br />

Literatur beim Verfasser<br />

nEPhrO Spot<br />

harnwegsinfektionen zählen zu den häufigsten Infektionen<br />

weltweit. Etwa 15 % der frauen und 3 % der Männer erkranken<br />

jährlich an einem harnwegsinfekt. Die Zahl der Patienten,<br />

die einer stationären aufnahme bedürfen, <strong>ist</strong> hoch. So sind<br />

harnwegsinfekte in den uSa jährlich für etwa 500.000 stationäre<br />

aufnahmen verantwortlich. Die Zahl ambulant behandelter<br />

harnwegsinfektionen lag im Jahr 2000 in den uSa bei über<br />

8 Millionen. Eine besonders hohe Inzidenz weisen sexuell aktive<br />

frauen, Diabetiker, nierentransplantierte, pflegebedürftige<br />

Patienten sowie Patienten mit harnblasenkathetern auf. Bei<br />

den me<strong>ist</strong>en harnwegsinfektionen handelt es sich um unkomplizierte<br />

harnwegsinfekte. nur etwa 2 % sind definitionsgemäß<br />

komplizierte Infekte.


nEPhrO Script<br />

Stellenwert der mikrobiologischen Diagnostik bei<br />

<strong>Harnwegsinfektionen</strong><br />

<strong>Harnwegsinfektionen</strong> zählen zu den häufigsten<br />

bakteriellen Infektionen und spielen sowohl in<br />

der Praxis als auch im Krankenhaus eine bedeutende<br />

Rolle. Die Res<strong>ist</strong>enzraten des Indikatorerregers<br />

Escherichia coli (E. coli) liegen für viele Antibiotika<br />

bereits in einem Bereich, der die Substanzen<br />

für die Empirie nur mehr eingeschränkt<br />

empfehlen lässt. Im Folgenden werden das Erregerspektrum<br />

und die aktuelle Res<strong>ist</strong>enzsituation<br />

dargestellt, um die Rolle des Antibiogramms als<br />

wichtigen Bestandteil des Harnbefunds zu veranschaulichen.<br />

Leitkeim E. coli<br />

Als Erreger Nummer eins <strong>ist</strong> Escherichia coli (Abbildung)<br />

sowohl im ambulanten Bereich als auch im Krankenhaus<br />

nach wie vor der mit Abstand häufigste Erreger<br />

von <strong>Harnwegsinfektionen</strong> (HWI). Das gilt in gleichem Maß<br />

für den einfachen akuten wie für den komplizierten Infekt<br />

oder die Urosepsis. Die Bedeutung des Erregers spiegelt sich<br />

auch in den im österreichischen Res<strong>ist</strong>enzbericht AURES<br />

publizierten Daten zur Bakteriämie wider. Demnach <strong>ist</strong> E.<br />

coli der am häufigsten aus Blutkulturen isolierte gramnegative<br />

Erreger. Zwischen den Jahren 2000 und 2010 wurden<br />

in EARS-Net über 20.000 durch E. coli verursachte Bakteriämien<br />

erfasst, wobei die jährliche Inzidenz zunehmend<br />

anstieg. Die Inzidenz der E.-coli-Bakteriämie liegt derzeit<br />

bei 41,4/100.000 ÖsterreicherInnen.<br />

Seit dem Jahr 2008 werden neben Blutkulturisolaten auch<br />

Harnisolate im AURES dargestellt. Der diesbezüglich re-<br />

12<br />

fOcuS<br />

u Aufgrund der Res<strong>ist</strong>enzsituation <strong>ist</strong> bei der Abklärung von <strong>Harnwegsinfektionen</strong><br />

zunehmend eine mikrobiologische Diagnostik mit Antibiogramm erforderlich.<br />

u E. coli <strong>ist</strong> sowohl im ambulanten Bereich als auch im Krankenhaus nach wie vor<br />

der mit Abstand häufigste Erreger von <strong>Harnwegsinfektionen</strong><br />

u Aminopenicilline müssen unbedingt mit einem β-Laktamasehemmer kombiniert werden.<br />

u Cephalosporine sollten ausschließlich im Spitalsbereich, ausreichend hoch dosiert und intravenös<br />

verabreicht werden.<br />

u Bei Einsatz von Fluorochinolonen <strong>ist</strong> ein initiales Antibiogramm unverzichtbar.<br />

Prim. univ.-Doz.<br />

Dr. Petra apfalter<br />

Institut für Hygiene, Mikrobiologie<br />

und Tropenmedizin,<br />

Nationales<br />

Referenzzentrum für nosokomiale<br />

Infektionen<br />

und Antibiotikares<strong>ist</strong>enz<br />

A. ö. Krankenhaus der<br />

Elisabethinen Linz und<br />

analyse BioLab GmbH<br />

zente Datensatz umfasst rund 24.000 E.-coli-Primärisolate,<br />

die in sieben Zentren ausgewertet wurden,<br />

und die zu gleichen Teilen aus dem niedergelassenen<br />

und dem Spitalsbereich stammen.<br />

Diesen Daten dürften den akuten, unkomplizierten<br />

Harnwegsinfekt allerdings nur bedingt<br />

abbilden. Denn der größere Teil der Isolate dürfte<br />

von komplizierten oder rezidivierenden Infektionen<br />

stammen, weil hauptsächlich in diesen Situationen<br />

eine mikrobiologische Untersuchung<br />

durchgeführt wird. Dies erklärt auch, warum in<br />

diesen Daten hinsichtlich der Res<strong>ist</strong>enzsituation<br />

zwischen dem niedergelassen Bereich und dem<br />

Krankenhaus keine allzu großen Unterschiede zu<br />

finden sind.<br />

Eine eigene Stichprobe (aus einem oberösterreichischen<br />

Krankenhaus mit urologischer Abteilung) von Harnproben<br />

aus dem Jahr 2011 bestätigt den Bundestrend: In<br />

2.500 von über 4.500 Harnproben wurden Enterobakterien<br />

als kausales Agens identifiziert. In 1.600 Fällen handelte es<br />

sich um E. coli (> 60 %), gefolgt von Klebsiella spp. (13 %),<br />

Proteus spp. (8 %), Enterobacter spp. (5 %) und anderen Arten.<br />

Auch über 1.200 analysierte Harnproben aus dem niedergelassenen<br />

Bereich in Oberösterreich aus dem Jahr 2011<br />

ergaben – in Abhängigkeit von der Qualität und damit der<br />

angewendeten Bewertungskriterien der Harnproben – Nachweisraten<br />

von E. coli zwischen 62 % (nur eine Spezies und<br />

in einer Keimzahl von ≥ 10 5 /ml nachgewiesen) und 71 %<br />

(nur eine Spezies und in einer Keimzahl von ≥ 10 7 /ml nachgewiesen).<br />

Das Verhältnis von Nonfermentern zu Entero-<br />

bakterien lag bei 1 : 10, mit > 80 % Pseudomonas aeru-<br />

c


nEPhrO Script<br />

ginosa, gefolgt von Acinetobacter spp. (5 %). In der Praxis<br />

spielten diese Erreger damit eine völlig untergeordnete Rolle<br />

(< 1 %; 6 aus 581 Pseudomonas aeruginosa).<br />

Auch grampositive Harnwegsinfekterreger fanden sich nur<br />

in einer geringen Anzahl von Harnproben. Staphylococcus<br />

saprophyticus, der klassische Erreger der unkomplizierten<br />

HWI der jungen Frau, wurde demnach in der oberösterreichischen<br />

Stichprobe (über 1.200 ambulante Harnproben)<br />

in nur 6 von 581 Proben (1 %) in signifikanter Keimzahl<br />

(≥ 10 5 /ml) nachgewiesen. Wieweit Enterokokken als ursächliches<br />

Agens von HWI gelten, wird kontroversiell und<br />

in Abhängigkeit vom vorliegenden Krankheitsbild sowie<br />

der Patientencharakter<strong>ist</strong>ika (Grunderkrankung, Dauerkatheter<br />

etc.) diskutiert. Sie konnten in rund 7 % der Fälle<br />

als alleinige Erreger (≥ 10 5 /ml) nachgewiesen werden.<br />

aktuelle res<strong>ist</strong>enzsituation<br />

In der Humanmedizin dient die Überwachung und Analyse<br />

von Res<strong>ist</strong>enztrends (Surveillance) von Indikatorbakterien<br />

(z. B. E. coli bei der Harnwegsinfektion) vor allem einem<br />

Zweck: der Beantwortung der Frage, welche Antibiotika<br />

empirisch für bestimmte Indikationen unter Wahrung maximaler<br />

Patientensicherheit verwendet werden können. Um<br />

bereits vor dem Vorliegen definitiver Befunde (Harnkultur<br />

mit Antibiogramm) eine möglichst maßgeschneiderte Ersttherapie<br />

zu veranlassen, <strong>ist</strong> die Kenntnis aktueller Res<strong>ist</strong>enzraten<br />

unumgänglich, wobei die lokalen Unterschiede individuell<br />

berücksichtigt werden sollten (Geografie, ambulantes<br />

versus Spitalssetting, Patientenkollektiv, Krankenhaus, Abteilungsebene).<br />

Bundesweit in Österreich erhobene Daten<br />

zeigen gewisse Trends auf, die jedenfalls ins Kalkül gezogen<br />

werden müssen. So manche ausländische Guideline, vor<br />

allem aus Übersee, sollte in diesem Kontext kritisch beurteilt<br />

und hinterfragt werden.<br />

aminopenicilline<br />

Aminopenicilline müssen unbedingt mit einem β-Laktamasehemmer<br />

kombiniert werden. Bei einer Ampicillin-Res<strong>ist</strong>enz<br />

von > 50 % würde ohne diese Kombination jeder<br />

zweite Patient nicht adäquat behandelt. Hierfür stehen Amoxicillin/Clavulansäure<br />

oder auch Ampicillin/Sulbactam zur<br />

Verfügung, beide Kombinationen auch in oraler Form. Die<br />

Res<strong>ist</strong>enzraten für beide Therapieoptionen liegen aktuell je<br />

nach Quelle bei 10 % bis zu über 20 %. Die Kenntnis der<br />

lokalen Res<strong>ist</strong>enzraten <strong>ist</strong> beim empirischen Einsatz unumgänglich.<br />

Die Bedeutung der mikrobiologischen Diagnostik<br />

mit Antibiogramm nimmt angesichts dieser Entwicklungen<br />

eine immer bedeutendere Rolle ein. Pivmecillinam <strong>ist</strong> aufgrund<br />

seiner besonderen β-Laktamase-Stabilität und der<br />

niedrigen Res<strong>ist</strong>enzrate mit 5 % sowie der oralen Verfügbarkeit<br />

derzeit sicher eine Therapieoption.<br />

14<br />

abb.: Escherichia coli<br />

cephalosporine<br />

fOcuS<br />

Diese Antibiotikagruppe steht seit einigen Jahren aufgrund<br />

der zunehmenden ESBL- und „Killerkeim“-Thematik besonders<br />

im Fokus auch des medialen Interesses. Der unkritische<br />

Einsatz von Cephalosporinen – vor allem auch unsachgemäß<br />

bei viralen Atemwegsinfekten – hat dazu geführt,<br />

dass Bakterien die verschiedensten Enzyme („ESBL“; Extended-Spectrum-ß-Laktamasen)<br />

in großem Maß ausbilden,<br />

was den indikationsgemäßen Einsatz dieser Substanzgruppe<br />

ernsthaft gefährdet. Ein ungünstiger Nebeneffekt dieser Entwicklung<br />

<strong>ist</strong> der vermehrte Einsatz von Carbapenemen – ein<br />

Trigger für eine noch massivere Enzymproduktion (Carbapenemasen).<br />

Zum Thema HWI und Cephalosporine kann Folgendes<br />

zusammengefasst werden: Cephalosporine der 1. Generation<br />

sind generell schlecht gegen Enterobakterien wirksam, dies<br />

gilt vor allem für die orale Verabreichung. Ähnliches gilt<br />

für die 2. und 3. Generation oraler Cephalosporine. Also<br />

auch, wenn die Res<strong>ist</strong>enzraten von < 10 % verglichen mit<br />

anderen Ländern bei uns erfreulich niedrig sind, sollten<br />

diese Antibiotika (2.–4. Generation) ausschließlich im Spitalsbereich<br />

und ausreichend hoch dosiert und intravenös<br />

verabreicht werden. Alle Cephalosporine haben darüber hinaus<br />

eine Enterokokkenlücke.<br />

fluorochinolone<br />

© analyse BioLab GmbH<br />

Drittes Sorgenkind <strong>ist</strong> die Gruppe der Fluorochinolone, die<br />

an sich aufgrund ihrer pharmakologischen Eigenschaften –<br />

sowohl oral aus auch intravenös verabreichbar – Antibiotika<br />

der Spitzenklasse für die Behandlung von HWI darstellen.<br />

Aktuell liegt die Res<strong>ist</strong>enzrate um 20 % bei E. coli (Quelle<br />

AURES 2010: E. coli aus Blutkulturen und Harnwegen 20


fOcuS<br />

und 18 %, OÖ-Stichprobe: 23 %). Vor allem bei Therapieversagern<br />

wird daher empfohlen, unbedingt eine mikrobiologische<br />

Harnuntersuchung mit Antibiogramm durchzuführen.<br />

alternativen?<br />

Mangels neuer Entwicklungen auf dem Gebiet der Antibiotika<br />

sowie der durchaus unerfreulichen Res<strong>ist</strong>enzentwicklungen<br />

rücken seit Langem bekannte Substanzen wieder in<br />

den Mittelpunkt des Interesses. Vor allem für die Praxis<br />

wäre es wichtig, eine Auswahl auch oral verfügbarer Substanzen<br />

zur Verfügung zu haben.<br />

Trimethoprim bzw. Trimethoprim/Sulfamethoxazol (JXT)<br />

stellt aufgrund von Res<strong>ist</strong>enzraten um > 25 % (OÖ: > 30 %)<br />

keine gute Alternative für die empirische Therapie des HWI<br />

dar. Auch hier <strong>ist</strong> das Antibiogramms von großer Wichtigkeit.<br />

Bei Einsatz von SXT <strong>ist</strong> die mikrobiologische Aufarbeitung<br />

des Harns vor Therapiebeginn sinnvoll, um gegebenenfalls<br />

umstellen zu können.<br />

Nitrofurantoin hat, aufgrund seiner Nebenwirkungen eher<br />

aufs Abstellgleis geraten, aktuell eine Res<strong>ist</strong>enzrate von 2 %.<br />

In unserer oberösterreichischen Stichprobe waren von über<br />

1.700 E. coli als kausales Agens von <strong>Harnwegsinfektionen</strong><br />

nEPhrO Script<br />

nur 17 res<strong>ist</strong>ent. Damit <strong>ist</strong> dieses Antibiotikum jedenfalls<br />

eine Therapieoption.<br />

Fosfomycin, als Fosfomycin/Trometamol auch oral verfügbar,<br />

wurde wegen der möglichen gefürchteten raschen Res<strong>ist</strong>enzentwicklung<br />

von österreichischen Meinungsbildnern<br />

in der Indikation HWI nie empfohlen, wird in internationalen<br />

Guidelines aber stark propagiert. Mangels standardisierter<br />

Testkriterien sowie mancherorts nur im Stufentest<br />

erhobener Daten zu Fosfomycin variieren publizierte Res<strong>ist</strong>enzraten<br />

teils ganz erheblich und müssen mit Vorsicht<br />

interpretiert werden. Einer vorsichten Einschätzung nach<br />

würde die Autorin die Res<strong>ist</strong>enz von E. coli gegen Fosfomycin<br />

für gering halten (< 10 %), die Substanz aber trotzdem<br />

eher individuellen Situationen wie der Therapie von<br />

Problemerregern (z. B. Enterobakterien mit ESBL- oder<br />

Carbapenemase-Produktion) vorbehalten. Eine Empfindlichkeitstestung<br />

sollte mittels MHK-Bestimmung durchgeführt<br />

werden. Wichtig zu wissen <strong>ist</strong>, dass sich das Wirkspektrum<br />

von Fosfomycin nicht auf Staphylococcus saprophyticus<br />

erstreckt. ■<br />

Weitere Details, Zahlen und Fakten finden Sie unter http://www.analyse.eu/<br />

nationales-referenzzentrum/aures.htm<br />

15


nEPhrO Script<br />

u Die asymptomatische Bakteriurie <strong>ist</strong> in erster Linie als Kolonisation und nicht als<br />

Infektion zu betrachten und daher in der Regel nicht behandlungsbedürftig.<br />

u Eine Indikation zur antibiotischen Therapie besteht in der Schwangerschaft zur Verhinderung<br />

der Pyelonephritis und zur Senkung der Frühgeburtlichkeit sowie vor urologischen<br />

Eingriffen mit zu erwartender mukosaler Blutung.<br />

Management der asymptomatischen Bakteriurie<br />

unter einer asymptomatischen Bakteriurie versteht<br />

man den Nachweis einer bestimmten<br />

Anzahl an Bakterien in einer ordnungsgemäß<br />

gewonnen Urinprobe bei einer Person ohne Symptomatik<br />

oder sonstige Zeichen einer Harnwegsinfektion.<br />

1 Gemäß den Empfehlungen der Paul-<br />

Ehrlich-Gesellschaft (PEG) und der Infectious<br />

Diseases Society of America (IDSA) wird hierbei<br />

die relevante Keimzahl je nach Patientencharakter<strong>ist</strong>ik<br />

unterschiedlich beziffert: bei Frauen ≥105<br />

KBE/ml (koloniebildende Einheiten je Milliliter)<br />

desselben Keimes in 2 konsekutiven Mittelstrahlharnproben,<br />

bei Männern ≥10 5 KBE/ml in einer<br />

Mittelstrahlprobe bzw. ≥10 2 KBE/ml bei HarnkatheterträgerInnen.<br />

2, 3 Die asymptomatische Bakteriurie<br />

sollte in erster Linie als Kolonisation und nicht als Infektion<br />

betrachtet werden und <strong>ist</strong> daher in vielen Fällen auch nicht<br />

behandlungsbedürftig.<br />

allgemeines/Prävalenz<br />

Besonders häufig tritt eine asymptomatische Bakteriurie bei<br />

Patienten mit bestimmten Grunderkrankungen sowie bei<br />

Prädisposition durch strukturelle oder funktionelle Harntraktanomalien<br />

auf. In Tabelle 1 sind die Prävalenzraten<br />

16<br />

Tabelle 1: Prävalenz der asymptomatischen<br />

Bakteriurie<br />

Population Prävalenz<br />

Gesunde prämenopausale Frauen 1,0–5,0 %<br />

Schwangere 1,9–9,5 %<br />

Postmenopausale Frauen 2,8–8,6 %<br />

Diabetiker, weiblich 9,0–27 %<br />

PflegeheimbewohnerInnen 15–50 %<br />

PatientInnen mit Rückenmarksverletzung 23–89 %<br />

DauerkatheterträgerInnen 100 %<br />

Oa Dr. gernot fritsche<br />

Universitätsklinik für<br />

Innere Medizin I,<br />

Klinische Infektiologie<br />

und Immunologie,<br />

Innsbruck<br />

Nach Nicolle et al. 2<br />

fOcuS<br />

der asymptomatischen Bakteriurie in selektierten<br />

Patientengruppen angeführt. Die höchsten Raten<br />

zeigen sich bei Patienten mit Rückenmarkserkrankungen<br />

und bei Dauerkatheterträgern – bei Letzteren<br />

sind längerfr<strong>ist</strong>ig alle Patienten bakteriell<br />

kolonisiert.<br />

Therapie<br />

Es stellt sich daher die Frage, bei welchen Patienten<br />

die asymptomatische Bakteriurie gehäuft zu einer<br />

symptomatischen Harnwegsinfektion fortschreitet<br />

oder sonstige Komplikationen verursachen kann,<br />

und ob dies durch eine Therapie verhindert werden<br />

kann. Eine zu großzügige Antibiotikaverschreibung <strong>ist</strong><br />

nicht nur mit erhöhten Kosten, sondern auch mit Res<strong>ist</strong>enzentstehung<br />

und unerwünschten Nebenwirkungen verknüpft.<br />

In der Literatur findet sich zu diversen Risikogruppen mehr<br />

oder weniger gute Evidenz zum Nutzen einer Therapie.<br />

Abgesehen von Empfehlungen zur antibiotischen Therapie<br />

bei Schwangeren mit Bakteriurie wird in diesem Artikel auf<br />

konkrete Antibiotikaempfehlungen verzichtet, da in derselben<br />

Ausgabe an anderer Stelle über die Res<strong>ist</strong>enzlage in<br />

Österreich und die passende empirische Therapie von <strong>Harnwegsinfektionen</strong><br />

berichtet wird.<br />

Ältere patientInnen: Bei älteren PatientInnen <strong>ist</strong> eine asymptomatische<br />

Bakteriurie ein sehr häufiger Befund. Es liegt<br />

auch eine Reihe von Studien zur Antibiotikatherapie sowohl<br />

bei ambulanten PatientInnen als auch bei PflegeheimbewohnerInnen<br />

vor. Die überwiegende Anzahl der Untersuchungen<br />

konnte allerdings keinen Benefit einer antibiotischen<br />

Therapie in Bezug auf die Rate an symptomatischen<br />

<strong>Harnwegsinfektionen</strong> und auch in Bezug auf die Mortalität<br />

zeigen. Im Gegenteil, bei therapierten PatientInnen wurde<br />

eine erhöhte Rate an Arzneimittelnebenwirkungen sowie<br />

an symptomatischen <strong>Harnwegsinfektionen</strong> mit res<strong>ist</strong>enten<br />

Keimen nachgewiesen. 2 Somit sollte bei älteren PatientInnen<br />

von einer antibiotischen Therapie der asymptomatischen<br />

Bakteriurie Abstand genommen werden.


fOcuS<br />

Tabelle 2: Therapie der Bakteriurie in der Schwangerschaft*<br />

patientInnen mit Diabetes mellitus: Auch Diabetiker weisen<br />

eine deutlich erhöhte Bakteriurie-Inzidenz im Vergleich<br />

zur Normalbevölkerung auf. Auch in diesem PatientInnengut<br />

konnte allerdings in randomisiert kontrollierten Studien<br />

durch eine Antibiotikatherapie das Fortschreiten in einen<br />

symptomatischen Harnwegsinfekt nicht signifikant verringert<br />

werden, auch eine Metaanalyse kam zu demselben<br />

Schluss. 4, 5 Ebenso wenig konnte das Auftreten von diabetischen<br />

Folgeerkrankungen, wie etwa einer diabetischen Nephropathie,<br />

günstig beeinflusst werden. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen<br />

waren hingegen bei therapierten PatientInnen<br />

signifikant häufiger. Somit werden auch bei<br />

Diabetes mellitus weder Screening noch Therapie der asymptomatischen<br />

Bakteriurie empfohlen.<br />

schwangere patientinnen: Während der Schwangerschaft<br />

<strong>ist</strong> die asymptomatische Bakteriurie hingegen ernst zu nehmen.<br />

Der alleinige Nachweis einer Pyurie mittels Schnelltest<br />

<strong>ist</strong> hierbei in der Diagnostik nicht ausreichend, da bei<br />

Schwangeren die Sensitivität der Streifentests nur bei ca.<br />

50 % liegt. Somit sollte die Diagnosestellung stets mittels<br />

Harnkultur erfolgen. Eine Screeninguntersuchung während<br />

der Schwangerschaft sollte einmalig um die 16. Schwangerschaftswoche<br />

erfolgen. Untherapiert entwickeln bis zu 30 %<br />

der Schwangeren mit asymptomatischer Bakteriurie eine<br />

Pyelonephritis, dies entspricht einem 20- bis 30-fach erhöhten<br />

relativen Risiko. In älteren Arbeiten wurde zudem ein<br />

Zusammenhang zwischen Bakteriurie und Frühgeburtlich-<br />

nEPhrO Script<br />

Substanz Dosierung Kommentar austria codex fDa<br />

Ampicillin 4 x 500 mg tgl., 7 d NR1 B2<br />

Cefalexin 2 x 1 g tgl., 3 d NB3 NZ6<br />

Cefuroxim 2 x 125 mg tgl., 5 d KI4 B<br />

Fosfomycin 3 g Einmalgabe SI5 B<br />

Nitrofurantoin 2 x 100 mg tgl., 3–5 d Cave G6PD-Mangel; nicht im 3. Trimenon KI B<br />

Pivmecillinam 3–4 x 400 mg tgl., 7 d SI NZ<br />

Trimethoprim 1 x 400 mg tgl., 3–5 d nicht im 1. Trimenon KI/SI C7<br />

* alphabetisch gemäß Österreichischem Consensus Statement der ÖGU, ÖGIT und BVU <strong>2012</strong>.<br />

Cave: Ampicillin sowie Trimethoprim sind aufgrund hoher Res<strong>ist</strong>enzraten in Österreich für eine empirische Therapie nicht geeignet und sollten nur nach Antibiogramm verabreicht werden.<br />

1. Nutzen-Risiko-Abwägung; 2. FDA Kategorie B = keine Teratogenität im Tierversuch, keine guten, kontrollierten Studien bei schwangeren Frauen; 3. keine negativen Wirkungen bekannt; 4. kontraindiziert;<br />

5. strenge Indikationsstellung; 6. in den USA nicht zugelassen, daher keine Kategorisierung (als Betalaktame allerdings wohl Kategorie B zuzuordnen); 7. FDA Kategorie C = Teratogenität im Tierversuch, keine<br />

guten, kontrollierten Studien bei schwangeren Frauen, Anwendung nach Nutzen-Risiko-Abwägung<br />

keit bzw. niedrigem Geburtsgewicht beschrieben.<br />

Die Wirksamkeit einer Antibiotikatherapie bei asymptomatischer<br />

Bakteriurie konnte sowohl in älteren Studien mit<br />

heute nicht mehr in dieser Indikation üblichen Antibiotika<br />

als auch in neueren Arbeiten nachgewiesen werden. Zudem<br />

wurde in einer rezenten Cochrane-Analyse aus 14 Studien<br />

gezeigt, dass durch eine antibiotische Therapie das Pyelonephritis-Risiko<br />

in der Schwangerschaft signifikant gesenkt<br />

werden kann. Daher wird die antibiotische Behandlung der<br />

asymptomatischen Bakteriurie während der Schwangerschaft<br />

generell empfohlen.<br />

Gängige Therapieschemata sind in Tabelle 2 zusammengefasst.<br />

Diese stützen sich auf Daten aus mehreren randomisiert<br />

kontrollierten Studien, in welchen verschiedene Antibiotika<br />

bei der asymptomatischen Bakteriurie miteinander verglichen<br />

wurden. 6 Letztlich zeigten sich in keiner Untersuchung relevante<br />

Unterschiede im Therapieansprechen zwischen den<br />

verschiedenen Präparaten. Eine klare Aussage über die effizienteste<br />

und sicherste Therapieoption <strong>ist</strong> daraus nicht abzuleiten.<br />

Vielmehr <strong>ist</strong> bei der Therapieauswahl auf Kosten,<br />

unerwünschte Nebenwirkungen, lokale Verfügbarkeit sowie<br />

die lokale Res<strong>ist</strong>enzlage zu achten. Die Dauer der Therapie<br />

in der Schwangerschaft wurde ebenfalls in einigen randomisierten<br />

kontrollierten Studien untersucht, allerdings waren<br />

auch hierbei keine signifikanten Unterschiede zu sehen, tendenziell<br />

<strong>ist</strong> eine Single-shot-Gabe einer Therapie über mehrere<br />

Tage unterlegen. 7 Die optimale Therapiedauer <strong>ist</strong> nicht<br />

geklärt, Empfehlungen zu verschiedenen Präparaten sind c<br />

17


nEPhrO Script<br />

ebenfalls in Tabelle 2 angegeben. Eine Single-shot-Gabe <strong>ist</strong><br />

nur für Fosfomycin angezeigt. Von internationalen Guidelines<br />

werden nach abgeschlossener Therapie periodische Verlaufskontrollen<br />

empfohlen, Untersuchungen zur besten Frequenz<br />

bzw. diesbezügliche Vorgaben in Guidelines gibt es nicht,<br />

sodass die Nachkontrollen von den behandelnden ÄrztInnen<br />

im Einzelfall geplant werden müssen.<br />

Organtransplantierte patientInnen: Bei immunsupprimierten<br />

PatientInnen im Rahmen einer Organtransplantation<br />

<strong>ist</strong> die Datenlage sehr limitiert. Untersuchungen gibt<br />

es lediglich bei Nierentransplantierten, bei anderen PatientInnengruppen<br />

wurde der Stellenwert der asymptomatischen<br />

Bakteriurie nicht untersucht.<br />

Bei Nierentransplantierten <strong>ist</strong> eine Einschätzung der Notwendigkeit<br />

und Wirksamkeit einer Therapie auch dadurch<br />

erschwert, dass die in Studien eingeschlossenen PatientInnen<br />

oftmals eine Pneumocystis-Prophylaxe mittels Cotrimoxazol<br />

erhielten und dadurch eine gleichzeitig vorliegende Bakteriurie<br />

teilweise automatisch mitbehandelt wurde. Eine<br />

ungezielte Therapie mit Trimethoprim <strong>ist</strong> aufgrund hoher<br />

Res<strong>ist</strong>enzraten allerdings wiederum kritisch zu sehen, wenngleich<br />

z.B. die Empfehlungen der KDIGO (Kidney Disease:<br />

Improving Global Outcomes) bei Nierentransplantation<br />

sogar eine generelle Harnwegsinfektionsprophylaxe mit Cotrimoxazol<br />

empfehlen. In zwei retrospektiven Studien bei<br />

Nierentransplantierten mit asymptomatischen Bakteriurie<br />

bestand trotz antibiotischer Therapie weiterhin ein erhöhtes<br />

Pyelonephritis- und Abstoßungsrisiko, und es konnte kein<br />

Unterschied bezüglich der Progression zu einem symptomatischen<br />

Harnwegsinfekt nachgewiesen werden. 8, 9 Der<br />

Nutzen einer Antibiotikagabe <strong>ist</strong> daher fraglich, zudem<br />

konnte in einer Metaanalyse zur Antibiotikaprophylaxe nach<br />

Nierentransplantation kein Unterschied in der Gesamtmortalität<br />

und bezüglich des Transplantatüberlebens ausgemacht<br />

werden, obwohl durch eine Prophylaxe die Inzidenz der<br />

Bakteriurie und Bakteriämie gesenkt wurde. 10 In den IDSA-<br />

Guidelines wird festgehalten, dass aufgrund der aktuellen<br />

Datenlage keine Empfehlung für Screening oder Therapie<br />

der asymptomatischen Bakteriurie bei Organtransplantierten<br />

ausgesprochen werden kann.<br />

urologische eingriffe: Das Vorliegen einer asymptomatischen<br />

Bakteriurie vor urologischen Eingriffen mit zu erwartender<br />

mukosaler Blutung <strong>ist</strong> mit dem gehäuften Auf-<br />

18<br />

fOcuS<br />

treten von Komplikationen assoziiert. Bei der transurethralen<br />

Prostataresektion etwa muss in diesen Fällen in bis zu<br />

60 % mit einer Bakteriämie und in etwa 6–10 % der Fälle<br />

mit einer Sepsis gerechnet werden. Der Nutzen einer Antibiotikatherapie<br />

zur Vermeidung dieser Komplikationen<br />

wurde in mehreren Studien sowohl für Chinolone als auch<br />

für Betalaktamantibiotika nachgewiesen. Die Applikation<br />

des Antibiotikums wird in diesen Fällen unmittelbar vor<br />

dem geplanten Eingriff empfohlen. 2<br />

Zusammenfassung<br />

Eine antibiotische Therapie der asymptomatischen Bakteriurie<br />

<strong>ist</strong> nur in wenigen Fällen angezeigt. Erforderlich <strong>ist</strong><br />

eine Antibiotikagabe in der Schwangerschaft zur Verhinderung<br />

der Pyelonephritis und Senkung der Frühgeburtlichkeit<br />

sowie vor urologischen Eingriffen mit zu erwartender mukosaler<br />

Blutung, um die Wahrscheinlichkeit des Auftretens<br />

einer Bakteriämie und Sepsis zu senken. Ob eine Therapie<br />

der asymptomatischen Bakteriurie bei frisch nierentransplantierten<br />

PatientInnen erfolgen sollte, <strong>ist</strong> derzeit nicht<br />

geklärt. Bei allen anderen PatientInnen sollte auf eine Antibiotikatherapie<br />

verzichtet werden, da einerseits kein Nutzen<br />

zu erwarten <strong>ist</strong> und es andererseits zu gehäuften Arzneimittelnebenwirkungen<br />

sowie der Selektion von res<strong>ist</strong>enten<br />

Keimen kommt. ■<br />

1 Rubin RH, Shapiro ED, Andriole VT, Davis RJ, Stamm WE, Evaluation of new antiinfective<br />

drugs for the treatment of urinary tract infection. Infectious Diseases Society of<br />

America and the Food and Drug Admin<strong>ist</strong>ration. Clin. Infect. Dis. 1992; 15 Suppl 1:S216–<br />

227<br />

2 Nicolle LE, Bradley S, Colgan R u. a., Infectious Diseases Society of America guidelines<br />

for the diagnosis and treatment of asymptomatic bacteriuria in adults. Clin. Infect. Dis.<br />

2005; 40(5):643–654<br />

3 Wagenlehner FME, Schmiemann G, Hoyme U u. a., [National S3 guideline on uncomplicated<br />

urinary tract infection: recommendations for treatment and management of uncomplicated<br />

community-acquired bacterial urinary tract infections in adult patients]. Urologe A. 2011;<br />

50(2):153–169<br />

4 Harding GKM, Zhanel GG, Nicolle LE, Cheang M, Antimicrobial treatment in diabetic<br />

women with asymptomatic bacteriuria. N. Engl. J. Med. 20<strong>02</strong>; 347(20):1576–1583<br />

5 Renko M, Tapanainen P, Tossavainen P, Pokka T, Uhari M, Meta-analysis of the significance<br />

of asymptomatic bacteriuria in diabetes. Diabetes Care. 2011; 34(1):230–235<br />

6 Guinto VT, De Guia B, Festin MR, Dowswell T, Different antibiotic regimens for treating<br />

asymptomatic bacteriuria in pregnancy. Cochrane Database Syst Rev. 2010; (9):CD007855.<br />

7 Villar J, Lydon-Rochelle MT, Gülmezoglu AM, Roganti A, Duration of treatment for<br />

asymptomatic bacteriuria during pregnancy. Cochrane Database Syst Rev. 2000;<br />

(2):CD000491<br />

8 Fiorante S, López-Medrano F, Lizasoain M u. a., Systematic screening and treatment of<br />

asymptomatic bacteriuria in renal transplant recipients. Kidney Int. 2010; 78(8):774–781.<br />

9 El Amari EB, Hadaya K, Bühler L u. a., Outcome of treated and untreated asymptomatic<br />

bacteriuria in renal transplant recipients. Nephrol. Dial. Transplant. 2011; 26(12):4109–4114<br />

10 Green H, Rahamimov R, Gafter U, Leibovitci L, Paul M, Antibiotic prophylaxis for<br />

urinary tract infections in renal transplant recipients: a systematic review and meta-analysis.<br />

Transpl Infect Dis. 2011; 13(5):441–447


fOcuS<br />

nEPhrO Script<br />

u Neue Erkenntnisse zur Pathogenese des Harnwegsinfekts (HWI) erklären die unterschiedliche<br />

Empfindlichkeit von Patienten gegenüber Erregern.<br />

u Eine symptombezogene klinische Untersuchung sollte immer bei HWI-Erstmanifestation,<br />

bei Pyelonephritis und bei Verdacht auf einen komplizierten Krankheitsverlauf erfolgen.<br />

u Ein HWI kann mittels Harnmikroskopie bei entsprechender Erfahrung weitestgehend bewiesen<br />

oder ausgeschlossen werden (Harnsediment).<br />

u Bei unkomplizierter Zystitis <strong>ist</strong> eine empirische Therapie mit Fosfomycin oder Nitrofurantoin<br />

vertretbar. Standard <strong>ist</strong> die kurzzeitige Stoßtherapie über 1–3 Tage.<br />

u Bei Verdacht auf Pyelonephritis wird unter Beachtung der lokalen Res<strong>ist</strong>enzsituation so früh<br />

wie möglich mit einer Behandlung begonnen.<br />

Akute Zystitis<br />

In den vergangenen Jahren wurden im Bereich der Inneren<br />

Medizin Anstrengungen unternommen, Leitlinien für die<br />

Behandlung des akuten Harnwegsinfektes (HWI) zu implementieren.<br />

Die folgende Zusammenfassung basiert vor<br />

allem auf diesen Leitlinien (Wagenlehner et al., AWMF-<br />

Reg<strong>ist</strong>er-Nr. 043/044) und einem rezenten Konsensustreffen<br />

zu diesem Thema.<br />

Definition der harnwegsinfektion<br />

Komplizierter Harnwegsinfekt: Im Harntrakt liegen funktionelle<br />

oder anatomische Anomalien vor und der Krankheitsverlauf<br />

wird durch andere relevante Erkrankungen (Nierenfunktionsstörung,<br />

Diabetes mellitus, Immunsuppression)<br />

beeinflusst. Ein Harnwegsinfekt kann sporadisch, sporadisch<br />

akut, rezidivierend (≥ 2 in 6 Monaten oder ≥ 3 in einem<br />

Jahr) oder chronisch auftreten. Bei Zystitis (unterer Harnwegsinfekt)<br />

<strong>ist</strong> die akute Symptomatik nur auf den unteren<br />

Harntrakt begrenzt. Bei einer Pyelonephritis kommen Flankenschmerz,<br />

klopfschmerzhaftes Nierenlager und/oder Temperaturerhöhung<br />

über 38°C hinzu. Die akut lebensbedrohliche<br />

Urosepsis entwickelt sich me<strong>ist</strong> als Folge eines komplizierten<br />

Harnwegsinfektes.<br />

Aufgrund fortbestehender Unklarheiten bei Diagnostik und<br />

Therapie wurden S3-Richtlinien „Harnwegsinfektion“ erstellt<br />

(Fünfstück et al., DMW <strong>2012</strong>).<br />

Entstehung und Verlauf von harnwegsinfekten<br />

Die Adhärenz von Bakterien am Urothel setzt spezifische<br />

Eigenschaften, wie z. B. Fimbrien und Pili bzw. nichtfimbrielle<br />

Adhäsine voraus. Einige dieser Adhäsine vermitteln<br />

auch die Internalisation in das Uroephithel. Nester von intrazellular<br />

pers<strong>ist</strong>ierenden Bakterien können eine Quelle für<br />

ass. Dr. gernot<br />

univ.-Prof. Dr.<br />

Schilcher alexander rosenkranz<br />

Klinische Abteilung für <strong>Nephrologie</strong>, Universitätsklinik für Innere Medizin,<br />

Medizinische Universität Graz<br />

rezidivierende Infektionen sein. Toxine wie E-Hämolysin<br />

beeinflussen die Signaltransduktion, modulieren das Abwehrverhalten<br />

des Wirtes (Zelle) und induzieren auch den<br />

Untergang von Uroepithel (Apoptose, Nekrose).<br />

Siderophore wie Enterobactin u. a. binden mit hoher Affinität<br />

Eisen, das ein essenzieller Kofaktor vieler Enzyme <strong>ist</strong><br />

und daher für das Überleben uropathogener Mikroorganismen<br />

eine Rolle spielt. Dies soll in der Praxis bei begleitender<br />

Eisentherapie entsprechend beachtet werden.<br />

Die Expression verschiedener Pathogenitätsfaktoren <strong>ist</strong> strikt<br />

reguliert und wird durch genetische Determinanten kodiert.<br />

Dadurch können sich potenzielle Infektionserreger einerseits<br />

an wirtsspezifische Abwehrfunktionen adaptieren und andererseits<br />

bei deren Störung eine Infektion auslösen.<br />

Seit einigen Jahren sind Toll-like-Rezeptoren Gegenstand<br />

von Untersuchungen zur Entstehung von HWI geworden.<br />

Toll-like-Rezeptoren sind wichtig zur Identifikation in den<br />

Harntrakt eingedrungener Infektionserreger. Sie erkennen<br />

bestimmte Erregermoleküle und induzieren Inflammation<br />

zur Infektabwehr (z. B. Toll-like Rezeptor 4; TLR4) (Gluba,<br />

Nat Rev Nephrol 2010). Eine geringe TLR4-Aktivität c<br />

19


nEPhrO Script<br />

<strong>ist</strong> mit der Entwicklung einer asymptomatischen Bakteriurie<br />

assoziiert. Das von den Epithelzellen produzierte CXCL8<br />

reguliert die Invasion von CXCR1-tragenden Makrophagen<br />

und Granulozyten unmittelbar am Infektionsort. Niedrige<br />

Konzentrationen auf den Abwehrzellen sind mit einer erhöhten<br />

Inzidenz von akuter Pyelonephritis assoziiert.<br />

Letztendlich besitzt auch das Tamm-Horsfall-Protein Mannosestrukturen,<br />

die als Liganden für Typ-1-Fimbrien fungieren.<br />

Über diese Bindung können uropathogene E.-coli-<br />

Stämme aus dem Harntrakt eliminiert werden. In Zusammenschau<br />

gibt es bereits einige Aufklärungsarbeit über die<br />

Pathogenese des HWI. Die neuen Erkenntnisse erklären die<br />

unterschiedlichen Empfindlichkeiten der Patienten gegenüber<br />

Erregern.<br />

Die Manifestation und der Verlauf eines HWI werden von<br />

der Pathogenität und Virulenz der Erreger einerseits und<br />

der Effektivität wirtsspezifischer Abwehrmechanismen andererseits<br />

beeinflusst. Anatomische Anomalien sowie Erkrankungen,<br />

die die körpereigene Abwehr stören, müssen<br />

erkannt werden, da sie den Therapieerfolg maßgeblich beeinflussen<br />

(Fünfstück et al., DMW <strong>2012</strong>).<br />

Diagnostik<br />

Eine symptombezogene klinische Untersuchung sollte immer<br />

bei Erstmanifestation, bei Pyelonephritis und vor allem bei<br />

Verdacht auf einen komplizierten Krankheitsverlauf erfolgen.<br />

Für eine Urinuntersuchung wird Mittelstrahlharn gewonnen,<br />

am besten der erste Morgenharn. Im Idealfall liegen<br />

zwischen der Gewinnung der Harnprobe und der letzten<br />

Miktion 4 Stunden. Die Reinigung der Genitalregion<br />

erfolgt nur mit <strong>Was</strong>ser (Seife und Antiseptika stören die<br />

Kultivierbarkeit). Bei eindeutiger Anamnese <strong>ist</strong> eine Harnuntersuchung<br />

auch aus dem Spontanharn möglich. Bei unklaren<br />

mikrobiologischen Befunden oder rezidivierender<br />

unklarer Leukozyturie <strong>ist</strong> die Gewinnung mit Einmalkatheter<br />

vertretbar. Urinproben sind unverzüglich zu bearbeiten.<br />

Ist dies nicht möglich, dann sollen die Probe bei 4–8 °C<br />

gelagert werden. Ein Harnteststreifen <strong>ist</strong> gut zum Nachweis<br />

einer Leukozyturie oder der Nitritreaktion geeignet. Durch<br />

verschiedene Faktoren <strong>ist</strong> jedoch das Ergebnis beeinflussbar<br />

(Vitamin C, Urobilinogen, Proteinurie, Glukosurie). Der<br />

Nitrittest fällt bei 92 % der gramnegativen und bei 20 %<br />

der grampositiven Erreger positiv aus. Ein sicheres Testergebnis<br />

<strong>ist</strong> me<strong>ist</strong> erst nach einer Blasenverweilzeit der Bakterien<br />

von über 4 Stunden zu erwarten. Bei Pollakisurie<br />

steigt daher das Risiko eines falsch negativen Befundes. Der<br />

Nachweis von Erythrozyten und Proteinurie als Folge der<br />

Infektion <strong>ist</strong> typisch, sollte aber bei Pers<strong>ist</strong>enz nach abgeklungenem<br />

Infekt weiter verfolgt werden.<br />

Ein HWI kann mittels Harnmikroskopie bei entsprechender<br />

Erfahrung weitestgehend bewiesen oder ausgeschlossen wer-<br />

20<br />

fOcuS<br />

den (Harnsediment). Die Indikation zur Harnkultur soll in<br />

Abhängigkeit vom klinischen Befund getroffen werden.<br />

Wegen der stark gestiegenen Prävalenz res<strong>ist</strong>enter Erreger<br />

auf Cotrimoxazol und Fluorchinolone <strong>ist</strong> selbst bei ambulant<br />

erworbenen Harnwegsinfekten die Bedeutung der Harnkultur<br />

gestiegen. Ein Harnkultur-Screening <strong>ist</strong> bei einer<br />

asymptomatischen Bakteriurie nicht gerechtfertigt. Ausnahmen<br />

stellen Schwangerschaft, Zustand nach Organtransplantation<br />

(innerhalb der ersten 6 Monate nach Nierentransplantation)<br />

und traumatisierende Eingriffe im Bereich<br />

der Harnwege dar.<br />

Das Ausmaßes der Entzündung kann anhand von CRP und<br />

Blutbild beurteilt werden. Bei vorbestehender Niereninsuffizienz<br />

sollte eine Bestimmung der Nierenfunktion durchgeführt<br />

werden. Als bildgebende Verfahren zur Diagnostik<br />

eignen sich zur Abklärung komplizierender Faktoren primär<br />

die Sonographie, ansonsten CT- oder MR-Untersuchung.<br />

Die i. v. Urographie <strong>ist</strong> durch diese Untersuchungen großteils<br />

abgelöst worden.<br />

Zusammenfassend <strong>ist</strong> festzuhalten, dass bei typischer Anamnese<br />

und klinischer Symptomatik (Dysurie, Pollakisurie,<br />

imperativer Harndrang) eine routinemäßige mikrobiologische<br />

Untersuchung bei sonst gesunden, nichtschwan- c<br />

Abb.: Therapie unkomplizierten Harnwegs infekts<br />

(Dosierung bei normaler Nierenfunktion)<br />

Substanz<br />

Mittel der 1. Wahl<br />

Tagesdosierung Dauer<br />

Fosfomycin-Trometamol 3.000 mg 1-mal tgl. an Tag 1 und 3<br />

Nitrofurantoin * 50 mg 4-mal tgl. 7 Tage<br />

Nitrofurantoin RT 100 mg 2-mal tgl. 5 Tage<br />

Pivmecillinam ** 200 mg 2-mal tgl. 7 Tage<br />

Pivmecillinam **<br />

Mittel der 2. Wahl<br />

400 mg 2-mal tgl. 3 Tage<br />

Ciprofloxacin 250 mg 2-mal tgl. 3 Tage<br />

Ciprofloxacin RT 500 mg 2-mal tgl. 3 Tage<br />

Levofloxacin 250 mg 1-mal tgl. 3 Tage<br />

Norfloxacin 400 mg 2-mal tgl. 3 Tage<br />

Ofloxacin 200 mg 2-mal tgl. 3 Tage<br />

Cefpodoximproxetil 100 mg 2-mal tgl. 3 Tage<br />

Bei Kenntnis der lokalen res<strong>ist</strong>enzsituation<br />

(E.-coli-res<strong>ist</strong>enz < 20%)<br />

Cotrimoxazol*** 160/800 mg 2-mal tgl. 3 Tage<br />

Trimethoprim*** 200 mg 2-mal tgl. 5 Tage<br />

* s. Fachinformation: Nitrofurantoin darf nur verabreicht werden, wenn effektivere und risikoärmere<br />

Antibiotika oder Chemotherapeutika nicht einsetzbar sind.<br />

** Pivmecillinam <strong>ist</strong> in Deutschland derzeit nicht erhältlich.<br />

*** nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM) wird Trimethoprim<br />

weiter als Mittel der 1. Wahl angesehen.<br />

Adaptiert nach Fünfstück, DMW <strong>2012</strong>


nEPhrO Script<br />

geren Frauen nicht erforderlich <strong>ist</strong>. Unentbehrlich <strong>ist</strong> eine<br />

Harnkultur zur Erregeridentifikation und Sensibilitätstestung<br />

bei komplizierten und chronischen Harnwegsinfekten. Zum<br />

Ausschluss einer Harnstauung bzw. einer Obstruktion im<br />

Bereich der Harnwege gilt die Sonographie als das primäre<br />

Verfahren (Fünfstück et al., DMW <strong>2012</strong>).<br />

Therapie<br />

Eine unkomplizierte akute Zystitis we<strong>ist</strong> eine Spontanheilungsrate<br />

von 30–50 % auf (Ferry, Scand J Prim Health<br />

Care 2007). Unter einer antimikrobiellen Therapie klingen<br />

die Beschwerden aber nicht nur rascher ab, diese sichert<br />

darüber hinaus eine weitgehende Erregerelimination. Bei<br />

akuter unkomplizierter Zystitis <strong>ist</strong> durch eine Kurzzeitbehandlung<br />

– me<strong>ist</strong> über 1–3 Tage – eine Infektsanierung<br />

möglich. Dies gewährle<strong>ist</strong>et eine gute Patientencompliance,<br />

reduziert Nebenwirkungen und begrenzt den Selektionsdruck<br />

für res<strong>ist</strong>ente Erreger. Eine Einmaltherapie, z. B. mit<br />

Fosfomycin, <strong>ist</strong> gleich effizient wie vergleichbare Antibiotika<br />

in längerer Therapie (Fallagas, J Antimicrob Chemother<br />

<strong>2012</strong>). Aufgrund der Res<strong>ist</strong>enzsituation muss die Verordnung<br />

von Cotrimoxazol/Trimethoprim kritisch bewertet<br />

werden. Empirische Therapieentscheidungen sind in Kenntnis<br />

der Infektionsanamnese und der regionalen Res<strong>ist</strong>enzsituation<br />

zu treffen. Bei Chinolonen und Cephalosporinen<br />

besteht ein erhöhtes Risiko für mikrobiologische Kollateralschäden,<br />

die zu einer Selektion res<strong>ist</strong>enter Erreger oder<br />

zu C.-difficile-Infektionen führen. Daher sollten diese bei<br />

der Zystitis nicht als Mittel der 1. Wahl verwendet werden.<br />

Die Abbildung gibt einen Überblick über Mittel der 1. und<br />

2. Wahl hinsichtlich der Behandlung eines unkomplizierten<br />

Harnwegsinfektes inklusive Dosierung bei normaler Nierenfunktion.<br />

unkomplizierte Zystitis: Bei unkomplizierter Zystitis <strong>ist</strong><br />

eine empirische Therapie mit Antibiotika ohne oder mit<br />

nur geringer Res<strong>ist</strong>enzproblematik indiziert.<br />

pyelonephritis: Insbesondere bei Verdacht auf Pyelonephritis<br />

sollte in Kenntnis der lokalen Res<strong>ist</strong>enzsituation eine<br />

Behandlung so früh wie möglich begonnen werden, um die<br />

Entwicklung einer interstitiellen Nephritis oder eine Progression<br />

einer Niereninsuffizienz zu begrenzen. Komplizierte<br />

Harnwegsinfekte sind häufig Ursache einer Urosepsis. Therapiemaßnahmen<br />

müssen so früh wie möglich eingeleitet<br />

werden (innerhalb von einer Stunde). Die Antibiotikaauswahl<br />

erfolgt empirisch nach vorheriger Abnahme einer Harn-<br />

und Blutkultur. Die antimikrobielle Therapie muss sich an<br />

der lokalen Erregersituation und dann am mikrobiologischen<br />

Befund orientieren.<br />

22<br />

fOcuS<br />

Asymptomatische Bakteriurie: Eine asymptomatische Bakteriurie<br />

erfordert nach heutigem Wissensstand keine Therapie.<br />

Eine Behandlung derselben sollte nur erfolgen:<br />

1) in der Gravidität<br />

2) nach einer Organtransplantation (Monat 1–6 nach Nierentransplantation)<br />

3) vor traumatisierenden Eingriffen am Urogenitaltrakt.<br />

rezidivierender Harnwegsinfekt: Beim rezidivierenden<br />

Harnwegsinfekt gilt es zwischen Früh- und Spätrezidiven<br />

zu unterscheiden (innerhalb von 4–6 Wochen oder nach<br />

4–6 Wochen). Frührezidive können durch pers<strong>ist</strong>ierende<br />

Keime ausgelöst werden, bei Spätrezidiven kann es sich um<br />

eine Reinfektion mit anderen Erregern handeln.<br />

Bei Rezidiven eines unkomplizierten HWI <strong>ist</strong> eine erneute<br />

Kurztherapie möglich, während komplizierte HWI auch<br />

nach rascher Besserung der klinischen Symptomatik eine<br />

längere Therapie bis zu 10 Tage erfordern. In beiden Fällen<br />

<strong>ist</strong> es ratsam, die Therapie mit einem Antibiotikum einer<br />

anderen Gruppe zu beginnen und diese gegebenenfalls dem<br />

mikrobiologischen Befund anzupassen.<br />

Hinsichtlich der Prävention rezidivierender unkomplizierter<br />

Harnwegsinfekte bieten sich vielfältige Behandlungsmöglichkeiten<br />

an (kontinuierliche Verordnung von Antibiotika<br />

in reduzierter Dosis, Vakzination, Stabilisierung der lokalen<br />

Laktobazillenflora, lokale Östrogensubstitution, L-Methionin).<br />

Solche Therapiemaßnahmen können sinnvoll sein,<br />

wenngleich dazu keine randomisierten kontrollierten Studien<br />

vorliegen. ■<br />

nEPhrO Spot<br />

Entstehung und Verlauf eines harnwegsinfektes sind durch die<br />

Pathogenität und Virulenz der Infektionserreger sowie die Effizienz<br />

der wirtsspezifischen abwehrreaktion geprägt. rationale<br />

diagnostische Strategien sollten sich vorrangig am klinischen<br />

Bild der Infektion orientieren. Zur Therapie der unkomplizierten<br />

spontanen Zystitis empfehlen sich fosfomycin oder bei<br />

entsprechender res<strong>ist</strong>enzlage nitrofurantoin. Bei Kenntnis der<br />

lokalen res<strong>ist</strong>enzsituation (E. coli-res<strong>ist</strong>enz!) können weiterhin<br />

cotrimoxazol und Trimethoprim eingesetzt werden.<br />

Strategien zur Prävention rezidivierender hWI sollten darauf<br />

abzielen, die Virulenz uropathogener Erreger zu begrenzen,<br />

deren adhäsion am uroepithel zu hemmen sowie wirtsspezifische<br />

lokale abwehrmechanismen zu stabilisieren.<br />

Zu betonen <strong>ist</strong>, dass eine kurzzeitige Stoßtherapie (1–3 Tage)<br />

bei der unkomplizierten Zystitis derzeit als Standardtherapie<br />

gilt.


fOcuS<br />

nEPhrO Script<br />

u Bei jeder Episode eines rezidivierenden Harnwegsinfekts (rHWI) sollte eine Harnkultur<br />

mit Antibiogramm veranlasst werden.<br />

u Bei rHWI kommen Antibiotika nicht nur therapeutisch, sondern auch prophylaktisch zum Einsatz.<br />

u Antibiotische Single-Shot-Therapien sind bei rHWI-Episoden nicht indiziert.<br />

u In Studien untersuchte Präventivmaßnahmen mit unterschiedlicher Wirksamkeit sind die<br />

Immunprophylaxe, das Ansäuern des Harns, Cranberry-Saft oder auch Probiotika (auch<br />

intravesikal).<br />

u Übertriebene genauso wie mangelnde Intimhygiene <strong>ist</strong> kontraproduktiv.<br />

Rezidivierende <strong>Harnwegsinfektionen</strong><br />

Etwa 20–50 % aller Frauen leiden unter rezidivierenden<br />

<strong>Harnwegsinfektionen</strong> (rHWI). Definitionsgemäß<br />

spricht man von einem rHWI,<br />

wenn ≥ 3 <strong>Harnwegsinfektionen</strong> pro Jahr oder ≥ 2<br />

HWI im Halbjahr auftreten. Es sind überwiegend<br />

junge Frauen betroffen (Altersgipfel im 24. Lebensjahr).<br />

Ein zweiter Peak findet sich im 65. Lebensjahr.<br />

27 % der rHWI treten innerhalb von<br />

6 Monaten, 44 % innerhalb von 12 Monaten auf.<br />

Die Inzidenz liegt bei den betroffenen Frauen bei<br />

0,3–7,6 (mittel 2,6) Infektionen/Jahr.<br />

Neben der genetischen Prädisposition (Blutgruppe,<br />

Sekretorstatus, Dichte der Adhäsionsrezeptoren)<br />

spielt das Sexualverhalten (Anzahl der<br />

Sexualpartner, Cunnilingus, Analverkehr) und die<br />

gewählten kontrazeptiven Maßnahmen (spermizide Substanzen)<br />

eine wesentliche Rolle. Vorausgehende <strong>Harnwegsinfektionen</strong>,<br />

Postmenopause und antimikrobielle Therapien<br />

sind weitere wichtige Risikofaktoren.<br />

Diagnostik<br />

Ein ausführliches Anamnesegespräch <strong>ist</strong> für einen Therapieerfolg<br />

essenziell, um bei diesen Patientinnen mit me<strong>ist</strong> großem<br />

Leidensdruck und langem Leidensweg die Symptome und<br />

etwaige prädisponierende Faktoren zu evaluieren.<br />

Bei jeder rHWI-Episode sollte eine Harnkultur mit Antibiogramm<br />

veranlasst werden. Das Keimspektrum bei rHWI<br />

sind Escherichia-coli-Stämme (75–90 % der Patientinnen)<br />

sowie Staphylococcus saprophyticus bei Verwendung spermizider<br />

Kondome.<br />

Zum Ausschluss einer Vaginitis sowie zur Bestimmung der<br />

vaginalen Flora (Laktobazillen?) sollte nach der ersten erfolglosen<br />

rHWI-Therapie einmalig ein Vaginalabstrich erfolgen.<br />

univ.-Prof. Dr. florian<br />

Thalhammer<br />

Universitätsklinik für<br />

Innere Medizin I,<br />

Klinische Abteilung für<br />

Infektionen und Tropenmedizin,<br />

AKH und Medizinische<br />

Universität<br />

Wien<br />

Die Voraussetzung hierfür <strong>ist</strong> die Gewinnung einer<br />

geeigneten Probe für eine bakteriologische Auswertung<br />

inklusive STD-Diagnostik (Chlamydien,<br />

Mykoplasmen, Ureaplasmen, Neisserien, Trichomonaden,<br />

Trichomonas vaginalis, Candida sp., Herpes<br />

simplex).<br />

Anatomische Anomalien bzw. Pathologien sollten<br />

mittels Ultraschall des Harntraktes einmalig beim<br />

ersten Rezidiv ausgeschlossen werden, wenn es<br />

keine schlüssige Erklärung (z. B. rHWI immer<br />

bei St. p. Geschlechtsverkehr) gibt. Eine gynäkologische<br />

und urologische Begutachtung <strong>ist</strong> spätestens<br />

ab dem zweiten Rezidiv indiziert.<br />

antimikrobielle Therapie<br />

Vor Beginn jeder Prophylaxemaßnahme steht die Antibiotikatherapie,<br />

um den akuten HWI (akute Zystitis) zu behandeln<br />

(siehe entsprechender Artikel in dieser Ausgabe). Bei<br />

rHWI <strong>ist</strong> eine antimikrobielle Therapie auf Basis des Antibiogramms<br />

(so vorhanden) erforderlich. Single-Shot-Therapien<br />

sind bei rHWI-Episoden nicht indiziert. Jene Antibiotika,<br />

die aufgrund ihrer Halbwertszeit nur einmal pro Tag<br />

verabreicht werden (Chinolone, Trimethoprim und Cefixim),<br />

sollen spätestens ab dem zweiten Therapietag nach dem letzten<br />

Ausurinieren vor der Nachtruhe eingenommen werden.<br />

Hintergrund <strong>ist</strong> die deutlich höhere Antibiotikakonzentration<br />

im Blasenharn, die während der Nacht erreicht wird.<br />

antibiotische Prophylaxe<br />

Die Ergebnisse von rHWI-Studien zum Nutzen der antibiotischen<br />

Prophylaxe sind aufgrund der unterschiedlichen<br />

Definition des rHWI oft sehr heterogen.<br />

c<br />

23


nEPhrO Script<br />

Gemäß EAU-Leitlinien werden zur Prophylaxe Nitrofurantoin,<br />

Trimethoprim sowie bei speziellen Indikationen Fluorchinolone<br />

und Cephalexin bzw. Cefaclor empfohlen. Die<br />

Kombination von Trimethoprim mit einem Sulfonamid<br />

bietet bei <strong>Harnwegsinfektionen</strong> keinen Vorteil, geht jedoch<br />

mit einer höheren Nebenwirkungsrate einher. Die Dosierungsempfehlungen<br />

sind in der Tabelle zusammengefasst.<br />

Die Effektivität der Einmaldosis als Postkoitalprophylaxe<br />

bzw. situationsabhängige Prophylaxe wird in der Literatur<br />

am Beispiel von Cotrimoxazol mit 0,3–1,3 (Verum) vs. 3,6<br />

(Placebo) rHWI pro Patientin/Jahr angegeben. Vorteile sind<br />

der geringere Antibiotikaeinsatz, die höhere Akzeptanz und<br />

die niedrigere Nebenwirkungsrate.<br />

Der Erfolg einer 3-Tages-Therapie im Rahmen einer intermittierende<br />

Selbstmedikation wird in den Studien mit 2,2<br />

(Selbstmedikation) vs. 0,2 (Langzeitprophylaxe) rHWI pro<br />

Patientin/Jahr angegeben. Als Voraussetzung werden eine<br />

entsprechende Compliance der Patientin und die Möglichkeit,<br />

den behandelnden Arzt bei Bedarf in den nächsten 48<br />

Stunden erreichen zu können, genannt.<br />

Die antimikrobielle Langzeitprophylaxe hat mit 0–0,9 vs<br />

0,8–3,6 (Placebo) rHWI pro Patientin/Jahr in den verschiedenen<br />

Studien die größte Erfolgsrate. Bei den Patientinnen<br />

kann eine 95%ige rHWI-Reduktion während der Prophylaxezeit<br />

erzielt werden. Allerdings treten bei der Hälfte der<br />

Patientinnen nach Absetzen neuerlich rHWI auf. Das jeweilige<br />

Antibiotikum soll vor der Nachtruhe nach dem letzten<br />

Ausurinieren als „Betthupferl“ eingenommen werden.<br />

Die Dauer der Langzeitprophylaxe wird nach einer sechsmonatigen<br />

Testphase festgelegt, wobei es keine verbindlichen<br />

Empfehlungen für die Langzeitphase gibt. In der Praxis hat<br />

sich eine Prophylaxedauer von zumindest 3–6 Monaten mit<br />

anschließendem Auslassversuch etabliert. Bei Auftreten eines<br />

neuerlichen HWI muss erneut eine entsprechende Therapie<br />

verordnet werden, an die sich dann die Sekundärprophylaxe<br />

über einen längeren Zeitraum anschließt. Die wichtigsten<br />

Nebenwirkungen sind allergische Komplikationen, gastrointestinale<br />

Beschwerden sowie bei bis zu 19 % der Patientinnen<br />

vaginale Candidiasis bzw. Soor. Generell wird eine<br />

5%ige Abbruchquote aufgrund von Nebenwirkungen angegeben.<br />

Die Compliance beträgt während der Prophylaxezeit<br />

von sechs Monaten etwa 58 %–74 %.<br />

24<br />

Tab.: Antimikrobielle Langzeitprophylaxe des<br />

rezidivierenden Harnwegsinfekts<br />

Substanz Dosierung<br />

Nitrofurantoin 1-mal 50 mg<br />

Trimethoprim 1-mal 100 mg<br />

Ciprofloxacin 1-mal 125–250 mg 3-mal/Woche<br />

Levofloxacin 1-mal 125–250 mg 3-mal/Woche<br />

Cefexim 1-mal 200 mg<br />

Cephalexin 1-mal 250 mg<br />

Cefaclor 1-mal 250 mg<br />

Norfloxacin 1-mal 200 mg 3-mal/Woche<br />

Einnahme jeweils vor dem Schlafengehen<br />

fOcuS<br />

Sexualleben, Kontrazeption und hormontherapie<br />

Den Patientinnen sollte empfohlen werden, während der<br />

rHWI-Therapie auf Analverkehr, Masturbation sowie Cunnilingus<br />

zu verzichten, bei hartnäckigen rHWI-Episoden<br />

<strong>ist</strong> eine temporäre sexuelle Abstinenz anzudenken; bei Nonnen<br />

sind <strong>Harnwegsinfektionen</strong> signifikant seltener.<br />

Spermizide und mit Spermiziden beschichtete Kontrazeptiva<br />

(Intravaginalovula, Diaphragma, Kondome) sowie Intrauterinpessare<br />

können das rHWI-Risiko nachweislich erhöhen.<br />

Studien weisen darauf hin, dass Nonoxynol-9 im Vergleich<br />

zu anderen Spermiziden mit einem erhöhten rHWI-Risiko<br />

einhergeht, da es Laktobazillen schon in niedriger Konzentration<br />

abtötet. Beschichtete Intrauterinspiralen können ebenfalls<br />

das rHWI-Risiko bis um den Faktor 14 erhöhen.<br />

Bei postmenopausalen Patientinnen konnte in zahlreichen<br />

Studien gezeigt werden, dass die intravaginale Östrogengabe<br />

einen signifikanten Anstieg von Laktobazillen bewirkt bei<br />

gleichzeitigem Abfall des pH-Wertes und Abnahme der Kolonisation<br />

mit Enterobakterien. Die Effektivität wird mit<br />

0,5 Infektionen pro Patientin und Jahr vs. 5,9 in der Placebogruppe<br />

angegeben. Bei lokaler Applikation von 1-mal<br />

täglich Estriol 0,5 mg <strong>ist</strong> nicht mit gynäkologischen Nebenwirkungen<br />

zu rechnen. Eine orale Östrogengabe in dieser<br />

Indikation <strong>ist</strong> kontraindiziert. Bei Vorliegen östrogenabhängiger<br />

Tumoren <strong>ist</strong> die vaginale Östrogensubstitution<br />

nicht indiziert.


fOcuS<br />

Immunprophylaxe<br />

Die Wirksamkeit einer unspezifischen Immunstimulation<br />

mit Indigowurzel, Lebensbaum und Sonnenhut <strong>ist</strong> nicht<br />

belegt.<br />

Gezeigt wurde die Wirksamkeit der oralen Immunstimulation<br />

durch E.-coli-Lysate mit 18 verschiedenen uropathogenen<br />

Stämmen (Uro-Vaxom ® ). Der postulierte Wirkmechanismus<br />

<strong>ist</strong> eine Upregulation der E.-coli-spezifischen<br />

sekretorischen IgA. Klinische Daten zeigen eine Verminderung<br />

der Rezidivrate um 20 %–80 % nach 6 Monaten, in<br />

einer Studie um 34 % nach 12 Monaten. Eine prospektiv<br />

randomisierte Studie (Uro-Vaxom ® vs. Nitrofurantoin) bei<br />

Mädchen mit rHWI ergab vergleichbare Ergebnisse in beiden<br />

Gruppen.<br />

Nach einer Grundimmunisierung mit der Einnahme einer<br />

Kapsel morgens auf nüchternen Magen über 90 Tage folgt<br />

anschließend eine dreimonatige Behandlungspause. Zur<br />

Boosterung kommt nach der 90-tägigen Behandlungspause<br />

eine Intervalltherapie mit 10 Tagen Therapie und 20 Tagen<br />

Therapiepause alternierend über die folgenden 3 Monate.<br />

Aufgrund des in experimentellen Studien gefundenen Absinkens<br />

der sekretorischen IgA kann nach jeweils 6 Monaten<br />

Behandlungspause eine neuerliche Intervalltherapie alle 6<br />

Monate zur Boosterung überlegt werden. Bei Auftreten einer<br />

Durchbruchsinfektion sollte die Prophylaxetherapie nicht<br />

unterbrochen werden.<br />

ansäuerung des harns<br />

Ein saurer Urin (pH 5) vermindert die Bakterienadhärenz<br />

am Urothel bzw. am Harnkatheter. Nitrofurantoin hat im<br />

leicht sauren Milieu eine bessere antimikrobielle Aktivität.<br />

Fruchtsäfte sind ungeeignet, den Harn anzusäuern, da sie<br />

im Gegenteil zu einer Alkalisierung des Harns führen.<br />

Vor den Mahlzeiten kann der Harn mit 3-mal täglich 0,5–1,0<br />

g L-Methionin angesäuert werden. Kontraindikationen sind<br />

Hyperurikämie, metabolische Azidose, Leberinsuffizienz,<br />

Harnsäure- oder Zystinsteine sowie eine Homozysteinurie.<br />

Eine Ansäuerung mit Vitamin C in einer Dosierung von 2–3mal<br />

täglich 0,5 g, jedoch nicht als Brausetablette, wird aufgrund<br />

der schlechteren Verträglichkeit wenig eingesetzt. c<br />

nEPhrO Script<br />

25


nEPhrO Script<br />

Zu den alten „Hausrezepten“ zählt auch die Ansäuerung des<br />

Harnes mit einem Esslöffel Essig am Abend. Wissenschaftlich<br />

wurde eine Wirkung von Essig bei rHWI nicht bewiesen.<br />

cranberry<br />

Die großfruchtige Moosbeere aus der Gattung der Heidelbeeren<br />

hat eine antiadhärente Wirkung durch Fruktose und<br />

Proanthozyanide, sie hat keinen direkten antibakteriellen Effekt<br />

und bewirkt keine Senkung des Urin-pH-Werts. In einem<br />

Ex-vivo-Modell konnte gezeigt werden, dass die effektivste<br />

Dosis bei 72 mg Proanthozyanidin pro Tag liegt. Der hohe<br />

Gehalt an Oxalsäure könnte jedoch das Steinbildungsrisiko<br />

erhöhen. Bis heute gibt es aufgrund widersprüchlicher Studienergebnisse<br />

keine klare Therapieempfehlung für den Einsatz<br />

von Cranberrypräparaten in der rHWI-Prophylaxe. Aufgrund<br />

des typischen Geschmacks oder auch der übermäßigen<br />

Kalorienzufuhr sind erhöhte Abbruchraten beschrieben.<br />

Probiotika<br />

Laktobazillen produzieren Milchsäure, die eine Erniedrigung<br />

des Vaginal-pH-Werts bewirkt, und verhindern die<br />

Adhärenz von Enterobakterien am Blasenepithel. Durch<br />

Östrogen wird die Kolonisation mit Laktobazillen gefördert.<br />

Die probiotische Wirkung von Laktobazillen <strong>ist</strong> spezifisch<br />

für die jeweilige Spezies und die probiotischen Wirkungen<br />

der unterschiedlichen Stämme können sich durchaus<br />

unterschieden. Die Kombination von Lactobacillus<br />

rhamnosus GR-1 und Lactobacillus reuteri RC-14, welche<br />

1–2-mal täglich in Kapselform verabreicht wird, soll die<br />

Rezidivrate in einem Beobachtungszeitraum von 12 Monaten<br />

um bis zu 73 % senken.<br />

26<br />

fOcuS<br />

Intravesikale prophylaxe: Die Instillation des apathogenen<br />

E.-coli-Stammes A3972 bei querschnittgelähmten Patienten<br />

konnte die rHWI-Rate reduzieren.<br />

Auch eine Instillation von Hyaluronsäure (40 mg Hyaluronsäure/pro<br />

Woche über vier Wochen, anschließend einmal<br />

monatlich über vier Monate) wurde in wenigen Studien<br />

als Therapieoption bei unkomplizierten rHWI untersucht.<br />

allgemeine Prophylaxemaßnahmen<br />

Eine ausreichende, normale Trinkmenge (etwa 2 Liter/Tag)<br />

<strong>ist</strong> anzustreben, da die vermehrte Flüssigkeitszufuhr die<br />

Keimzahl reduziert. Es wird empfohlen, die antibiotische<br />

Prophylaxe abends einzunehmen, um einen möglichen –<br />

wissenschaftlich nicht nachgewiesenen – Verdünnungseffekt<br />

zu vermeiden.<br />

Der Nutzen eines Ausurinierens unmittelbar nach dem Geschlechtsverkehr<br />

<strong>ist</strong> wissenschaftlich nicht erwiesen, aber<br />

dennoch empfehlenswert. Anamnestisch muss ein physiologisches<br />

Miktionsverhalten erfragt werden. Bei Verdacht<br />

auf ein pathologisches Miktionsverhalten muss eine urologische<br />

Begutachtung (Flow-EMG, Ultraschall/Restharn,<br />

Miktionsprotokoll) angestrebt werden.<br />

Übertriebene genauso wie mangelnde Intimhygiene <strong>ist</strong> kontraproduktiv.<br />

Vaginalduschen oder Vaginalspülungen sind<br />

zu unterlassen, da durch diese Eingriffe lediglich die Vaginalschleimhaut<br />

und ihre Flora beschädigt werden und das<br />

Risiko von rezidivierenden HWI eher steigt. ■<br />

Download des Oesterreichischen Consensus: Akute Zystitis unter<br />

www.oegit.eu


fOcuS<br />

nEPhrO Script<br />

u Me<strong>ist</strong> geht der Pyelonephritis eine Infektion des unteren Harntraktes voraus.<br />

u Die klinische Abgrenzung der Pyelonephritis zum fieberhaften Harnwegsinfekt <strong>ist</strong><br />

oft schwierig.<br />

u Die akute unkomplizierte Pyelonephritis <strong>ist</strong> die Domäne der Fluorchinolone; Alternative sind<br />

Cephalosporine der 2. und 3. Generation.<br />

u Urosepsis und abszedierende Pyelonephritis sind potenziell lebensbedrohliche Erkrankungen,<br />

die hoch dosierte Breitbandantibiose erfordern.<br />

Akute Pyelonephritis<br />

Die akute Pyelonephritis <strong>ist</strong> me<strong>ist</strong> die Folge<br />

einer aszendierenden Infektion des Urogenitaltraktes,<br />

die in einer Zystitis ihren klinischen<br />

Ursprung hat. Das Aufsteigen der Keime, me<strong>ist</strong><br />

Escherichia coli, über den Ureter in das Nierenbecken<br />

sowie in die Sammelrohre und die Tubuli<br />

der Niere prägt das klinische Erscheinungsbild<br />

der Erkrankung wie auch seinen Verlauf als<br />

• akute unkomplizierte Pyelonephritis oder<br />

• akute komplizierte Pyelonephritis (Urosepsis<br />

bzw. abszedierende Pyelonephritis).<br />

Seltener <strong>ist</strong> die Pyelonephritis Folge einer hämatogenen<br />

Streuung aus anderen Infektionsherden<br />

des Körpers (z. B. Abszesse im Haut oder HNO-Bereich)<br />

durch grampositive Keime.<br />

Die Patienten werden me<strong>ist</strong> vom Allgemeinmediziner gesehen<br />

und dann zur weiteren stationären Behandlung an<br />

eine Abteilung für Urologie oder Innere Medizin zugewiesen.<br />

Die ambulante Behandlung der akuten Pyelonephritis<br />

<strong>ist</strong> aufgrund der häufig ausgeprägten Beschwerden der Patienten<br />

und der notwendigen parenteralen Antibiotikagabe<br />

nicht zu empfehlen.<br />

Betroffene sind, wie auch bei der akuten Zystitis, überwiegend<br />

Frauen. Die Inzidenz der Erkrankung beträgt 15–17/10.000<br />

Einwohner/Jahr bei Frauen, im Vergleicht von nur<br />

3–4/10.000/Jahr bei Männern. 1 Eine besondere Risikogruppe<br />

stellen Schwangere dar, bei denen die Inzidenz der Pyelonephritis<br />

besonders hoch <strong>ist</strong> (14/1.000 Schwangerschaften). 2<br />

Klinik<br />

Klinisch <strong>ist</strong> eine Abgrenzung der Pyelonephritis zum fieberhaften<br />

Harnwegsinfekt oft schwierig. Flankenschmerzen,<br />

Inappetenz, Übelkeit bis zum Erbrechen bei Harnwegsinfekt<br />

verbunden mit febriler Temperatur mit zum Teil septischem<br />

Charakter zeigen jedoch eine akute Pyelonephritis an. Anamnestisch<br />

lässt sich in ca. 75 % aller Fälle eine aktuelle oder<br />

Prim. Dr. hubert<br />

Volgger<br />

Leiter der Urologie,<br />

BKH Lienz<br />

gerade abgelaufene Infektion des unteren Harntraktes<br />

erheben. Im Harnstatus zeigt sich eine<br />

Leukozyturie teilweise mit Mikro- oder Makrohämaturie.<br />

Das Vorliegen von Leukozytenzylindern<br />

im Harnsediment <strong>ist</strong> ein beweisender Faktor<br />

für eine Nierenbeteiligung, da diese in den Nierentubuli<br />

nur bei tubulärer oder glomerulärer Infektion<br />

entstehen.<br />

Im Blutbild zeigt sich eine unspezifische Leukozytose<br />

wie auch eine CRP-Erhöhung, teilweise<br />

können die Nierenfunktionsparameter pathologisch<br />

erhöht sein. Das Vorliegen einer Thrombopenie<br />

oder einer Blutgerinnungsstörung zeigt<br />

einen klinisch gravierenden Verlauf an.<br />

Diagnostik<br />

Neben einer exakten Anamnese bezüglich Risikofaktoren<br />

(Tabelle 1), Vorerkrankungen mit antibiotischer Vortherapie<br />

sowie Spitalsaufenthalten kommt der Harndiagnostik eine<br />

entscheidende Bedeutung bei. Bei Frauen sollte bei positivem<br />

Harnlabor des Mittelstrahlurins die Abnahme eines Katheterharns<br />

zur mikrobiologischen Diagnostik erwogen werden.<br />

Bei Männern <strong>ist</strong> mit Ausnahme von Patienten mit großen<br />

Restharnmengen die Untersuchung des Mittelstrahlurins ausreichend.<br />

Bei septisch fiebernden Patienten empfiehlt sich<br />

parallel dazu die Abnahme einer Blutkultur. Neben der Labordiagnostik,<br />

die an den Schweregrad der Erkrankung c<br />

Tab. 1: Prädisponierende Faktoren für die Entwicklung<br />

einer Pyelonephritis<br />

• Obstruktion der ableitenden Harnwege<br />

• Vesikoureteraler Reflux<br />

• Diabetes mellitus<br />

• Immunsuppression<br />

• Gravidität<br />

• Harndauerkatheter<br />

27


nEPhrO Script<br />

28<br />

Tabelle 2: Therapieempfehlung zur Behandlung<br />

der akuten unkomplizierten Pyelonephritis<br />

Ciprofloxacin<br />

Levofloxacin<br />

alternativ bzw. Mittel der 2. Wahl<br />

adaptiert werden sollte, kommt dem Ultraschall in der Planung<br />

der Therapie eine entscheidende Bedeutung zu. So<br />

sollten eine Harnstauungsniere wie auch Restharnbildung<br />

der Harnblase unmittelbar ausgeschlossen werden.<br />

Bildgebende Verfahren<br />

500 mg 2-mal tgl. initial,<br />

400 mg i. v. 2-mal tgl.<br />

500 mg 1-mal tgl. initial,<br />

500 mg i. v. 1-mal tgl.<br />

Ceftriaxon 2 g 1-mal tgl. i. v.<br />

7–10 Tage<br />

7–10 Tage<br />

Cefpodoximproxetil 200 mg 2-mal tgl. 10 Tage<br />

Amoxicillin/Clavulansäure 875/125 mg 2-mal tgl. 14 Tage<br />

ultraschall: Sonographisch manifestiert sich eine Pyelonephritis<br />

durch eine Urothelverdickung unterschiedlichen<br />

Ausmaßes im Bereich des Nierenbecken oder der Kelche,<br />

teilweise eine Erweiterung des Nierenbeckenhohlsystems<br />

bzw. eine Verbreiterung des Nierenparenchyms mit zonalen<br />

Veränderungen der Echogenität im Vergleich zur Gegenseite.<br />

Die Abgrenzung des Nierenparenchyms zum Perirenalraum<br />

<strong>ist</strong> unter Umständen verwaschen. Im Farbdoppler<br />

kann eine Hyperperfusion des Parenchyms mit zonalen Perfusionsausfällen<br />

die Entzündungsreaktion, das begleitende<br />

Ödem wie auch eine beginnende Abszedierung anzeigen.<br />

Abszesse sind als echoarme Raumforderung gut zu erkennen.<br />

Sie sind anfänglich unscharf berandet, demarkieren<br />

sich jedoch mit Fortdauer der Erkrankung. Oftmals können<br />

komplizierende Faktoren wie Steine des Harntraktes unmittelbar<br />

detektiert werden.<br />

röntgen: Eine radiologische Abklärung <strong>ist</strong> nur bei unklarer<br />

Diagnose oder fehlender Besserung auf eine adäquate antibiotische<br />

Therapie indiziert. Die Durchführung eines Ausscheidungsurogramms<br />

(IVP) in dieser Indikation <strong>ist</strong> bei<br />

Verfügbarkeit eines Computertomographen (CT) heute<br />

nicht mehr zeitgemäß. Eine CT kann idealerweise entzündliche<br />

und morphologische Veränderungen wie auch komplizierende<br />

Faktoren exakt darstellen und sollte, normale<br />

Nierenfunktionsparameter vorausgesetzt, mit Kontrastmittel<br />

durchgeführt werden. Bei Kontrastmittelallergie bzw.<br />

Schwangerschaft kann alternativ eine MRT (Magnetresonanztomographie)<br />

zur Bildgebung eingesetzt werden.<br />

Nuklearmedizin: Die Nierenszintigraphie mit Technetium<br />

99 eignet sich sowohl zur Quantifizierung der seitengetrennten<br />

Nierenfunktion als auch zur Darstellung von<br />

fOcuS<br />

Perfusionsausfällen und Parenchymdefekten. Aufgrund der<br />

geringeren Sensitivität im Vergleich zu CT oder MRT sind<br />

diese Untersuchungsmethoden in der Diagnostik der akuten<br />

Pyelonephritis nicht Methode der ersten Wahl. Sie eignen<br />

sich jedoch gut zur Verlaufskontrolle abgelaufener Pyelonephritiden<br />

insbesondere bei Patienten mit vesikoureteralem<br />

Reflux.<br />

Therapie<br />

akut unkomplizierte Pyelonephritis (Tabelle 2)<br />

Die antibiotische Behandlung der akuten unkomplizierten<br />

Pyelonephritis <strong>ist</strong> die Domäne der Fluorchinolone, sofern<br />

die Res<strong>ist</strong>enzlage bei E. coli nicht über 10 % liegt (EAU<br />

Guidelines 2011 LE 1b Grad A). Alternativ stehen Cephalosporine<br />

der 2. und 3. Generation zur Verfügung, wenn<br />

die Rate ESBL-res<strong>ist</strong>enter Keimen nicht über 10 % zeigt.<br />

Für solche Fälle sollte abhängig von der Klinik der Einsatz<br />

von Carbapenemen erwogen werden. Nach initialer parenteraler<br />

Gabe kann bei klinischer Besserung und vorliegendem<br />

Antibiogramm auf eine orale Gabe umgestellt werden. Begleitend<br />

sollte auf Bettruhe sowie ausreichende Hydrierung<br />

geachtet werden. Auf eine Ansäuerung des Harns sollte während<br />

der antibiotischen Therapie verzichtet werden. Diese<br />

würde bei der Verwendung von Fluorchinolonen zu einer<br />

Wirkungsabschwächung führen.<br />

akute komplizierte Pyelonephritis (Tabelle 3)<br />

Sowohl eine Urosepsis als auch eine abszedierende Pyelonephritis<br />

sind potenziell lebensbedrohliche Erkrankungen,<br />

die eine breite, hoch dosierte Antibiose erfordern. Die Therapieempfehlungen<br />

entstammen den S3-Leitlinien der DGU<br />

bzw. den Guidelines der EAU und sollten der lokalen Res<strong>ist</strong>enzlage<br />

angepasst werden.<br />

urosepsis – infizierte Hydronephrose: Die infizierte Hydronephrose<br />

stellt eine leider oft unterschätzte Form der<br />

Pyelonephritis dar. Durch eine Harnabflussstörung (Stein,<br />

Tumor oder Ureterabgangsstenose) aus dem infizierten Nierenbeckenkelchsystem<br />

wird eine Bakteriämie begünstigt und<br />

der Antibiotikatransport in die Niere sowie die Filtration<br />

in die ableitenden Harnwege verringert oder gar unterbunden.<br />

Aufgrund der immer noch erheblichen Letalität dieser<br />

Erkrankung erfordert die Therapie der Urosepsis ein interdisziplinäres<br />

Behandlungskonzept. Urologen, Intensivmediziner,<br />

Infektiologen und Mikrobiologen sind gefordert,<br />

eine unverzügliche multimodale Therapie einzuleiten. Kardiorespiratorische<br />

Überwachung und gegebenenfalls auch<br />

Therapie, Gerinnungsmanagement, eine unverzügliche parenterale<br />

Antibiose und eine drucklose Harnableitung der<br />

gestauten Niere sind sicher zu stellen (EAU Guidelines 2011<br />

LE 1a, Grad A). Diese Harnableitung sollte mittels perkutaner<br />

Nephrostomie oder äußerer Harnleiterschiene


fOcuS<br />

Tabelle 3: Therapieempfehlung zur Behandlung der akuten komplizierten Pyelonephritis<br />

Ciprofloxacin oder Levofloxacin 400 mg i. v. 2-mal tgl. 3–5 Tage über das Entfiebern hinaus<br />

Levofloxacin 500–750 mg 1-mal tgl. 3–5 Tage über das Entfiebern hinaus<br />

Cephalosporine (3a/3b) In adäquater Dosierung 3–5 Tage über das Entfiebern hinaus<br />

Piperacillin/Tazobactam In adäquater Dosierung 3–5 Tage über das Entfiebern hinaus<br />

Carbapeneme In adäquater Dosierung<br />

Aminoglykoside In adäquater Dosierung Als Kombinationstherapie<br />

(Mono J) erfolgen, um eine Ausscheidungskontrolle der<br />

betroffenen Niere zu gewährle<strong>ist</strong>en. Sollte es in weiterer<br />

Folge zu einer Verschlechterung des Zustandsbildes des Patienten<br />

kommen und keine Ausscheidung über die betroffene<br />

Niere erfolgen, so <strong>ist</strong> rechtzeitig eine Nephrektomie zu<br />

erwägen. Dies gilt besonders bei Vorliegen einer Sepsis mit<br />

Multiorganbeteiligung.<br />

Abszedierende pyelonephritis: Durch Konfluieren von<br />

Mikroabszessen im Nierenparenchym kommt es zur Bildung<br />

klinisch relevanter wie auch radiologisch sichtbarer Abszesse.<br />

Je nach Lage und Ausbreitung der Abszesse (Beziehung zur<br />

Nierenkapsel) spricht man von Nierenabszess bzw. perinephritischem<br />

oder paranephritischem Abszess. Klinisch stel-<br />

nEPhrO Script<br />

len diese Erkrankungen ein sehr variables Bild dar. Vom<br />

Bild einer schwer verlaufenden akuten Pyelonephritis mit<br />

starken Schmerzen und deutlichem Krankheitsgefühl sowie<br />

dem Bild einer Sepsis, bis zum fast asymptomatischen Diabetiker<br />

mit chronischem Nierenabszess <strong>ist</strong> jede erdenkliche<br />

Ausprägung möglich. Kleine Abszesse bis 3 cm sollten primär<br />

nur antibiotisch behandelt und sonographisch oder mit<br />

CT kontrolliert werden. Bei Läsionen über 3 cm oder fehlender<br />

klinischer oder radiologischer Besserung <strong>ist</strong> eine perkutane<br />

(sonographisch oder CT gezielte) oder offene chirurgische<br />

Drainage unter laufender Antibiose indiziert. ■<br />

1 Czaja CA et al., Population-based epidemiologic analysis of acute pyelonephritis. Clin Infect<br />

Dis 2007; 45(3):273–280<br />

2 Hill JB et al., Acute pyelonephritis in pregnancy. Obstet Gynecol. 2005; 105(1):18.<br />

29


nEPhrO Script<br />

u HWI machen zwischen 40 und 50 % aller Infektionen nach Nierentransplantation<br />

aus; die Inzidenzraten variieren zwischen den Transplantzentren beträchtlich.<br />

u HWI dürften ein Risikofaktor für das Transplantatüberleben sein.<br />

u Eine generelle antibiotische HWI-Prophylaxe nach Nierentransplantation wird derzeit nicht<br />

empfohlen.<br />

u Me<strong>ist</strong> muss mit einer empirischen Therapie mit sehr gut harngängigen Antibiotika begonnen<br />

werden, die sowohl gramnegative als auch grampositive Erreger erfassen.<br />

<strong>Harnwegsinfektionen</strong> nach Nierentransplantation<br />

<strong>Harnwegsinfektionen</strong> (HWI) nach Nierentransplantation<br />

stellen immer noch eine beträchtliche<br />

Gefahr in Hinblick auf eine erhöhte<br />

Morbidität des Transplantatempfängers,<br />

aber auch für das Transplantat dar. Dies wird<br />

schon alleine durch die Tatsache unterstrichen,<br />

dass HWI zwischen 40 und 50 % aller Infektionen<br />

posttransplant ausmachen und damit zu<br />

den häufigsten Infektionen bei Nierentransplantierten<br />

gehören.<br />

Stark schwankende Inzidenzraten<br />

Die von verschiedenen Transplantzentren berichteten<br />

Inzidenzraten variieren mit 6–86 % beträchtlich.<br />

Lokale „Outbreaks“, unterschiedliche<br />

Res<strong>ist</strong>enzraten, lokale antibiotische Strategien, aber auch<br />

verschiedene diagnostische Definitionen und Kriterien<br />

könnten hierfür ursächlich sein. Generell <strong>ist</strong> die Infektionsrate<br />

wie in der Normalbevölkerung bei Frauen höher als bei<br />

Männern, wobei die me<strong>ist</strong>en Infekte innerhalb des ersten<br />

Jahres nach Transplantation auftreten (maximal 82 % innerhalb<br />

der ersten 3 Monate, ca. 21 % im zweiten Jahr nach<br />

Transplantation).<br />

HWI sind bei Empfängern von Organen von Lebendspendern<br />

deutlich seltener, vermutlich bedingt durch die kürzere<br />

kalte Ischämiezeit, geringer ausgeprägte Ischämie-Reperfusionsschäden<br />

und weniger „delayed-graft function“. Wie in<br />

der Normalbevölkerung sind gramnegative Erreger die häufigsten<br />

HWI-Erreger nach Nierentransplantation, und obgleich<br />

sich die Erregerspektren zwischen den Zentren zuweilen<br />

deutlich unterscheiden, stellt E. coli den häufigsten<br />

Erreger dar. Im Gegensatz zur Normalbevölkerung beträgt<br />

der durch den Anteil E. coli verursachten HWI nicht > 90 %,<br />

sondern etwa 50–65 %. Es folgen in aller Regel Pseudomonas<br />

aeruginosa, koagulasenegative Staphylokokken, Klebsiellae<br />

und Enterobacter cloacae.<br />

30<br />

Prof. PD<br />

Dr. Marcus Säemann<br />

Universitätsklinik für<br />

Innere Medizin III,<br />

Klinische Abteilung für<br />

<strong>Nephrologie</strong> und Dialyse<br />

Medizinische Universität,<br />

AKH Wien<br />

hWI als risikofaktor für das<br />

Transplantatüberleben<br />

fOcuS<br />

Der Einfluss von HWI sowie – in seiner klinisch<br />

extremen Form – der Pyelonephritis auf das Transplantat-<br />

und Patientenüberleben wird nach wie<br />

vor kontrovers diskutiert. So wurde in einer retrospektiven<br />

Analyse von Pelle und Mitarbeitern demonstriert,<br />

dass immerhin ca. 19 % der HWI zu<br />

einer akuten Pyelonephritis führen können, welche<br />

mit einem deutlich schlechteren Transplantatüberleben<br />

verbunden war. 2 Ähnliche Ergebnisse<br />

brachten anderen Untersuchungen, in denen Pyelonephritiden<br />

in den ersten drei Monaten nach<br />

Transplantation mit einer schlechteren Langzeitfunktion<br />

des Transplantates assoziiert waren. Die<br />

genauen Gründe für diese Assoziation sind bislang unklar.<br />

Eine durch eine akute Pyelonephritis ausgelöste, organschädliche<br />

inflammatorische Reaktion <strong>ist</strong> sicher einer der wesentlichen<br />

Mechanismen dieser klinischen Besonderheit.<br />

grenzen der hWI-Prävention<br />

In den allerme<strong>ist</strong>en Zentren wird Trimethoprim-Sulfamethoxazol<br />

(TMP-SMZ) für 6 bis 12 Monate zur Pneumocystis<br />

jirovecii-Prophylaxe verwendet. Die Mehrzahl von E. coli,<br />

Enterobacter cloacae, koagulasenegativen Staphylokokken<br />

sowie die me<strong>ist</strong>en Enterokokken sind jedoch gegenüber<br />

TMP-SMZ res<strong>ist</strong>ent, was die Ineffizienz dieser Substanz in<br />

der Prävention von HWI nach Transplantation mit erklärt. 1<br />

Mittlerweile steigen aber auch die Res<strong>ist</strong>enzraten von z. B.<br />

E. coli oder Enterobacteriaceae gegenüber Chinolonen. Die<br />

Res<strong>ist</strong>enzsituation würde durch den ungezielten und breiten<br />

Einsatz weiterer und besonders neuerer Substanzklassen noch<br />

weiter eskalieren. Eine generelle antibiotische HWI-Prophylaxe<br />

nach Nierentransplantation wird daher derzeit nicht<br />

empfohlen.


fOcuS<br />

Therapie der hWI nach nierentransplantation<br />

HWI nach Nierentransplantation verlaufen bis hin zur Urosepsis<br />

oftmals klinisch inapparent. In der Regel <strong>ist</strong> eine initial<br />

empirische Therapie mit sehr gut harngängigen Antibiotika<br />

notwendig, die sowohl gramnegative als auch grampositive<br />

Erreger erfassen. An den me<strong>ist</strong>en Zentren wird bei<br />

Verdacht auf schnell aszendierende HWI bzw. bei inzipienter<br />

Urosepsis unverzüglich mit einer intravenösen Antibiotikatherapie<br />

begonnen.<br />

Zur Dauer der Therapie bei HWI nach Nierentransplantation<br />

ex<strong>ist</strong>ieren keine gültigen Richtlinien auf Basis solider<br />

klinischen Daten. Eine ältere Empfehlung sieht eine Therapiedauer<br />

bei nachgewiesenem HWI vor allem innerhalb<br />

der ersten Monate nach Transplantation von 14–21 Tagen<br />

vor, während bei stabil Transplantierten ähnlich wie in der<br />

Normalbevölkerung eine Behandlungsdauer von 5 bis 7<br />

Tagen vorgeschlagen wird. Diese Empfehlung macht insofern<br />

Sinn, als die putative Einn<strong>ist</strong>ung virulenter Keime in<br />

das Blasenepithel, wie für E. coli experimentell mehrfach<br />

beschrieben, möglicherweise aktiv verhindert werden kann.<br />

Dadurch könnten spätere, für Organ und Patienten schädliche<br />

HWI-Rekurrenzen im Sinne auch eines chronischen<br />

HWI reduziert werden. 3 Bei mehrfachen HWI-Rekurrenzen<br />

trotz intensiver Antibiose und fehlender Antibiotikares<strong>ist</strong>enz<br />

sollte sofort eine weiterführende Bildgebung veranlasst werden<br />

(CT, MR-Urographie etc.), um z. B. Steine, komplexe<br />

Zysten, etwaige Abflusshindernisse, rektovesikale F<strong>ist</strong>eln<br />

(Cave z. B. bei putridem Sekret als Hinweis für F<strong>ist</strong>eln!) etc.<br />

zu erfassen. Zudem <strong>ist</strong> eine urologische Abklärung einzuleiten<br />

(Urodynamik, Miktionszystogramm), bevor schließ-<br />

nEPhrO Script<br />

lich eine langfr<strong>ist</strong>ige Antibiotikatherapie (> 3 Monate) eingeleitet<br />

wird.<br />

Offenes Thema asymptomatische Bakteriurie<br />

Im Gegensatz zur Normalbevölkerung ex<strong>ist</strong>ieren für Transplantationspatienten<br />

leider keine Therapieempfehlungen<br />

für die asymptomatische Bakteriurie. Dies liegt vor allem<br />

daran, dass bislang keine konzisen Studien zu den möglichen<br />

Folgen einer asymptomatischen Bakteriurie vorliegen. Bislang<br />

publizierte Studien brachten heterogene Ergebnisse.<br />

Es <strong>ist</strong> aber davon auszugehen, dass bestimmte Bakterienstämme<br />

eine deutlich erhöhte Organtoxizität besitzen. So<br />

exprimieren etwa verschiedene Bakterienstämme Fimbrien,<br />

die eine Inflammation auslösen und damit auch das Transplantat<br />

schädigen können. Die Entscheidung, rezidivierende<br />

asymptomatische Bakterurien zu therapieren, bleibt allerdings<br />

letztlich eine klinische, die jedoch mehrere Faktoren,<br />

wie eine geringere oder komplex ausgeprägte klinische Symptomatik<br />

(z. B. erhöhtes CRP ohne Fieber und/oder Leukozytose)<br />

unter Immunsuppression und Niereninsuffizienz,<br />

das Ausmaß der Bakteriurie (z. B. hohe Keimzahlen), Isolation<br />

potenziell eher uropathogener Keime (z. B. E. coli vs.<br />

Enterokokken), Transplantatfunktion (z. B. progressive<br />

Dysfunktion ohne kausale Anhaltspunkte nach Biopsie) etc.,<br />

berücksichtigen sollte. ■<br />

1 Säeman MD, Hörl WH, Urinary tract infection in renal transplant recipients. Eur J Clin<br />

Invest 2008; 38:58–65<br />

2 Pelle G et al., Acute Pyelonephritis represents a risk factor impairing long-term kidney graft<br />

function. Am J Transplant 2007; 7:899–907<br />

3 Hannan TJ et al., Host-pathogen checkpoints and population bottlenecks in pers<strong>ist</strong>ent and<br />

intracellular uropathogenic Escherichia coli bladder infection. FEMS Microbiol Rev. <strong>2012</strong>;<br />

36(3):616-48<br />

31


nEPhrO Script<br />

u Ältere Personen mit <strong>Harnwegsinfektionen</strong> kommen oft primär wegen thorakalen<br />

Schmerzen ins Krankenhaus.<br />

u E. coli <strong>ist</strong> der Haupterreger von Harnwegsinfekten, die Res<strong>ist</strong>enzsituation macht betroffen.<br />

u Eine asymptomatische Bakteriurie bedarf in der Regel keiner antibiotischen Therapie.<br />

u Beim unkomplizierten Harnwegsinfekt reicht eine Therapiedauer von 1–5 Tagen.<br />

u Harnwegsinfekte bei Männern erfordern immer eine antibiotische Therapie.<br />

Fallstricke in der Diagnostik und Therapie<br />

von Harnwegsinfekten<br />

Harnwegsinfekte können diagnostisch und therapeutisch<br />

eine Herausforderung darstellen.<br />

Das gilt ganz besonders für ältere Patienten.<br />

Problematische abklärung<br />

Klinische Symptome allein sind ein unzuverlässiges<br />

Kriterium für einen Harnwegsinfekt. Ältere<br />

Personen mit <strong>Harnwegsinfektionen</strong> kommen<br />

durchaus primär wegen thorakaler Schmerzen ins<br />

Krankenhaus. Bei hochbetagten und dementen<br />

Patienten sind die klinischen Angaben besonders<br />

unzuverlässig und ähneln jenen von Kleinkindern.<br />

Auch Harnteststreifen – so praktisch und einfach<br />

sie in der Handhabung auch sind – können falsch positive<br />

und falsch negative Ergebnisse liefern. Eine antibiotische<br />

Therapie ohne kulturellen Erregernachweis <strong>ist</strong> lediglich beim<br />

unkomplizierten Harnwegsinfekt prämenopausaler Frauen<br />

zulässig. Die mikrobielle Diagnostik erlaubt auch eine Differenzierung<br />

zwischen Infektionen und Kontamination. Bevorzugt<br />

sollte der Morgenurin ≥ 4 Stunden nach der letzten<br />

Miktion untersucht werden.<br />

unkompliziert versus kompliziert<br />

Ein unkomplizierter Harnwegsinfekt <strong>ist</strong> auf die Blase beschränkt<br />

(Zystitis) und tritt vornehmlich bei Frauen bei<br />

strukturell und funktionell intaktem Harntrakt ohne Begleiterkrankungen<br />

auf. Die Behandlungsdauer <strong>ist</strong> kurz und<br />

beträgt in der Regel – abhängig vom gewählten Antibiotikum<br />

– 1 bis 5 Tage. Ein Problem in der Therapie von<br />

<strong>Harnwegsinfektionen</strong> <strong>ist</strong> die geringe Eindringtiefe der Antibiotika<br />

in die Blasenwand. Dadurch wird das Überleben<br />

uropathogener Mikroorganismen im Harntrakt erleichtert<br />

32<br />

Prof. DDr. Walter h.<br />

hörl, frcP<br />

Medizinische Universitätsklinik<br />

III, Klinische<br />

Abteilung für <strong>Nephrologie</strong><br />

und Dialyse, AKH<br />

Wien<br />

fOcuS<br />

und Rezidive werden begünstigt.<br />

Ein unterer Harnwegsinfekt verläuft symptomatisch,<br />

geht aber ohne Fieber und ohne Entzündungszeichen<br />

im Blut (CRP) einher.<br />

Patienten mit einem oberen Harnwegsinfekt (Pyelonephritis<br />

oder bakterielle interstitielle Nephritis)<br />

sind schwer krank und haben hohes Fieber.<br />

Hochvirulente pathogene Mikroorganismen erreichen<br />

vom Harntrakt aus die Blutbahn und verursachen<br />

Bakteriämie und/oder Urosepsis.<br />

Bedenkliche res<strong>ist</strong>enzsituation<br />

Betroffen machen Res<strong>ist</strong>enzdaten, und zwar auch<br />

in Österreich. Im Jahr 2010 wurde in mehr als 23.000 von<br />

26.000 Primärisolaten aus dem Harn (88,3 %), davon etwa<br />

50 % aus dem Krankenhaus und etwa 50 % aus dem niedergelassenen<br />

Bereich, E. coli als Erreger gefunden.<br />

Die Res<strong>ist</strong>enzrate von E. coli gegenüber Chinolonen liegt<br />

konstant bei etwa 20 % und gegenüber Cephalosporinen<br />

Tab.: Antibiotische Therapie<br />

des Harnwegsinfekts<br />

ambulanter und niedergelassener Bereich:<br />

• 5 Tage Amoxicillin +/– Clavulansäure oder +/– Sulbactam,<br />

Cephalexin, Nitrofurantoin retard oder Trimethoprim<br />

• 3 Tage Ciprofloxacin, Levofloxacin oder Pivemecillinam<br />

• 1 Tag Prulifloxacin oder Fosfomycin-Trometamol<br />

akute Pyelonephritis:<br />

Antibiotische Therapie für mindestens 10 bis 14 Tage empfohlen<br />

(initial intravenös). Antibiotika der 1. Wahl:<br />

• Cephalosporine der 3. Generation<br />

• Aminopenicilline mit einem Beta-Laktamase-Inhibitor<br />

• Chinolone


fOcuS<br />

der 3. Generation konstant bei etwa 7 %. Die Res<strong>ist</strong>enzrate<br />

von Klebsiella pneumoniae dagegen stieg gegenüber Chinolonen<br />

von 8,8% auf 18,4% und jene gegenüber Cephalosporinen<br />

der 3. Generation von 7,7% auf 12,5%.<br />

Therapie: Indikation und Möglichkeiten<br />

Eine asymptomatische Bakteriurie bedarf keiner antibiotischen<br />

Therapie (Ausnahmen: Schwangerschaft, urologische<br />

nEPhrO Script<br />

Eingriffe). Die Spontanheilungsrate liegt bei der akuten Zystitis<br />

junger Frauen bei 30–50 %. Eine antibiotische Therapie<br />

führt allerdings zu einer rascheren Keimelimination und<br />

damit auch zu einer rascheren Rückbildung der akuten Symptomatologie.<br />

Bei Männern sollte jede bakterielle Zystitis<br />

antibiotisch behandelt werden.<br />

Die Tabelle gibt einen Überblick über die therapeutischen<br />

Möglichkeiten. ■<br />

33


nEPhrO Script<br />

Ein wesentlicher Beitrag zu Ihrer Sicherheit<br />

Altbewährtes in moderner Form:<br />

Von der Ampulle zum Vial<br />

34<br />

frEIES ThEMa<br />

Venofer ® besteht aus einem Eisen(III)-Hydroxid-Saccharose-Komplex und <strong>ist</strong> ein Präparat zur<br />

intravenösen Behandlung des Eisenmangels. Ab nun als Vial (Durchstichflasche) im Handel.<br />

Zahlreiche klinische Studien und die lange Geschichte<br />

der Anwendung von Eisen-Saccharose-Injektionslösung<br />

weltweit haben die Wirksamkeit und Sicherheit dieses<br />

Wirkstoffs bei Patienten mit Eisenmangelanämie aufgrund<br />

Das Vermeiden von Schnittverletzungen<br />

kann einen wesentlichen Beitrag zu<br />

Gesundheit und Sicherheit am<br />

Arbeitsplatz darstellen.<br />

chronischer Nierenerkrankungen bestätigt. Seit 1992 wurden<br />

über 180 Millionen Einheiten (100-mg-Äquivalente)<br />

in mehr als 84 Ländern appliziert. Die klinische Bewertung<br />

von Venofer ® stützt sich auf Ergebnisse aus etwa 100 Studien<br />

mit insgesamt 7.000 Teilnehmern. Diverse Studien<br />

belegen die Wirksamkeit von Venofer ® bei der Behandlung<br />

von Eisenmangelanämie in einer Vielzahl von Patientengruppen<br />

mit und ohne Erythropoetin.<br />

40%<br />

35%<br />

30%<br />

25%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0<br />

Öffnen der<br />

Schutzkappe<br />

Öffnen der<br />

Ampulle<br />

Keine<br />

Angabe<br />

Durch Ampullen<br />

verursachte<br />

Verletzungen<br />

Nadel durchstößt<br />

Schutzkappe<br />

Entsorgung in<br />

Schutzbox<br />

Bruch<br />

der Ampulle<br />

Zerlegen<br />

der Spritze<br />

* Fragebogenbasierte interdisziplinäre Untersuchung der Prävalenz und Herkunft<br />

von Nadelstich- und Schnittverletzungen (NSI) unter 319 australischen Schwesternschülern.<br />

Adaptiert nach Smith 2005<br />

*, 1<br />

ursachen für nadelstich- und Schnittverletzungen(nSI) 1<br />

Das aufbrechen von glasampullen<br />

führt leicht zu Verletzungen 1<br />

• In Großbritannien kommt es jährlich zu geschätzten<br />

2, *<br />

50.000 Schnittverletzungen<br />

• Eine signifikante Zahl an Schnittverletzungen entsteht<br />

1, 3, 4<br />

im Umgang mit Glasampullen<br />

• Schnittverletzungen sind schmerzhaft und können zu zeit-<br />

3, 4, 5<br />

weiliger Berufsunfähigkeit führen<br />

Vifor Pharma Österreich GmbH<br />

Linzer Straße 221, 1140 Wien<br />

www.viforpharma.at<br />

Vermindertes Risiko bezüglich<br />

Glassplitterverletzungen bei Ampullenbruch 80%<br />

Das geschlossene System der Vials<br />

reduziert das Kontaminationsrisiko 70%<br />

Geringeres Risiko<br />

von Nadelstichverletzungen bei Vials 49%<br />

Kein Verschütten der Eisenlösung –<br />

Reinigung <strong>ist</strong> schwierig 30%<br />

Leichtere vollständige Entnahme der Eisenlösung durch<br />

Drehung des Vials um 180° 28%<br />

Generelle Ablehnung, Ampullen zu brechen 13%<br />

Andere 1%<br />

0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />

Vorteile von Vials gegenüber ampullen (Prozent aller erhaltenen<br />

fragebögen) 1<br />

* angepasst an eine Melderate von 3,9 % aller Schnittverletzungen.<br />

1 Smith OR, Leggat PA, Needlestick and sharps injuries among nursing students. Journal of Advanced Nursing 2005; 51 (5):449–455.<br />

2 Elder A, Paterson C, Sharps injuries in UK health care: a review of injury rates, viral transmission and potential efficacy of safety devices. Occupational Medicine 2006; 56:566–574.<br />

3 Pulnitiporn A et al., The Thai Anesthesia Incidents Study of anesthesia personnel hazard. J Med Assoc Thai 2005; 88 (7):141–144.<br />

4 Chandan G, Propofol ampoule: Take care while opening. The Internet Journal of Anesthesiology 2007; 12(2).<br />

5 AIi PB, Pers<strong>ist</strong>ent problem with Propofol ampoules. Anaesthesia 1997; 52:1<strong>02</strong>0.<br />

Entgeltliche Einschaltung mit freundlicher Unterstützung der Firma Vifor Pharma Österreich GmbH MA-VE-<strong>02</strong>(01)-01/08/<strong>2012</strong> Fachkurzinformation siehe Seite 31

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