02/2012 - Harnwegsinfektionen - Was ist Nephrologie?
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nEPhrO Script<br />
u HWI machen zwischen 40 und 50 % aller Infektionen nach Nierentransplantation<br />
aus; die Inzidenzraten variieren zwischen den Transplantzentren beträchtlich.<br />
u HWI dürften ein Risikofaktor für das Transplantatüberleben sein.<br />
u Eine generelle antibiotische HWI-Prophylaxe nach Nierentransplantation wird derzeit nicht<br />
empfohlen.<br />
u Me<strong>ist</strong> muss mit einer empirischen Therapie mit sehr gut harngängigen Antibiotika begonnen<br />
werden, die sowohl gramnegative als auch grampositive Erreger erfassen.<br />
<strong>Harnwegsinfektionen</strong> nach Nierentransplantation<br />
<strong>Harnwegsinfektionen</strong> (HWI) nach Nierentransplantation<br />
stellen immer noch eine beträchtliche<br />
Gefahr in Hinblick auf eine erhöhte<br />
Morbidität des Transplantatempfängers,<br />
aber auch für das Transplantat dar. Dies wird<br />
schon alleine durch die Tatsache unterstrichen,<br />
dass HWI zwischen 40 und 50 % aller Infektionen<br />
posttransplant ausmachen und damit zu<br />
den häufigsten Infektionen bei Nierentransplantierten<br />
gehören.<br />
Stark schwankende Inzidenzraten<br />
Die von verschiedenen Transplantzentren berichteten<br />
Inzidenzraten variieren mit 6–86 % beträchtlich.<br />
Lokale „Outbreaks“, unterschiedliche<br />
Res<strong>ist</strong>enzraten, lokale antibiotische Strategien, aber auch<br />
verschiedene diagnostische Definitionen und Kriterien<br />
könnten hierfür ursächlich sein. Generell <strong>ist</strong> die Infektionsrate<br />
wie in der Normalbevölkerung bei Frauen höher als bei<br />
Männern, wobei die me<strong>ist</strong>en Infekte innerhalb des ersten<br />
Jahres nach Transplantation auftreten (maximal 82 % innerhalb<br />
der ersten 3 Monate, ca. 21 % im zweiten Jahr nach<br />
Transplantation).<br />
HWI sind bei Empfängern von Organen von Lebendspendern<br />
deutlich seltener, vermutlich bedingt durch die kürzere<br />
kalte Ischämiezeit, geringer ausgeprägte Ischämie-Reperfusionsschäden<br />
und weniger „delayed-graft function“. Wie in<br />
der Normalbevölkerung sind gramnegative Erreger die häufigsten<br />
HWI-Erreger nach Nierentransplantation, und obgleich<br />
sich die Erregerspektren zwischen den Zentren zuweilen<br />
deutlich unterscheiden, stellt E. coli den häufigsten<br />
Erreger dar. Im Gegensatz zur Normalbevölkerung beträgt<br />
der durch den Anteil E. coli verursachten HWI nicht > 90 %,<br />
sondern etwa 50–65 %. Es folgen in aller Regel Pseudomonas<br />
aeruginosa, koagulasenegative Staphylokokken, Klebsiellae<br />
und Enterobacter cloacae.<br />
30<br />
Prof. PD<br />
Dr. Marcus Säemann<br />
Universitätsklinik für<br />
Innere Medizin III,<br />
Klinische Abteilung für<br />
<strong>Nephrologie</strong> und Dialyse<br />
Medizinische Universität,<br />
AKH Wien<br />
hWI als risikofaktor für das<br />
Transplantatüberleben<br />
fOcuS<br />
Der Einfluss von HWI sowie – in seiner klinisch<br />
extremen Form – der Pyelonephritis auf das Transplantat-<br />
und Patientenüberleben wird nach wie<br />
vor kontrovers diskutiert. So wurde in einer retrospektiven<br />
Analyse von Pelle und Mitarbeitern demonstriert,<br />
dass immerhin ca. 19 % der HWI zu<br />
einer akuten Pyelonephritis führen können, welche<br />
mit einem deutlich schlechteren Transplantatüberleben<br />
verbunden war. 2 Ähnliche Ergebnisse<br />
brachten anderen Untersuchungen, in denen Pyelonephritiden<br />
in den ersten drei Monaten nach<br />
Transplantation mit einer schlechteren Langzeitfunktion<br />
des Transplantates assoziiert waren. Die<br />
genauen Gründe für diese Assoziation sind bislang unklar.<br />
Eine durch eine akute Pyelonephritis ausgelöste, organschädliche<br />
inflammatorische Reaktion <strong>ist</strong> sicher einer der wesentlichen<br />
Mechanismen dieser klinischen Besonderheit.<br />
grenzen der hWI-Prävention<br />
In den allerme<strong>ist</strong>en Zentren wird Trimethoprim-Sulfamethoxazol<br />
(TMP-SMZ) für 6 bis 12 Monate zur Pneumocystis<br />
jirovecii-Prophylaxe verwendet. Die Mehrzahl von E. coli,<br />
Enterobacter cloacae, koagulasenegativen Staphylokokken<br />
sowie die me<strong>ist</strong>en Enterokokken sind jedoch gegenüber<br />
TMP-SMZ res<strong>ist</strong>ent, was die Ineffizienz dieser Substanz in<br />
der Prävention von HWI nach Transplantation mit erklärt. 1<br />
Mittlerweile steigen aber auch die Res<strong>ist</strong>enzraten von z. B.<br />
E. coli oder Enterobacteriaceae gegenüber Chinolonen. Die<br />
Res<strong>ist</strong>enzsituation würde durch den ungezielten und breiten<br />
Einsatz weiterer und besonders neuerer Substanzklassen noch<br />
weiter eskalieren. Eine generelle antibiotische HWI-Prophylaxe<br />
nach Nierentransplantation wird daher derzeit nicht<br />
empfohlen.