Politikfähigkeit und Partnerschaft - Badischer Sportbund Nord ev
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BADISCHER SPORTBUND<br />
6<br />
Durch die Diskussionsr<strong>und</strong>e führte Moderator Wolfgang Grünwald.<br />
Sportkreisvorsitzende Edda Geisler lieferte dazu handfeste Informationen in Zahlen.<br />
Die Kürzerei muss aufhören!<br />
Vereine in ihrer Substanz gefährdet<br />
Zur Podiumsdiskussion über die geplanten<br />
Kürzungen der Sportfördermittel durch<br />
die baden-württembergische Landesregierung<br />
hatte der Sportkreis Mannheim Vereine,<br />
Verbände <strong>und</strong> Landtagsabgeordnete am<br />
3. Dezember in den Saal des TC Blau-Gold-<br />
Casino eingeladen.<br />
Immerhin 5,3 Millionen Euro pro Jahr<br />
stehen auf dem Spiel, durch die beabsichtigten<br />
Kürzungen soll der Doppelhaushalt<br />
2005/2006 um über 10 Millionen Euro entlastet<br />
werden. Einer Pressemeldung des Tages<br />
zufolge hatte zwar die zuständige Ministerin<br />
Anette Schavan (CDU) zugesichert,<br />
dass an den Übungsleiterzuschüssen nichts<br />
geändert werden solle, doch von Entwarnung<br />
kann keine Rede sein. So der Tenor<br />
der r<strong>und</strong> 60 Engagierten, die den Landtagsabgeordneten<br />
Klaus-Dieter Reichardt (CDU),<br />
Roland Weiß <strong>und</strong> Rolf Seltenreich (b. SPD)<br />
deutlich machten, dass nochmalige Kürzungen<br />
an die Substanz der Vereine gehen.<br />
Von 78 auf 62 Millionen –<br />
bei steigenden Mitgliederzahlen<br />
Die Sportkreisvorsitzende Edda Geisler<br />
hatte anfangs unübersehbar <strong>und</strong> deutlich<br />
die Entwicklung der Zahlen der Sportförderung<br />
der letzten Dekade an die Stirnwand<br />
des Saales projiziert. Seit 1995 ging die Förderung<br />
von r<strong>und</strong> 78 Millionen auf 62 Millionen<br />
Euro zurück. Und das bei steigenden<br />
Mitgliederzahlen <strong>und</strong> immer größeren Anforderungen<br />
an die Vereine in Bereichen wie<br />
Jugendarbeit, Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Seniorensport<br />
sowie den Kooperationen Schule <strong>und</strong><br />
Verein. „Von einer Deckelung kann man da<br />
eigentlich nicht reden“, kritisierte BSB-Vizepräsident<br />
Gebhard Schnurr die faktische<br />
Kürzung um fast 20 Prozent. Der Sport hat<br />
diese Kürzung in der Vergangenheit hingenommen<br />
<strong>und</strong> als Solidaritätsbeitrag in wirtschaftlich<br />
schwierigen Zeiten betrachtet.<br />
Wobei die Hauptlast der Freizeit- <strong>und</strong> Breitensport<br />
trägt, wie BSB-Geschäftsführer<br />
Bernd Messerschmid ausführte. Wenn weiterhin<br />
gekürzt werde, gaben die BSB-Männer<br />
zu bedenken, werden notwendige Investitionen<br />
in Sportstätten noch weiter<br />
verschoben oder gar nicht mehr getätigt.<br />
Schon heute beträgt der Antragsstau hier<br />
zwei Haushaltsetats, da auch dem BSB weniger<br />
Mittel zur Verfügung stehen. „Was<br />
nützt es, wenn zwar Übungsleiter entlohnt<br />
werden können, aber die notwendigen<br />
Sportstätten fehlen <strong>und</strong> umgekehrt?“<br />
SPORT in Baden<br />
Die Darstellung der<br />
prekären Situation der<br />
Sportvereine beeindruckte<br />
Klaus-Dieter<br />
Reichardt, der „dies<br />
noch nie so eindringlich<br />
dargestellt gesehen<br />
hatte.“ Nachhaltigkeit<br />
in der Frage der Verwendung<br />
der knapper<br />
werdenden Ressourcen<br />
ist für Roland Weiß<br />
<strong>und</strong> Rolf Seltenreich<br />
ein Schritt in die richtige<br />
Richtung. Seltenreich<br />
betonte, dass die<br />
Politik den Sport als<br />
wichtigen Wirtschaftszweig<br />
sieht <strong>und</strong> auch,<br />
dass es gut für die Wirtschaft<br />
ist, dass es den Sport gibt.<br />
Projektförderung eine Lösung?<br />
Als Lösungsvorschlag hatte Reichardt die<br />
Idee einer Projektförderung in die Debatte<br />
geworfen. Niemand widersprach der Feststellung<br />
von Roland Weiß, dass die Politik<br />
für die Vereine ein verlässlicher Partner sein<br />
sollte. „Es geht um Ehrlichkeit.“ Rolf Seltenreich<br />
kritisierte die Verwendung der Toto-<br />
Lotto-Mittel, die längst nicht mehr nur in<br />
die Sportförderung fließen, sondern auch –<br />
zulasten des Sports – auf die Unterstützung<br />
von Kunst <strong>und</strong> Kultur sowie sozialen Bereichen<br />
ausgedehnt wurde. Diese Subventionierung<br />
des Landeshaushalts mit Mitteln,<br />
die ursprünglich dem Sport zugedacht waren,<br />
kritisierte Hans Hohmann, Vorsitzender<br />
der TSG Weinheim, des zweitgrößten Vereins<br />
des Sportkreises Mannheim, in der anschließenden<br />
Diskussion. Einigkeit bestand<br />
jedoch darin, dass man Kultur <strong>und</strong> Sport<br />
nicht gegeneinander ausspielen dürfe, sondern<br />
Sport als Teil der Kultur verstanden<br />
wird. Gerhard Schäfer, der Sportkreisvorsitzende<br />
des Nachbarsportkreises Heidelberg,<br />
forderte: „Der Sport muss zeigen,welche Kultur<br />
dahintersteckt, was hier geleistet wird.“<br />
Von der Kultur lernen, lauter, deutlicher<br />
den Stellenwert des Sports in unserer Gesellschaft<br />
herausstreichen, ist das Gebot der<br />
St<strong>und</strong>e, so das Fazit der Veranstaltung. Unterschriftenaktionen<br />
<strong>und</strong> Zuschauerinformationen<br />
z.B. des Badischen Handballverbandes<br />
werden die Haushaltsdebatten in<br />
den nächsten Wochen bis zur Verabschiedung<br />
am 23. Februar 2005 begleiten. Andere<br />
Verbände planen eigene Aktionen oder<br />
haben sie schon, wie der Württembergische<br />
Fußballverband, in die Tat umgesetzt. Der<br />
Sport war zu lange ruhig. Jetzt ist Zeit zum<br />
Handeln. Maria Hüttner<br />
Der Sport fordert Lösungen von der Politik. Auf dem Podium (v.l.n.r): BSB-Geschäftsführer Bernd Messerschmid, BSB-<br />
Vizepräsident Finanzen Gebhard Schnurr, Sportkreisvorsitzende Edda Geisler, Moderator Wolfgang Grünwald sowie<br />
die Landtagsabgeordneten Klaus-Dieter Reichardt (CDU), Roland Weiß (SPD) <strong>und</strong> Rolf Seltenreich (SPD).<br />
KARLSRUHE // DEZEMBER 2004 // JAHRGANG 58 // NR. 12<br />
Fotos: Hüttner