Nationalsozialistische Festkultur in Wiesbaden 1933
Nationalsozialistische Festkultur in Wiesbaden 1933
Nationalsozialistische Festkultur in Wiesbaden 1933
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Doch dieses Begehren wurde abgelehnt. Daraufh<strong>in</strong> beschlossen sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Hungerstreik zu<br />
treten um ihre Freilassung zu erzw<strong>in</strong>gen. Die Frauen der Inhaftierten g<strong>in</strong>gen mit dieser<br />
Geschichte an die Presse. Nach sieben Tagen rauchte Paul Krüger e<strong>in</strong>e Zigarette, woraufh<strong>in</strong> er<br />
das Bewusstse<strong>in</strong> verlor und somit auf der Stelle freigelassen wurde. Am Tag darauf wurden<br />
auch die restlichen Genossen entlassen.<br />
Aus Auszügen der Anordnung der NSDAP-Parteileitung vom 28. März <strong>1933</strong> zur Organisation<br />
des Juden-Boykotts vom 1. April <strong>1933</strong> kann man entnehmen, dass e<strong>in</strong> Aktionskomitee der<br />
NSDAP zur praktischen und planmäßigen Durchführung des Boykotts gebildet wurde. Der<br />
Boykott galt als re<strong>in</strong>e Abwehrmaßnahme ausschließlich gegen das deutsche Judentum.<br />
Jüdische Geschäfte, Waren, Ärzte und Rechtsanwälte sollten boykottiert werden. Das<br />
Komitee war dafür verantwortlich, dass ke<strong>in</strong>e Unschuldigen, aber dafür umso stärker die<br />
Schuldigen verfolgt wurden. Außerdem sollte das Komitee durch Propaganda und Aufklärung<br />
den Boykott popularisieren. Auch <strong>in</strong> <strong>Wiesbaden</strong> wurde der Juden-Boykott durchgeführt.<br />
Die <strong>Wiesbaden</strong>er Öffentlichkeit reagierte überwiegend mit Gleichgültigkeit. Am 22. April<br />
wurden <strong>in</strong> <strong>Wiesbaden</strong> die ersten jüdischen Mitbürger (Milchhändler Max Kassel und<br />
Kaufmann Salomon Rosenstrauch) ermordet.<br />
Kurz vor dem 1. Mai <strong>1933</strong> wurden auch <strong>in</strong> <strong>Wiesbaden</strong> zum Fest der nationalen Arbeit<br />
Schilder aufgestellt. Auf ihnen stand, dass alle Schüler (Jungen sowie Mädchen) mit<br />
Ausnahme der jüdischen und sonstigen Fremdrassigen, sich am Samstag den 29. April <strong>1933</strong>,<br />
vormittags zur Entgegennahme von Anweisungen versammeln sollten. Die Teilnahme an der<br />
Bekanntgabe und Feier war Pflicht.<br />
Aus den Auszügen der Urteilsschrift des Landgerichts <strong>Wiesbaden</strong> gegen Hubert Niedziella,<br />
unter anderem vom 18. November <strong>1933</strong> kann man entnehmen, dass im Februar <strong>in</strong> Bierstadt<br />
die kommunistische Druckschrift mit der Kopfbezeichnung Rote Worte und Untertitel<br />
Kampforgan der Bierstädter Wehrtätigen verbreitet wurde. Diese Druckschrift wurde von<br />
Robert Wolf und Niedziella geme<strong>in</strong>sam erstellt. Die beiden Autoren wurden zusammen mit<br />
Wilhelm Kraft, Franz Pocher und Ludwig Bergäuser zu Haftstrafen zwischen drei bis fünf<br />
Monaten verurteilt.<br />
Wie war es möglich, dass die Nationalsozialisten seit <strong>1933</strong> e<strong>in</strong>e unverhohlen verbrecherische<br />
Politik ganz öffentlich praktizieren konnten? Warum waren so viele Menschen daran aktiv<br />
46