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2.3 Wechselkurssysteme - Prof. Dr. Eckart Koch

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Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen<br />

Teil 2:<br />

Wechselkurse und Währungssysteme<br />

Migration<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong><br />

koch@hm.edu<br />

www.eckart-koch.de


Wechselkurse und Währungssysteme<br />

Der Wechselkurs ist<br />

• das Scharnier zwischen Binnen- und Außenwirtschaft<br />

• der strategische Preis, der mit über die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft<br />

entscheidet:: über ihre Fähigkeit zu exportieren und damit zu importieren<br />

Zentrale Fragen<br />

a) Wird eine Währung im Ausland akzeptiert? (Frage der Konvertibilität)<br />

b) Welchen Wert hat eine Währung ? (Gibt es einen oder mehrere Werte?)<br />

c) Wie wird der Wert einer Währung festgestellt und wie passt sich der Wert an<br />

unterschiedliche Gegebenheiten an? (<strong>Wechselkurssysteme</strong>)<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 2


Wechselkurse und Währungssysteme<br />

2 Wechselkurse und Währungssysteme<br />

2.1 Währungskonvertibilität und Devisenbewirtschaftung<br />

2.2 Das Austauschverhältnis von Währungen<br />

<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong><br />

2.4 Fallstudie Argentinien<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 3


2.1 Währungskonvertibilität und Devisenbewirtschaftung<br />

2.1.1 Währungskonvertibilität<br />

Frage 1:<br />

Wird eine Währung im Ausland überhaupt akzeptiert? (Frage der Konvertibilität)<br />

Eine Währung gilt dann formal als konvertibel, wenn ein Land sich durch Anerkennung des<br />

Artikel VIII des IWF verpflichtet, den freien Kapitalverkehr für Transaktionen im Rahmen<br />

der Leistungsbilanz (Leistungsbilanzkonvertibilität) nicht zu beschränken (und sich an<br />

keinen diskriminierenden Währungsvereinbarungen zu beteiligen).<br />

Article VIII Section 4. Convertibility of foreign-held balances<br />

Each member (country) shall buy balances of its currency held by another member if<br />

the latter, in requesting the purchase, represents that the balances to be bought have<br />

been recently acquired as a result of current transactions; or that their conversion is<br />

needed for making payments for current transactions.:<br />

Hinweis: current account = Leistungsbilanz


2.1 Währungskonvertibilität und Devisenbewirtschaftung<br />

2.1.1 Währungskonvertibilität<br />

Heute haben über 140 der 185 Mitgliedsländer des IWF diese Verpflichtungen akzeptiert.<br />

Viele Länder haben jedoch noch keine Kapitalverkehrskonvertibilität<br />

Länder, die (noch) nicht bereit sind ihren Kapitalverkehr zu liberalisieren, könne versuchen<br />

die Konvertibilität ihrer Währungen schrittweise zu verbessern:<br />

Inländerkonvertibilität: Beschränkung des Rechts auf grenzüberschreitenden<br />

Kapitalverkehrs auf Inländer (oder)<br />

Interne Konvertibilität: Besitz von Devisen im Inland erlaubt, aber kein<br />

grenzüberschreitender Devisenverkehr


2.1 Währungskonvertibilität und Devisenbewirtschaftung<br />

2.1.2 Devisenbewirtschaftung (bei unvollständiger Konvertibilität)<br />

Keine vollständige Konvertibilität:<br />

gesetzliche Einschränkung der Wechselkursbildung<br />

Kapitalverkehr mit dem Ausland ist beschränkt und wird kontrolliert.<br />

> Weniger als 30 Währungen sind vollständig konvertibel.<br />

Devisenbewirtschaftung<br />

System zur Sicherstellung der Devisenbeschaffung durch Kapitalverkehrskontrollen<br />

Gründe: Devisenknappheit bzw. Rückgang der Währungsreserven, Kapitalflucht,<br />

ungewünschte Wechselkursänderung<br />

6


2.1 Währungskonvertibilität und Devisenbewirtschaftung<br />

2.1.2 Devisenbewirtschaftung (bei unvollständiger Konvertibilität)<br />

Staat monopolisiert den Zahlungsverkehr mit dem Ausland bzw. schränkt den freien<br />

Zugang zu Devisen für die Bürger ganz oder teilweise ein, z.B.<br />

• Unternehmen mit Auslandskontakten müssen ihren Zahlungsverkehr mit dem Ausland<br />

über staatliche Instanzen abwickeln bzw.. diesen melden<br />

• Es besteht eine Ablieferungspflicht für Devisen.<br />

• Die Zentralbank (ZB) kauft die Devisen zu einem festgelegten Wechselkurs an und<br />

teilt sie nach staatlichen Prioritäten zu<br />

• Es gibt Mengenbeschränkungen<br />

Probleme: Devisenkontrollen, Kontingentierung, evtl. gespaltene Wechselkurse,<br />

Schwarzmarkt, Korruption, Nepotismus<br />

7


2.1 Währungskonvertibilität und Devisenbewirtschaftung<br />

Kapitalverkehrskontrollen in Zypern könnten Jahre anhalten<br />

Zypern steht vor einem nie dagewesenen Finanzexperiment: die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen in einer<br />

Volkswirtschaft, die keine eigene Währung hat. Länder von Argentinien bis Island haben in der Vergangenheit ähnliche<br />

Maßnahmen ergriffen, um eine Abwertung zu vermeiden. Da die Mittelmeerinsel jedoch Teil der Eurozone ist, wird es für sie<br />

schwieriger, die Beschränkungen umzusetzen, da alle Gelder, die das Bankensystem verlassen, ohne Wertverlust aus Zypern<br />

herausgeschafft werden können.<br />

Das könnte es auch schwieriger machen, das von Finanzminister Michael Sarris am Dienstag gesetzte Ziel zu erreichen,<br />

sämtliche Kontrollen "innerhalb von einigen Wochen" aufzuheben. Als Volkwirtschaften in Asien und Lateinamerika versuchten,<br />

den Abfluss von Geldern in den 1980er und 1990er Jahren zu verhindern, mussten sie die Maßnahmen sechs Monate bis zwei<br />

Jahre in Kraft halten. Island, ein weiterer Inselstaat mit einem überdimensionierten Bankensystem, hat fünf Jahre nach dem<br />

Kollaps seiner Banken im Jahr 2008 immer noch Kapitalkontrollen in Kraft...<br />

Die politische Führung des Landes will eine Kapitalflucht von den Banken verhindern, die seit fast zwei Wochen geschlossen<br />

sind. Die russischen Einlagen bei zyprischen Banken werden von Moody's Investors Service auf 31 Mrd. Dollar geschätzt, was<br />

etwa ein Viertel der Gesamteinlagen ist. Das Parlament stattete in der vergangenen Woche Notenbankchef Panicos<br />

Demetriades und Finanzminister Sarris mit umfassenden Befugnissen aus. "Sie brauchen strenge Kontrollen, um zu<br />

gewährleisten, dass das Geld das Land nicht verlässt", sagt Nikolaos Panigirtzoglou, Stratege bei JPMorgan Chase & Co. in<br />

London. "Ansonsten kann ich nicht sehen, wie dieses Geld mit einer hohen Abwanderungsneigung freiwillig bleibt." ...<br />

Um wirksam zu sein, müssen die Kapitalkontrollen in Zypern strenger sein als in Island, sagt Ruparel. Die isländischen<br />

Importeure und Exporteure waren von den Devisentauschbeschränkungen ausgenommen, solange sie nachweisen konnten,<br />

dass Transaktionen einen Handelshintergrund hatten. Würde eine ähnliche Ausnahme bei Zypern gemacht, könnten russische<br />

Unternehmen auf der Insel das als Schlupfloch nutzen, um ihre Gelder rasch aus dem Land zu bringen, erwartet Ruparel....<br />

Die Mitgliedschaft im Euroraum ist mit der Anbindung an eine andere Währung zu einem festen Wechselkurs zu vergleichen.<br />

Wenn die Heimatwährung wegen Inflation überbewertet ist, beenden Länder mit einer Anbindung letztlich den festen<br />

Wechselkurs und werten ab, wie im Fall Argentiniens. Zypern könnte angesichts der trüben Wirtschaftsaussichten dasselbe<br />

tun, spekuliert Ruparel. "Mit einem überbewerteten Euro verliert Zypern im Tourismusbereich, einem der zwei wichtigsten<br />

Einnahmebringer", sagt er. "Der andere, der Bankensektor, ist durch die Kapitalverkehrskontrollen tot. Welchen Vorteil hat<br />

Zypern dann noch im Euro zu bleiben?"<br />

8<br />

Die Welt vom 28.03.13 von Yalman Onaran


2.2 Das Austauschverhältnis von Währungen<br />

2.2.1 Mengen- und Preisnotierung<br />

Frage 2:<br />

Welchen Wert hat eine Währung?<br />

Austauschverhältnis zweier Währungen ( = Preis für die jeweils andere Währung) wird<br />

durch Wechselkurse bestimmt.<br />

• Es gibt keinen "richtigen" Wert<br />

• Es gibt viele Wechselkurse für eine Währung<br />

Mengennotierung<br />

(Mengen-Wechselkurs)<br />

Außenwert der Inlandswährung<br />

(Wie viel ist ein Euro wert?)<br />

= Relation einer festen Anzahl einheimischer<br />

Währungseinheiten (z.B. 1 Euro)<br />

zur jeweiligen Anzahl ausländischer<br />

Währungseinheiten<br />

Beispiel:<br />

Mengennotierung für den Euro in US-Dollar:<br />

1 € = 1,50 US$.<br />

Preisnotierung<br />

(Preis-Wechselkurs)<br />

Preis der Auslandswährung<br />

(Was kostet ein Dollar?)<br />

= Relation einer festen Anzahl ausländischer<br />

Währungseinheiten (1, 100 oder 1000)<br />

zur jeweiligen Anzahl inländischer<br />

Währungseinheiten<br />

Beispiel:<br />

Preisnotierung für US-Dollar in Euro:<br />

1 US$ = 0,67 €<br />

9


2.2 Das Austauschverhältnis von Währungen<br />

ad 2.2.1 Berechnungsbeispiele<br />

Devisenmenge als Gegenwert für Euro<br />

Wie viel US$ erhalte ich für 67 €?<br />

Euro x Mengennotierung = Devisenmenge<br />

67 € x 1,50 = 100 $<br />

Preis der Devise (zB US$) in Euro<br />

Wie viel € erhalte ich für 100 US$?<br />

Devisenmenge / Mengennotierung = Euro<br />

100 US$ / 1,50 = 67 €<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 10


2.2 Das Austauschverhältnis von Währungen<br />

2.2.2 Sortenkurse und Devisenkurse (i.e.S)<br />

Sortenkurse - An- und Verkaufskaufskurse<br />

Währungstransaktionen mit Bargeld<br />

zwischen Banken und Kunden<br />

Bank-Devisen-Verkaufskurs (Euro-Ankauf)<br />

100 Euro = 140 US$<br />

Für 100 Euro bekommt man 140 US$<br />

Bank-Devisen-Ankaufskurs (Euro-Verkauf)<br />

100 Euro = 150 US$<br />

Für 100 Euro muss ich 150 US$ bezahlen<br />

Mengennotierung!<br />

Devisenkurse - Geld- und Briefkurse<br />

Bargeldlose Devisentransaktionen<br />

z.B. Überweisungen, Reiseschecks, Kreditkarten,<br />

Bankkarte<br />

Geldkurs (Bid) 1 Euro = 1,44 US$<br />

Bank-Verkauf von Devisen gegen Inlandswährung<br />

(Geld: Markt-Nachfrage nach Devisen)<br />

Briefkurs (Ask) 1 Euro = 1,46 US$<br />

Bank-Ankauf von Devisen gegen Inlandswährung<br />

(Brief: Markt-Angebot an Devisen)<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 11


2.2 Das Austauschverhältnis von Währungen<br />

Devisenkurs Euro – US$ (Geldkurs: 1 EUR = x US$)<br />

http://www.finanzen.net/devisen/dollar/chart<br />

12


2.2 Das Austauschverhältnis von Währungen<br />

Devisenkurs Euro – Franken (Geldkurs: 1 EUR = x CHF)<br />

http://www.helaba.de/de/MaerkteUndAnalysen/DevisenEuroFX/EuroFXChartsBreit.html<br />

13


2.2 Das Austauschverhältnis von Währungen<br />

2.<strong>2.3</strong> Mittelkurse<br />

EZB - Referenzkurs:<br />

für derzeit 33 Währungen:<br />

... werden durch tägliche "Konzertation" zwischen den ZBs um 14.15 Uhr ermittelt<br />

... gilt für Transaktionen zwischen der EZB und ZBs sowie ZBs und anderen Banken<br />

Referenzkurs: EuroFX<br />

Seit 1998 ermitteln die Spitzeninstitute der deutschen Sparkassenorganisation, der<br />

genossenschaftlich organisierten Banken und einige andere Banken (zusammen mit der<br />

Nachrichtenagentur REUTERS) täglich Referenzkurse wichtiger internationaler<br />

Währungen. Alle Teilnehmer verpflichten sich die Orders von Kunden auf der Grundlage<br />

dieser Kurse abzurechnen.<br />

Teilnehmer:<br />

ABN AMRO Bank, DekaBank, Deutsche Girozentrale, Deutsche Postbank, DZ BANK,<br />

Berenberg Bank, WGZ BANK, Zürcher Kantonalbank sowie<br />

Bayern LB, Bremer Landesbank, HSH Nordbank, Landesbank Baden-Württemberg,<br />

Landesbank Hessen-Thüringen, Landesbank Saar, Norddeutsche Landesbank, WestLB AG<br />

14


2.2 Das Austauschverhältnis von Währungen<br />

2.2.2 Sortenkurse und Devisenkurse (i.e.S)<br />

Was ist EuroFX ® ?<br />

"EuroFX ® ist der Kurzname für die tägliche Ermittlung von Referenzkursen der wichtigsten<br />

internationalen Währungen gegenüber dem Euro. Es steht in unmittelbarer Nachfolge zum<br />

amtlichen Devisenkursfixing. Es ist ein freiwilliges, unabhängiges Devisenkursfixing, welches<br />

von den teilnehmenden Mitgliederbanken im europäischen Devisenmarkt getragen wird."<br />

Devisenkurse<br />

12.04.2013<br />

© Copyright 2009<br />

EUR/CAD 1.3163 1.3283 1.3223<br />

Quelle: http://www.eurofx.de/cgi-bin/index.pl<br />

BID /Geld ASK / Brief MEAN / Mittel<br />

EUR/USD 1.3036 1.3096 1.3066<br />

EUR/JPY 129.43 129.91 129.67<br />

EUR/GBP 0.8480 0.8520 0.8500<br />

EUR/CHF 1.2145 1.2185 1.2165<br />

EUR/SEK 8.3159 8.3639 8.3399<br />

EUR/NOK 7.4617 7.5097 7.4857<br />

EUR/DKK 7.4351 7.4751 7.4551<br />

15


2.2 Das Austauschverhältnis von Währungen<br />

2.2.4 Kassa- und Terminkurse, Swapsatz (Report und Deport)<br />

Heute<br />

Kassakurs (Kassamarkt)<br />

Transaktion wird unmittelbar nach<br />

Vertragsabschluss ausgeführt.<br />

(Spätestens innerhalb von zwei Tagen)<br />

Terminkurs (Terminmarkt)<br />

(forward rate, forward)<br />

Zukunft<br />

Kurs wird bei Vertragsschluss fest vereinbart<br />

(Verpflichtungsgeschäft)<br />

Die Devisentransaktion selbst wird erst zu einem<br />

späteren, fest vereinbarten Zeitpunkt getätigt:<br />

z.B. in 1, 3, 6, 12 Monaten.<br />

(Verfügungsgeschäft).<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 16


2.2 Das Austauschverhältnis von Währungen<br />

2.2.4 Kassa- und Terminkurse, Swapsatz (Report und Deport)<br />

Der Terminkurs berechnet sich aus Kassakurs +/- Swapsatz.<br />

Positiver Swapsatz (Terminkurs > Kassakurs) = Report (Aufschlag)<br />

Negativer Swapsatz (Terminkurs < Kassakurs) = Deport (Abschlag)<br />

(jeweils Preisnotierung)<br />

Ausgedrückt in Basispunkten (= eine zehntausendstel Währungseinheit)<br />

Beispiel:<br />

Die Währungstransaktion soll in 6 Monaten erfolgen:<br />

Kassakurs: 1 € = 1,5000 US$<br />

Terminkurs: 1 € = 1,5075 US$<br />

Swapsatz: 5075 - 5000 = +75 Basispunkte (BP) (Report)<br />

(oder 150 BP bezogen auf 1 Jahr = 1,0% p.a.)<br />

Termingeschäfte sind beidseitig verpflichtend und bieten dank fester Währungsparität eine<br />

verbindliche Kalkulationsbasis.<br />

17


2.2 Das Austauschverhältnis von Währungen<br />

2.2.4 Kassa- und Terminkurse, Swapsatz (Report und Deport)<br />

Wichtig: Terminkurse drücken keine Kursentwicklungs-Erwartungen aus.<br />

Sie berücksichtigen nur die Zinsdifferenzen auf den Geldmärkten zwischen den beteiligten<br />

Währungen.<br />

Beispiel:<br />

Ich benötige die USD in 6 Monaten.<br />

Allerdings hätte ich auch die Möglichkeit die USD jetzt zum Kassakurs einzuwechseln<br />

(Kurs: 1,50) und dann auf dem US-Geldmarkt zu einem höheren Zinssatz als in<br />

Deutschland anzulegen.<br />

Der hier angenommene Swap-Satz in Höhe von 1% drückt die um 1% höhere<br />

Zinserwartung (p.a.) in den USA zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses aus.<br />

18


2.2 Das Austauschverhältnis von Währungen<br />

Fazit: Welchen Wert hat die Währung?<br />

Frage 2:<br />

Welchen Wert hat eine Währung?<br />

1 Mengennotierung ( 1 € = ..) vs. Preisnotierung ( 1 US$ = ...)<br />

2 Sortenkurs (An- und Verkauf) vs. Devisenkurs (Geld- und Briefkurs)<br />

3 Kassakurs vs. Terminkurs (x Varianten) (Termin, Währung)<br />

Differenz = Swapsatz (in Basispunkten)<br />

ausl. Zinsniveau > inl. Zinsniveau<br />

Terminkurs > Kassakurs (Report)<br />

4 Euro-Mittelkurse (EZB-Referenzkurs, EuroFX)<br />

Unterschiedliche "Gegenwährungen"<br />

Unterschiedliche Bankplätze / Länder<br />

Unterschiedliche Banken / Wechselstuben<br />

Unterschiedliche Zeitpunkte<br />

19


2.2.5 Internationale Devisenmärkte<br />

Charakteristische Merkmale des Devisenmarktes<br />

• Das Volumen des weltweiten Devisenhandels stieg in den letzten 25 Jahren<br />

explosionsartig an.<br />

• Die wichtigsten Devisenhandelszentren (London, New York, Tokio, Frankfurt und<br />

Singapur) sind durch neue Technologien permanent miteinander verbunden.<br />

• Die Integration der Finanzzentren verhindert größere Gewinne durch Arbitrage.


Internationale Finanzplätze<br />

Die 15 wichtigsten globalen Finanzplätze<br />

Quelle:<br />

www.zyen.com/GFCI/GFCI9.pdf<br />

The Global Financial Centres Index 9<br />

March 2011<br />

(c) <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> Globalisierung: Wirtschaft und Politik 21


2.2.6 Globale Indikatoren<br />

Erscheinungsform <br />

Gütermärkte <br />

Dienstleistungsmärkte <br />

Finanzmärkte <br />

InternationaleProduktion<br />

Indikator Volumen in Bio US$ Wachstum<br />

1990 2000 2005 2008 2009 2010<br />

p.a. 1990 -<br />

2007<br />

Internationaler Handel 1) 3 6 10 16 13 15 9%<br />

Internationaler<br />

Dienstleistungshandel 1)<br />

Internationale Devisentransaktionen<br />

(p.Tag) 3)<br />

Aktien, Renten, Bankenaktiva<br />

(Bestand)<br />

Direktinvestionen 2)<br />

(FDI)<br />

Grenzüberschreitende<br />

Fusionen (mergers) 2)<br />

1) WTO: International Trade Statistics div. Jahre; zum Vergleich: Internationale Aktienbörsen: 320 Mrd US$ p.Tag; 2) UNCTAD WIR; div. Jahre;<br />

3) BIZ; 4) bis 2010<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 22<br />

Wachstum = (Endwert/Anfangswert*Wurzel (Anzahl der Jahre) -1*100)<br />

0,8 1,4 2 4 3 4 9%<br />

0,6 1,5 2,2 4,0 10%<br />

35 100 170 250 14% 4)<br />

0,2 1,4 1,0 1,7 1,1 1,2 13%<br />

0,2 1,2 0,7 0,7 0,25 0,34 9%<br />

Zum Vergleich: Weltsozialprodukt 23 32 45 61 55 63 5%


<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong><br />

Von flexiblen zu starren <strong>Wechselkurssysteme</strong>n<br />

China lockert den Wechselkurs des Yuan<br />

China will den streng regulierten Wechselkurs seiner Währung zum US-Dollar etwas lockern. Peking plant<br />

mittelfristig den Yuan als Alternative zum Dollar zu stärken.<br />

14. April 2012 -16:12 Uhr © Mark Ralston/AFP Getty Images<br />

China will den Wechselkurs des Yuan zum Dollar lockern. Von Montag an darf der Yuan im Handel mit dem<br />

Dollar wesentlich stärker als bisher schwanken. Wie die chinesische Notenbank auf ihrer Internetseite<br />

mitteilte, könne die Schwankungsbreite um ein Prozent nach oben und nach unten von dem festgelegten<br />

Mittel-Kurs der chinesischen Zentralbank abweichen. Bisher lag die erlaubte Schwankungsbreite bei 0,5<br />

Prozent. Der Kurs des Yuan ist seit 2008 fest an andere Währungen gekoppelt, vor allem an den Dollar. Er<br />

entwickelt sich deshalb nicht frei.<br />

Die chinesische Zentralbank schreibt täglich einen fixen Kurs für den Yuan vor, der Wechselkurs darf nur<br />

geringfügig abweichen. Der tatsächliche Wert des Yuan wird kaum durch Angebot und Nachfrage bestimmt.<br />

Nur zwischen 2005 und 2008 erlaubte die chinesische Zentralbank eine Aufwertung der eigenen Währung.<br />

Der Wechselkurs des Yuan ist heftig umstritten. Peking wird von seinen westlichen Handelspartnern<br />

vorgeworfen, die Parität künstlich niedrig zu halten, um sich Handelsvorteile zu verschaffen. Denn eine<br />

schwache Währung macht chinesische Produkte im Ausland billiger. In den vergangenen Jahren hat China<br />

auch durch diesen Vorteil riesige Handelsüberschüsse eingefahren. Allerdings wurde der Yuan in den<br />

vergangenen Jahren auch wegen des internationalen <strong>Dr</strong>ucks aufgewertet.


<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong> = Währungssysteme<br />

Frage 3<br />

Wie wird der Wert einer Währung festgestellt und wie passt sich dieser Wert an<br />

unterschiedliche Gegebenheiten an? (<strong>Wechselkurssysteme</strong>)<br />

• Wechselkurse hängen von dem festgelegten (oder vereinbarten) Wechselkurssystem ab.<br />

• <strong>Wechselkurssysteme</strong> legen fest, wie sich Wechselkurse verändern und an die realen<br />

Angebots- und Nachfrageverhältnisse anpassen können<br />

<strong>2.3</strong>.1 Flexible Wechselkurse<br />

(Floating Exchange Rate oder kurz: Floating)<br />

Hier richtet sich der "Preis" für die Währung nach Angebot und Nachfrage an den<br />

Devisenbörsen. Man unterscheidet<br />

24


<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong><br />

<strong>2.3</strong>.1 Flexible Wechselkurse<br />

25


<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong><br />

<strong>2.3</strong>.1 Flexible Wechselkurse<br />

26


Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen<br />

Deutsche Bundesbank, Monatsbericht<br />

Juli 2012<br />

27


<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong><br />

<strong>2.3</strong>.2 Feste Wechselkurse<br />

<strong>2.3</strong>.2 Feste Wechselkurse<br />

• Der Wechselkurs bleibt im Verhältnis zu einer oder mehreren anderen Währungen oder<br />

gegenüber einem Währungskorb entweder völlig oder weitgehend konstant.<br />

• Nachfrage- und Angebotsänderungen an Devisen schlagen sich in Änderungen der<br />

Währungsreserven nieder.<br />

• Man unterscheidet verschiedene Formen.<br />

Beispiel: Im Bretton-Woods-System (BWS) galten zu Beginn u.a. folgende Paritäten zur<br />

Leitwährung US-Dollar:<br />

1 US$ = DM 4,20<br />

1 US$ = FF 5,20<br />

Die Preisnotierung des Französischen Francs zur D-Mark erhielt man durch folgende<br />

Division:<br />

1 FF = 4,20 / 5,20 = 0,82 DM<br />

28


<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong><br />

Interventionen am unteren Interventionspunkt<br />

10 dkr = 1,33 €<br />

29


<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong><br />

(1) Interventionen an den Interventionspunkten<br />

(jew. Mengennotierung)<br />

• am unteren Interventionspunkt muss die<br />

.<br />

Währungspolitik bei festen WechseIkurssystemen<br />

ZB eigene Währung gegen Fremdwährung<br />

kaufen, um so den Wechselkurs vom<br />

unteren Interventionspunkt wieder in den<br />

Bandbreitenbereich zu verlagern<br />

(Problem: Devisenbestände)<br />

• am oberen Interventionspunkt muss die<br />

ZB eigene gegen Fremdwährung verkaufen<br />

(Problem: Inflation - China).<br />

(2) Paritätsänderung<br />

bei fundamentalen Ungleichgewichten<br />

• Aufwertung<br />

• Abwertung<br />

WK: Wechselkurs; Angebot: AT; Nachfrage: NE; Zentralbank: ZB<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 30


<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong><br />

Interventionen am oberen Interventionspunkt<br />

Sorry, <strong>Dr</strong>uckfehler im Buch<br />

33


Das WKM II<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 34<br />

Mitte 2012: Dänemark, Lettland, Litauen


<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong><br />

Fundamentale Zahlungsbilanzungleichgewichte<br />

Kauf von Devisen in größerem Umfang und/oder über längere Zeiträume:<br />

Erhöhung der eigenen Währungsreserven<br />

Steigende inländische Geldmenge führt zu Inflation<br />

Verkauf von Devisen gegen eigene Währung<br />

Erschöpfung der eigenen Devisenreserven<br />

Tendenz zur Auslandsverschuldung<br />

Möglichkeit von Paritätsänderungen (Auf- und Abwertungen)<br />

Interventionen sind bei erheblichen ZB-Ungleichgewichten nur kurzfristig sinnvoll<br />

Feste Wechselkurse: Paritätsänderungen erfordern im allgemeinen Entscheidungen der<br />

Exekutive und Absprache mit Währungspartnern<br />

Flexible Wechselkurse: Ermessen der Zentralbank, inwieweit interveniert wird oder zum<br />

"kontrollierten floating" übergegangen wird.<br />

35


<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong><br />

<strong>2.3</strong>.3 Von flexiblen zu starren <strong>Wechselkurssysteme</strong>n<br />

no peg<br />

soft peg<br />

hard peg<br />

Völlig freie Wechselkurse (free floating)<br />

Kontrolliertes Floating (managed floating)<br />

(Blockfloating)<br />

Gleitende Parität (crawling peg)<br />

Korbbindung<br />

Zielzonen (target zones)<br />

Feste Wechselkurse mit weiten Bandbreiten<br />

Feste Wechselkurse mit schmalen Bandbreiten<br />

Währungsamt (Currency Board)<br />

Völlig starre Wechselkurse<br />

(z.B. Währungsunion mit unterschiedlichen Währungen)<br />

Zunehmend<br />

starrere<br />

Wechselkurse<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 38


Der Euro und die Eurozone<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 39


Der Euro und die Eurozone<br />

Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Juli 2012<br />

40


Der Euro als Kern eines Währungsblocks<br />

Deutsche<br />

Bundesbank,<br />

Monatsbericht<br />

Juli 2012<br />

41


<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong><br />

Von flexiblen zu starren <strong>Wechselkurssysteme</strong>n<br />

Russische Notenbank erhöht Euro-Anteil in Währungskorb<br />

Die russische Notenbank hat am Montag die Zusammensetzung des Währungskorbes,<br />

an dem der Rubel hängt, zugunsten des Euro verändert. Wie die Notenbank berichtet,<br />

soll der Korb mit Wirkung zum 1. August zu 35% aus Euro bestehen. Bislang hatte der<br />

Anteil von Euro in dem Korb 30% betragen.<br />

Als Konsequenz dieses Beschlusses verringert sich der Anteil an US-Dollar auf 65% von<br />

zuvor 70%. Nach Angaben der Notenbank soll durch die Verschiebung der<br />

Währungsanteile die Volatilität des Rubel gegenüber dem Euro und anderen wichtigen<br />

Währungen reduziert werden. Beobachter gehen davon aus, dass mittelfristig Dollar und<br />

Euro in dem Währungskorb gleich gewichtet sein werden.<br />

Quelle: Dow Jones/vwd vom 1.8.2005<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 42


<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong><br />

43


<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong><br />

<strong>2.3</strong>.3 Weltweite Wechselkursregelungen Stand: Juli 2012<br />

Art der Wechselkursregelung<br />

Wechselkursregelungen ohne eigenes gesetzliches Zahlungsmittel<br />

davon gegenüber dem US$<br />

Euro<br />

Sonstige<br />

Zahl der<br />

Währungen<br />

Currency Board 12<br />

Regelungen mit festen Wechselkursen (keine unwiderrufliche Parität)<br />

davon gegenüber dem US$<br />

Euro<br />

Sonstige<br />

Wechselkurs innerhalb enger Bandbreiten (ohne politische Verpflichtung) 23<br />

Crawling Peg / Crawl like arrangements (gleitender Wechselkurs) 6<br />

Sonstige Lenkungsregelungen 18<br />

Kontrolliertes Floating 36<br />

Unabhängiges Floating / einschl. Eurozone (17) 30<br />

Länder 182<br />

Quelle: Deutsche Bundesbank, Devisenkursstatistik Oktober 2012<br />

13<br />

8<br />

3<br />

2<br />

43<br />

14<br />

24<br />

5<br />

44


<strong>2.3</strong> <strong>Wechselkurssysteme</strong><br />

<strong>2.3</strong>.3 Von flexiblen zu starren <strong>Wechselkurssysteme</strong>n<br />

China flexibilisiert sein Währungssystem<br />

Ein chinesischer Regierungsvertreter hat einen weiteren Schritt zur Liberalisierung des<br />

Währungsregimes angekündigt. Fonds, die von der Regierung zertifiziert sind, sollen<br />

bald Kapital im Ausland investieren dürfen. Bisher ist der Umtausch von Yuan in<br />

Fremdwährung im Wesentlichen nur für Handelszwecke erlaubt, nicht dagegen für<br />

Finanzanlagen.<br />

Der Schritt könnte den Aufwertungsdruck auf die chinesische Währung mindern und dem<br />

Aufbau immer größerer Devisenreserven in China entgegen wirken. China steht unter<br />

politischem <strong>Dr</strong>uck der USA, die bisher sehr geringe Währungsflexibilität zu erhöhen. Im<br />

August 2005 wertete China den Yuan nach zehn Jahren Festkurs zum Dollar um 2,3<br />

Prozent auf und flexibilisierte den Wechselkurs in engen Grenzen.<br />

Seither wertete der Yuan um weitere 0,9 Prozent auf. In den letzten vier Wochen hat sich<br />

das Aufwertungstempo allerdings deutlich auf eine Rate beschleunigt, die vier Prozent<br />

pro Jahr entsprechen würde.<br />

Quelle: HANDELSBLATT, <strong>2.3</strong>.2006<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 45


Bindung des Yuan an den Dollar<br />

Ziele der Dollar-Anbindung<br />

Der chinesische Yuan ist seit 1995 zu einem Kurs von 8,3 Yuan an den US-Dollar<br />

gekoppelt.<br />

Ziele:<br />

• Stabilisierung der Währung,<br />

• Sicherung niedriger Inflationsraten,<br />

• Förderung des Vertrauens ausländischer Investoren,<br />

• Verbesserung der Planungssicherheit<br />

• Stimulierung des Wirtschaftswachstums,<br />

• Begünstigung des exportgetragenen Wachstums.


Bindung des Yuan an den Dollar<br />

Probleme der Dollar-Anbindung<br />

Keine unabhängige Geldpolitik<br />

Import einer eher expansiven Geldpolitik<br />

Zufluss von Kapitalströmen wg. des unterbewerteten Yuan<br />

Interventionen der ZB notwendig zur Stabilisierung des WK: Kauf von US$ und Verkauf<br />

von Yuan (Erhöhung der Geldmenge und Ankurbelung des Wachstums)<br />

Tendenz zu Überinvestitionen, zB. Bauboom und Immobilienspekulationen<br />

Starke Konzentration auf den Exportsektor<br />

Regionale Wirkungen: Aus Wettbewerbserwägungen halten Chinas Nachbarstaaten ihre<br />

Währungen ebenfalls auf einem unterbewertetem Niveau


Bindung des Yuan an den Dollar<br />

Mögliche Auswirkungen einer Flexibilisierung des Wechselkurses<br />

Beendigung von Marktverzerrungen: steigende Importe Chinas und sinkende Exporte<br />

Bei schrittweiser Aufwertung des Yuan: Möglicherweise zunehmende<br />

Währungsspekulation und steigende Kapitalzuflüsse<br />

Bei Einführung flexibler Wechselkurse und Öffnung der Kapitalmärkte möglicherweise<br />

Abwertung des Yuan aufgrund eines rapiden Kapitalabflusses, verursacht durch ein<br />

sinkendes Vertrauen in die chinesische Wirtschaft (!?)<br />

Wahrscheinlich nur geringe Verbesserung der bilateralen Handelsbilanz der USA mit<br />

China, da negative Handelsbilanz nicht vorrangig durch den unterbewerteten Yuan<br />

verursacht ist.


Fragen?<br />

Warum fließt sehr viel Kapital in "kleinere" Länder? Was befürchten diese von massiven<br />

Währungszuflüssen?<br />

Staatliche Interventionen in die Wechselkurse sind ein indirektes Handelshemmnis!<br />

Nehmen Sie kurz Stellung zu dieser These.<br />

Was ist ein Abwertungswettlauf und welche Folgen könnte er haben?


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.1 Currency Board System 1/4<br />

Unter einem Currency Board System (CBS), versteht man eine spezifische Form eines festen<br />

Wechselkurssystems, bei dem das Ziel verfolgt wird, die eigene Währung durch die unbedingte<br />

Bindung an eine Ankerwährung, i.d.R. US-Dollar oder Euro, nach innen und außen zu stabilisieren.<br />

Um dieses zu gewährleisten, trägt eine monetäre Institution, das Currency Board (CB), übersetzt:<br />

Währungsamt oder Währungsinstitut, dafür Sorge, dass die eigene Währung zu einem großen<br />

Prozentsatz - angestrebt meist 100% - durch Devisen gedeckt ist.<br />

Der CB ist nach außen zu einer rigorosen festen WK-Politik verpflichtet (mit geringen<br />

Bandbreiten). Er verpflichtet sich, jederzeit die eigene Währung zu dem garantierten festen Kurs<br />

in eine Referenzwährung zu tauschen<br />

Dies kann nur dann funktionieren, wenn der CB stets so viel von der Devise in Reserve hält, wie<br />

er an nationalem Geld in Umlauf bringt. Er kann daher nationales Geld (nach innen) nur im<br />

Tausch gegen die Ankerwährung ausgeben. (Die Währungsreserven können dabei durchaus<br />

zinsbringend im Reserveland angelegt werden.)<br />

Damit ist im Regelfall zumindest das in eigener Währung umlaufende Bargeld - nicht unbedingt<br />

jedoch die gesamte Geldbasis, die auch Bankenguthaben bei der Zentralbank umfasst -<br />

vollständig durch Währungsreserven (und Gold) gedeckt. Eine Erhöhung des Geldumlaufs erfolgt<br />

also nur dann, wenn der CB Währungsreserven ankauft, der Abzug von Devisenreserven führt<br />

dann folgerichtig zu einer Schrumpfung der Geldmenge und steigenden Zinsen. Obwohl das<br />

Buchgeld (Giralgeld) nicht durch Devisen gedeckt ist, wird davon ausgegangen, dass es sich<br />

proportional zum Bargeldumlauf entwickelt.<br />

50


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.1 Currency Board System 2/4<br />

Es besteht also vollständige In- und Ausländerkonvertibilität.<br />

Als geldpolitisches Instrument verbleibt dem CB damit nur die Zinspolitik. Eine aktive Geldpolitik<br />

durch Offenmarktpolitik ist nicht möglich, genau so wenig sind Kredite für die Regierung zulässig.<br />

Das Zinsniveau ist i.d.R. hoch.<br />

Currency Boards waren einst Behörden mit beschränkten Aufgaben in britischen Kolonien, die später<br />

in den unabhängigen Staaten durch Zentralbanken ersetzt wurden. In neuerer Zeit wurden CB-<br />

Systeme in Hongkong (1983), Argentinien (1991), Estland (1992), Litauen (1994) und Bulgarien<br />

(1997) eingeführt.<br />

CBS gelten als sinnvolle Strategie insbesondere für kleine Volkswirtschaften, die nach Phasen hoher<br />

Inflation Stabilisierungsprogramme durchführen, internationales Vertrauen wiedergewinnen wollen und<br />

Vorteile darin sehen, sich eng an die Währung ihres Haupthandelspartners zu binden.<br />

Voraussetzungen sind eine hinreichende Anfangsausstattung mit Währungsreserven, ein stabiles<br />

Finanzsystem und eine strikte Bankenaufsicht sowie eine disziplinierte Haushaltspolitik.<br />

Vor der Einführung eines CBS sind folgende Fragen zu beantworten: Welche Ankerwährung und<br />

welche Parität werden gewählt? Zu welchem Prozentsatz soll die einheimische Währung durch<br />

Währungsreserven gedeckt sein? Soll die Einführung graduell oder mit einem "big bang", also auf<br />

einen Schlag, erfolgen?<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 52


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.1 Currency Board System - Nachteile 3/4<br />

Nachteile<br />

Zentraler Nachteil ist der Verlust der geldpolitischen Autonomie. Die einheimische Währung wird<br />

dauerhaft und fest an eine andere Währung gebunden. Dies führt in der Regel zu steigenden Zinssätzen<br />

und einer Aufwertung der Währung und bedingt meist eine restriktive Haushaltspolitik. Geld- und<br />

fiskalpolitische Eingriffs- und Gestaltungsspielräume sind begrenzt.<br />

Wachstums- und Beschäftigungseinbußen werden in der Anfangsphase mit Sicherheit auftreten, da die<br />

wachstumsfördernde Geldschöpfung eingeschränkt wird und sich die internationale Wettbewerbsfähigkeit<br />

aufgrund des nur langsamen Zurückgehens der Inflationsrate zunächst verschlechtern wird. Mittelfristig<br />

sollten diese Nachteile allerdings durch einen Zustrom von Auslandskapital ausgeglichen werden.<br />

Sind Preise und Löhne auch nach unten flexibel, können die negativen Wirkungen von Zinssteigerungen<br />

durch Kostensenkungen und eine damit steigende Wettbewerbsfähigkeit noch aufgefangen werden. Ist<br />

dies nicht der Fall, sind allerdings tatsächlich Produktions- und Beschäftigungsrückgänge zu befürchten.<br />

Generell dürfte die tendenziell restriktive Geldversorgung der Wirtschaft daher also eher zu einer<br />

Verringerung des Wirtschaftswachstums führen.<br />

Besondere Probleme kann eine spätere Abschaffung des CBS mit sich bringen (Beispiel: Argentinien).<br />

Meist führt dies zu einer psychologisch und realwirtschaftlich induzierten erheblichen Abwertung der<br />

Landeswährung, einer Einschränkung von Devisentransaktionen, einer erheblichen Verteuerung der<br />

Importe sowie meist dramatischen Wirtschafts- und Beschäftigungsproblemen.<br />

53


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.1 Currency Board System - Vorteile 4/4<br />

Vorteile<br />

Die Vorteile eines CBS bestehen vor allem darin, dass die Preisstabilität der Ankerwährung importiert<br />

wird und das Vertrauen in die Ankerwährung auf das Land übertragen wird, so dass Kapitalimporte<br />

begünstigt werden.<br />

Das System wird dadurch stabilisiert, dass Devisenabflüsse eine Verringerung der inländischen<br />

Geldmenge auslösen. Die dadurch ausgelösten Zinserhöhungen bilden einen Anreiz für<br />

Kapitalimporte, so dass der Abfluss der Devisen kompensiert wird. Ausländische Anleger sollten so<br />

keine Währungsverluste erleiden.<br />

Auf den internationalen Kapitalmärkten muss ein solches Land zudem keine Risikozuschläge zahlen.<br />

Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass ein CBS eine disziplinierende Wirkung auf die<br />

Haushaltspolitik ausübt. Ist dies nicht der Fall, müssen Haushaltsdefizite durch eine Kreditaufnahme<br />

im Ausland finanziert werden, da das System keine inländischen Kredite an den Staat zulässt.<br />

Lit: Benett, A. Währungsausschüsse: Probleme und Erfahrungen; in: Finanzierung und Entwicklung,<br />

September 1995, S. 39-42; Fuhrmann, W. / Richert, R.: Ein Währungssystem mit einem Currency<br />

Board; in: WISU 12/1995, S. 1035-1039; Konrad, A.: Alternative Formen der Währungsbindung; in:<br />

WiSU 1/2000, S. 106 - 111<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 54


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.2 Die Währungskrise in Argentinien (1)<br />

Argentinien<br />

Einführung eines CBS mit 100%iger Devisendeckung Anfang 1991<br />

Wechselkurs Dollar zu Peso 1:1<br />

Geldbasis ca.16 Mrd US$, Devisen 18 Mrd US$ (1994). Devisendeckung einschließlich der gewollten<br />

Deckung der auf Dollar lautenden Staatstitel bis Ende 1996: 95%<br />

Ziele Maßnahmen / Ergebnisse<br />

Beseitigung der Hyperinflation Senkung der Inflationsrate von 1990 bis 1993 von 5000% auf 10%,<br />

1994: 5%, anschließend ca. 0%<br />

Senkung der Zinsen gelang weitgehend zwischen 1993 und 2001, jedoch mit z.T.<br />

erheblichen Ausschlägen<br />

Liberalisierung des Handels Abbau der Einfuhrzölle und NTHs bis Ende 1991<br />

Deregulierung und Öffnung der<br />

Märkte<br />

• Abschaffung von Preiskontrollen<br />

• Beseitigung von Marktzutrittsschranken<br />

Privatisierung Privatisierung von 90% der Staatsbetriebe bis 1994<br />

Reform des Finanzsystems • Liberalisierung: Beseitigung von Diskriminierungen<br />

ausländischer Investoren<br />

• Erhöhung von Eigenkapital und Mindestreserven<br />

Ausgeglichener Staatshaushalt gelang bis 1993, anschließend ansteigendes Defizit<br />

55


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.2 Die Währungskrise in Argentinien (2)<br />

Entwicklungen<br />

1 • Anfangs noch hohe Inflationsrate<br />

• Starke Aufwertung der US-Währung reale Überbewertung des Peso um etwa 30%<br />

Sinkende Wettbewerbsfähigkeit<br />

2 • Zunahme der Importe / zu geringe Zunahme der Exporte<br />

• Aufhebung der Importkontrollen (NTHs)<br />

Hohe Leistungsbilanzdefizite (zwischen -6% und - 14% des BIP)<br />

3 steigende Haushaltsdefizite (2% bis 4% des BIP) infolge sinkender Einnahmen und<br />

steigender Ausgaben (ab 1994)<br />

Anstieg der öffentlichen Auslandsschulden auf 130 Mrd US$<br />

Erschwerte Finanzierungsbedingungen auf den internationalen Finanzmärkten<br />

Ausbruch der Krise (ab 1998)<br />

• 50%ige Abwertung des brasilianischen Real gegenüber dem US$ 1999<br />

• Wachstumsrate sank von 1997 von +8% auf 1999 -3%<br />

• Rezessionsbedingte Steuerausfälle<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 56


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.2 Die Währungskrise in Argentinien (3)<br />

1 Staatsdefizit führt zu steigenden Zinsen<br />

Verschärfung der Rezession<br />

Konkurse<br />

Zunehmende Kreditrückzahlungsprobleme<br />

Einschränkung der Kreditvergabe an Private<br />

Staatliche Sparmaßnahmen<br />

2 Staat versucht bei hoher Arbeitslosenquote (> 13%) den Konsum anzukurbeln<br />

senkt Sozialversicherungsbeiträge und MwSt<br />

Konsumzurückhaltung wg. unsicherer Wirtschaftslage<br />

Staatsdefizit steigt weiter<br />

Anleger ziehen Dollarguthaben von den Banken ab<br />

3 1. 12. 2001: Blockierung der Bankguthaben ("corralito")<br />

max. 1000 Dollar pro Monat und Person sind erlaubt<br />

Demonstrationen, Plünderungen, Ausnahmezustand, Demission der Regierung im Dezember<br />

4 1.1.2002 Aufhebung des CBS<br />

Aussetzung der Schuldenzahlungen (Schuldenmoratorium)<br />

7.1.2002: Spaltung des Wechselkurses:<br />

Abwertung des Peso um 29% (für Außenhandel)<br />

freier WK für Auslandsreisen<br />

11.2.2002 Übergang zum Floaten<br />

März Aufhebung des corralito, panikartige Verkäufe des Peso bzw. Käufe von US-Dollar<br />

2<strong>2.3</strong>.2002 Kurs ca 3,50 Peso pro US$ (Abwertung 70%)<br />

57


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.2 Die Währungskrise in Argentinien (4)<br />

5 Anhaltende schwere Wirtschaftskrise: Über 50% der Argentinier leben unterhalb der<br />

Armutsgrenze, Arbeitslosigkeit steigt auf 20%<br />

ab 2003: Aufwertung auf etwa 3 Peso für 1 US$<br />

Exporte steigen stark an, Kapitalzuflüsse steigen<br />

Mai 2003: Nestor Kirchner wird nach mehreren Übergangspräsidenten neuer Präsident<br />

Argentiniens<br />

Ende 2003 belaufen sich die Auslandsschulden Argentinien auf 165 Mrd US$. Infolge des<br />

Zahlungsstopps sind bis dahin 30 Mrd. US$ nicht bezahlter Zinsen und Forderungen<br />

aufgelaufen.<br />

Es finden diverse Umschuldungsverhandlungen statt. Abschläge von bis zu 80% auf den<br />

Nominalwert werden diskutiert.<br />

58


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.2 Die Währungskrise in Argentinien (5)<br />

Schlussfolgerungen<br />

1 Das CBS führte zu einer realen Überbewertung des Peso<br />

Steigende Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrise<br />

Abzug von Dollars führt zu einer Kontraktion der Geldmenge und verschärft so über steigende<br />

Zinsen die Krise<br />

Das Festhalten am CBS führte zu einer Blockierung der Einlagen<br />

Kapitalverkehrskontrollen: vor allem wg. vieler Dollarkredite, Aufhebung hätte zu massiven<br />

Problemen für Schuldner und Banken geführt<br />

Unterminierung der Glaubwürdigkeit des CBS<br />

2 Die Aufhebung des CBS führte zu massiven Folgeproblemen<br />

drastische Abwertung des Peso<br />

Erhöhung der Auslandsschulden in Inlandswährung<br />

3 Auf Dollar lautende Forderungen an die argentinischen Banken (ca. 70 Mrd US$), waren nicht<br />

durch Dollarreserven gedeckt. Verlieren diese Anleger das Vertrauen in die Regierung kann es<br />

auch beim CBS zu einer Währungskrise kommen.<br />

4 Die Regierung reagierte unflexibel auf die Abwertung bei dem Haupthandelspartner Brasilien<br />

Lit: Aschinger, G. : Währungskrise in Argentinien trotz "Currency Board"; in: WiSt Heft 5, Mai 2002, S. 242-248<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 59


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.3 Das Ende der Krise ?<br />

Argentinien feiert das Ende der Krise (HB 4.3.2005)<br />

„Unter großen Mühen hat unser Land den Zustand der Zahlungsunfähigkeit beendet“, sagte Präsident<br />

Kirchner vor dem Kongress. Rund 75 Prozent der privaten Gläubiger haben nach seinen Angaben auf<br />

einen Großteil ihrer Forderungen verzichtet. Argentinien hatte in der schwersten Wirtschaftskrise seiner<br />

Geschichte Ende 2001 den Staatsbankrott erklärt und die Schuldentilgung ausgesetzt. Es war der größte<br />

Zahlungsausfall eines Staates in der neueren Geschichte. Die Inhaber der Anleihen erhalten seitdem<br />

weder Zins noch Tilgungszahlungen. Unter starkem <strong>Dr</strong>uck überzeugte das Land seine Privatgläubiger, alte<br />

Anleihen durch neue mit geringerem Wert, niedrigeren Zinszahlungen und längeren Laufzeiten zu<br />

ersetzen. Im Endeffekt verzichten die Gläubiger dadurch auf rund zwei <strong>Dr</strong>ittel ihrer Forderungen über 80<br />

Mrd. Dollar. Nun kann Argentinien die Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über neue<br />

Kreditabkommen wieder aufnehmen.<br />

Der IWF und private Gläubiger hatten vor drei Jahren den Geldhahn abrupt abgedreht. Dann kollabierte<br />

das lokale Finanzsystem und damit die langjährige 1:1-Bindung des Pesos an den Dollar. Die folgende<br />

Abwertung war traumatisch, denn die Wirtschaft war zu einem hohen Grad „dollarisiert“. Fast alle Verträge,<br />

von Privatisierungsverträgen des Staates bis hin zu Mietverträgen mussten annulliert werden. Viele<br />

Unternehmen mit Devisenschulden im Ausland meldeten Konkurs an. Die Arbeitslosigkeit schnellte hoch,<br />

die Armutsquote stieg auf über 50 Prozent.<br />

60


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.3 Das Ende der Krise ?<br />

Seitdem hat sich viel verändert, doch die Grundprobleme bleiben. Institutionen wie Justizwesen oder<br />

Zentralbank sind schwach. Unternehmer und Investoren mahnen die mangelnde Rechtssicherheit an.<br />

Zudem schreckt Kirchners interventionistische Wirtschaftspolitik ab.<br />

Und dennoch wurden die pessimistischen Erwartungen widerlegt. Argentinien kehrte schneller zum<br />

Wachstum zurück als erwartet. Wachstumshemmende Kapazitätsengpässe sind bislang<br />

überraschenderweise kaum auszumachen.<br />

Die Wirtschaft läuft so gut, dass sich erste Beobachter Sorgen machen, die Zahlungsunfähigkeit und der<br />

enorme Forderungsverzicht könnten Schule machen bei anderen Emergings Markets. Argentinien setze<br />

einen gefährlichen Präzedenzfall, warnt Walter Molano von BCP Securities: „Die scheinbare Lektion der<br />

argentinischen Schuldenrestrukturierung ist, dass Regierungen ihren Gläubigern willkürlich die<br />

Bedingungen aufzwingen können, unabhängig von ihrer Zahlungskapazität.“<br />

61


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.3 Das Ende der Krise ?<br />

Anleger vor schwieriger Wahl (SZ, 18.1.2005)<br />

Besitzer von Argentinienanleihen stehen vor einer schwierigen Entscheidung.<br />

Seit vergangenen Freitag können sie ihre Anleihen, die seit drei Jahren nicht<br />

mehr bedient werden, gegen neue Schuldverschreibungen umtauschen. Für die<br />

meisten deutschen Privatanleger dürften vor allem zwei Alternativen in Frage<br />

kommen. Zum einen eine auf Euro lautende Anleihe, die den gleichen Nennwert<br />

wie die alten Papiere hat. Dennoch haben diese Papiere heute nur rund 30<br />

Prozent des Wertes der alten Anleihen, weil sie zunächst nur mit jährlichen<br />

Zinsen von 1,2 Prozent ausgestattet sind, bis 2029 steigt diese Kuponzahlung<br />

auf 4,74 Prozent. Zudem wird die Anleihe deutlich später (ab 2029) zurück<br />

gezahlt.<br />

Bei der zweiten Gattung verzichtet der Anleger auf zwei <strong>Dr</strong>ittel des Nennwertes,<br />

erhält dafür aber höhere Zinsen – sie steigen von 3,75 Prozent bis auf 7,82<br />

Prozent. Allerdings wird nur die Hälfte der Zinsen ausgezahlt, die andere Hälfte<br />

auf den Nennwert aufgeschlagen. Die Rückzahlung erfolgt ab 2024. Zudem gibt<br />

es bei beiden Anleihen Bonuszahlungen, je nach Höhe des<br />

Wirtschaftswachstum in den kommenden Jahren. Wer seine Anleihen jetzt<br />

verkauft, erhält dafür rund 30 Prozent des Nennwertes.<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 62


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.4 Die Rolle des IWF<br />

Der IWF unterstützte das CBS, ohne seinen Konditionen - insbesondere der<br />

Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung - Nachdruck zu verleihen.<br />

Zwar wurde die Argentinienkrise in erster Linie durch eine falsche Wirtschaftspolitik<br />

Argentinien ausgelöst, der IWF finanzierte diese Politik jedoch auch dann noch ab 1997<br />

durch die Vergabe von vorbeugenden Währungskrediten, als deutlich wurde, dass<br />

Haushaltsdisziplin und notwendige institutionelle Strukturreformen nicht zu erwarten<br />

waren.<br />

Erst 2004 begann der IWF Härte zu zeigen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Argentinien schon<br />

seit über zwei Jahren seinen Schuldendienst ausgesetzt, da dieser die Exporterlöse des<br />

Jahres überstiegen hatte.<br />

Das Land forderte von seinen privaten Gläubigern nun, auf 90% des Nominalwerts ihrer<br />

Kredite zu verzichten und war zu keinen weiteren Verhandlungen bereit.<br />

Da der IWF auch bewilligte Kredittranchen nicht auszahlt, wenn sich ein Land im<br />

Zahlungsverzug befindet und sich nicht ernsthaft um eine Umschuldung mit seinen<br />

Gläubigern bemüht, drohte Argentinien im März 2004 dem IWF gegenüber in<br />

Zahlungsverzug zu geraten.<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 63


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.4 Die Rolle des IWF<br />

Kurzfristig lenkte Argentinien daher ein und bot den privaten Gläubigern nun an, 25%<br />

des Nominalwerts ihrer Anleihen zurückzuzahlen.<br />

Ende 2004 beschloss Argentinien seine Schulden beim IWF in Höhe von über 15 Mrd<br />

US$ innerhalb von fünf Jahren zurückzuzahlen und keine weiteren Kreditprogramme in<br />

Anspruch zu nehmen.<br />

Der Verzicht auf die subventionierten IWF-Kredite implizierte die Inanspruchnahme<br />

teurerer Devisenkredite auf den internationalen Kapitalmärkten. Zudem wurde diese<br />

Entscheidung zu einem Zeitpunkt gefällt, als das Land von seinen Gläubigern einen<br />

umfangreichen Forderungsverzicht forderte.<br />

Hintergrund der Entscheidung war vermutlich, dass Argentinien keine weiteren<br />

wirtschaftspolitischen Auflagen des IWF akzeptieren und die Zusammenarbeit beenden<br />

wollte.<br />

<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Eckart</strong> <strong>Koch</strong> - Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen 64


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.5 Latest News HB online 29.11.12<br />

Argentinien muss vorerst keine Milliardenzahlung an Hedgefonds leisten, die gegen vor<br />

Jahren vereinbarte Schuldenerlasse klagen. Ein US-Berufungsgericht setzte am<br />

Mittwochabend per einstweiliger Verfügung das Urteil eines Bundesrichters aus, wonach<br />

die Regierung in Buenos Aires bis zum 15. Dezember 1,3 Milliarden Dollar hinterlegen<br />

muss.<br />

Damit kommt es zu einer Atempause in dem seit Jahren andauernden Rechtsstreit. Eine<br />

Anhörung vor dem Berufungsgericht ist für den 27. Februar angesetzt. Nach Angaben<br />

Argentiniens ist damit klar, dass andere Gläubiger im Dezember wie geplant 3,3 Milliarden<br />

Dollar ausgezahlt bekommen können.<br />

Die rebellischen Investoren unter Führung der Hedgefonds NML Capital und Aurelius<br />

Capital Management liegen nicht nur mit der Regierung über Kreuz. Sie streiten auch mit<br />

den anderen Anlegern, die zwei Schuldenschnitten in den Jahren 2005 und 2010<br />

zugestimmt hatten.<br />

Diese fürchten, dass im Falle eines neuerlichen Zahlungsausfalls am Ende auch ihre<br />

drastisch reduzierten Forderungen nicht erfüllt werden. Denn wenn Argentinien die vom<br />

Gericht verfügte Summe nicht zahlt, dann könnte das Land für zahlungsunfähig erklärt<br />

werden. Dies wiederum würde bedeuten, dass es auch die Restschulden von 24 Milliarden<br />

Dollar nicht begleichen darf. Argentinien hatte 2002 den Staatsbankrott erklärt und danach<br />

65<br />

die Gläubiger zu weitreichenden Verzichtsvereinbarungen gedrängt.


2.4 Fallstudie Argentinien<br />

2.4.5 Argentinien droht erneut der Staatsbankrott<br />

12 Jahre nach der Argentinienkrise steht Argentinien wieder vor der Insolvenz.<br />

Hedge-Fonds hatten während der Argentinienkrise 2001 billig argentinische Staatsanleihen<br />

aufgekauft und verlangen nun die Rückzahlung. An dem 2003 beschlossenen Schuldenschnitt<br />

hatte sie sich nicht beteiligt und da diese Anleihen auf US-Dollar lauten und unter<br />

amerikanisches Recht fallen, wurde jetzt Argentinien in den USA dazu verurteilt diese<br />

Anleihen zu bedienen.<br />

Solange das nicht geschehen ist, dürfen keine anderen Staatspapiere bedient werden.<br />

Wenn es zu keiner Einigung kommt und das Berufungsgericht den Richterspruch vom<br />

Oktober bestätigt, dann kann Argentinien fällige Staatsschulden im Wert von 43 Milliarden<br />

Dollar nicht bedienen und muss erneut den Staatsbankrott erklären.<br />

Grundsätzlich sehen Sie an diesem Beispiel, dass Schuldenkrisen eigentlich nicht lösbar sind.<br />

Es ist wie bei einer Krankheit die mit Medikamenten unterdrückt wird, sie wird immer wieder<br />

ausbrechen.<br />

66

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