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Der Wiener 'Eneasroman' - Commonweb

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C <strong>Der</strong> <strong>Wiener</strong> Codex<br />

von fundamentaler Bedeutung für die Bewertung der <strong>Wiener</strong> Fassung des ‘Eneasromans’, die innerhalb<br />

der Überlieferungsgeschichte dieses Textes eine besondere Stellung einnimmt. Auf diese Weise wird am<br />

Beispiel des von Jorg von Elrbach geschriebenen ‘Friedrich von Schwaben’ die in der jüngsten<br />

altgermanistischen Forschung kontrovers diskutierte Definition und Abgrenzung von Autor, Schreiber,<br />

Redaktor, Werk und Textfassungen exemplarisch deutlich. 161<br />

d. Identifizierung des Schreibers Jorg von Elrbach als historische Person<br />

War die bis zu diesem Zeitpunkt geführte Diskussion insbesondere durch die Frage geprägt, ob<br />

Jorg von Elrbach Autor oder Schreiber der von ihm signierten Texte war, so kamen von nun an<br />

Überlegungen zu seiner historischen Identifizierung stärker in den Blick.<br />

Im Jahr 1899 erschienen zugleich zwei Studien zu den Handschriften der Bibliothek der Grafen<br />

von Zimmern in der <strong>Wiener</strong> Hofbibliothek. In beiden wird auch die Identität der Schreiber<br />

problematisiert. TH. GOTTLIEB 162 war der erste, der aus folgender Nachricht in der Chronik der Grafen<br />

von Zimmern die These vom Dreigestirn der für die Grafen von Zimmern tätigen Schreiber ableitete:<br />

Herr Johanns Wernher freyherr zu Zimbern der elter hat zu schönen büechern ain grossen lust<br />

gehabt und vil gelesen; dieweil aber zu seinen zeiten der druck erstlichs ufkommen und domals als ain<br />

new inventum ain schlechten fortgang, liess er im ain schreiber, genannt Gabriel Lindenast, war burger<br />

und sesshaft zu Pfullendorf, vil und mancherlai buecher schreiben und zurusten, also das er letzstlich,<br />

ehe und zuvor er in sein unfal kam, ein zimliche liberei zu wegen pracht. Etliche autores und historicos<br />

hat er selbs ausser latein ins deutsch transferiert, wie dann die selbige büecher sambt den rittern- und<br />

taffelrundtbüecher, die er gehabt, noch mehrtails vorhanden 163<br />

Neben dem in der Chronik erwähnten Gabriel Sattler (-Lindenast) 164 seien als „Lohnschreiber”<br />

Hans Minner und Jorg von Elrbach tätig gewesen. Allerdings ist von den beiden letzteren lediglich<br />

jeweils eine einzige Handschrift der gräflichen Bibliothek geschrieben worden. 165 Von Gabriel Sattler, 166<br />

der in der Chronik explizit als für Johannes Werner d. Ä. von Zimmern tätiger Schreiber bezeichnet wird,<br />

sind dagegen mehrere Handschriften überliefert. 167 Dieser Befund ist auffallend.<br />

Kürzungen beweisen, dass W Abschrift und nicht etwa mit *z identisch ist, ebenso, dass W nicht eine selbständige<br />

Bearbeitung, sondern eine sklavische, aber nachlässig angefertigte Abschrift ist“ (S. 32).<br />

161 Vgl. die Diskussion über „gleichwertige Parallelfassungen“ in Kapitel C III 1.<br />

162 THEODOR GOTTLIEB: Zimmernsche Handschriften in Wien. In: ZfdPh. 31. 1899. S. 303-314.<br />

163 KARL AUGUST BARACK (Hrsg.): Zimmerische Chronik. 2. verbesserte Auflage. 1. Band. - Freiburg i. Br.;<br />

Tübingen: Mohr (Paul Siebeck), 1881, S. 423. - GOTTLIEB, wie Anm. 162, S. 309.<br />

164 In der Literatur ist der Name „Gabriel Sattler“ gebräuchlich.<br />

165 Hans Minner: Cod. Vind. 2838 (Otto von Diemeringen: ‘John Mandevilles Reise ins Heilige Land’; ‘Vom<br />

Antichrist’); Jorg von Elrbach: Cod. Vind. 2861 (Heinrich von Veldeke: ‘Eneasroman’; ‘Weihenstephaner<br />

Chronik’).<br />

166 JOHN A. ASHER: <strong>Der</strong> übele Gêrhart. Einige Bemerkungen zu den von Gabriel Sattler geschriebenen<br />

Handschriften. In: FS für Hans Eggers zum 65. Geburtstag. Hrsg. von HERBERT BACKES. - Tübingen: Niemeyer,<br />

1972, S. 416-427. - PAUL GERHARD SCHMIDT: Probleme der Schreiber - der Schreiber als Problem. - Stuttgart:<br />

Steiner, 1994.<br />

167 Die Codices Vind. 3035, 3049, 2823, 2793, 2796, 2794; vgl. Österreichische Nationalbibliothek: Ambraser<br />

Kunst- und Wunderkammer. Die Bibliothek. Katalog der Ausstellung im Prunksaal 28. Mai bis 30. September 1965.<br />

- Wien: Österreichische Nationalbibliothek, 1965, S. 57-72.<br />

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