mythischen Analogon« zur »deutschen Wirklichkeit«
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Gerhard Kaiser<br />
des einnimmt. Je marginaler diese Position ist, desto radikaler scheint er für eine<br />
Politisierung der disziplinären Matrix zu optieren, von der er sich mçglicherweise<br />
eine Verbesserung der eigenen Position erhofft. Umgekehrt gilt: je gefestigter die<br />
Position eines Akteurs bereits ist, desto grçßer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er<br />
auch auf dem Eigensinn der Disziplin, den es vor allzu wohlfeilen, tagespolitisch<br />
motivierten Anmutungen zu schützen gelte, insistiert.<br />
Der Diskursraum der Neueren deutschen Literaturwissenschaft wird zwischen<br />
1933 und 1945 nicht zu einem vereinheitlichten Komplex gleichgeschalteter Redeweisen.<br />
Dies wird allein schon durch die konkurrenzbedingten Zentrifugalkräfte<br />
innerhalb des Feldes verhindert, die sich in den fortgesetzten Konflikten zwischen<br />
einzelnen Akteuren um symbolisches Kapital manifestieren. Nachhaltig strukturiert<br />
werden die kommunikativen Prozesse durch Argumentationsweisen und -figuren,<br />
die sich – ungeachtet zunächst der jeweils mit ihnen einhergehenden theoretischen,<br />
methodologischen oder gegenstandsspezifischen Positionen und Wertungen<br />
– vor allem um vier Scharnierbegriffe anlagern: den des Lebens, den des<br />
Volkes, den der Rasse und den der Dichtung.<br />
Der literaturwissenschaftliche Lebens-Diskurs nach 1933 stellt, wie auch der<br />
Volks-Diskurs, den Griff der geistesgeschichtlich dominierten Disziplin in ein hinlänglich<br />
erprobtes semantisches Repertoire dar, mit dem man gleichsam wie in<br />
einem diskursiven Reflex auf die veränderten politischen Verhältnisse reagiert. Gerade<br />
die Unschärfe und Unbestimmtheit des Scharnierbegriffes gestattet es, dass die<br />
Inszenierung einer ›neuen‹ Lebensbezogenheit sowohl als bloßer Schutzgürtel für<br />
jene fungieren kann, die weiterhin geistesgeschichtlich orientierte Literaturgeschichtsschreibung<br />
betreiben, als auch als legitimer Bezugsdiskurs für jene, die<br />
die Vorstellung einer kulturpolitisch aktivistischen, rassenkundlichen Literaturwissenschaft<br />
propagieren.<br />
Die bloße Beschwçrung einer Literaturwissenschaft als Lebenswissenschaft<br />
markiert indes lediglich den – allerdings immer wieder abgerufenen – disziplinären<br />
Minimalkonsens. Über die konkreteren, im Einzelfall je propagierten und <strong>zur</strong> Anwendung<br />
gelangten Konzepte der Methodik wie der Gegenstandkonstitution sagt<br />
er wenig aus. Im resonanzsemantischen, pragmatischen ›Nutzwert‹ des Lebens-<br />
Diskurses, den er für die legitimatorische Selbstdarstellung der Disziplin wie der<br />
Akteure zweifellos hat, liegt zugleich auch seine Problematik. Für die erhoffte Vereinheitlichung<br />
des methodisch pluralisierten literaturwissenschaftlichen Feldes<br />
taugt er nicht. Allerdings hat der Begriff eine gewichtige Funktion als diskursive<br />
Mançvriermasse, mit dem im Rahmen von feldinternen Positionierungskämpfen<br />
die Lebensbezogenheit, d. h. die Legitimität und die Denkstilkonformität eines<br />
konkurrierenden Akteurs, bzw. seiner Tätigkeit dezidiert in Zweifel gezogen werden<br />
kann.<br />
Wie bei keinem anderen der zwischen 1933 und 1945 virulenten Scharnierbegriffe<br />
handelt es sich beim Rasse-Begriff für die Neuere deutsche Literaturwissenschaft<br />
um einen Grenzbegriff, dessen Resonanzpotential von nicht unerheblicher<br />
Bereitgestellt von | SUB Goettingen<br />
Angemeldet | 134.76.162.17<br />
Heruntergeladen am | 29.11.12 08:04