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mythischen Analogon« zur »deutschen Wirklichkeit«

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Der »Weg um die Kugel« 97<br />

des »selbstverständlichen Hinnehmens«. Ist aber das mythische Analogon erst einmal<br />

als solches erkannt, mithin auch die Künstlichkeit der Kunst eben als Künstlichkeit,<br />

dann ist es auch schon aus damit. Die künstlichen Formen sind zwar<br />

»für den Menschen, dem sie sprechend sind, gar keine Künstlichkeiten: er begibt<br />

sich im Anschauen einer Dichtung ohne Besinnen und ohne Reflexion in deren<br />

Welt: nur dann kann sie zu ihm sprechen.« (ebd., 11) Zwar auch gehçrt die »Künstlichkeit<br />

mit ihren Ausprägungen […] zu den Momenten am Dichterischen, die sich<br />

am längsten und erfolgreichsten der Bewusstwerdung und theoretischen Vergegenständlichung<br />

entziehen.« (ebd., 12) Diese Haltung der unreflektierten Hingabe<br />

aber ist für jenen, der – wie Lugowski selbst – die Dichtung als letztes, gemeinschaftsstiftendes<br />

Refugium reflektiert, gerade nicht mehr mçglich: »Mit der Reflexion<br />

wird sie zerstçrt, wie der ›aufklärende Geist‹ den <strong>mythischen</strong> Zusammenhang<br />

der Welt zerstçrt.« (ebd., 11)<br />

Von hier aus gesehen entpuppt sich die forcierte Sachlichkeit des eigenen Wissenschaftsethos<br />

auch weniger als triumphale Distanznahme von einer als theoretisch<br />

unterkomplex erkannten Geistesgeschichte, sondern vielmehr als elegischer,<br />

bisweilen sardonischer Ausdruck des Unbehagens an der eigenen Tätigkeit, deren<br />

Überlegenheit gleichwohl mitgedacht wird: »Das Dienstmädchen«, so artikuliert<br />

sich bei Lugowski dieses Verlustgefühl in einer bezeichnenden Anmerkung, »liest<br />

den Hintertreppenroman mit unmittelbarer Hingebung. Der künstlerisch Urteilsfähige<br />

vermag das nicht mehr. Er ist dieser Romanwelt gegenüber ungläubig, kann<br />

sich nicht wie das Dienstmädchen unbefangen in sie hineinbegeben. Er ist sich ihrer<br />

›Künstlichkeit‹ bewußt geworden und scheidet damit aus der Gemeinsamkeit.«<br />

(ebd., 189) 44<br />

Dies ist indes – auch in der Dissertation – nicht das letzte Wort Lugowskis in<br />

dieser Angelegenheit. Die nächste Station im gnoseologischen Dreischritt, mithin<br />

die Mçglichkeit <strong>zur</strong> Wiedereinkehr in die »Gemeinsamkeit« und Daseinsunmittelbarkeit<br />

nach der letzten Stufe der »zersetzenden« Reflexionstätigkeit, wird schon in<br />

Lugowskis Erstlingsschrift, und nicht erst in seiner Habilitationsschrift, ins Auge<br />

gefasst. Die Haltung, die solch eine Wiedereinkehr ermçglichen kçnnte, die keineswegs<br />

einem »Zustande von Dumpfheit gleichzusetzen sei«, sondern vielmehr<br />

»das allerkonkreteste Leben bedeutet« (ebd., 184), diese Haltung korrespondiert<br />

bei Lugowski mit einer »Welt des Fürsichseienden«, die er am Ende seiner Ausführungen<br />

einer »›gemachten‹ Welt« (ebd., 183) gegenüberstellt. »Unbewältigte <strong>Wirklichkeit«</strong>,<br />

so erläutert er diesen mit existentialistischem Pathos vorgetragenen Gedanken,<br />

44 Vom Ausschluss aus der Gemeinschaft sind mithin nicht nur jene, die zu wenig wissen, betroffen,<br />

sondern ebenso auch jene, die zu viel wissen. Beide werden mit Ausgrenzung bestraft. Mit Blick auf<br />

Erstere heißt es <strong>zur</strong> attischen Tragçdie: »Wer nicht mit den heroischen Stoffen vertraut war, fand<br />

keinen Zugang zu ihr, konnte kein Grieche sein, sondern nur ein Barbar; er gehçrte nicht zum Volke,<br />

dann das Volk ist hier noch der Kreis der Zuschauer vor der Skene.« (1932, 10) Diesem Ausschluss<br />

korrespondiert in der Moderne die doppelte Lebensferne des Buchwissenschaftlers.<br />

Bereitgestellt von | SUB Goettingen<br />

Angemeldet | 134.76.162.17<br />

Heruntergeladen am | 29.11.12 08:04

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