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mythischen Analogon« zur »deutschen Wirklichkeit«

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Gerhard Kaiser<br />

rarischen Kunstwerks immer schon vorauszusetzen, sich hier einschreibt in das politisch<br />

adressierte Leistungsangebot der literaturgeschichtlichen ›Feindbeobachtung‹.<br />

Daraus resultiert jenes »tiefe[] Unbehagen«, welches den heutigen Leser<br />

bei »der Erhebung Lugowskis zum Klassiker« befällt, auf das Jan-Dirk Müller <strong>zur</strong>echt<br />

verweist (Müller 2006, 39). Der disziplinspezifische Brechungseffekt, der<br />

daraus resultiert, dass die Erzählung vom urprungsmythologischen Zusammenhang<br />

zwischen Volk und Dichtung, von der »Dichtung als Verkçrperung deutschen<br />

Volkstums« nicht einfach nur reproduziert, sondern auch mit den Mitteln einer<br />

›modernisierten‹, versachlichten Literaturwissenschaft aufwändig rekonstruiert<br />

wird, ist in den Arbeiten Lugowskis ungleich ausgeprägter als bei anderen Vertretern<br />

einer volksbezogenen Literaturwissenschaft wie etwa Heinz Kindermann oder<br />

Hermann Pongs. 31<br />

»Am Anfang dieser Betrachtungen«, so versichert Lugowski etwa in seiner Dissertation<br />

mit ebenso anti-historistischem wie jedweder Gefühligkeit abholdem<br />

Gestus, »steht der umfassende Verzicht auf den Glauben, sich in die lebendig wirkenden<br />

Zusammenhänge jener fernen Welt [am Übergang <strong>zur</strong> Neuzeit; G.K.] einfühlen<br />

zu kçnnen, aus der der Einzelmensch geboren ist.« (Lugowski 1932, 179)<br />

Dieses Ethos ist noch für seine Habilitationsschrift über die divergierenden Wirklichkeitsauffassungen<br />

in germanischen und romanischen Dichtungen virulent,<br />

wenn die Absicherung gegen voreilige, nationalistische Stereotypen-Bildungen<br />

sowie eine stets um Dichtungsbezogenheit, d. h. um Textnähe bemühte Darstellung<br />

als Bürgen eines auf »Sachlichkeit« zielenden Wissenschaftsethos inszeniert<br />

werden. »Diese Untersuchungen«, so heißt es hier im Schlusswort, »werden nur<br />

dann richtig aufgefasst, wenn man unbefangen genug ist, hinter ihnen keine massiven<br />

Lehrsätze über Nationalcharaktere zu suchen. Im Besonderen gilt das von den<br />

Ergebnissen, die in der Betrachtung franzçsischer Werke gewonnen wurden.« (Lugowski<br />

1936, 223) Und in der »Vorbemerkung« heißt es:<br />

Ist man entschlossen, Dichtung in diesem Sinne ohne historische Erweichung ernst zu nehmen,<br />

dann kommt es nur auf das an, was zu fordern das gute Recht der Dichter ist: auf die unmittelbare<br />

Begegnung mit ihrem Werk. Begriffe (ohne die auch strengste Interpretation nicht auskommt)<br />

dürfen dabei nur als leichte Chiffren der Anschauung gelten. Sie verlieren ihr Recht, wo<br />

sie von dem Jetzt und Hier der dichterischen Gegenwart abgelçst werden. (ebd., VII)<br />

Sicherlich, »massive Lehrsätze« liefert Lugowskis Habilitationsschrift in der Tat<br />

nicht. Nichtsdestoweniger reiht sich das triadische emplotment seiner Studie (Ursprung<br />

– Verfall – Wiederkehr), das durch die Anordnung der Kapitel 32 sowie<br />

31 Zu Kindermann vgl. Kaiser 2008, 441–464; zu Pongs vgl. Gaul-Ferenschild 1993.<br />

32 Die zugrunde liegende histoire von Lugowskis Schrift, der konventionelle geschichtsphilosophische<br />

Dreischritt von Ursprung (hier: isländische Saga, germanisches Heldenlied) – Verfall (hier: franzçsische<br />

Dichtung, v.a. die des Realismus) – Wiederherstellung (Kleist), wird hier durch den discours,<br />

d. h. dadurch verdeckt, dass das dem ersten Schritt <strong>zur</strong>echenbare Kapitel in Lugowskis Studie erst das<br />

vierte ist, während die ersten drei Kapitel sich vorrangig mit franzçsischer Dichtung (also dem Schritt<br />

Bereitgestellt von | SUB Goettingen<br />

Angemeldet | 134.76.162.17<br />

Heruntergeladen am | 29.11.12 08:04

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