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mythischen Analogon« zur »deutschen Wirklichkeit«

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Der »Weg um die Kugel« 81<br />

liert ihre Reproduktionsfunktion (Lehrerausbildung) angesichts einer akademischen<br />

›Überfüllungskrise‹, die sich bis zum Ende der 1930er Jahre auswirkt, erheblich<br />

an Gewicht, zum Anderen gerät ihr Beitrag <strong>zur</strong> nationalkulturellen Sinn- und<br />

Orientierungsstiftung seit der ereignisgeschichtlichen Zäsur von 1933 zunehmend<br />

unter Konkurrenz- und Innovationsdruck. Der Anspruch des Faches, haupt- oder<br />

gar alleinzuständig »deutsche Wesensfragen« zu behandeln, mithin sein Anspruch,<br />

die Formen und Inhalte des nationalen, kulturellen Gedächtnisses diskurshegemonial<br />

zu verwalten, wird durch außer- wie innerwissenschaftliche Konkurrenz erschüttert.<br />

Das Fach sieht sich nunmehr in unmittelbarer Konkurrenz mit den Institutionen<br />

innerhalb des polykratisch strukturierten, kulturpolitischen Feldes, die<br />

– wie Goebbels’ Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Himmlers<br />

Forschungsgemeinschaft »Ahnenerbe« oder das »Amt Rosenberg« – eigene Vorstellungen<br />

eines nationalen Identitätsmanagements durchsetzen wollen und Anspruch<br />

auf Ressourcen erheben. Daneben erwächst ihm innerwissenschaftliche<br />

Konkurrenz auf dem Gebiet »deutscher Ursprungsfragen« durch die zwischen<br />

1933 und 1945 expandierenden Gewinnerwissenschaften der Vor- und Frühgeschichte<br />

sowie vor allem der Volkskunde.<br />

Erst mit dem Beginn des Krieges, der die Bedürfnisse nach repräsentativen, legitimatorischen<br />

und kompensatorischen Leistungsangeboten intensiviert, sollte<br />

sich die Situation des Faches – wenn auch nicht grundlegend – wieder verbessern.<br />

Mit einem dichten Netz von repräsentativen »Auslandseinsätzen« in den neutralen<br />

und besetzten Ländern (von Gastvorträgen bis <strong>zur</strong> Professur), mit einem festen Repertoire<br />

kriegslegitimatorischer Scharniererzählungen, die zunächst um den Hochwertbegriff<br />

des Volkes und dann um den Europas gruppiert sind und die den Krieg<br />

in ein sinnstiftendes Narrativ einbinden, sowie mit der Konstruktion kriegskompensatorischer<br />

Symbolfiguren (etwa in der Hçlderlin-Inszenierung 1943), gelingt<br />

es der Disziplin, sich während des Krieges als Sinnstiftungsressource zu inszenieren.<br />

Der Ressourcentransfer zwischen Literaturwissenschaft und politischem Feld ist<br />

dabei ein wechselseitiger. Die jeweiligen politischen Instanzen gratifizieren die<br />

von den literaturwissenschaftlichen Akteuren erbrachten repräsentativen, legitimatorischen<br />

und/oder kompensatorischen Leistungsangebote mit symbolischem<br />

(Prestigezuwachs) oder çkonomischem Kapital (wie etwa im Falle der Schillerund<br />

der Hçlderlin-Gesamtausgabe).<br />

Die meisten literaturwissenschaftlichen Akteure interpretieren die neuen Verhältnisse<br />

zunächst als Mçglichkeit, die gesellschaftliche Relevanz der eigenen Disziplin<br />

zu steigern und die eigene Position innerhalb des literaturwissenschaftlichen<br />

Feldes zu verbessern.<br />

Differenzen zeigen sich allerdings schon zwischen den vielen, 1933/34 verçffentlichten<br />

programmatischen Texten sowie dann in der Folgezeit, wenn es um<br />

die Frage geht, in welchem Maße sich das Fach an politischen Leitvorstellungen<br />

zu orientieren habe. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang in der Regel<br />

die Position, die der jeweilige Akteur innerhalb des literaturwissenschaftlichen Fel-<br />

Bereitgestellt von | SUB Goettingen<br />

Angemeldet | 134.76.162.17<br />

Heruntergeladen am | 29.11.12 08:04

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