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Magazin 198511

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müssen offensiv und argumentativ vertreten<br />

werden, um die Verantwortung für die<br />

partnerschaftiich von Staat und Bürgern<br />

gemeinsam zu erfüllenden Aufgaben im<br />

Zivilschutz deutlich zu machen.<br />

Zivilschutz ist eine<br />

humanitäre Verpflichtung<br />

Unter diesem Aspekt möchte ich mich zum<br />

Thema ,Bedeutung des Zivilschutzes im<br />

Rahmen der geltenden Verteidigungsdoktrin'<br />

auch vor diesem Auditorium äußern.<br />

Ich möchte zuerst zu der Frage Stellung<br />

nehmen: Was verstehen wir in der Bundesrepublik<br />

Deutschland unter Zivilschutz?<br />

Nach der auch gesetzlich verankerten Systematik<br />

ist Zivilschutz die humanitäre verbindliche<br />

Verpflichtung des Staates, die<br />

Bürger vor drohenden Gefahren ,n allen<br />

Katastrophen zu schützen und die Voraussetzungen<br />

für die Bewahrung menschlichen<br />

Lebens zu schaffen. Dabei weist unsere<br />

Verfassung die Vorsorge für fr edensmäßige<br />

Katastrophenfälle den Bundesländern<br />

zu, den Zivilschutz für den Verteidigungsfall<br />

dem Bund.<br />

Bund und Länder haben auf dieser Grundlage<br />

ein wirksames, einheitliches, sich gegenseitig<br />

ergänzendes Hilfeleistungssystem<br />

für den Zivil- und Katastrophenschutz<br />

geschaffen. Diese pOlitische wie rechtliche<br />

Grundsatzentscheidung, die vom Bund bereits<br />

im Jahre 1968 mit dem Gesetz über<br />

die Erweiterung des Katastrophenschutzes<br />

getroffen wurde, bedeutet, daß heute Einheiten<br />

und Ausrüstung des Zivilschutzes<br />

auch dem Katastrophenschutz der Länder<br />

im Frieden zur Verfügung stehen. Sie bedeutet<br />

andererseits auch den Einsatz sämtlicher<br />

für Katastrophenfälle in Bund und<br />

Ländern vorhandenen Einheiten in einem<br />

bewaffneten Konflikt.<br />

Zivilschutz ist somit eine tragende Säule<br />

des Katastrophenschutzes im Frieden. Immer<br />

wieder erfolgt der Einsatz des Zivilund<br />

Katastrophenschutzes, um Nalurkatastrophen<br />

und die Gefahren unserer technologisch-industriell<br />

hoch entwickelten<br />

Gesellschaft zu bekämpfen. Denken Sie<br />

z. B. an Chemieunfälle, Hochwasser- oder<br />

Schnee katastrophen, Explosionen, Ölverschmutzungen,<br />

Brände, Verkehrsunfälle.<br />

Mit dieser Hinwendung auf die Unglücksfälle<br />

und Katastrophen des Alltags wird der<br />

gewollt friedensmäßige Bezug unseres<br />

einheitlichen Zivil-Katastrophenschutzsystems<br />

und die vorrangige Bedeutung der<br />

Friedensnützlichkeit dieses Systems deutlich.<br />

Insoweit besteht ein deutlicher Kontrast<br />

etwa zur Organiation und Blickrichtung des<br />

Zivilschutzes in der DDR, wo im Gesetz<br />

über die Zivilverteidigung der DDR vom<br />

16. September 1970 in § 1 Abs. 3 gesagt<br />

ist: ,Die Zivilverteidigung hat gleichzeitig<br />

30 ZS·MAGAZIN 11 - 12/85<br />

den Katastrophenschutz zu gewährleisten.'<br />

Dies stellt klar, daß der Katastrophenschutz<br />

in der DDR unter dem Primat<br />

der Zivilverteidigung und des Militärs steht.<br />

Zivilschutz und Friedenspolitik<br />

Nach einer 40jährigen Periode des Friedens<br />

in Mitteleuropa haben manche unserer<br />

Mitbürger Schwierigkeiten, die Bedeutung<br />

des Zivilschutzes im Rahmen einer<br />

auf Friedenssicherung gerichteten Politik<br />

richtig einzuschätzen. Gerade die jüngere<br />

Generation fragt verstärkt nach der ethisch<br />

begründeten Zulässigkeit der gesamten<br />

Verteidigungspolitik und damit auch nach<br />

der Rechtfertigung für den Zivilschutz.<br />

Aus diesen Reihen hört man mitunter das<br />

Argument, ZIvilschutzmaßnahmen erweckten<br />

den falschen Schein der Beherrschbarkeit<br />

kriegerischer, gar atomarer<br />

Katastrophen und senkten damit die<br />

Hemmschwelle einer militärischen Option.<br />

Dazu ist zu sagen, daß noch nie verantwortliche<br />

Politiker behauptet haben, daß<br />

der Zivilschutz die Friedenspolitik ersetzen<br />

könne.<br />

Gerade die heutige Bundesregierung hat<br />

immer wieder betont, daß eine aktive Friedens-<br />

und Sicherheitspolitik die unverrückbare<br />

Leitlinie ihrer gesamten außenpolitischen<br />

Bemühungen ist.<br />

Alle wollen den Frieden<br />

Alle wollen den Frieden, und selbstverständlich<br />

ist Friedenspolitik der beste<br />

Schutz für unsere Bevölkerung. Die Bundesrepublik<br />

Deutschland hat im Grundgesetz<br />

jeden Angriffskrieg ausgeschlossen.<br />

Gewalt ist für uns kein Mittel der Politik.<br />

Legitim und ethisch gerechtfertigt, ja geboten,<br />

ist es aber, sich gegen fremde Gewalt<br />

zu schützen. Die Diskussion geht eigentlich<br />

darum, auf welchem Wege der Frieden<br />

am besten gewährleistet werden kann. Eine<br />

nicht zu leugnende Tatsache jedenfalls<br />

ist, daß uns in Europa auf dem Gebiet des<br />

Warschauer Paktes eine zahlenmäßig dem<br />

westlichen Potential überlegene Truppenansammlung<br />

mit entsprechendem Waffenarsenal<br />

gegenübersteht. Wir müssen diese<br />

Tatsache zur Kenntnis nehmen.<br />

Bei der internationalen Verflechtung und<br />

der Existenz von Supermächten mit der<br />

Fähigkeit zur globalen Kriegsführung und<br />

der geographischen Lage der Bundesrepublik<br />

hängt es nicht von uns ab, ob der<br />

Frieden erhalten bleibt, wie es die Friedensbewegung<br />

suggerieren möchte.<br />

Welch ein Irrtum! Müssen nicht sogar neutra<br />

le Staaten wie Schweden oder die<br />

Schweiz, die ihren Friedenswillen immer<br />

wieder dokumentieren, eine Armee unterhalten<br />

und aufwendige Schutzmaßnahmen<br />

für die Bevölkerung treffen für den Fall, daß<br />

sie trotz ihrer Friedfertigkeit angegriffen<br />

werden?<br />

Es liegt auf der Hand, daß für ein Land in der<br />

besonders exponierten militär-geographischen<br />

Lage, in der sich die Bundesrepublik<br />

Deutschland befindet, nichts anderes geiten<br />

kann : Unbeirrbare Friedenspolitik und<br />

humanitärer Zivilschutz erfüllen die ethischen<br />

und moralischen Anforderungen,<br />

die in unserer Zeit an die Politiker gestellt<br />

werden. Für beide politischen Zielsetzungen<br />

ist der Mensch das Zentrum und Maß<br />

aller Bemühungen.<br />

Zivilschutz und geltende<br />

Verteidigungsdoktrin<br />

Der Zivilschutz, der Leben vor den Auswirkungen<br />

bewaffneter Auseinandersetzungen<br />

zu schützen hat, ist in vielerlei Hinsicht<br />

von Verteidigungsdoktrin und Verteidigungsstrategie<br />

abhängig.<br />

Die Bundesregierung hat In ihren Stellungnahmen<br />

zu den Grundprinzipien unserer<br />

Verteidigungspolitik immer wieder darauf<br />

hingewiesen, daß sie sich mit ihren Bündnispartnern<br />

in der NATO in folgenden<br />

Punkten einig ist:<br />

• Die Strategie der flexiblen Reaktion muß<br />

für das Bündnis unverändert wirksam bleiben,<br />

solange es keine für das Ziel der<br />

Kriegsverhütung wirksame Alternative gibt.<br />

Dies bedeutet Im einzelnen:<br />

• NATO und Bundeswehr dienen ausschließlich<br />

der Verteidigung, der Bewahrung<br />

des Friedens in Freiheit. Sie werden<br />

nie den ersten Schuß abgeben.<br />

• Es gilt das Prinzip der Vorwärtsverteidigung.<br />

Eigenes Gelände soll nicht aufgegeben<br />

werden. Andererseits ist nicht beabsichtigt,<br />

ostwärts der bestehenden Grenzen<br />

Gebiete zu gewinnen.<br />

• Dem potentiellen Angreifer soll vor Augen<br />

geführt werden, daß er im Falle eines<br />

Angriffs wegen unserer Verteidigungsmöglichkeiten<br />

und unseres Verteidigungswillens<br />

ein nicht kalkulierbares Risiko für<br />

seine eigene Existenz eingeht.<br />

Diese Doktrin hat sich seit Jahren nicht<br />

verändert. Sie ist eine reine Verteidigungsstrategie.<br />

Die logistische Ausstattung der Bundeswehr<br />

ist auf den defensiven Kampfauftrag<br />

ausgerichtet, für einen Angriffskrieg wäre<br />

sie nicht geeignet.<br />

Demgegenüber geht die Militärstrategie<br />

des Ostblocks von einem Drang nach<br />

Überlegenheit, vom Angriff sowie der Eroberung<br />

fremden Territoriums aus. Dem<br />

entspricht eine hohe offensive Operatlons-

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