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Natur Star ohne Allüren Orchideen sind für viele Natur- und Pflanzenliebhaber so etwas wie die Stars am farbenprächtigen und leuchtenden Blütenhimmel. Entsprechend groß ist die Nachfrage und noch größer das Angebot im Zierpflanzenhandel. Orchideenfreunde zahlen teils horrende Preise für Raritäten. Beeindruckend sind vor allem die prächtigen tropischen Arten dieser größten Blütenpflanzenfamilie, die mehr als 30.000 Vertreter umfaßt. Aber auch die einheimische Orchideenwelt ist mit rund 60 in Deutschland beheimateten Arten überaus vielfältig. Unsere bekanntesten Orchideen wie Frauenschuh, Ragwurz, Riemenzunge oder Waldvögelein zählen bedauerlicherweise auch zu den bedrohten Seltenheiten: So mancher Orchideenfan nimmt es mit den Naturschutzgesetzen nicht so genau und gräbt die Schönheiten einfach aus. Doch auf der anderen Seite gibt es einige wenige Vertreter dieser Familie, die noch so häufig sind, daß sie als ungefährdet gelten. Möglicherweise liegt das jedoch auch daran, daß nur Kenner wissen, daß es sich dabei tatsächlich um echte Orchideen handelt. Eine davon ist das Mannsknabenkraut. Es bildet nicht solch exzentrische Blütenformen wie die vorgenannten Arten und ist (noch) so häufig, daß es als ungefährdet gilt. Zudem ist es bei weitem nicht so 6 Juni 2009 anspruchsvoll wie die meisten seiner Verwandten. Man kann ihm auf einem Spaziergang am Waldrand, am Wegesrand im Schutz einer Hecke oder auf mageren, nicht zu trockenen Wiesen begegnen. So kann man die hübsche Blume im besten Sinne des Wortes als bodenständiges Wesen bezeichnen – sozusagen ein Star ohne Allüren. Dabei ist die Pflanze eine durchaus stattliche Erscheinung, wie es der ebenso gebräuchliche (eigentlich pleonastische, also „doppelt gemoppelte“) Name „Männliches Knabenkraut“ schon erahnen läßt. Auch die wissenschaftliche Bezeichnung Orchis mascula spiegelt das wider. Regional existieren weitere Namen wie Kuckuckblume, Kuckucksknabenkraut oder Stattliches Knabenkraut. Der Blütenstand, vor allem, Das gibt es tatsächlich: Männliches Knabenkraut Andrea Niering Klaus Niering
wenn er etwas schattig steht, strebt dem Himmelslicht so sehr zu, daß die Pflanze bisweilen eine Höhe von einem halben, zuweilen sogar einem dreiviertel Meter erreicht. Der Name Stattliches Knabenkraut ist also ganz und gar gerechtfertigt. Der Blütenstand, welcher ungefähr ein Drittel des Stengels ausmacht, ist üppig mit rosa, lila oder tiefvioletten Blüten besetzt. Es kommt die ganze Palette ähnlicher, verwandter Farbvariationen vor, sehr selten sogar gänzlich weiße Formen. Insofern muß der Orchideen-Fan schon genau hinschauen, ob es sich nun tatsächlich um das Mannsknabenkraut oder etwa eine andere, regulär weiß blühende Art handelt. Mischarten sind nicht ungewöhnlich In diesem Zusammenhang kann man einige Kapriolen nicht ganz verschweigen: Unser Stattliches Knabenkraut neigt zur Hybridbildung, vermischt sich also gern mit Gelbem sowie Spitzels Knabenkraut. Diese kommen aber im hiesigen Raum nicht vor. Zu allem Überfluß sind jedoch auch Bastarde mit Kleinem Knabenkraut und Purpurorchis entdeckt worden, die durchaus im Mittelrheingebiet und in der Eifel wachsen. Das Phänomen ist von etlichen Orchideenarten bekannt und führt bei der Artbestimmung verständlicherweise zu Schwierigkeiten. Nur ausgewiesene Fachleute können die Mischlinge erkennen und unterscheiden. Wenn man zudem bedenkt, daß zusätzlich zu den Mischlingen die reiche Palette an Farbvariationen hinzukommt, ahnt man die große kombinatorische Vielfalt, aber auch das drohende Verwirrspiel der Orchideen. Beim Stattlichen Knabenkraut bietet die Form der Einzelblüten einen zuverlässigen Anhaltspunkt. Verglichen mit der Gesamtgröße der Pflanze und dem farblichen Wechselspiel nehmen sich die barock geformten, schlanken Blüten jedoch weitaus bescheidener aus. Drei der sechs Blütenblätter bilden ein helmartiges Dach, zwei weitere sind nach oben gerichtet und leicht zurückgeschlagen, ähnlich lauschenden Pferdeohren. Das sechste schließlich bildet die große, nach unten ragende, dreilappige Lippe, die als Landeplatz für blütenbesuchende Insekten und damit potentielle Bestäuber dient. Komplizierter Blütenaufbau An ihrer Basis formen die Blütenblätter einen Schlund, der röhrenförmig weiterführt und in einen langen zylindrischen bis keulenförmigen Sporn übergeht. Dieser ragt an der Rückseite der Blüten steil nach oben und enthält den Nektar. Der recht kräftige Blütenstand ist dicht mit rund 30 bis 50 Einzelblüten besetzt und kann bis zu 20 Zentimeter hoch sein. Zumindest was die Form des Blütenstands und der Einzelblüten angeht, ist das Stattliche Knaben- Natur Wirkt eher unscheinbar, ist aber dennoch eine heimische Orchideenart: das Knabenkraut Juni 2009 7
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