Ausgabe lesen - Rheinkiesel
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Heimische Orchideen<br />
Männliches<br />
Knabenkraut<br />
Ihr Recht<br />
Bei Anruf Widerruf<br />
Sprichwörter<br />
Wenn die Galle überläuft<br />
15 Seiten Veranstaltungstips<br />
• Bonn • Königswinter • Oberpleis • Bad Honnef<br />
• Rheinbreitbach • Unkel • Erpel • Linz<br />
Preisausschreiben<br />
Erneut auf rätselhaften Pfaden<br />
Kieselchen<br />
Wie Pflanzen wachsen können<br />
06<br />
Juni 2009<br />
13. Jahrgang
Leihgebühr:<br />
Mo bis Do tägl. € 30,<br />
Fr, Sa oder So € 50<br />
incl. MWSt.,<br />
bei Selbstabholung<br />
und eigenem Betrieb.<br />
Gebühr für mehrere<br />
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Information, Beratung und Verkauf: Ralf Joswig • Im Sand 62 • 53619 Rheinbreitbach<br />
Telefon: 0 22 24 / 96 18 37 • E-Mail: ralf.joswig@gmx.de • Mobil: 0177 / 456 66 35
Liebe Leserin und<br />
lieber Leser,<br />
lassen Sie sich gerne an der Nase<br />
herumführen? Dann möchten Sie<br />
vielleicht wissen, woher diese<br />
Redewendung stammt? Möglicherweise<br />
brennen Ihnen aber<br />
auch andere Fragen unter den<br />
Nägeln. Wie auch immer:<br />
Machen Sie mit Bettina Schmitt<br />
„sprichwörtlich“ eine Reise durch<br />
den menschlichen Körper: Von<br />
wegen ruhig Blut! (Seite 4/5).<br />
Genießen Sie anschließend mit<br />
Ulrich Sander einen Streifzug durch<br />
das Siebengebirge und lernen<br />
Sie dabei eine „stattliche“ Blume<br />
kennen, die zudem – obwohl<br />
wildwachsend – zu den Orchideen<br />
zählt. Die Rede ist vom Knabenkraut;<br />
einem Star ohne Allüren.<br />
Mehr darüber erfahren Sie auf<br />
den Seiten 6 bis 8.<br />
Mancher beklagt die zunehmende<br />
Verwilderung der Geschäftspraktiken.<br />
Moderne Technologien wie<br />
das Internet erleichtern es zudem<br />
unseriösen Anbietern, ihre<br />
Kunden „über den Tisch zu ziehen“.<br />
Rechtsanwalt Christof Ankele<br />
informiert darüber, welche Rechte<br />
Ihnen zustehen, wenn Sie einen<br />
sogenannten Fernabsatzvertrag abgeschlossen<br />
haben. Die gute Nachricht<br />
für Verbraucher lautet, daß<br />
der Gesetzgeber den Kunden ein<br />
großzügiges Widerrufsrecht einträumt.<br />
Mehr darüber in Bei<br />
Anruf Widerruf auf Seite 9.<br />
Kehren wir zurück zur Natur und<br />
fragen uns „Wie stellen die<br />
Pflanzen es eigentlich an, daß sie<br />
wachsen?“ Unser Kieselchen erklärt<br />
auf den Seiten 10/11 unseren<br />
jungen Lesern (und sicherlich<br />
nicht nur ihnen), was dabei eigentlich<br />
vor sich geht: Der Sonne entgegen.<br />
Wer an der Lösung kniffliger Aufgabenstellungen<br />
seine Freude hat,<br />
kann sich ein zweites Mal Auf<br />
rätselhaften Pfaden bewegen.<br />
Wiederum folgen wir den Spuren<br />
einer in unserer Region bekannten<br />
Persönlichkeit. Die Mühe lohnt:<br />
Als Preis winkt dem glücklichen<br />
Gewinner unseres Preisausschreibens<br />
eine kulinarische Reise ins<br />
Mittelalter (S. 12).<br />
Insbesondere den Freunden der<br />
Chormusik empfehlen wir einen<br />
gründlichen Blick in unseren Veranstaltungskalender<br />
(ab Seite 13).<br />
Neben unseren ausführlichen Redaktionstips<br />
für solche Veranstal-<br />
Impressum<br />
Editorial<br />
tungen finden Sie weitere interessante<br />
Termine in unserem Tageskalender.<br />
Genießen Sie die herrliche Sommerzeit<br />
– es gibt am Rhein und im<br />
Siebengebirge noch vieles zu entdecken.<br />
Viel Spaß dabei wünscht<br />
Ihnen<br />
Titelbild:<br />
Fotolia/Armin Riegler<br />
Erscheinungsweise:<br />
monatlich, jeweils zum Monatsende<br />
Redaktions- und<br />
Anzeigenschlußtermin:<br />
15. des Vormonats<br />
Verteilte Auflage:<br />
15.000 Exemplare<br />
Druckunterlagen:<br />
nach Absprache (auch als pdf-,<br />
eps-, tif- oder jpg-Datei)<br />
Herausgeber: Verlag, Vertrieb und Anzeigenverwaltung<br />
Quartett-Verlag Erwin Bidder,<br />
Im Sand 56,<br />
53619 Rheinbreitbach,<br />
Tel. 0 22 24 / 7 64 82,<br />
Fax 0 22 24 / 90 02 92,<br />
E-Mail info@rheinkiesel.de<br />
Redaktion: RA Christof Ankele, Erwin Bidder (verantwortlich),<br />
Julia Bidder, Paulus Hinz,<br />
Ulrich G. Sander, Bettina Schmitt<br />
Gestaltung: DesignBüro Blümling, Köln,<br />
mail@bluemlingdesign.de<br />
Illustrationen: Erwin Bidder, Bonner Bach-Gemeinschaft,<br />
KALEIDOSKOPIA, Pixelio/Bernd Boscolo/Consono/<br />
Günter Dotzler/Joujou/Thomas Klatte/Sigrid Roßmann/<br />
Grace Winter, Ulrich Sander<br />
Anzeigen: Erwin Bidder (Verlag),<br />
Tel.: (0 22 24) 7 64 82<br />
Abonnements: Einzelheft € 2,50, Jahresbezugspreis € 25,-<br />
(Zustellung per Post), Bestellungen sind<br />
an den Verlag zu richten<br />
Druck: SZ-Druck Schallowetz GmbH,<br />
St. Augustin<br />
Internet: www.rheinkiesel.de, erstellt von<br />
Rhein@Net Ansgar Federhen<br />
Beilagen: Bad Honnef AG (Gesamt)<br />
Juni 2009 3
Sprichwörter<br />
Von wegen<br />
ruhig Blut!<br />
Ruhig Blut – das bedeutet: Ruhe bewahren, nicht aufregen,<br />
cool bleiben. Zugegeben: Manchmal ist das gar nicht so einfach,<br />
vor allem dann, wenn einem – natürlich nur im sprichwörtlichen<br />
Sinne – gerade eine Laus über die Leber läuft.<br />
Die Leber, die ja bekanntlich mit<br />
ihren Aufgaben wächst, galt früher<br />
als Zentrum der leidenschaftlichen<br />
Empfindungen. War die<br />
Stimmung im Keller, hieß es<br />
ursprünglich: „Es ist ihm etwas<br />
über die Leber gelaufen.“ Um die<br />
Nichtigkeit des Anlasses für die<br />
schlechte Laune zu betonen, mußte<br />
im Laufe der Zeit als Sinnbild die<br />
winzige Laus herhalten – in früheren<br />
Zeiten ein durchaus häufigeres<br />
(wenn auch nicht unbedingt geliebtes)<br />
Haustier.<br />
War der Anlaß einmal nicht eine<br />
Laus, sondern tatsächlich gewichtig,<br />
ist der Ärger groß und auch<br />
die Vorsätze, dieses Mal durchzugreifen.<br />
Doch so mancher läßt<br />
sich trotzdem um den kleinen<br />
Finger wickeln, gibt also nach.<br />
Diese Redewendung bedeutet,<br />
daß der Umgarnte so weich(-herzig),<br />
nachgiebig und biegsam wie<br />
ein Faden ist, den man sich um<br />
den Finger wickeln kann.<br />
4 Juni 2009<br />
Wer sich nicht um den Finger<br />
wickeln lassen will, bietet dem<br />
Gegner die Stirn und nimmt kein<br />
Blatt vor den Mund. Doch gegen<br />
eines ist man trotz bester Vorsätze<br />
nicht gefeit: Nämlich, wenn ein<br />
Frosch im Halse stecken bleibt,<br />
die Stimme also belegt und heiser<br />
Den im Hals haben? Na, danke!<br />
klingt. Wieso wird dieses Fiasko<br />
gerade einem harmlosen Frosch<br />
zur Last gelegt? Neben dem zuweilen<br />
pausbäckigen Teichbewohner<br />
findet sich der Frosch auch<br />
medizinisch im Hals wieder: Wer<br />
unter einer „Frosch- (oder netter<br />
auch Fröschlein-) Geschwulst“<br />
leidet, hat eine etwa eigroße Zyste<br />
unter der Zunge, die beim Sprechen<br />
und – im schlimmsten Fall – sogar<br />
beim Atmen stört. Die Zyste<br />
ähnelt dem Kehlsack quakender<br />
Frösche – daher der Name.<br />
Übrigens, das Copyright für die<br />
Stirn, die man jemandem oder<br />
etwas bietet, hält der Prophet<br />
Jesaja. Das „Blatt vorm Mund“<br />
hingegen stammt aus der Theatergeschichte,<br />
in der Akteure ihre<br />
Gesichter mit Blättern verhüllten<br />
– sie nahmen also im wahren Sinne<br />
des Wortes ein Blatt vor den<br />
Mund.<br />
Zurück zum Frosch oder, besser<br />
gesagt, der unschönen Geschwulst<br />
im Hals. Bewährt hat sich in solchen<br />
Fällen, dem Patienten „Halsund<br />
Beinbruch“, also gute Besserung<br />
zu wünschen. Wieso wünscht<br />
man ausgerechnet Unglück? Nach<br />
altem Aberglauben locken unverhüllt<br />
ausgesprochene Glückwünsche<br />
böse Geister an, die dann<br />
erst recht Unheil herbeiführen.<br />
Wer jedoch das Gegenteil wünscht,<br />
führt die Dämonen an der Nase<br />
herum.<br />
Bei der Nase<br />
gepackt<br />
Ihnen geht es dann wie den<br />
Tanzbären, früher eine Attraktion<br />
auf Dorfbelustigungen und Burgfesten.<br />
Der Bärenführer hielt<br />
Meister Petz an einem Nasenring<br />
und bestimmte so, was der Vierbeiner<br />
zu tun hatte. Dies ging solange<br />
gut, bis der Bär sich an seine<br />
wahren (Bären-)Kräfte erinnerte<br />
und seinem Herrchen „die Zähne<br />
zeigte“. Dieser Ausdruck wiederum<br />
geht auf eine typische Drohhaltung<br />
von Raubtieren zurück;<br />
Bei geschlossenem Mund ziehen<br />
sie die Lippen auseinander und<br />
entblößen so ihre Zähne.<br />
Zurück zur Nase: Mit unserem<br />
Riechorgan ist das so eine Sache:
Wer eine Nase (oder auch einen<br />
Riecher) für etwas hat, hat ein<br />
gutes Gespür, Dinge bereits im<br />
Vorfeld zu erkennen und richtig<br />
einzuschätzen. Der Ausdruck<br />
kommt aus der Jägersprache und<br />
wird benutzt, wenn der Jagdhund<br />
die richtige Fährte aufnimmt.<br />
Manchmal läßt einen das eigene<br />
Riechorgan aber unglücklicherweise<br />
im Stich – etwa dann, wenn<br />
jemand die Nase im wahren Sinne<br />
des Wortes gestrichen voll hat.<br />
Man muß nicht Medizin studiert<br />
haben, um sich an diesen Zustand<br />
zu erinnern: Bei einer Erkältung<br />
oder allergischen Reaktion schwellen<br />
die Nasenschleimhäute an und<br />
sondern Schleim ab.<br />
Tapferkeit<br />
ist gefragt<br />
Wer trotz Erkältung und Brummschädel<br />
arbeiten muß, muß „die<br />
Zähne zusammenbeißen“, also<br />
etwas Unangenehmes tapfer ertragen,<br />
ohne zu schreien. Darüber<br />
hinaus gilt, daß man mit einer Erkältung<br />
keine „dicke Lippe“ riskieren<br />
sollte. Die gab es nämlich nach<br />
mancher Schlägerei, wenn ein<br />
schmerzhafter Treffer ins Gesicht<br />
die Lippen anschwellen ließ. Daraufhin<br />
hat schon so mancher<br />
Unterlegene „Hals über Kopf“ den<br />
Schauplatz verlassen. Ursprünglich<br />
hieß es „über Hals und Kopf“,<br />
also – ähnlich wie beim Purzel-<br />
Neues aus der Rätselecke<br />
Auflösung des Rätsels aus dem Mai-Heft:<br />
1. Hans Dampf in allen Gassen<br />
2. Hans im Glück<br />
3. der blanke Hans<br />
4. Hans-guck-in-die-Luft<br />
5. Hanswurst<br />
Rätselhaftes im Monat Juni:<br />
1.In dieser Redewendung ist von zwei inneren Organen<br />
und einer Gerstenkaltschale die Rede.<br />
2.Die doppelte Anzahl der üblicherweise vorhandenen<br />
Gucker erblickt mehr als deren Hälfte.<br />
3.Hier wird ein direkter Durchmarsch von einem<br />
Hörorgan zum anderen beschrieben.<br />
4.Ein überaus angenehmes zwischenmenschliches<br />
Gefühl schlägt sich im Verdauungstrakt nieder.<br />
5.Ich ziehe es eher vor, nicht reich zu sein, als eine<br />
meiner oberen Extremitäten zu vermissen.<br />
baum – ein Überschlag vorwärts<br />
mit Hals und Kopf zuerst. Um<br />
Verletzungen zu vermeiden, ist bei<br />
einem solchen Tummelskopf (ein<br />
fast ebenso schönes und bildliches<br />
Wort wie Purzelbaum, oder?)<br />
unbedingt davon abzuraten, „die<br />
Ohren steif zu halten“.<br />
Steife Ohren im Sinne von wachsam<br />
oder auch standhaft sein, gespitzte<br />
Ohren eines aufmerksamen<br />
Zuhörers und hängende Ohren<br />
eines mutlosen Menschen haben<br />
ihre Wurzeln in der tierischen<br />
Mimik: Esel, Pferde oder Hunde<br />
zeigen ihren Gemüts- und Auf-<br />
merksamkeitszustand durch die<br />
Haltung ihrer Ohren. Besonders<br />
schlapp und lustlos hängen die<br />
Ohren auch bei jemandem herunter,<br />
der „mit dem linken Fuß (Bein)<br />
zuerst aufgestanden ist“. Seit jeher<br />
gilt im Aberglauben die linke Seite<br />
als Unglücksseite. Mit dem linken<br />
Fuß zuerst aus dem Bette steigen<br />
galt als schlechtes Omen für den<br />
ganzen Tag.<br />
Ob dann ein Mensch mit Schuhgröße<br />
45 mehr Pech hat als einer<br />
mit Größe 39, ist nicht bekannt;<br />
wohl aber die Herkunft der Redewendung<br />
„auf großem Fuße<br />
Sprichwörter<br />
leben“, also kostspielig und üppig<br />
leben. Im mittelalterlichen Frankreich<br />
ließ sich der lebenslustige<br />
Graf von Anjou einst lange Schnabelschuhe<br />
anfertigen, um seinen<br />
deformierten Fuß zu tarnen. Dies<br />
gefiel vielen Menschen so gut, daß<br />
sich zahllose Nachahmer fanden –<br />
ganz nach dem Motto, je länger<br />
und spitzer die Schuhe, desto vornehmer<br />
der Träger. Der Trend<br />
artete schließlich derart aus, dass<br />
der Gesetzgeber einschritt und die<br />
überlangen Schuhe verbot.<br />
Aus dem Klosterleben<br />
Eine Sache brennt mir zum<br />
Schluss noch unter den Nägeln,<br />
nämlich die Herkunft eben dieser<br />
Redewendung, die benutzt wird,<br />
wenn etwas besonders eilig und<br />
drängend ist. So bestimmen auch<br />
heute noch zahlreiche feste Gebetsstunden<br />
das Leben im Kloster.<br />
Teilweise finden die Andachten<br />
morgens im Dunkeln statt. Früher<br />
klebten sich die Mönche Kerzenstummel<br />
auf den Daumen und<br />
beleuchteten so die Bücher, aus<br />
denen sie die Gebete lasen. Es galt<br />
nun, die Lesung zu beenden, bevor<br />
die Kerze vollständig heruntergebrannt<br />
war – sonst brannte es<br />
nämlich ganz gemein auf und<br />
unter den Nägeln! •<br />
Bettina Schmitt<br />
Juni 2009 5
Natur<br />
Star ohne<br />
Allüren<br />
Orchideen sind für viele Natur- und Pflanzenliebhaber so<br />
etwas wie die Stars am farbenprächtigen und leuchtenden<br />
Blütenhimmel. Entsprechend groß ist die Nachfrage und<br />
noch größer das Angebot im Zierpflanzenhandel. Orchideenfreunde<br />
zahlen teils horrende Preise für Raritäten. Beeindruckend<br />
sind vor allem die prächtigen tropischen Arten<br />
dieser größten Blütenpflanzenfamilie, die mehr als 30.000<br />
Vertreter umfaßt. Aber auch die einheimische Orchideenwelt<br />
ist mit rund 60 in Deutschland beheimateten Arten<br />
überaus vielfältig.<br />
Unsere bekanntesten Orchideen<br />
wie Frauenschuh, Ragwurz, Riemenzunge<br />
oder Waldvögelein zählen<br />
bedauerlicherweise auch zu den<br />
bedrohten Seltenheiten: So mancher<br />
Orchideenfan nimmt es mit<br />
den Naturschutzgesetzen nicht so<br />
genau und gräbt die Schönheiten<br />
einfach aus. Doch auf der anderen<br />
Seite gibt es einige wenige Vertreter<br />
dieser Familie, die noch so<br />
häufig sind, daß sie als ungefährdet<br />
gelten. Möglicherweise liegt<br />
das jedoch auch daran, daß nur<br />
Kenner wissen, daß es sich dabei<br />
tatsächlich um echte Orchideen<br />
handelt.<br />
Eine davon ist das Mannsknabenkraut.<br />
Es bildet nicht solch exzentrische<br />
Blütenformen wie die vorgenannten<br />
Arten und ist (noch) so<br />
häufig, daß es als ungefährdet gilt.<br />
Zudem ist es bei weitem nicht so<br />
6 Juni 2009<br />
anspruchsvoll wie die meisten seiner<br />
Verwandten. Man kann ihm<br />
auf einem Spaziergang am Waldrand,<br />
am Wegesrand im Schutz<br />
einer Hecke oder auf mageren,<br />
nicht zu trockenen Wiesen begegnen.<br />
So kann man die hübsche<br />
Blume im besten Sinne des Wortes<br />
als bodenständiges Wesen bezeichnen<br />
– sozusagen ein Star ohne<br />
Allüren. Dabei ist die Pflanze eine<br />
durchaus stattliche Erscheinung,<br />
wie es der ebenso gebräuchliche<br />
(eigentlich pleonastische, also<br />
„doppelt gemoppelte“) Name<br />
„Männliches Knabenkraut“ schon<br />
erahnen läßt. Auch die wissenschaftliche<br />
Bezeichnung Orchis<br />
mascula spiegelt das wider. Regional<br />
existieren weitere Namen wie<br />
Kuckuckblume, Kuckucksknabenkraut<br />
oder Stattliches Knabenkraut.<br />
Der Blütenstand, vor allem,<br />
Das gibt es tatsächlich: Männliches Knabenkraut<br />
Andrea Niering Klaus Niering
wenn er etwas schattig steht, strebt<br />
dem Himmelslicht so sehr zu, daß<br />
die Pflanze bisweilen eine Höhe<br />
von einem halben, zuweilen sogar<br />
einem dreiviertel Meter erreicht.<br />
Der Name Stattliches Knabenkraut<br />
ist also ganz und gar gerechtfertigt.<br />
Der Blütenstand, welcher<br />
ungefähr ein Drittel des Stengels<br />
ausmacht, ist üppig mit rosa, lila<br />
oder tiefvioletten Blüten besetzt.<br />
Es kommt die ganze Palette ähnlicher,<br />
verwandter Farbvariationen<br />
vor, sehr selten sogar gänzlich<br />
weiße Formen. Insofern muß der<br />
Orchideen-Fan schon genau hinschauen,<br />
ob es sich nun tatsächlich<br />
um das Mannsknabenkraut oder<br />
etwa eine andere, regulär weiß<br />
blühende Art handelt.<br />
Mischarten sind<br />
nicht ungewöhnlich<br />
In diesem Zusammenhang kann<br />
man einige Kapriolen nicht ganz<br />
verschweigen: Unser Stattliches<br />
Knabenkraut neigt zur Hybridbildung,<br />
vermischt sich also gern mit<br />
Gelbem sowie Spitzels Knabenkraut.<br />
Diese kommen aber im hiesigen<br />
Raum nicht vor. Zu allem<br />
Überfluß sind jedoch auch<br />
Bastarde mit Kleinem Knabenkraut<br />
und Purpurorchis entdeckt<br />
worden, die durchaus im Mittelrheingebiet<br />
und in der Eifel wachsen.<br />
Das Phänomen ist von etlichen<br />
Orchideenarten bekannt<br />
und führt bei der Artbestimmung<br />
verständlicherweise zu Schwierigkeiten.<br />
Nur ausgewiesene Fachleute<br />
können die Mischlinge erkennen<br />
und unterscheiden. Wenn<br />
man zudem bedenkt, daß zusätzlich<br />
zu den Mischlingen die reiche<br />
Palette an Farbvariationen hinzukommt,<br />
ahnt man die große kombinatorische<br />
Vielfalt, aber auch<br />
das drohende Verwirrspiel der<br />
Orchideen.<br />
Beim Stattlichen Knabenkraut<br />
bietet die Form der Einzelblüten<br />
einen zuverlässigen Anhaltspunkt.<br />
Verglichen mit der Gesamtgröße<br />
der Pflanze und dem farblichen<br />
Wechselspiel nehmen sich die barock<br />
geformten, schlanken Blüten<br />
jedoch weitaus bescheidener aus.<br />
Drei der sechs Blütenblätter bilden<br />
ein helmartiges Dach, zwei<br />
weitere sind nach oben gerichtet<br />
und leicht zurückgeschlagen, ähnlich<br />
lauschenden Pferdeohren.<br />
Das sechste schließlich bildet die<br />
große, nach unten ragende, dreilappige<br />
Lippe, die als Landeplatz<br />
für blütenbesuchende Insekten<br />
und damit potentielle Bestäuber<br />
dient.<br />
Komplizierter<br />
Blütenaufbau<br />
An ihrer Basis formen die Blütenblätter<br />
einen Schlund, der röhrenförmig<br />
weiterführt und in einen<br />
langen zylindrischen bis keulenförmigen<br />
Sporn übergeht. Dieser<br />
ragt an der Rückseite der Blüten<br />
steil nach oben und enthält den<br />
Nektar. Der recht kräftige Blütenstand<br />
ist dicht mit rund 30 bis 50<br />
Einzelblüten besetzt und kann bis<br />
zu 20 Zentimeter hoch sein. Zumindest<br />
was die Form des Blütenstands<br />
und der Einzelblüten angeht,<br />
ist das Stattliche Knaben-<br />
Natur<br />
Wirkt eher unscheinbar, ist aber dennoch eine heimische Orchideenart:<br />
das Knabenkraut<br />
Juni 2009 7
Natur<br />
kraut konstant und daran gut zu<br />
erkennen. Weitere Hinweise liefern<br />
die langen, lanzettlich geformten<br />
Blätter. Ihre Grundfarbe ist blaugrün,<br />
manchmal mit dunklen<br />
Flecken. Sie befinden sich in einer<br />
Rosette am Grunde des Stengels,<br />
dicht über dem Boden.<br />
Die Blütezeit erstreckt sich von<br />
Mai bis Juni. Dabei hat das<br />
Knabenkraut die Tendenz, früher<br />
als die meisten anderen Orchideen<br />
zu blühen. In warmen, trockenen<br />
Frühjahren kann das Mannsknabenkraut,<br />
das über ganz<br />
Deutschland verbreitet ist, Ende<br />
Mai schon verblüht sein. In höheren<br />
Lagen, vor allem im Hochgebirge,<br />
wo die Art wie auf der Südseite<br />
der Alpen noch in 3.000<br />
Meter Höhe vorkommt, trifft man<br />
bis Ende Juni auf die violetten<br />
„Farbsäulchen“ in den grünen<br />
Almwiesen.<br />
Ohne Hilfe der Pilze<br />
geht es nicht<br />
Die geradezu verführerische Farbenpracht<br />
der Orchideen wird<br />
ihnen oft zum Verhängnis, da egoistische<br />
selbsternannte Pflanzenliebhaber<br />
sie abpflücken, um sie<br />
anschließend in der Vase verwelken<br />
zu lassen, oder ausgraben, um<br />
sie im eigenen Garten anzusiedeln.<br />
Das geht so gut wie immer schief,<br />
denn abgesehen davon, daß andere<br />
Bodenverhältnisse herrschen,<br />
brauchen Orchideen spezielle<br />
Pilze, um überhaupt keimen zu<br />
können.<br />
Charakteristisch für die mit üppigen<br />
Blüten ausgestattete Pflanzen-<br />
8 Juni 2009<br />
Männliches Knabenkraut<br />
Orchis mascula<br />
familie sind ganz im Gegensatz<br />
dazu winzige, fast staubfeine<br />
Samen. Diese produziert zwar jede<br />
Blume zu Tausenden, aber nur<br />
wenige haben das Glück, auf<br />
einen Untergrund zu fallen, der<br />
ihren hohen Ansprüchen gerecht<br />
wird und eben jenen spezifischen<br />
Pilz beherbergt, den ein Samenkörnchen<br />
zum Keimen benötigt:<br />
Die Samen enthalten keine Nährstoffvorräte,<br />
um austreiben zu<br />
können. Dies gelingt nur mit<br />
Hilfe des feinen, unsichtbaren<br />
Pilzgewebes im Boden, der den<br />
Orchideensamen umwächst und<br />
ihm die Nährstoffe zuführt. Es ist<br />
ein bemerkenswerter Kontrast,<br />
daß die teils verschwenderisch blühenden<br />
Orchideen bei ihren<br />
Samen in so großem Maße sparen,<br />
Systematik<br />
Familie: Orchideen<br />
(Orchidaceae)<br />
Unterfamilie: Orchidoideae<br />
Tribus: Orchideae<br />
Untertribus: Orchidinae<br />
Gattung: Knabenkräuter<br />
(Orchis)<br />
Art: Männliches<br />
Knabenkraut<br />
Wissenschaftlicher Name:<br />
Orchis mascula L.<br />
daß sie in ein Abhängigkeitsverhältnis<br />
geraten, das ihnen auch<br />
zum Verhängnis werden kann.<br />
Als wollte die Kuckuckblume ihr<br />
ganz unprätentiöses Wesen unterstreichen,<br />
geizt sie zudem mit<br />
ihrem Duft. Zumindest wird man<br />
„rein menschlich enttäuscht“, die<br />
Bestäuberinsekten scheinen ihn ja<br />
zu mögen. Analog zum geläufigen<br />
Spruch der Naturschützer „Ansehen<br />
immer – abpflücken nie!“<br />
gilt beim Mannsknabenkraut:<br />
„Ansehen immer – riechen besser<br />
nicht!“ Zwar können tropische<br />
Verwandte herrliche Düfte produzieren,<br />
etwa die Vanille oder die<br />
die winzige Kohlröschen-Orchidee,<br />
die nach einer Mischung aus<br />
Schokolade und Vanille duftet.<br />
Die zarte Honigorchis verströmt<br />
ebenso Honigaroma wie die<br />
völlig farblose Vogelnestwurz.<br />
Auch manche heimische Art bietet<br />
aromatischen Wohlgeruch. Das<br />
männliche Knabenkraut hingegen<br />
stinkt schlichtweg.<br />
Vorkommen rar bis<br />
weit verbreitet<br />
Die Arbeitskreise Heimischer<br />
Orchideen haben die stinkende<br />
Schönheit zur Orchidee des Jahres<br />
gewählt. Sie möchten mit ihrer<br />
Aktion darauf aufmerksam<br />
machen, daß Orchideen wichtige<br />
Anzeiger für die Qualität unserer<br />
Umwelt sind. Veränderungen der<br />
mageren, feuchten Wiesen oder das<br />
Verbuschen von Offenlandflächen<br />
etwa durch Beweidung oder andere<br />
landwirtschaftliche Nutzung<br />
führen dazu, daß Deutschlands<br />
häufigste Orchideenart sich mancherorts<br />
rar macht. Zwar ist sie in<br />
den meisten Regionen noch weit<br />
verbreitet und steht wie alle wildlebenden<br />
Orchideenarten unter<br />
Naturschutz. Die Standorte mit<br />
Vorkommen und die jeweilige<br />
Zahl der Pflanzen sind aber rückläufig.<br />
Mancherorts beschreiben<br />
Naturschützer dramatische Verluste<br />
von 15 bis 30 Prozent.<br />
Insofern ist die Sorge verständlich,<br />
daß in nicht allzuferner Zukunft<br />
auch das Mannsknabenkraut vielleicht<br />
auf der Roten Liste der gefährdeten<br />
Arten landet. Man darf<br />
sich sicher sein, daß die im<br />
Grunde genügsame Orchidee an<br />
dieser Art von Popularität keinerlei<br />
Interesse hat. •<br />
Ulrich Sander
Bei Anruf<br />
Widerruf<br />
Gelegentlich gleicht die Gesetzgebung einem Wettlauf:<br />
Kaum hat der Gesetzgeber neue Regelungen erlassen oder<br />
verschärft, um ahnungslose Verbraucher zu schützen, entdecken<br />
findige Unternehmen Schlupflöcher und nutzen sie<br />
aus. Daraufhin muß der Gesetzgeber erneut nachbessern –<br />
das Spiel beginnt von vorn. So auch im Gesetz zur Telefonwerbung,<br />
das das Widerrufsrecht für Verbraucher erweitert.<br />
Wenn zwei Parteien einen Vertrag<br />
abschließen, müssen sich beide<br />
Partner daran halten – dieses Recht<br />
galt schon bei den Römern. In seiner<br />
ursprünglichen Fassung beruht<br />
auch das Bürgerlich Gesetzbuch<br />
(BGB) auf diesem Grundsatz.<br />
Doch im Laufe der Zeit<br />
schränkte der Gesetzgeber dies<br />
immer weiter ein.<br />
Verträge am Telefon: Auch hier gilt das Widerrufsrecht<br />
Um Verbraucher beispielsweise<br />
vor aufgedrängten Kaufverträgen<br />
oder Abonnements an der Haustür<br />
oder bei Kaffeefahrten zu<br />
schützen, führte der Gesetzgeber<br />
ein Widerrufsrecht ein. Eine vergleichbare<br />
Möglichkeit, vom Vertrag<br />
zurückzutreten, galt auch für<br />
sogenannte Fernabsatzverträge,<br />
die mit Hilfe von Fernkommunikationsmitteln<br />
wie Briefe, Kataloge,<br />
Anrufe oder E-Mails zustande<br />
kamen. Davon ausgenommen<br />
waren jedoch Fernabsatzverträge<br />
unter anderem zur Lieferung von<br />
Zeitungen und für Wett- und<br />
Lotterie-Dienstleistungen. Diese<br />
Ausnahmen führten dazu, daß<br />
findige und teilweise auch windige<br />
Unternehmen Verbraucher massenhaft<br />
vor allem über das Telefon<br />
zu eben solchen Verträgen drängten.<br />
Dabei bedienten sich die Vertreter<br />
nicht immer ganz sauberer<br />
Methoden. Aus diesem Grund hat<br />
der Gesetzgeber auch für diese<br />
Bereiche ein Widerrufsrecht eingeführt,<br />
wenn der Vertrag per<br />
Telefon zustande kommt.<br />
Für enormen Ärger sorgten in der<br />
Vergangenheit auch Internet-Anbieter,<br />
die Verbraucher zu Gewinnspielen<br />
oder Tests einluden.<br />
Auf den ersten Blick schien alles<br />
gratis. Doch später erhielten die<br />
Betroffenen zum Teil saftige<br />
Rechnungen mit dem Verweis auf<br />
das Kleingedruckte, wonach angeblich<br />
ein Abonnement zustande<br />
gekommen war.<br />
Ihr Recht<br />
Für diese Fälle, die das Gesetz als<br />
Dienstleistungen bezeichnet, besteht<br />
nunmehr ein Widerrufsrecht<br />
auch dann, wenn der Unternehmer<br />
mit seiner Dienstleistung<br />
bereits begonnen hat – vorausgesetzt,<br />
der Verbraucher hat noch<br />
nicht gezahlt. Hat der Unternehmer<br />
bereits eine Dienstleistung<br />
vor dem Widerruf erbracht, kann<br />
er für diese Tätigkeit nur einen<br />
Wertersatz fordern, wenn er den<br />
Verbraucher vor Vertragsschluß<br />
darauf hingewiesen hat.<br />
Der Verbraucher muß explizit zustimmen,<br />
daß der Unternehmer<br />
bereits vor dem Ende der Widerrufsfrist<br />
tätig wird. Die Beweislast<br />
für die Belehrung und Zustimmung<br />
des Kunden liegt beim<br />
Anbieter.<br />
Die Neuregelung des Widerrufsrechts<br />
erschwert auch den Anbieterwechsel,<br />
etwa für den Strombezug<br />
oder bei Telefonanbietern:<br />
Früher konnte der Verbraucher<br />
telefonisch erklären, daß er den<br />
Anbieter wechselt. Der neue Vertragspartner<br />
kündigte den Altvertrag<br />
im Auftrag des Verbrauchers,<br />
ohne daß eine schriftliche Vollmacht<br />
oder Erklärung des Verbrauchers<br />
vorliegen mußte.<br />
Jetzt muß der Verbraucher bei<br />
Fernabsatzverträgen die Kündigung<br />
vorlegen oder die Vollmacht<br />
zur Kündigung in Textform erteilen,<br />
das heißt zumindest als E-<br />
Mail. Das soll sicherstellen, daß<br />
der Verbraucher weiß, daß er nach<br />
der Kündigung seines Altvertrages<br />
und einem möglichen Widerruf<br />
des neu abgeschlossenen Vertrages<br />
ganz ohne Vertragspartner dastehen<br />
kann.<br />
Weitere Verschärfungen des<br />
Wettbewerbs- und Telekommunikationsgesetzes<br />
ergänzen zudem<br />
das Widerrufsrecht.<br />
Bis zum Aufspüren der nächsten<br />
Gesetzeslücke schränken die neuen<br />
Regelungen für Unternehmen die<br />
Möglichkeiten stark ein, ahnungslosen<br />
Verbrauchern per Internet<br />
oder Telefon einen Vertrag aufzudrängen<br />
und damit leichtes Geld<br />
zu verdienen. •<br />
Rechtsanwalt Christof Ankele<br />
www.sunda-rechtsanwaeltebad-honnef.de<br />
Juni 2009 9
Kieselchen<br />
Der Sonne<br />
entgegen<br />
Egal, ob der Rasen auf dem Fußballplatz oder die Blumen in<br />
Mamas Garten: Überall grünt und sprießt es jetzt. Aber wie<br />
stellen Pflanzen das eigentlich an mit dem Wachsen?<br />
Licht, Luft und Wasser – das sind<br />
die wichtigsten Dinge, die eine<br />
Pflanze zum Leben braucht. Selbst<br />
Kakteen, die mit sehr wenig<br />
Wasser auskommen, brauchen ab<br />
und zu ein Schlückchen von dem<br />
kühlen Naß. Und ohne Licht und<br />
Luft kann keine Pflanze gedeihen.<br />
Außerdem brauchen sie Erde. Oft<br />
reicht aber schon ein kleines<br />
Fleckchen Boden, damit eine<br />
Pflanze sich verankern kann und<br />
ausreichend Nährstoffe erhält.<br />
Jede Pflanze fängt einmal klein an.<br />
Schon nach einigen Tagen könnt Ihr Euch über erste Kressepflänzchen freuen<br />
10 Juni 2009<br />
<br />
<br />
Egal, ob es sich um eine Riesenbohne<br />
handelt oder um ein winzig<br />
kleines Senfkorn, im Samenkorn<br />
liegt alles versteckt, was die Pflanze<br />
für ihren Start ins Leben braucht.<br />
Samen enthalten so gut wie kein<br />
Wasser und können deshalb lange<br />
überdauern Aus manchen Samen<br />
wächst sogar noch nach hunderten<br />
Jahren eine Pflanze! Soll dies<br />
gelingen, braucht Ihr vor allem<br />
eins: Wasser.<br />
Keimlinge unter<br />
der Lupe<br />
Ihr könnt am Fensterbrett prima<br />
beobachten, wie Pflanzen wachsen.<br />
Alles, was Ihr braucht, sind<br />
ein paar Samen, ein Schälchen<br />
(oder einen tiefen Teller) und<br />
etwas Papier von der Küchenrolle<br />
(zur Not geht auch Klopapier oder<br />
ein Taschentuch). Am besten eignen<br />
sich Kressesamen.<br />
Und so geht es: Legt eine dünne<br />
Schicht Küchenrolle in das Schälchen<br />
und platziert etwa 20 Samen<br />
darauf. Sie sollten nicht übereinander<br />
liegen und einen gewissen<br />
Abstand zueinander haben. Nun<br />
gießt etwas Wasser dazu so daß die<br />
Küchenrolle feucht ist und das<br />
Wasser maximal einen halben<br />
Zentimeter übersteht. Achtung,<br />
zu viel Wasser läßt die Samen verschimmeln!<br />
Ihr müßt täglich<br />
überprüfen, ob die Küchenrolle<br />
noch feucht genug ist, und gegebenenfalls<br />
nachgießen.<br />
Schon am nächsten Tag könnt Ihr<br />
mit den Fingern mal fühlen, was<br />
mit den Samen passiert: Sie fühlen<br />
sich ganz glibberig an. Das liegt<br />
daran, daß die Samen quellen: Sie<br />
nehmen Wasser auf, damit sich die<br />
kleine Mini-Pflanze, die in der<br />
harten Schale schläft, wachsen<br />
kann.<br />
Mit Druck zum<br />
Erfolg<br />
Die Keimlinge nehmen das<br />
Wasser auf und sprengen so die<br />
Samenkapsel beim Wachsen auf:<br />
Wenn Ihr ganz genau hinschaut –<br />
am besten mit einer Lupe – könnt<br />
Ihr sehen, wie sich die Kressesamen<br />
an einer Stelle öffnen.<br />
Manchmal bleibt der geöffnete<br />
Samen auch auf der Pflanze kleben.<br />
Das sieht ulkig aus, weil die<br />
fertige Kressepflanze dann ein<br />
Hütchen trägt!
Aus winzigen Samenkörnern gewachsen: Sonnenblumen, soweit<br />
das Auge reicht<br />
Wenn sich Pflanzenzellen mit<br />
Wasser voll saugen, können sie so<br />
starken Druck erzeugen, daß sie<br />
nicht nur Samenkapseln sprengen,<br />
sondern auch durch Erde oder sogar<br />
Felsen und Mauern dringen.<br />
So schafft es zum Beispiel ein<br />
Löwenzahn, auf einem Weg zu<br />
wachsen, auf dem lauter Schottersteine<br />
liegen.<br />
Und woher weiß die Pflanze, in<br />
welche Richtung sie wachsen soll?<br />
Zum einen orientiert sie sich am<br />
Licht. Für viele Pflanzen reicht<br />
schon eine kleine Lichtquelle, und<br />
sie wissen, in welche Richtung sie<br />
austreiben müssen. Das könnt Ihr<br />
gut an Kartoffeln beobachten. Ihr<br />
braucht dazu einen Schuhkarton,<br />
etwas Klebstoff und Pappe, und<br />
eine Kartoffel. Legt die Kartoffel<br />
in eine Ecke des Kartons und<br />
bastelt aus der Pappe ein kleines<br />
Labyrinth, das Ihr festklebt. Zum<br />
Schluß schneidet Ihr eine Seite<br />
des Kartons auf, so daß etwas<br />
Licht hineinfällt. Wartet ein paar<br />
Wochen – dann könnt Ihr sehen,<br />
wie krumm die Kartoffel gewachsen<br />
ist, um dem Licht zu folgen!<br />
Licht ist oben, Dunkelheit (meistens)<br />
unten. Doch darüber hinaus<br />
können die Pflanzen auch<br />
die Schwerkraft wahrnehmen. Die<br />
Wurzeln wachsen daher bei den<br />
allermeisten Pflanzen nach unten.<br />
Gleichzeitig scheinen die meisten<br />
Pflanzen zu wissen, daß die Richtung<br />
entgegen der Schwerkraft<br />
diejenige ist, in die Stengel und<br />
Blätter wachsen sollen.<br />
Hunger nach Licht<br />
Viel stärker als die Schwerkraft<br />
wirkt jedoch die Sonne auf das<br />
Wachstum aller grünen Pflanzenteile.<br />
Die meisten Pflanzen sind<br />
regelrecht hungrig nach Licht und<br />
strecken sich der Sonne geradezu<br />
entgegen. Kein Wunder, denn<br />
neben Wasser ist Licht absolut<br />
lebensnotwendig für Pflanzen: Sie<br />
können aus Sonnenlicht, Wasser<br />
und unserer Atemluft (das sogenannte<br />
Kohlendioxid) Zucker beziehungsweise<br />
Stärke aufbauen –<br />
und alle Teile, die Ihr von Pflanzen<br />
kennt, also zum Beispiel Früchte<br />
wie Kirschen oder Erdbeeren,<br />
Knollen wie Kartoffeln, Blätter<br />
und sogar Holz.<br />
Auch die Kressepflänzchen streben<br />
zum Licht: Schon nach wenigen<br />
Tagen wachsen die zarten Gebilde.<br />
Kleine weiße Wurzeln recken sich<br />
nach unten und verankern das<br />
Pflänzchen in der Küchenrolle,<br />
während sich der grüne Stengel<br />
und die ersten beiden Blätter nach<br />
oben recken. Diese sind übrigens<br />
schon als Mini-Blättchen im<br />
Samen angelegt. Man nennt sie<br />
daher auch Keimblätter. Bei vielen<br />
Kieselchen<br />
Pflanzen sehen sie anders aus als<br />
die folgenden Blätter, zum Beispiel<br />
bei Bohnen: Die Keimblätter sind<br />
oval, die späteren Laubblätter gezackt.<br />
Jetzt könnt Ihr erste Versuche mit<br />
der Kresse machen: Stellt sie so ans<br />
Fenster, daß das Licht nur von<br />
einer Seite kommt – etwa dadurch,<br />
daß Ihr die Schale in einen<br />
Schuhkarten stellt, in den ihr ein<br />
Fenster geschnitten habt. Bekommen<br />
die Kressepflänzchen nur<br />
Licht von einer Seite, strecken sie<br />
sich in diese Richtung. Dreht Ihr<br />
die Schale so, daß die Sonne von<br />
der anderen Seite scheint, drehen<br />
sich die Kressepflanzen entsprechend<br />
anders herum. Das gilt<br />
übrigens auch für große Pflanzen.<br />
Beobachtet mal die Blumen auf<br />
dem Fensterbrett: Meist haben sie<br />
auf der Sonnenseite mehr und<br />
grünere Blätter als zur Schattenseite.<br />
Wenn Ihr den Blumentopf<br />
etwas dreht, streckt sich die Pflanze<br />
zur anderen Seite.<br />
Nach etwa einer Woche ist die<br />
Kresse zwei bis drei Zentimeter<br />
hoch gewachsen. Jetzt im Sommer<br />
kann es auch schneller gehen, weil<br />
es sehr warm und sonnig ist. Ihr<br />
könnt weiter mit der Kresse experimentieren<br />
– oder aber ernten,<br />
denn Kresse schmeckt auch gut<br />
auf dem Brot: Schmiert dünn<br />
Butter oder Quark auf eine<br />
Schnitte. Schneide die Kresse kurz<br />
über der Küchenrolle ab und<br />
streut sie mit etwas Salz auf das<br />
Brot – lecker! •<br />
Guten Appetit wünscht<br />
Euer Kieselchen<br />
Juni 2009 11
12 Juni 2009<br />
Rätsel<br />
Auf rätselhaften<br />
Pfaden (2)<br />
Begeben Sie sich gemeinsam mit uns erneut auf die Suche<br />
nach einer populären Persönlichkeit aus unserer Region. In<br />
der diesjährigen April-<strong>Ausgabe</strong> wandelten wir auf den<br />
Spuren eines weltberühmten Komponisten. Diesmal ist es<br />
vertrackter – nicht nur, weil der Name und die Lebensumstände<br />
einer Dame gefragt sind. Aber: Es lohnt sich, die<br />
harte Nuß zu knacken. Als Preis verlosen wir eine kulinarische<br />
Reise ins Mittelalter.<br />
Man schrieb das Jahr 1629, als sie<br />
am offenen Grabe ihres Gemahls<br />
stand. Der zählte immerhin fast<br />
70 Lenze, als ihn Gevatter Hein<br />
mit sich nahm. Seine junge, attraktive<br />
Witwe – noch keine 40<br />
Jahre alt – galt von jeher im Dorf<br />
auf den Höhen als lebenslustig.<br />
Man munkelte, sie habe es auch<br />
mit der ehelichen Treue nicht<br />
immer so genau genommen. Und<br />
so verwundert es nicht, daß sie bereits<br />
wenige Monate nach dem<br />
Tode ihres Gatten ihren Knecht<br />
ehelichte.<br />
Die beiden frisch Vermählten<br />
konnten ein sorgenfreies, angenehmes<br />
Leben führen, denn der<br />
teure Verblichene hatte seiner<br />
Ehefrau ein stattliches Vermögen<br />
hinterlassen.<br />
Doch die Freude währte nicht<br />
lange. Schon nach einem Jahr<br />
machten merkwürdige, gefährliche<br />
Gerüchte die Runde: Sie sei<br />
mit dem Teufel im Bunde, hieß es.<br />
Und so kam es, wie es kommen<br />
mußte. Am 9. September 1631<br />
wurde sie verhaftet und der<br />
Hexerei angeklagt. Beim Hexentanz<br />
wollte man sie gesehen<br />
haben, ja, sie sei sogar durch die<br />
Luft geflogen. Ihr lockerer Lebenswandel<br />
schien die Vorwürfe zu<br />
bestätigen.<br />
Zehn Tage voller Qualen währte<br />
der Prozeß. Ohne Umschweife<br />
gestand die Frau außereheliche<br />
Verfehlungen. Natürlich unterwarf<br />
man sie dennoch der Folter.<br />
Das Protokoll dazu vermerkt: „…<br />
wird ihr eine Schraube auf das<br />
Schienbein gesetzt, ein wenig zugemacht;<br />
schreit, sie wisse nichts.<br />
Begehrt, man solle ihr vorsagen,<br />
als dann wolle sie bekennen. Als<br />
sie ein Miserere lang die Schraube<br />
auf dem Schienbein gehabt hat,<br />
wird sie mit derselben an den<br />
Strick geführt, ein wenig gestreckt,<br />
aber nicht von der Erden aufgezogen.<br />
Sie hat nicht ein Paternoster<br />
lang so gestanden, da will<br />
sie bekennen; heruntergelassen<br />
sagt sie aber nichts …“<br />
Am Freitag, dem 19. September<br />
1631 fällte das Gericht sein Urteil:<br />
Wer war’s?<br />
Wenn Sie die Antwort auf unsere drei Fragen wissen,<br />
können Sie an unserem Preisrätsel teilnehmen.<br />
1. Wie hieß die Frau?<br />
2. Wie wurde sie genannt?<br />
3. Wie heißt der Ort, an dem sie gelebt hatte?<br />
Bitte schicken Sie uns Ihre Lösung bis zum 15. Juni 2009<br />
• per Post: (Anschrift s. Seite 3)<br />
• per E-Mail: info@rheinkiesel.de<br />
• per Fax: 02224 / 90 02 92<br />
• telefonisch unter 02224 / 76 48 2 (Anrufe auf Anrufbeantworter<br />
können leider nicht gewertet werden)<br />
1. Preis: Ein Rittermahl für zwei Personen in der<br />
Kurfürstlichen Burggastronomie Burg Linz<br />
(siehe Kasten auf dieser Seite).<br />
Das Los entscheidet über den Gewinner, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Schuldig der Hexerei – Tod auf<br />
dem Scheiterhaufen.<br />
Kurz nach ihrem qualvollen Ende<br />
veröffentlichte der Jesuitenpater<br />
Friedrich Spee von Langenfeld,<br />
ein enger Verwandter ihres verstorbenen<br />
Mannes, die berühmte<br />
„Cautio Criminalis“ – eine glühende<br />
Schrift wider die fanatische<br />
Hexenverfolgung. Doch sie kam<br />
zu spät. •<br />
Tafeln im Rittersaal der Kurfürstlichen Burg zu Linz<br />
Es wird festlich gespeist und kräftig gefeiert in den Räumlichkeiten<br />
der Burg. Dafür bietet die Kurfürstliche Burggastronomie einen stilechten<br />
Rahmen. Der große Rittersaal mit offenem Kamin, das Turmstübchen<br />
mit Kurfürstlicher Tafelrunde oder der Biergarten im Burghof<br />
laden zum geselligen Beisammensein ein.<br />
Bei mittelalterlichen Gelagen für Gesellschaften kann nach vorheriger<br />
Absprache auch für abwechslungsreiche Unterhaltung gesorgt werden,<br />
bei der man die Fertigkeiten von Gauklern, Zauberern und<br />
anderen bewundern kann.<br />
Kurfürstliche Burggastronomie<br />
Burgplatz 4, 53545 Linz am Rhein, Tel. 0 26 44 / 70 21‚ Fax 0 26 44 / 70 31<br />
Email: cornelia-kilian@burg-linz.de, Internet: www.burg-linz.de