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3.5. Lacans Erweiterungen des Unbewussten Jacques Lacan spürt ...

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zu definieren scheint. Die Ontologisierung <strong>des</strong> Mangels z.B. öffnet für <strong>Lacan</strong> ein<br />

weites Feld <strong>des</strong> Begehrens, das aber nicht mehr auf bestimmtes Begehren – etwa<br />

die Sexualität als Herz <strong>des</strong> Begehrens bei Freud – sich einengen lässt. Immer<br />

dann, wenn es bestimmt wird, findet dieses Begehren sein Objekt, das doch bloß<br />

Konstrukt <strong>des</strong> beobachtenden Psychoanalytikers ist. Durchaus konstruktivistisch<br />

argumentiert <strong>Lacan</strong> daher gegen das Modell <strong>des</strong> Widerstands, das Psychoanalytiker<br />

gerne anbringen, wenn sich Patienten der Deutung widersetzen. Es sind<br />

die Analytiker selbst, die den Widerstand hervorrufen. „Wenn Sie ihn als Widerstand<br />

verstehen”, ruft er seinen Schülern zu, „der widersteht, widersteht der<br />

Widerstand nur <strong>des</strong>halb, weil Sie sich darauf stützen. Es gibt keinen Widerstand<br />

von Seiten <strong>des</strong> Subjekts.“ (Ebd., 289) Der Widerstand ist ein Konstrukt, ein<br />

Modell <strong>des</strong> Beobachters, den er benötigt, um sich eine Hilfsperspektive zu<br />

schaffen, um einen Nullpunkt zu etablieren, von dem aus man die Entwicklung<br />

<strong>des</strong> Subjekts vorantreibt, was den Widerstand dann als Deutung <strong>des</strong> Subjekts erst<br />

erzeugt. Solcherlei Konstruktionen sind durchaus erlaubt. Aber, und dies ist der<br />

zentrale Einwand <strong><strong>Lacan</strong>s</strong>, daraus darf nun nicht umgekehrt geschlossen werden,<br />

dass der Widerstand zum Verschwinden gebracht werden kann (vgl. ebd., 290).<br />

Denn wenn der Mangel die grundsätzliche Kategorie ist, mit der wir das Begehren<br />

überhaupt beschreiben können, dann ist die Rede vom Widerstand zunächst nur<br />

eine Rede <strong>des</strong> Begehrens <strong>des</strong> Analytikers, dem das Problem einer Abwesenheit<br />

seiner scheinbar treffenden Erklärung beim Patienten entsteht: „Es gibt nur einen<br />

einzigen Widerstand, das ist der Widerstand <strong>des</strong> Analytikers. Der Analytiker<br />

leistet Widerstand, wenn er nicht versteht, womit er„s zu tun hat.“ (Ebd., 290)<br />

Was aber kann der Analytiker dann tun? Er muss das Begehren <strong>des</strong> Subjekts zu<br />

Wort kommen lassen, er muss insistieren, dass das Subjekt dieses benennt,<br />

artikuliert, seinen Namen sagt. Es ist die durchschlagende Wirkung der Analyse,<br />

dass „das Subjekt soweit kommt, sein Begehren anzuerkennen und zu benennen“.<br />

(Ebd.)<br />

Der Mensch unterscheidet sich von Planeten, dies ist ein weiteres Bild <strong><strong>Lacan</strong>s</strong><br />

(vgl. ebd., 300 ff.), indem er zufrieden ist. Zufrieden? Ist er zufrieden, wenn die<br />

a/Anderen zufrieden sind? Ist er mit sich selbst zufrieden? Was aber ist die<br />

Differenz zwischen diesen beiden Positionen?<br />

Im Begehren nach einer Zufriedenheit über die Blicke der a/Anderen erscheint die<br />

Imagination einer Spiegelung, jenes imaginäre Begehren klein a, das für uns das<br />

Ich symbolisiert, das niemals ein abgeschlossenes sein kann. Menschliches Begehren<br />

findet seine Anerkennung immer nur im menschlichen Begehren, ganz<br />

gleich welche Formen es sich hierin imaginiert: Es sind die Blicke der a/Anderen,<br />

die in das blickende Ich eingeschlossen sind. 1 Der Andere jedoch, der groß A genannt<br />

wird, ist derjenige, um den es in der Funktion <strong>des</strong> Sprechens geht. Damit<br />

bestimmt <strong>Lacan</strong> eine Spannung zwischen dem Imaginären, dem Symbolischen<br />

und dem Realen, die entscheidend für die Variationen individueller Lebenswege –<br />

auch zwischen sogenannter Normalität und Pathologie – wird.<br />

1 Eine auf Beziehungsformen fußende interaktiv-ethische Philosophie - wie der Konfuzianismus -<br />

hat <strong>des</strong>halb Menschlichkeit mit dem Begriff ren ausgedrückt, der wörtlich übersetzt aus den<br />

Zeichen „Mensch“ und „zwei“ besteht. Im Abendland neigen wir eher dazu, wie ich mit Levinas<br />

hervorgehoben habe, uns auf das Selbe - den einen Menschen - zu konzentrieren. Vgl. zu<br />

Konfuzius ausführlicher Reich/Wei (1997).<br />

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