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3.5. Lacans Erweiterungen des Unbewussten Jacques Lacan spürt ...

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Psychologie immer wieder andeutet 1 , zu Erklärungsweisen eines gut funktionierenden<br />

und sozial angepassten Individuums in der Gesellschaft führt. Sein<br />

Vorgehen versteht <strong>Lacan</strong> zugleich als eine Rückkehr zu Freud, um zu signalisieren,<br />

dass die Psychoanalyse eben nicht eine Erklärungstheorie für soziales<br />

Funktionieren von Menschen ist, sondern eher grundsätzliche Schwierigkeiten <strong>des</strong><br />

„In-der-Welt-Seins“ thematisiert, die dann auch für therapeutische Situationen<br />

von großem Nutzen sind. 2<br />

Mit Abstand zur Psychoanalyse selbst betrachtet, ist es interessant, dass <strong>Lacan</strong><br />

dabei drei Beobachterpositionen entwirft, die er selbst als Register <strong>des</strong> Beobachtens<br />

beschreibt und deren Konstruktion ihm hilft, die Verwickeltheit und<br />

Verwobenheit psychischer Akte zu differenzieren. Indem ich <strong><strong>Lacan</strong>s</strong> theoretische<br />

Bemühungen als konstruktivistische Setzungen verstehe und damit uminterpretiere,<br />

lässt sich ein hoher heuristischer Wert erzielen. <strong>Lacan</strong> betrachtet die Welt<br />

unter den Registern <strong>des</strong> Imaginären, <strong>des</strong> Symbolischen und <strong>des</strong> Realen, die ich als<br />

Grundbegriffe auch <strong>des</strong> interaktionistischen Konstruktivismus uminterpretiere. 3<br />

Hier holt <strong>Lacan</strong> hermeneutische Aspekte in die biologischen Begründungen der<br />

Psychoanalyse zurück. Bereits für Freud war es deutlich geworden, dass in der<br />

Suche nach Wahrheit das Unbewusste nicht mit Realitätszeichen antworten kann.<br />

Es gibt im Gespräch mit Patienten keine objektive Erkenntnis von vergangenen<br />

Ereignissen. Insoweit war der Weg frei, um einerseits eine eigene Beobachtertheorie<br />

der Psyche aufzustellen, andererseits diese dann in den Erinnerungsspuren<br />

der Patienten konstruierend nach den zuvor gesetzten Erwartungen zu entdecken.<br />

Dabei schien insbesondere der Biologismus eine wissenschaftliche Garantie für<br />

die Stichhaltigkeit <strong>des</strong> Verfahrens zu geben, denn indem Freud biologische Kräfte<br />

– Triebe – zum Ausgangspunkt <strong>des</strong> <strong>Unbewussten</strong> wählte, von denen ein jeder<br />

Mensch eine Ahnung in seinem Leben erhält, schienen auch die weiteren Ableitungen<br />

der Psychoanalyse als relativ zwingend. Aber Wahrheit spielt hier nicht<br />

mehr nach dem Maßstab einer Übereinstimmung von Urteil und Sache eine Rolle,<br />

wie es noch zu den Illusionen der Wissenschaft selbst im 20. Jahrhundert gehörte,<br />

4 sondern wird auf die Beziehungsseite der Subjekte gezogen. In der<br />

Psycho-Logik tritt sie in einen Bereich potenzieller Unschärfe ein, der insbesondere<br />

durch die therapeutische Situation der Übertragung und Gegen-<br />

Übertragung hergestellt wird. Allerdings ist Freud noch nicht so radikal, die<br />

Wahrheit der Psychoanalyse als Konvention der Psychoanalytiker auszugeben.<br />

1<br />

Ausgehend insbesondere von Hartmann (1972), später weiterentwickelt z.B. bei Kohut (1976,<br />

1981, 1989), Kernberg (1983).<br />

2<br />

<strong>Lacan</strong> besteht darauf, dass die Freudsche Biologie nichts mit der herkömmlichen Biologie zu tun<br />

hat. „Es handelt sich um eine Manipulation von Symbolen in der Absicht, energetische Fragen zu<br />

lösen, wie es der homöostatische Bezug manifestiert, der es gestattet, nicht nur das Lebewesen als<br />

solches zu charakterisieren, sondern auch das Funktionieren seiner Hauptapparate.“ (<strong>Lacan</strong> 1980,<br />

101) In dieser logischen Verbindung enthüllt sich einerseits ein energetischer Mythos, der andererseits<br />

die Freiheit für die Beziehungsanalyse <strong>des</strong> Menschen - seinen Psychismus - schafft. Diese<br />

Seite von Freud hervorzuheben, das ist die Aufgabe der „Rückkehr zu Freud“, die <strong>Lacan</strong> verfolgt.<br />

3<br />

Wenn nachfolgend einzelne Aspekte der Register zur Veranschaulichung hervorgehoben werden,<br />

so ist immer auch zu bedenken, dass <strong>Lacan</strong> sie als untrennbar miteinander verflochten sieht.<br />

4<br />

Diese Illusion äußert sich in allen Versuchen der Abbildungstheorie oder in der Suche nach<br />

Strukturen a priori, die inhaltlich bedeutsame Abbildungen der Natur oder der Dinge „an sich“<br />

erzwingen. Vergleiche dazu auch nochmals die erste Kränkungsbewegung.<br />

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