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3.5. Lacans Erweiterungen des Unbewussten Jacques Lacan spürt ...

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präsentiert, wo es doch erst das zu artikulieren sucht, was aus seinem Innersten<br />

kommt. Doch darin ist es schon gespiegelt. So mag es auf das Symbolische hin<br />

drängen und in ihm gefangen gesetzt werden, aber es ist doch damit nicht mit bestimmten<br />

Ausprägungsformen <strong>des</strong> Symbolischen oder der sogenannten Realität<br />

gleichzusetzen. Im Imaginären erscheinen psychischen Spannungen, die ein<br />

Subjekt symbolisch zu integrieren hat, ohne dies je vollständig erreichen zu<br />

können.<br />

In einem Vortrag über das Verhältnis von Psychoanalyse und Kybernetik ist<br />

<strong>Lacan</strong> (1980, 373 ff.) dem Determinismus einer verobjektivierten Welt und dem<br />

Begehren <strong>des</strong> Subjekts entschieden nachgegangen. Bereits zuvor hatte er in<br />

seinem Seminar das Grad-oder-Ungrad-Spiel gespielt. Dabei spielte er auf<br />

Rechenmaschinen an, die dieses Spiel auch spielen können. Man hat zwei oder<br />

drei Murmeln in der Hand, und man hält dem Gegenüber die geschlossene Hand<br />

hin. Grad oder ungrad? Ich habe, sagen wir, drei Murmeln in der geschlossenen<br />

Hand. Sagt er ungrad, dann muss ich ihm eine rausrücken, sagt er grad, dann muss<br />

er mir eine geben. <strong>Lacan</strong> lässt sein Seminar spielen. Dabei können intersubjektiv<br />

viele Überlegungen angestellt werden. Etwa, dass man Reihen bildet: Eben hatte<br />

er zweimal grad, dann steigt jetzt die Wahrscheinlichkeit für ungrad. Oder, dass<br />

man auf Körpersprache usw. achtet. <strong>Lacan</strong> spricht bei diesen Techniken von<br />

Egomimese. „Das Subjekt nimmt eine Spiegelstellung ein, die„s ihm gestattet, das<br />

Verhalten seines Gegenspielers vorauszusagen.“ (Ebd., 229) Allerdings setzt diese<br />

Methode bereits voraus, dass die Dimension der Intersubjektivität erfahren wurde,<br />

d.h. die Verlässlichkeit darüber, dass man ein Subjekt homogen zur eigenen<br />

Subjektivität vor sich weiß. In dieser Situation skandieren die Subjekte, indem sie<br />

sich psychologisieren, um so in diesem einfachen Spiel einen Vorteil zu erringen.<br />

Setzt man einem solchen psychologisierenden Spieler eine Maschine gegenüber,<br />

dann verändert sich die Ausgangsposition. Zunächst wird er versuchen, die innere<br />

Logik der Maschine zu ergründen, das Kalkül freizulegen, nach dem sie ihre Entscheidungen<br />

für grad und ungrad trifft. Er müsste ganze Entscheidungsreihen aufstellen,<br />

um den Determinismus aufzudecken, der hinter den Entscheidungen<br />

stecken könnte. Entscheidet die Maschine aber nach einem Zufallsgenerator, verhält<br />

sie sich gegenüber allen möglichen Projektionen dumm, dann sind ihre Gewinnaussichten<br />

am besten. Denn nur der Mensch kann die Bedeutung von Gewinnen<br />

und Verlieren hier hineinsehen, die dem Zufallsgenerator selbst fremd<br />

bleibt. Damit aber stehen Menschen, die dieses Spiel spielen, vor einem Paradox:<br />

Einerseits können sie erfahren, dass nichts zufällig geschieht, andererseits enthüllt<br />

sich im Spiel das Gewinnen oder Verlieren als reiner Zufall.<br />

Im Symbolischen versuchen wir insbesondere in Ausdrücken <strong>des</strong> Mechanismus<br />

auch das Lebendige zu erklären. Darin deutet sich als eine Perspektive eine unterstellte<br />

Verwandtschaft zwischen Mensch und Maschine an. Eine solche mechanistische<br />

Sichtweise findet auch in den höheren Formen der Symbolisierung, insbesondere<br />

in der Mathematik, statt. Aus der Sicht der symbolischen Ordnung verschiebt<br />

sich das Denken über die Maschine: Wird in vielen philosophischen<br />

Kritiken unterstellt, dass die Maschinen der Freiheit beraubt sind, so folgert <strong>Lacan</strong><br />

im umgekehrten Schluss, dass die Maschine von vielen Blockierungen frei ist.<br />

Dort, wo nämlich das Tier durch die Determinierungen seiner Umwelt als<br />

blockiert erscheint, ergeben sich im maschinellen System Freiheiten der Symboli-<br />

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