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3.5. Lacans Erweiterungen des Unbewussten Jacques Lacan spürt ...

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Deshalb existiert zwischen Ich und Anderen eine Sprachmauer. „Das Ich, so wie<br />

wir„s verstehen, der andere, seinesgleichen, all diese Imaginären sind Objekte.<br />

Gewiss, sie sind nicht Monden homogen – und wir laufen jeden Augenblick Gefahr,<br />

das zu vergessen. Aber das sind eben Objekte, weil sie als solche benannt<br />

sind in einem organisierten System, das das der Sprachmauer ist.“ (Ebd., 311)<br />

Die Sprache führt das imaginäre Ich dazu, von anderen Ichs und sich selbst so zu<br />

sprechen, als würde es sich um reale Dinge handeln.<br />

Daraus leitet <strong>Lacan</strong> aber keine Leugnung <strong>des</strong> Erkennens überhaupt ab, denn aufgrund<br />

seiner Erfahrungen als Psychoanalytiker schließt er, dass es authentische<br />

intersubjektive Begegnungen gibt. Aber wo finden diese statt? Wo ist die Wahrheit<br />

der Begegnung von Subjekten situiert?<br />

Offensichtlich kann sie nicht vor der Sprachmauer sein, wo sich das imaginäre Ich<br />

in seinem Begehren mit den Spiegelungen anderer trifft und noch nicht reduktiv<br />

artikuliert. Aber hinter der Sprachmauer, dort, wo der große Andere seinen Ort<br />

hat, wo er in Form der symbolisch gewordenen Sprache erscheint, wo sich das<br />

Imaginäre an das Symbolische geheftet hat, um real zu werden, da werden wir<br />

zugleich zu wirklich anderen, zu wahren Subjekten. 1 Gleichwohl dürfen wir nicht<br />

vergessen, dass die symbolische Betrachtung nur eine Beobachterperspektive ist.<br />

Sie wird ergänzt und verstört durch das Imaginäre. Wollen wir die Arbeit <strong>des</strong><br />

Imaginären festhalten, dann erscheinen vorrangig zwei Thesen:<br />

These 1: Ein Subjekt (S) kann nicht direkt mit einem anderen Subjekt (A)<br />

kommunizieren, sondern immer nur vermittelt über die imaginäre Achse.<br />

These 2: Ein Subjekt (S) ist dabei aber nie nur mit sich identisch, sondern immer<br />

schon über andere gespiegelt: Es verkehrt sich in das durchgestrichene S. Da auch<br />

der symbolisch (große) Andere, mit dem das Subjekt sich spiegelt, ein Subjekt ist,<br />

gilt, dass auch A zu einem durchgestrichenen A wird.<br />

Die Durchstreichungen sollen hier benennen, dass weder das Subjekt noch der<br />

Andere im Prozess <strong>des</strong> Interagierens sich selbst gleich bleiben können, dass sie<br />

durch die Interaktion selbst stets in dem durchgestrichen werden, was sie eben<br />

noch zu sein meinten.<br />

Die Sprachmauer als rein kognitiv-direkte, als sich direkt verständigende Achse<br />

zwischen zwei oder mehreren Menschen in der Kommunikation, kann nicht<br />

überwunden werden. Solche vermeintlichen Überwindungen sind illusionär (denn<br />

sie benötigen immer die imaginäre Achse!). In solchen Illusionen heißt es dann,<br />

„tatsächlich“ und „real“ etwas über einen anderen aussagen zu können. Aber was<br />

sollen das für „wirkliche“ Aussagen sein? Es können keine imaginären, sondern<br />

nur symbolische Aussagen sein.<br />

Erreichen wir diesen symbolischen Ort der Wahrheit, dann sind wir bereits im<br />

Mangel, denn auf der anderen Seite der Sprachmauer erreiche ich den anderen<br />

eben nie so, wie es imaginativ „ist“. So sind wir oft sprachlos und ohne Worte.<br />

„Wenn das Sprechen sich gründet in der Existenz <strong>des</strong> Anderen, <strong>des</strong> wahren, dann<br />

ist Sprache dazu da, um uns auf den objektivierten anderen zu verweisen, den<br />

anderen, mit dem wir alles machen können, was wir wollen, einschließlich <strong>des</strong>sen,<br />

zu denken, dass er ein Objekt ist, das heißt, dass er nicht weiß, was er sagt. Wenn<br />

1 „Die Sprache ist begreifbar nur als ein Netz, ein Geflecht über der Gesamtheit der Dinge, über<br />

der Totalität <strong>des</strong> Realen. Sie schreibt auf die Ebene <strong>des</strong> Realen jene andere Ebene ein, die wir hier<br />

die Ebene <strong>des</strong> Symbolischen nennen.“ (<strong>Lacan</strong> 1990, 328 f.)<br />

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