DAS MEISTERHEFT Mai 2011 - Evonik
DAS MEISTERHEFT Mai 2011 - Evonik
DAS MEISTERHEFT Mai 2011 - Evonik
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<strong>Evonik</strong>-Magazin<br />
<strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
Mit Doppelposter<br />
zum Herausnehmen
Wir stehen hinter dem BVB.<br />
Für die einen ist es Dortmund,<br />
für die anderen das<br />
größte Vereinsheim der Welt.<br />
www.evonik.de<br />
FOTO: KIRSTEN NEUMANN<br />
Tempo, Leidenschaft und Strategie<br />
Borussia Dortmund ist deutscher Meister <strong>2011</strong>. Die Freude darüber bringen wir mit diesem<br />
Sonderheft des <strong>Evonik</strong>-Magazins zum Ausdruck<br />
Dr. Klaus Engel, Vorsitzender<br />
des Vorstandes der <strong>Evonik</strong> Industries AG<br />
„Aus dem Geschäft<br />
wurde eine Herzensangelegenheit.<br />
<strong>Evonik</strong> hat sich für<br />
den richtigen<br />
Partner entschieden“<br />
Liebe Leserinnen und Leser!<br />
EDITORIAL 3<br />
Sponsoren gehören zum modernen Fußball wie die Taktiktafel und computer<br />
gestützte Spielanalyse. Ein Unternehmen gibt Geld, um die eigene<br />
Bekanntheit zu erhöhen. Der Klub stellt im Gegenzug seine Popularität zur<br />
Verfügung. Ein Geschäft mit zwei Gewinnern. So weit, so gut.<br />
Doch dann steht man im Stadion und erlebt die Leidenschaft, mit der<br />
diese BVB-Mannschaft rennt und kämpft, Spiele und Punkte gewinnt oder<br />
vielleicht auch mal verliert. Von den Rängen wird die Elf bedingungslos<br />
unterstützt und nach vorne gepeitscht, mit Jubel, Gesängen und viel Herzblut.<br />
Das ist ansteckend, das lässt niemanden kalt. Und plötzlich wird aus<br />
dem Geschäft eine echte Herzensangelegenheit. Wie emotional das Thema<br />
BVB nicht nur für die Region, sondern inzwischen für das ganze Land ist,<br />
zeigen die vielfältigen Autoren- und Fotobeiträge dieses Sonderhefts.<br />
Tempo, Leidenschaft und eine klare Strategie, das zeichnet den BVB in<br />
dieser Saison aus und hat ihn so erfolgreich gemacht. Davon konnten sich<br />
die vielen Fans live im größten Stadion Deutschlands überzeugen. Das hat<br />
aber auch Millionen Menschen im ganzen Land begeistert. Die Faszination<br />
BVB und Bundesliga bleibt nicht auf die Heimat beschränkt. So schauen<br />
etwa 150 Millionen Chinesen Woche für Woche die „Sportschau“,<br />
und in Japan ist ein Spieler wie Shinji Kagawa ein echter Popstar mit der<br />
entsprechend hohen medialen Aufmerksamkeit.<br />
Das zeigt, dass Sponsoring funktioniert und sich <strong>Evonik</strong> für den<br />
richtigen Partner entschieden hat. Das zeigt aber auch, dass Fußball vor<br />
allem gelebte Leidenschaft ist. Bei <strong>Evonik</strong> freuen wir uns über die<br />
sensa tionelle Leistung dieser Mannschaft, die nun mit dem Meistertitel<br />
und dem Einzug in die Beletage des europäischen Fußballs zu einem<br />
krönenden Abschluss geführt hat.<br />
Herzlichst<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
4 INHALT<br />
Die Autoren<br />
Sie haben die Beiträge für dieses<br />
Sonderheft verfasst:<br />
Hansi Küpper, Kommentator für die<br />
Sender Sat.1 und Liga total sowie<br />
Experte bei Sport1. Der gebürtige Essener<br />
verfolgt seit über 20 Jahren aus nächster<br />
Nähe die Bundesliga und den internationalen<br />
Fußball. Küpper schrieb „Das Wunder<br />
von Dortmund“ auf Seite 6.<br />
Andreas Brannasch, Sportwissenschaftler<br />
und freier Journalist mit dem Schwerpunkt<br />
Sport-Business. In den 90ern arbeitete<br />
er bei der Zeitschrift „Sports“, heute ist er<br />
unter anderem für W&V oder Sportfive<br />
tätig. Brannasch berichtet über „Elf Freunde<br />
für <strong>Evonik</strong>“ auf Seite 19.<br />
Klaus Jopp, Diplomchemiker, Redakteur<br />
für Wissenschaft und Technik und freier<br />
Jour nalist. Autor des Buches „Nanotechnologie<br />
– Aufbruch ins Reich der Zwerge“.<br />
Jopp erklärt „Hightech stürmt immer mit“<br />
auf Seite 32.<br />
Tom Schimmeck, Journalist, Autor und<br />
Mitbegründer der TAZ. In den 90ern berichtete<br />
er aus Südafrika über die Zeit nach<br />
der Freilassung Nelson Mandelas. Arbeitete<br />
unter anderem für den NDR und die Zeitschriften<br />
„Stern“, „Geo“ und „Die Woche“.<br />
Schimmeck schrieb die große Reportage<br />
„Rote Erde, gelbe Wand“ auf Seite 38.<br />
Sascha Fligge ist zurzeit stellvertretender<br />
Ressortleiter und Leiter Sport-Online<br />
der Tageszeitung „Ruhr Nachrichten“. Sein<br />
Schwerpunkt: der BVB und die Fußballnationalmannschaft.<br />
Fligge betreute das<br />
Aufklappposter „Die Meistermacher“.<br />
IMPRESSUM<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
So sehen Meister<br />
aus: Das 2:0 gegen<br />
Nürnberg am 30.<br />
April brachte die<br />
Meisterschale. Wie<br />
der BVB gewann –<br />
„Das Wunder<br />
von Dortmund“<br />
Seite 6<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Evonik</strong> Industries AG<br />
Christian Kullmann<br />
Rellinghauser Straße 1–11<br />
45128 Essen<br />
Objektleitung/<br />
Leitung In terne<br />
Kommunikation<br />
und Konzernmedien:<br />
Stefan Haver<br />
Chefredaktion:<br />
Urs Schnabel (V.i.S.d.P.)<br />
Beratung:<br />
Lutz Dreesbach<br />
Jürgen Klopp, Dr. Klaus Engel und Hans-Joachim Watzke (v.l.) im Gespräch Seite 26<br />
Art Direction:<br />
Wolf Dammann<br />
Redaktion:<br />
Michael Hopp (Leitung),<br />
Christiane Oppermann<br />
Chef vom Dienst:<br />
Stefan Glowa<br />
Fotoredaktion:<br />
Ulrich Thiessen,<br />
Beatrice Linnenbrügger<br />
Dokumentation:<br />
Kerstin Weber,<br />
Tilman Baucken; Hamburg<br />
Gestaltung:<br />
Teresa Nunes (Leitung),<br />
Anja Giese, Heike Hentschel/<br />
Redaktion 4<br />
Schlussredaktion:<br />
Wilm Steinhäuser<br />
Verlag und Anschrift der<br />
Redaktion:<br />
Hoffmann und Campe<br />
Verlag GmbH,<br />
ein Unternehmen der<br />
GANSKE VERLAGSGRUPPE<br />
Harvestehuder Weg 42<br />
20149 Hamburg<br />
Telefon +49 40 44188-457<br />
Telefax +49 40 44188-236<br />
E-<strong>Mai</strong>l cp@hoca.de<br />
Computeranalyse und Hightech im Fußball Seite 32<br />
FOTOS: DEFODI.DE (3), KIRSTEN NEUMANN, IMPIRE AG; TITELFOTO: MARTIN KUNZE<br />
Geschäftsführung:<br />
Dr. Kai Laakmann,<br />
Dr. Andreas Siefke,<br />
Bernd Ziesemer<br />
Objektleitung:<br />
Dr. Ingo Kohlschein<br />
Herstellung:<br />
Claude Hellweg (Leitung),<br />
Oliver Lupp<br />
BVB-Fans stehen wie eine Wand – die Reportage Seite 38<br />
<strong>Evonik</strong> am<br />
Trikot –<br />
die Hintergründe<br />
Seite 19<br />
Litho: PX2, Hamburg<br />
Druck: Neef+Stumme<br />
premium printing, Wittingen<br />
Copyright: © <strong>2011</strong> by<br />
<strong>Evonik</strong> Industries AG, Essen.<br />
Nachdruck nur mit<br />
Genehmigung des Verlages.<br />
Der Inhalt gibt nicht in<br />
jedem Fall die Meinung des<br />
Herausgebers wieder<br />
Die Meistermacher<br />
Vom Busfahrer bis zum Platzwart,<br />
vom Stadionsprecher bis zum<br />
Zeugwart. Wir stellen das Team<br />
hinter dem Erfolg des BVB vor.<br />
Als Aufklappposter – exklusiv im<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin.<br />
Die Ergebnisse: die Erfolge<br />
des BVB von 1963 bis heute<br />
Kontakt:<br />
Fragen oder Anregungen<br />
zum Inhalt des Magazins:<br />
Telefon<br />
+49 201 177-3340,<br />
Telefax<br />
+49 201 177-3013,<br />
E-<strong>Mai</strong>l<br />
magazin@evonik.com<br />
EDITORIAL<br />
3 Tempo, Leidenschaft und Strategie<br />
Dr. Klaus Engel, Vorstandsvorsitzender der <strong>Evonik</strong> Industries AG,<br />
über die Motive, Borussia Dortmund für weitere zwei Jahre als<br />
Trikotsponsor zu begleiten<br />
BORUSSIA LIVE<br />
INHALT 5<br />
6 Das Wunder von Dortmund<br />
Der große Exklusivbericht über den Weg zur Meisterschaft, mit<br />
seltenen, sehr persönlichen Fotos von Großkreutz, Sahin, Schmelzer,<br />
Götze und Co. Eine Dokumentation von bleibendem Wert<br />
DER BVB-FAKTOR<br />
19 Elf Freunde für <strong>Evonik</strong><br />
Trikotsponsor <strong>Evonik</strong> lebt seine Partnerschaft mit dem BVB<br />
auf besonders kreative Weise und wird durch die siegreiche Saison<br />
der Dortmunder mit erstklassigen Werbewerten belohnt<br />
BVB-TALK<br />
Fragen zum Versand<br />
oder Bestellungen:<br />
Telefon<br />
+49 40 68879-139<br />
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+49 40 68879-199<br />
E-<strong>Mai</strong>l<br />
magazin-vertrieb@hoca.de<br />
26 „Ein unfassbares Glück“<br />
BVB-Trainer Jürgen Klopp, BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke<br />
und der Vorstandsvorsitzende der <strong>Evonik</strong> Industries AG Dr. Klaus<br />
Engel im Gespräch mit Manfred Bissinger über Erfolg, Leistung und<br />
das entscheidende Zusammenspiel<br />
BVB-HIGHTECH<br />
32 Hightech stürmt immer mit<br />
Der Signal Iduna Park, Heimat des BVB, und die Zukunft<br />
des Fußballs: Informationstechnik und neue Materialien tragen<br />
immer stärker zum Erfolg bei<br />
MYTHOS BVB<br />
38 Rote Erde, gelbe Wand<br />
Es sind die Fans, die den BVB so stark machen. Eine exklusive<br />
Foto reportage ergibt das große Porträt des überschäumenden<br />
Lebensgefühls in Schwarz-Gelb<br />
Michael Zorc im Interview: Der BVB-Sportdirektor über Scouts<br />
und die Suche nach Talenten<br />
Reinhold Beckmann im Interview: Der bekannte Sportjournalist<br />
beschreibt erstmals seine Sozialisierung durch die Dortmunder<br />
Glückwünsche: Zum Titelgewinn des BVB hätte jeder Fußballfan<br />
etwas zu sagen. Das <strong>Evonik</strong>-Magazin bat Prominente um Grußworte<br />
Quiz: Sind Sie BVB-Experte?<br />
VESTAMID® ist eine geschützte<br />
Marke der <strong>Evonik</strong> Industries AG oder<br />
ihrer Toch ter unternehmen. Sie ist im<br />
Text in Groß buchstaben geschrieben<br />
Diese Ausgabe des<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazins fi nden<br />
Sie auch online<br />
unter www.evonik.de<br />
und als<br />
iPad-App<br />
im App Store<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
6 BORUSSIA LIVE<br />
Das Wunder<br />
von Dortmund<br />
Borussia Dortmund ist deutscher Meister. Damit wurde wahr, was<br />
sich zunächst niemand vorstellen konnte: Die Schale ist in den<br />
Pott zurück gekommen. Hansi Küpper, Sportreporter bei Liga total,<br />
begleitete die Mannschaft während der letzten Saison und wurde<br />
Zeuge, wie Trainer Jürgen Klopp die Jungs zu Meistern machte<br />
TEXT HANSI KÜPPER<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
BORUSSIA LIVE 7<br />
Es ist vollbracht: Kapitän<br />
Roman Weidenfeller<br />
reckt den über 80.000 Fans<br />
im Stadion die Meisterschale<br />
entgegen. Im schwarzgelben<br />
Konfettiregen<br />
erreicht die Euphorie über<br />
eine grandiose Saison<br />
ihren Höhepunkt<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
FOTO: DEFODI.DE
8 BORUSSIA LIVE<br />
Volksfest auf dem Spielfeld<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
Große Rasenparty: Nach der Zeremonie gibt es für die<br />
Fans kein Halten mehr. Sie strömen auf das Grün, um ihren<br />
Idolen möglichst nahe zu sein. Das friedliche Happening<br />
eröffnet die Meisterfeiern, die am Sonntag mit Autokorso<br />
und Partymeile auf der B 1 zum Fest für alle werden<br />
FOTO: GETTY IMAGES<br />
FOTO: DEFODI.DE<br />
Heiliges Grün: ein Stück vom Rasen für Vitrine,<br />
Schrebergarten, Balkon oder Blumentopf. Die Fans sichern sich<br />
an einem denkwürdigen Tag ein Souvenir mit Eigenleben<br />
AM 14. MAI, UM 17 UHR 42, wird ein Traum<br />
wahr. Als Kapitän Roman Weidenfeller von Liga- und<br />
BVB-Präsident Dr. Reinhard Rauball die Meisterschale<br />
entgegennimmt, um sie in den Himmel über Dortmund<br />
zu recken, ist der BVB 09 für diesen Moment<br />
der glücklichste Verein der Fußballwelt. Schon die<br />
Choreografie auf der Südtribüne vor dem Anpfiff ließ<br />
erkennen, wie sehr diese deutsche Meisterschaft eine<br />
leidenschaftliche und leidensbereite Fan gemeinde<br />
mit Stolz erfüllt.<br />
Dieses letzte Saisonspiel gegen Eintracht Frankfurt<br />
verlief nach dem gleichen Drehbuch wie viele Par tien<br />
zuvor, die den Anhang monatelang in Ekstase versetzt<br />
hatten. Wieder einmal traf Barrios, sogar doppelt, wieder<br />
einmal verschoss der BVB Elfmeter, sogar doppelt.<br />
Die 90 Minuten gegen Eintracht Frankfurt und<br />
die Übergabe der Schale bildeten Abschluss und Höhepunkt<br />
einer glanzvollen Saison.<br />
Als nach dem Abpfiff die Fans auf den Rasen drängen,<br />
geht Trainer Jürgen Klopp zunächst alleine, dann<br />
mit seinen Spielern vor die Südtribüne, um die Fans<br />
zu beruhigen, damit die Meisterkür auf dem Rasen<br />
stattfinden kann. Und nicht nur auf dem Platz verfällt<br />
Dortmund in diesem Moment in schwarz- gelben<br />
Freudentaumel: Autokorsos durch die Innenstadt, der<br />
Borsigplatz wird gesperrt. Am Sonntag die Meisterparty<br />
mit einer halben Million Menschen auf der<br />
Straße. So was gab es noch nie.<br />
Klopp ist der Mann der Stunde, der selbst im größten<br />
Jubel noch die Übersicht behält. Der wie ein Derwisch<br />
am Spielfeldrand toben, rennen und springen<br />
kann. Und der doch am 30. April <strong>2011</strong>, als die BVB-<br />
Elf mit einem 2:0 gegen den 1. FC Nürnberg den Titel<br />
klargemacht hatte, – im Augenblick seines größ-<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
10 BORUSSIA LIVE<br />
Beim Siegen gut – und beim Feiern<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
Meister-Ritual: In der Dortmunder<br />
Kabine adelt Dede den Meistertrainer<br />
Jürgen Klopp mit einer ordentlichen<br />
Bierdusche, die Meisterschale taugt<br />
dabei nur bedingt als Schutz. Nuri Sahin<br />
schreit seine Freude heraus, Shinji<br />
Kagawa macht Fotos fürs Familienalbum<br />
FOTO: DEFODI.DE<br />
ten Triumphes – ganz still wurde. „Es fühlt sich so<br />
ganz anders an, als ich gedacht hatte“, sagte er später<br />
und: „Die Erleichterung ist tausendmal größer als<br />
die Euphorie.“<br />
Es waren die stillen Szenen dieses Tages, die von<br />
der Größe des Augenblicks zeugten, die das Unfassbare<br />
deutlich werden ließen. Wenige Sekunden währte<br />
die Umarmung zwischen Roman Weidenfeller und<br />
Jürgen Klopp. Mit einer großen Geste und mit wenigen<br />
Worten drückten der Coach und der Kapitän ihre<br />
gegenseitige Wertschätzung aus: der Meistertrainer<br />
und sein Meisterkeeper. Fast ungläubig verfolgten<br />
Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor<br />
Michael Zorc das schwarz-gelbe Happy End<br />
ihres Vereins, der beinahe ein trauriges Ende genommen<br />
hätte.<br />
Rettung in letzter Minute<br />
Im März 2005 stand die Zukunft des BVB auf der<br />
Kippe: Nur ein Rettungsplan, dem die Stadion-<br />
Anteilseigner zustimmen mussten, konnte die Pleite<br />
des BVB in letzter Minute abwenden. Zwei Monate<br />
später errichteten die Fans auf der Südtribüne eine<br />
beeindruckende Kulisse, die „gelbe Wand“ aus 4.000<br />
Trans parenten.<br />
Doch bis der Kurs, der die Borussia zum Ausbildungsverein<br />
ohne namhafte Stars und Sterne degradierte,<br />
Erfolge zeigte, vergingen mehr als drei harte<br />
Jahre, mit Abstiegskampf, Trainerwechsel, aber auch<br />
DFB-Pokal-Finale. Erst 2008 gelang der entscheidende<br />
Coup: Jürgen Klopp, der frühere TV-Kommentator<br />
von Europa- und Weltmeisterschaft, der Coach, der<br />
<strong>Mai</strong>nz 05 in die erste Bundesliga geführt hatte, wurde<br />
Trainer von Borussia Dortmund.<br />
FOTO: KIRSTEN NEUMANN<br />
Nur Fliegen ist schöner: BVB-Pressesprecher<br />
Josef Schneck wirft sich in die Arme von<br />
Jürgen Klopp – und dieses Mal hat die Brille gehalten<br />
Die Aufbruchstimmung war – obwohl der BVB im<br />
ersten Jahr unter Klopp gleich zweimal knapp die<br />
Qualifikation für Europa verpasste – schnell spürbar.<br />
Dennoch dauerte es drei Jahre, bis er aus hoffnungsvollen<br />
Talenten eine Meister-Elf geformt hatte.<br />
Sie sind einen weiten Weg gegangen. Vom Basislager<br />
der Bundesliga bis zum Gipfel. Mehr als 4.000<br />
Kilometer hat die BVB-Elf an den 34 Spieltagen auf<br />
dem Feld zurückgelegt – 120 Kilometer pro Partie<br />
fast immer im Sprinttempo und mit immer schwererem<br />
Gepäck.<br />
Am Anfang war alles noch ganz leicht. Als am 22.<br />
August 2010 um 19.20 Uhr der erste Bundesligaspieltag<br />
zu Ende ging, hatten die Borussen ordentlich<br />
Ballast abgeworfen und allzu hohe Erwartungen an<br />
die Saison erst einmal im Keim erstickt: Bei der Partie<br />
gegen Bayer Leverkusen schossen die Dortmunder<br />
kein einziges Tor, die Gäste im Signal Iduna Park<br />
dafür zwei. 70.000 BVB-Fans gingen ernüchtert nach<br />
Hause. Ihre Truppe ist bestenfalls oberes Mittelmaß.<br />
Vielleicht schafft sie es ja am Ende der Saison wenigstens<br />
in die Europa League.<br />
Dabei war doch alles getan worden, um die Mannschaft<br />
auf die Bundesliga einzustimmen. Im Trainingslager<br />
im österreichischen Stegersbach wurden<br />
die Fußballer sorgfältig nach aktuellen sportwissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen auf die Saison vorbereitet.<br />
Zwei bis drei Trainingseinheiten pro Tag für die<br />
athletische Fitness und ein buntes Spaß- und Spielprogramm<br />
mit Kanutouren zur Entspannung und<br />
Stärkung des Teamgeistes. Vermutlich war die<br />
Mannschaft eben doch zu jung, zu unerfahren. Die<br />
Mehrheit der Truppe war gerade mal zwischen 21<br />
und 25 Jahre alt, der Jüngste, Mario Götze, erst 18.<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
12 BORUSSIA LIVE<br />
FOTOS: DEFODI.DE<br />
Teambuilding: Wenn sich Johannes Focher, Marco Stiepermann und Mario<br />
Götze (v.l.) im Kajak aufeinander verlassen können, dann auch auf dem Platz<br />
Von überragender Fitness war am ersten Spieltag<br />
auch wenig zu sehen gewesen: Sicher, sie hatten sich<br />
angestrengt, aber Mühe allein reichte eben nicht.<br />
Nur Cheftrainer Jürgen Klopp zeigte keine Enttäuschung,<br />
sondern sprach seinen Jungs das volle Vertrauen<br />
aus.<br />
Zu Recht, wie sich schon am zweiten Spieltag zeigte.<br />
Da haben die BVB-Bubis den VfB Stuttgart vorgeführt.<br />
Aber erst am 19. September im Revierderby<br />
gegen den Erzrivalen Schalke 04 zeigten die Dortmunder<br />
in Gelsenkirchen ihre wahre Klasse. Der BVB<br />
griff an, die Mannschaft spielte mit überraschender<br />
Sicherheit und Präzision. 3:1 lautete der Endstand.<br />
Der Japaner Shinji Kagawa traf zweimal, der Pole<br />
Robert Lewandowski einmal. Beide spielen ihre erste<br />
Saison in der Bundesliga.<br />
Kämpfen, rennen, siegen<br />
In Dortmund bereiteten die Fans ihren neuen Helden<br />
einen triumphalen Empfang. Damals stand zwar<br />
noch <strong>Mai</strong>nz 05 an der Tabellenspitze, doch die Mannschaft<br />
von Borussia Dortmund zog mit ihrem schnellen,<br />
angriffslustigen und kreativen Spiel die Aufmerksamkeit<br />
der Fußballfans auf sich.<br />
„Wir werden die eine oder andere Vollgasveranstaltung<br />
abhalten“, hatte Trainer Klopp zu Beginn der<br />
Saison versprochen, und seine Jungs hielten sich an<br />
die Ansage. Die Konkurrenz konnte dem Dortmunder<br />
Mix aus Leidenschaft und strategischer Brillanz<br />
wenig oder nichts entgegensetzen. Selbst hochkarätig<br />
besetzte Teams wie der FC Bayern hatten das<br />
Nachsehen. Im November hatte Borussia Dortmund<br />
die Tabellenspitze erobert und war zum Star der Liga<br />
und zum Lieblingsverein der Journalisten aufgestie-<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
Star des Teams ist Trainer Jürgen Klopp: Er formte ein Spitzenteam und<br />
schenkte den jungen Spielern auch nach Rückschlägen sein Vertrauen<br />
gen. Das Phänomen BVB wurde in der Presse von allen<br />
Seiten beleuchtet und analysiert. Das System Klopp,<br />
die Fähigkeiten der Spieler wurden akribisch seziert<br />
und mit den Leistungen anderer Spitzenklubs der Liga<br />
verglichen. Und tatsächlich zeigten sich Unterschiede.<br />
Nach Jahren der Verwissenschaftlichung des professionellen<br />
Fußballspiels, das immer wieder mit neuen<br />
Modellen, Konzepten, Strategien und Systemen<br />
modernisiert werden sollte, setzte BVB-Cheftrainer<br />
Jürgen Klopp auf Urtugenden dieses Mannschaftssports.<br />
Die eigentliche Spielidee des „Kämpfens und<br />
Rennens“ hat er aufgegriffen und weiterentwickelt.<br />
Er hat die Defensive gestärkt – die Balleroberung<br />
gehört zum Pflichtprogramm, das eigentlich jeder<br />
BVB-Kicker beherrschen muss.<br />
Doch die Borussia aus Dortmund hat mit Mats<br />
Hummels und Neven Subotic auch zwei Innenverteidiger,<br />
die immer vorausschauend, mit klarsichtiger<br />
Spieleröffnung und sogar Torgefährlichkeit den Typ<br />
des modernen Verteidigers verkörpern. Beide können<br />
nicht nur die Gegenspieler auf dem Weg zum<br />
BVB-Tor ausbremsen, sondern verstehen es auch, den<br />
Ball im gegnerischen Kasten unterzubringen. Dazu<br />
kommt auf der Position des Außenverteidigers Marcel<br />
Schmelzer, der ebenfalls als Allroundtalent sowohl<br />
Das Trainingslager<br />
– Basis<br />
für den Erfolg<br />
Nach einer harten<br />
Trainingseinheit sind<br />
Felipe Santana (l.)<br />
und Dede froh, ihre<br />
Fußballschuhe für ein<br />
paar Stunden ablegen<br />
zu können<br />
Jürgen Klopp taucht unfreiwillig ab ins Wildwasser – eine Grenzerfahrung der<br />
anderen Art. Auch Mitpaddler Michael Zorc kann das Kentern nicht verhindern<br />
BORUSSIA LIVE 13<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
Die Ruhe vor dem Spiel: Marcel Schmelzer entspannt mit seinen Lieblingssongs auf den Ohren im Hotel<br />
Lennhof, dem Dortmunder Mannschaftshotel der Borussen vor ihren Heimspielen. Im Hintergrund ein Bild<br />
von Stéphane Chapuisat, BVB-Stürmerstar in den glorreichen 90er-Jahren<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
in der Defensive wie im Angriff hohe Dynamik ins<br />
Spiel bringt. Schmelzer gilt längst als würdiger Nachfolger<br />
des bei BVB-Fans sehr beliebten Brasilianers<br />
Dede, der nach 13 Jahren in Diensten der Borussia im<br />
März seinen Abschied aus dem aktiven Sportlerleben<br />
verkündet hat.<br />
Siegeswille und jugendliche Frische<br />
Zu den besonderen Stärken der Dortmunder zählt<br />
das Mittelfeld. Dort organisiert Nuri Sahin mit seiner<br />
außergewöhnlich hohen Spielintelligenz die Aktionen<br />
der Mannschaft und gibt Richtung und Rhythmus des<br />
Spiels vor. Neben ihm auf dem Platz steht einer der besten<br />
Athleten der Mannschaft: Sven Bender. Er zählt zu<br />
den schnellsten Sprintern im deutschen Profifußball.<br />
Das Nesthäkchen Mario Götze hat sich über den BVB<br />
hinaus einen Namen als einer der torgefährlichsten<br />
Mittelfeldspieler der Bundesliga gemacht.<br />
Faszinierend für Konkurrenz und Zuschauer ist<br />
die Teamarbeit, die die Spielweise der Mannschaft so<br />
kraftvoll und überzeugend macht. Nicht die brillante<br />
Einzelaktion ist für die Dortmunder Taktik entscheidend,<br />
sondern das optimale Zusammenspiel. Es geht<br />
nicht darum, wer das Tor schießt, sondern dass es zum<br />
Treffer kommt. Dies zeigt sich deutlich im Aufbau des<br />
Die Mannschaft –<br />
Teamwork auf<br />
höchstem Niveau<br />
Offensiv-Kaders: Lucas Barrios bekam in dieser Saison<br />
Verstärkung durch Shinji Kagawa, Robert Lewandowski<br />
und den schlagfertigen Kevin Großkreutz, dessen<br />
Kinderzimmer die Südtribüne im BVB-Stadion<br />
war. Seine Treffer werden lautstark mit Gesangseinlagen<br />
der Fans bejubelt. Wenn „Wir sind alle Dortmunder<br />
Jungs“ durch das Stadion schallt, ist es Zeit für<br />
den Schulterschluss von Zuschauer und Mannschaft.<br />
Die jungen Kollegen entlasten nicht nur den bisherigen<br />
Spitzenstürmer, Barrios übernimmt im Gegenzug<br />
auch Aufgaben in der Defensive. Diese Flexibilität<br />
entspringt der Strategie, die Jürgen Klopp vorgibt:<br />
Die Abwehr von gegnerischen Angriffen ist die Basisarbeit,<br />
die jeder Spieler jederzeit beherrschen und<br />
leisten muss.<br />
Wesentlicher Bestandteil für diese Spielweise ist<br />
der Teamgedanke. Jeder Spieler muss sich als Teil<br />
des Ganzen begreifen und verinnerlichen, dass der<br />
Erfolg nur gemeinsam möglich ist. Kein Wunder also,<br />
dass sich Klopp nicht nur in der Vorbereitung, sondern<br />
auch im Bundesliga-Alltag immer wieder mit<br />
dem Thema Teambildung beschäftigt hat. Eine seiner<br />
ungewöhnlichsten Methoden ist dabei die Belegung<br />
der Zweibettzimmer im Trainingslager: Klopp<br />
lässt die Betten verlosen. Bei der ersten Runde löste<br />
sein Vorschlag noch ungläubiges Staunen bei den Spielern<br />
aus. Mittlerweile hat die Bettenlotterie Kultstatus<br />
und wird als Party zelebriert. Nur wer laut schnarcht,<br />
bekommt ein Einzelzimmer.<br />
Die mannschaftliche Geschlossenheit und der<br />
gemeinsame Wille zum Sieg treiben die Elf auf dem<br />
Spielfeld an. „Fußballspielen heißt unbedingt gewinnen<br />
wollen“, sagt der Schriftsteller Péter Esterházy,<br />
selbst ein versierter Amateurkicker. Und genau<br />
Torhüter Roman<br />
Weidenfeller legte mit<br />
der ligaweit besten<br />
Quote von 80 Prozent<br />
abgewehrten Bällen<br />
den Grundstein für<br />
viele Siege<br />
FOTOS: DEFODI.DE<br />
BORUSSIA LIVE 15<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
16 BORUSSIA LIVE<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
Vor dem Spiel steht die Arbeit: Erstklassige Fitnesswerte machen ein<br />
hochklassiges Spiel erst möglich. Sebastian Kehl bei Sprintübungen<br />
Zum Spiel gehören Spaß und Abwechslung: Nach einem Ausfl ug im<br />
Trainingslager klatschen die Spieler ab<br />
Mario Götze in<br />
perfekter Haltung<br />
beim Kopfball.<br />
Damit erinnert er<br />
an Uwe Seeler,<br />
hinter dem er 2010<br />
mit 18 Jahren<br />
zweitjüngster<br />
Nationalspieler der<br />
Nachkriegszeit<br />
wurde<br />
FOTOS: DEFODI.DE<br />
diese „Gier“ nach Sieg, Tor und Anerkennung<br />
zeigt Klopps BVB-Team. Götze, Kagawa, Hummels<br />
und Co. bringen bedingungslosen Einsatzwillen, die<br />
Bereitschaft, für die Kollegen mitzuarbeiten, und ein<br />
erstaunliches Maß an Nervenstärke mit.<br />
Nach außen fasziniert vor allem ihre jungenhafte<br />
Unbefangenheit. Die halbe Mannschaft entstammt<br />
dem Jahrgang 1988. Mats Hummels, der bei den weiblichen<br />
Fans hoch im Kurs steht, Neven Subotic und<br />
Marcel Schmelzer wurden zu Beginn der Saison noch<br />
als „Kinderriegel“ belächelt.<br />
Heute ist den meisten Trainern und Konkurrenten<br />
das Lachen vergangen. Denn das Vertrauen des Trainers<br />
in seine jungen Spieler hat sich mehr als gelohnt.<br />
Für überkommene Merksätze der Trainerausbildung<br />
wie „Du brauchst erfahrene Leitwölfe, um Erfolg<br />
zu haben“, hatte Jürgen Klopp schon immer nur ein<br />
müdes Lächeln übrig.<br />
Seine jungen Kicker sind lernfähig, flexibel und<br />
offen für Beratung, zum Beispiel bei Strategie- oder<br />
Positionswechseln, die von etablierteren Spielern oft<br />
nur mit Murren akzeptiert werden. So entwickelte<br />
sich Sven Bender schnell zum Schlüsselspieler, der<br />
immer wieder hinten der Vierer-Abwehrkette zur<br />
Hilfe eilen und vorne Nuri Sahin den Rücken freihal-<br />
Die neuen<br />
Stars – jung, fit<br />
und flexibel<br />
BORUSSIA LIVE 17<br />
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: Bei zwei bis drei Trainingseinheiten pro<br />
Tag muss man sich die Kraft einteilen und den „Mannschaftsbus“ nehmen<br />
ten kann. Shinji Kagawa, aus der zweiten japanischen<br />
Liga rekrutiert, avancierte in Windeseile zum torgefährlichsten<br />
Mittelfeldspieler und zum Bundesligaprofi<br />
mit der höchsten Wertsteigerung. Und Mario Götze<br />
wurde Deutschlands jüngster Nationalspieler, seit<br />
Uwe Seeler 1954 debütierte.<br />
Klopp hat auch für die notwendige Reserve ge -<br />
sorgt, das zeigte sich bei der Partie gegen Bayer Leverkusen<br />
im Januar. Ohne den beim Asiencup verletzten<br />
Kagawa und ohne Lucas Barrios, der nicht von<br />
Beginn an spielte, wurden die Leverkusener demontiert.<br />
Erstmals standen mit Lukas Piszczek, Jakub Blaszczykowski<br />
und Robert Lewandowski jene drei Spieler<br />
gemeinsam in der Startformation, die in Polen die<br />
Sympathiewerte für „Polonia Dortmund“ oder „Polska<br />
Borussia“ in die Höhe schnellen ließen. Spieler, die<br />
woanders noch als Perspektivprofis und „Genera tion<br />
Zukunft“ gehandelt würden, bilden in Dortmund<br />
bereits das Gerüst einer Bundesligamannschaft, die<br />
wie nie zuvor in der Geschichte der deutschen Eliteliga<br />
Jugend und Abgeklärtheit verbindet.<br />
Klopps größtes Verdienst ist zweifellos, dass es ihm<br />
gelungen ist, aus einer Truppe talentierter Sportler<br />
eine Mannschaft zu formen, die sich trotz aller Erfolge<br />
ihre Bodenständigkeit bewahrt hat.<br />
Sympathiepunkte für das junge Team<br />
Diese Normalität der kickenden Belegschaft ist gerade<br />
in einem Verein wie Dortmund wichtig. Die Profispieler<br />
mit ihrer herausgehobenen Stellung werden<br />
von den Fans sorgsam beäugt. Eskapaden und Fehltritte<br />
der Fußballmillionäre kommen bei der Anhängerschaft<br />
nicht gut an – vor allem, wenn die Leistungen<br />
mal nicht stimmen sollten. Und tatsächlich<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
18 BORUSSIA LIVE<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
wurden BVB-Spieler vergangener Jahre schon mal<br />
mit Sitzstreik und Schmährufen bestraft, wenn die<br />
Fans das Gefühl hatten, dass die Kicker ihr Geld nicht<br />
wert seien.<br />
Der gegenwärtigen schwarz-gelben Elf kann das<br />
nicht passieren. Die Spieler nehmen ihren Job ernst<br />
und richten ihr Leben auf ihren Beruf als Profifußballer<br />
aus. Die Fans sehen sie als Teil der großen Dortmunder<br />
Fußballfamilie. Klopp sorgt mit fast väterlicher<br />
Strenge dafür, dass sie keine Extratouren<br />
unternehmen und nicht in zahllosen Interviews verheizt<br />
werden. Seinem Jüngsten, Mario Götze, hat er<br />
gar ein striktes Redeverbot erteilt. Diese Bodenhaftung<br />
der Spieler honorieren die Fans. Auch wenn die<br />
Siegesserien des BVB durch Niederlagen oder Unentschieden<br />
unterbrochen wurden und die Leistung auf<br />
dem Platz mal nicht stimmte – die Fans standen während<br />
der ganzen Saison wie eine Wand hinter ihrer<br />
Mannschaft: im heimischen Stadion genauso wie bei<br />
Die Saison –<br />
Fußball intensiv,<br />
typisch BVB<br />
Blick in die BVB-<br />
Kabine. Alles muss<br />
am richtigen Platz<br />
liegen, darauf legen<br />
aber gläubische Spieler<br />
Wert – auch darauf,<br />
welchen Fußballschuh<br />
sie zuerst anziehen<br />
den vielen Auswärtsspielen. Nie kam auf den Rängen<br />
Unmut auf, immer wurde die Mannschaft unterstützt<br />
und nach vorne gesungen.<br />
Zweifellos beschwerten die immer höher in den<br />
Himmel wachsenden Erwartungen die Nerven der<br />
jugendlichen Elf. Doch wann immer sie mal eine<br />
Schwäche gezeigt hatte, am nächsten Spieltag fand das<br />
Team um Klopp zu seiner Qualität zurück. Wenn es<br />
darauf ankam, stand die junge Elf ihren Mann. Dabei<br />
haben sie auch immer wieder die wichtigen Spiele<br />
gewonnen. Ob gegen den alten Rivalen aus Gelsenkirchen,<br />
gegen den Meister der vorletzten Saison aus<br />
Wolfsburg oder bei den Bayern in München. Besonders<br />
dieser 3:1-Auswärtssieg in der Allianz Arena war der<br />
Beweis, dass diese junge Mannschaft reif ist für den<br />
Meistertitel.<br />
Und so war es auch für die Freunde des BVB kein<br />
Wunder, dass schon am 32. Spieltag das Klassenziel<br />
erreicht war. Nur Spieler und Trainer brauchten noch<br />
ein wenig Zeit, bis sie begreifen konnten, dass sie auf<br />
dem Gipfel angekommen waren. Als jüngster deutscher<br />
Meister in der Geschichte der Bundesliga.<br />
Und weil nach dem Spiel immer vor dem Spiel ist,<br />
freuen sich die Fans schon auf die nächste Saison, dann<br />
soll Klopps „Kindergarten“ mit seiner jugendlichen<br />
Unbekümmertheit auch die Königsklasse, die Champions<br />
League, aufmischen.<br />
FOTOS: DEFODI.DE<br />
Elf Freunde für <strong>Evonik</strong><br />
Markenbekanntheit, Imagetransfer, Kundenbindung, Mitarbeitermotivation – das Potenzial<br />
von Sportsponsoring kann man kaum hoch genug einschätzen. Trikotsponsor <strong>Evonik</strong><br />
zeigt in der Partnerschaft mit dem BVB jede Menge Kreativität und hat viele Gründe, sich<br />
über den Erfolg des neuen deutschen Fußballmeisters zu freuen<br />
TEXT ANDREAS BRANNASCH<br />
FOTOS: PICFOUR, DEFODI.DE<br />
Sportberichte<br />
in „Bild“, „Welt<br />
am Sonntag“,<br />
„Süddeutscher<br />
Zeitung“ über den<br />
BVB verstärken<br />
die Wirkung von<br />
Trikot- und<br />
Bandenwerbung<br />
DER BVB-FAKTOR 19
20 DER BVB-FAKTOR<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
Förderung<br />
junger Talente<br />
Mario Götze ist seit<br />
2001 beim BVB, sein<br />
Bundesliga-Debüt<br />
absolvierte er am<br />
21. November 2009<br />
mit 17 Jahren und fünf<br />
Monaten<br />
DIE SCHWARZ-GELBE VIELFALT im Fan-Shop<br />
sorgt für Begeisterung: „Hier darf ich nicht zu oft herkommen,<br />
sonst gebe ich einfach zu viel Geld aus“, lacht<br />
ein junger Vater, der sich gerade nicht nur mit einem<br />
Fantrikot, sondern auch mit dem Nötigsten für seinen<br />
Nachwuchs eingedeckt hat: ein Schnuller-Doppelpack<br />
mit BVB-Logo, eine Mütze „Baby-Beanie“ mit BVB-<br />
Emblem auf der Stirnseite und ein kuscheliger Rasselball<br />
mit dem aufgedruckten Vereins-Maskottchen<br />
„Emma“, benannt nach dem im Jahr 2003 verstorbenen<br />
Kultstürmer Lothar „Emma“ Emmerich. „Eigentlich<br />
wollte ich mir noch diesen Toaster kaufen, der das<br />
BVB-Logo auf jede Scheibe Toastbrot bräunt – aber<br />
dafür muss ich zu Hause erst noch etwas Überzeugungsarbeit<br />
leisten. Ich lasse es erst mal bei sechs Eierlöffeln“,<br />
erklärt der BVB-Fan, während er zufrieden<br />
seinen Einkauf betrachtet. Seit er 14 Jahre alt sei, stehe<br />
er bei fast jedem Heimspiel in der Südkurve, Dauerkarte<br />
Ehrensache.<br />
Matthias Zerber ist Geschäftsführer BVB-Merchandising<br />
und freut sich über die enorme Nachfrage:<br />
„Unser Sortiment umfasst circa 750 Fanartikel –<br />
wegen der Erfolgsserie unserer Mannschaft waren<br />
allerdings etliche Bestseller gegen Ende der Saison<br />
ausverkauft.“ Hier wird schnell klar: Im Profifußball<br />
bilden Sport, Leidenschaft und Geschäft eine Einheit.<br />
In diese Welt gehören Spieler und Fans genauso wie<br />
Medien und Sponsoren.<br />
„<strong>Evonik</strong> und der BVB – das ist eine ganz besondere<br />
Partnerschaft, weil man sich gut versteht und weil viele<br />
Erfolgsfaktoren ähnlich sind.“ Wer das sagt, sollte es<br />
wissen: Markus Langer ist Leiter Konzernmarketing<br />
und PR bei der <strong>Evonik</strong> Industries AG. Man sieht ihm an,<br />
wie zufrieden er mit dem Engagement seines Unter-<br />
Dr. Klaus Engel, Vorstandschef von <strong>Evonik</strong>, und BVB-Torwart<br />
nehmens als Trikotsponsor des frisch gekürten deutschen<br />
Meisters Borussia Dortmund ist, Sportsponsoring<br />
eröffnet Unternehmen vielfältige Möglichkeiten,<br />
auf das Konto ihrer Marke einzuzahlen. Im Fall <strong>Evonik</strong><br />
stehen die Zeichen nach dem beispiellosen Siegeszug<br />
des BVB in dieser Saison besonders günstig.<br />
<strong>Evonik</strong> auf der Brust<br />
Als die damalige RAG zu Saisonbeginn 2006/07 als<br />
Trikotsponsor bei Borussia Dortmund einstieg, waren<br />
Siege des BVB noch nicht so selbstverständlich. Der<br />
Klub hatte nur acht Jahre nach dem Gewinn der Champions<br />
League gerade knapp die Insolvenz abgewendet<br />
und spielte im Niemandsland der Tabelle. „Wir haben<br />
uns damals trotzdem für den BVB entschieden, weil<br />
der Verein bundesweit hohe Sympathien genießt und<br />
damit das Potenzial hatte, für einen Sponsor besonders<br />
schnell auf sympathische Weise Markenbekanntheit<br />
aufzubauen“, erklärt Markus Langer. Der Faszination<br />
BVB könne man sich kaum entziehen, da sei<br />
man schnell mit ganzem Herzen dabei. „Das ist es<br />
eben, was den BVB ausmacht. Wir konnten mit die-<br />
Roman Weidenfeller nach dem Sieg über den SC Freiburg<br />
FOTOS: DEFODI.DE (3)<br />
ser Sponsorship ein Bekenntnis zur Region ablegen.“<br />
Diese Sympathie beruht auf Gegenseitigkeit: „Wir<br />
waren damals sehr froh, ein so bedeutendes Unternehmen<br />
aus dem Ruhrgebiet als Sponsor gewinnen<br />
zu können“, erinnert sich Carsten Cramer, beim neuen<br />
deutschen Meister Direktor für die Bereiche Marketing,<br />
Vertrieb und Business Development. Experten<br />
bestätigen, dass die beiden Partner gut zusammenpassen,<br />
der sogenannte „Fit-Faktor“ zwischen Sponsor<br />
und Klub ist hoch. Stephan Schröder, Mitglied der<br />
Geschäftsleitung beim Kölner Marktforschungs- und<br />
Beratungsunternehmen Sport + Markt: „Imagefaktoren<br />
wie ‚Identifikation‘ oder ‚leidenschaftlich‘ werden<br />
bei entsprechenden Erfolgen besonders intensiv<br />
erlebbar und belegen das Potenzial zu einer großen<br />
Marke im Fußball. Als Unternehmen aus der Region<br />
mit dem Anspruch eines Global Players passt <strong>Evonik</strong><br />
sehr gut zum BVB.“<br />
Der Trikotwerber nimmt im Profifußball eine<br />
besondere Rolle ein und trägt den Premium-Titel<br />
„Hauptsponsor“. Das Firmenlogo direkt neben dem<br />
Vereinsemblem ist immer im (Kamera)bild – die<br />
FOTO: KNSK<br />
„Geht doch“: TV-Image-Kampagne von <strong>Evonik</strong> mit BVB-Faktor<br />
Massive Präsenz im TV und in<br />
den Printmedien<br />
kontinuierliche Berichterstattung über die Bundesliga<br />
garantiert eine massive Präsenz bei TV-Übertragungen<br />
sowie bebilderten Artikeln in Zeitungen und<br />
Zeitschriften.<br />
Bekanntheitsgrade für Hauptsponsoren erreichen<br />
meist Spitzenwerte, die Akzeptanz für Trikotwerbung<br />
belegt im Ranking der Werbeformen im Fußball Platz<br />
eins (siehe Grafik Seite 24). Viele Klubs sind über Jahre<br />
mit ihrem Hauptsponsor verbunden, und viele Fans<br />
bauen ein besonderes Verhältnis zum Sponsorunternehmen<br />
auf. Das Bekenntnis zur Region macht den<br />
Sponsor eines so bodenständigen Klubs wie des BVB<br />
bei den Fans auf Anhieb sympathisch. Trotzdem ist<br />
für <strong>Evonik</strong> auch der Auftritt im internationalen Fußball<br />
wichtig: „Wir sind ein weltweit tätiges Unternehmen<br />
und freuen uns deshalb besonders, dass Borussia<br />
Dortmund auch international einen renommierten<br />
Namen hat und nach dem Jahr in der Europa League<br />
in der kommenden Saison sogar in der Champions<br />
League spielen wird“, betont <strong>Evonik</strong>-Marketing-Chef<br />
Langer. Für <strong>Evonik</strong> könnte nach Umsatzsprung und<br />
Gewinnrekord im vergangenen Jahr der geplante Börsengang<br />
einen vergleichbaren Aufstieg in die Champions<br />
League der deutschen Unternehmen bedeuten.<br />
Sponsoring wirkt<br />
Klar ist: Sportsponsoring lohnt sich auch für einen<br />
Konzern, dessen Produkte wie bei <strong>Evonik</strong> vorwiegend<br />
von weiterverarbeitenden Unternehmen und selten<br />
von den Konsumenten direkt gekauft werden: Bereits<br />
wenige Monate nach Vorstellung des neuen Markennamens<br />
im September 2007 kannte jeder zweite Deutsche<br />
im Alter von 25 bis 54 Jahren den neuen Konzern.<br />
Dabei gab nahezu jeder Vierte an, er kenne<br />
DER BVB-FAKTOR 21<br />
Zielsicher und<br />
durchsetzungsstark:<br />
Lucas Barrios (26)<br />
aus San Fernando in<br />
Argentinien<br />
ist der Torschützenkönig<br />
des BVB<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
22 DER BVB-FAKTOR<br />
Jede Chance nutzen<br />
Marcel Schmelzer (23)<br />
wechselte mit 17 aus<br />
Magdeburg zum BVB in<br />
die Jugendmannschaft<br />
und gehört seit 2008<br />
zum Bundesliga-Kader<br />
<strong>Evonik</strong> als Hauptsponsor von Borussia Dortmund.<br />
In der <strong>Evonik</strong>-Kernzielgruppe der Finanz- und Wirtschaftsentscheider<br />
lag der Bekanntheitsgrad bei 90<br />
Prozent. Jeder Dritte von ihnen war über das BVB-<br />
Engagement auf <strong>Evonik</strong> aufmerksam geworden.<br />
„Kein anderer Klub in der Bundesliga bringt das<br />
Massen- und Mengenphänomen im Fußball so zum<br />
Ausdruck wie der BVB. Die Sympathiewerte sind absolut<br />
top, unser Klub steht glaubwürdig für ehrlichen<br />
und intensiven Fußball“, erklärt BVB-Direktor Cramer<br />
die herausragende Stellung seines Vereins. Der<br />
BVB hat das größte Stadion der Liga und verzeichnet<br />
mit fast 79.000 Besuchern pro Spiel und rund 1,3 Millionen<br />
Zuschauern bei 17 Heimspielen die mit Abstand<br />
höchsten Zuschauerzahlen – und spielt damit europaweit<br />
in einer Liga mit Klubs wie FC Barcelona, Real<br />
Madrid und Manchester United.<br />
Das besondere Verhältnis zwischen dem Klub und<br />
seinen Fans war unmittelbar spürbar auf der letzten<br />
Hauptversammlung des Vereins im November 2010<br />
in der Westfalenhalle – lange bevor irgendjemand<br />
an den möglichen Titelgewinn dachte: Die Spieler<br />
wurden mit minutenlangem, donnerndem Applaus<br />
begrüßt. „Wir waren vielleicht noch nie so glücklich<br />
mit einer Mannschaft wie mit dieser“, bekennt eine<br />
ältere Frau, eines von mittlerweile über 40.000 Vereinsmitgliedern.<br />
„Egal, wo die Mannschaft am Ende<br />
der Saison landen wird, dieses junge sympathische<br />
Team und diesen tollen Trainer werden wir in Dortmund<br />
nicht so schnell vergessen.“<br />
Carsten Cramer sieht aber auch die Verpflichtung,<br />
die aus der Zuneigung der Fans entsteht: „Trotz dieses<br />
sensationellen Saisonverlaufes für unsere Mannschaft<br />
mit dem Gewinn der Meisterschaft dürfen wir nicht<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
Wir stehen hinter dem BVB.<br />
Münchner kriegen Kinder.<br />
Dortmunder kriegen BVB-Fans.<br />
Printmedien-Kampagne von <strong>Evonik</strong> mit BVB-Faktor zu Beginn der Saison<br />
davon ausgehen, dass diese Erfolgsserie zum Automatismus<br />
wird. Deshalb werden wir jetzt nicht die<br />
Hände in den Schoß legen, sondern müssen uns noch<br />
unabhängiger machen vom rein sportlichen Erfolg und<br />
vom Tabellenplatz.“ Dazu gelte es, die Faszination des<br />
Klubs, seine Bindungskraft und die besonderen Emotionen,<br />
die das oft extreme Erlebnis Fußball beim BVB<br />
ausmachen, zu nutzen, um die Marke Borussia Dortmund<br />
weiter zu stärken. Ein Markenpotenzial, von<br />
dem auch Hauptsponsor <strong>Evonik</strong> profitiert.<br />
Merchandising-Chef Matthias Zerber lässt Zahlen<br />
sprechen: „Wir werden bis zum Ende der Saison bis zu<br />
150.000 Fantrikots verkauft haben, das ist Rekord. Die<br />
Fans identifizieren sich mit den Jungs“, berichtete er<br />
von gestiegenen Umsätzen in den Fan-Shops. Übrigens:<br />
Die Trikots mit dem Namen der Spieler Lucas<br />
Barrios und Shinji Kagawa sind in dieser Saison die<br />
absoluten Bestseller. Aber auch ein Sparschwein, das<br />
die BVB-Hymne spielt, wenn man Geld hineinwirft,<br />
oder ein karierter Schal, wie ihn Trainer Jürgen Klopp<br />
Strategie und<br />
Sicherheit<br />
Mats Hummels (22)<br />
zählt zu den<br />
torgefährlichsten<br />
Abwehrspezialisten<br />
der Liga. Der<br />
Nationalspieler war<br />
zuvor beim FC Bayern<br />
und wechselte<br />
2008 zur Borussia<br />
www.evonik.de<br />
„Klare Positionierung“<br />
Stephan Schröder ist Mitglied der Geschäftsleitung beim Marktforschungs-<br />
und Beratungsunternehmen Sport + Markt, Köln<br />
Herr Schröder, hätten Sie der<br />
damaligen RAG 2006 zu einem Trikotsponsoring<br />
beim BVB geraten?<br />
Ja, denn Borussia Dortmund hat im Vergleich<br />
zu den meisten anderen Bundesligaklubs<br />
ein eindeutiges Imageprofil<br />
und eine sehr klare Positionierung. Der<br />
Traditionsverein aus der Ruhr gebietsmetropole<br />
war von Anfang an eine glaubhafte<br />
Plattform, um die dann später<br />
neu geschaffene Unternehmens marke<br />
„<strong>Evonik</strong>“ breit zu kommunizieren.<br />
Was macht den BVB so besonders?<br />
Imagefaktoren wie „Identifikation“<br />
Cramer ist bewusst, dass der Erfolgsfaktor BVB sehr<br />
empfindlich auf übertriebenen Kommerz reagieren<br />
würde. „Wir sind zwar professionell aufgestellt, aber<br />
wir vergessen nie, woher wir kommen.“<br />
Mit Sportsponsoring lassen sich Zielgruppen erreichen,<br />
die man mit klassischen Werbemaßnahmen<br />
nicht erreichen kann. Die unvergleichliche Atmosphäre<br />
im größten Fußballtempel Deutschlands, die sympathische<br />
Ausstrahlung von Trainer und Team und die<br />
große Fangemeinde von über 3,5 Millionen Menschen<br />
nicht nur aus der Region machen den BVB besonders<br />
attraktiv für seine Partner aus der Wirtschaft.<br />
Das Sponsoring von <strong>Evonik</strong> zeigt Wirkung: Das<br />
Marktforschungsinstitut Brand Science befragte im<br />
Dezember 2010 eine Zielgruppe von 25- bis 54-Jährigen<br />
nach positiven Imagewerten von <strong>Evonik</strong> wie<br />
kreativ, innovativ, modern oder sympathisch. In der<br />
Zielgruppe der „BVB-Sponsoring-Kenner“ lag die<br />
Zustimmung durchweg höher als in der Vergleichsgruppe.<br />
In Zeiten, in denen der Konzern eine Werbekampagne<br />
schaltet, wirkt dieses Sponsoring als Verstärker<br />
– in kampagnenfreien Zeiten hält es die Marke<br />
im Blickfeld der Öffentlichkeit.<br />
„Mit einer herausragenden Saison hat es Borussia<br />
Dortmund geschafft, sich die Sympathien von mehr<br />
als 50 Prozent der Fußballinteressierten zu sichern“,<br />
so Markus Lichti, Leiter Lösungen und Mitglied der<br />
Geschäftsleitung beim Institut für Medienanalysen<br />
IFM Sports Gruppe, Karlsruhe. Von den seit Anfang<br />
der Saison um mehr als 20 Prozentpunkte gestiegenen<br />
Sympathiewerten profitiere auch der Sponsor <strong>Evonik</strong>,<br />
auf den sich das positive Image von Borussia Dortmund<br />
übertrage. Auch sei es <strong>Evonik</strong> gelungen, seine unge-<br />
FOTOS: DEFODI.DE (3), PR (2) häufig trägt, waren zeitweilig ausverkauft. Carsten<br />
oder „leidenschaftlich“ werden in der<br />
Atmosphäre in Dortmund besonders<br />
intensiv erlebbar und belegen das Potenzial<br />
zu einer großen Marke im Fußball.<br />
Als Unternehmen aus der Region<br />
mit dem Anspruch eines Global Players<br />
passt <strong>Evonik</strong> sehr gut zum BVB.<br />
Kann man die Sponsorship von<br />
<strong>Evonik</strong> als erfolgreich bezeichnen?<br />
Die Partnerschaft mit dem BVB hat<br />
<strong>Evonik</strong> bei Fußballfreunden bekannt<br />
gemacht. Das Ergebnis unserer Umfrage<br />
unter deutschen Fans ergab: 18<br />
Prozent ordnen <strong>Evonik</strong> als Trikotwer-<br />
stützte Bekanntheit seit der letzten Saison zu verdoppeln.<br />
Dieser Wert gilt als härteste Währung, denn es<br />
werden bei dieser Abfrage keine Marken namen zur<br />
Auswahl vorgegeben, sondern der Befragte muss<br />
selbst darauf kommen – eben ungestützt.<br />
„Medienpräsenz und Reichweite des BVB in der<br />
ARD-Sportschau liegen auf einem Topwert, womit<br />
auch ein höherer Mediendruck des Sponsors <strong>Evonik</strong><br />
einhergeht“, erklärt Markus Lichti. Bei jedem Torjubel<br />
im Blick: <strong>Evonik</strong>. Borussia Dortmund kann Hauptsponsor<br />
<strong>Evonik</strong> durch die attraktivere Positionierung in der<br />
ARD-Sportschau in dieser Saison um circa zehn Prozent<br />
höhere Werbewerte bieten als andere Vereine.<br />
Bekanntheit und Image<br />
„Weiche Faktoren“ wie Image oder Bekanntheit<br />
einerseits, „harte kaufmännische Aspekte“ wie<br />
Vertrieb oder Kundenbindung andererseits sind<br />
es, die Sponsoring für Unternehmen reizvoll<br />
machen. Aber auch unternehmensinterne –<br />
nur sind diese mit einem Firmensitz mitten im<br />
Ruhrgebiet manchmal von lebhaften Diskussionen<br />
geprägt, wie <strong>Evonik</strong>-Marketingchef Markus Langer<br />
einräumt: „Unser Konzernbetriebsratsvorsitzender<br />
Ralf Hermann ist Schalke-Fan – und genau<br />
wie er ein großer Teil der Mitarbeiter.“ Schließlich<br />
liegen der Firmensitz Essen und der größte Werksstandort<br />
Marl näher an Gelsenkirchen als an Dortmund.<br />
Aber auch Ralf Hermann ist davon überzeugt,<br />
dass das im Jahre 2006 beschlossene Hauptsponsoring<br />
bei Borussia Dortmund richtig war und ist: „Es gibt<br />
keinen besseren Weg, als seinen Namen über einen<br />
Bundesligisten mit hoher Beliebtheit bekannt zu<br />
machen. Der BVB spielt einen sehr guten Fußball<br />
DER BVB-FAKTOR 23<br />
ber korrekt dem BVB zu – für einen<br />
Industriekonzern ein sehr guter Wert.<br />
Der Einstieg 2006 war vermutlich<br />
ausgesprochen günstig. Stimmt<br />
bei der mittler weile erhöhten<br />
Sponsoring summe für <strong>Evonik</strong> noch<br />
das Preis-Leistungs-Verhältnis?<br />
Aktuell profitiert <strong>Evonik</strong> als<br />
Hauptsponsor von den Sympathiewellen,<br />
die den jungen Himmelsstürmern<br />
um Trainer Jürgen Klopp entgegenschlagen.<br />
Dafür bezahlt <strong>Evonik</strong> sicherlich<br />
heute mehr als vor fünf Jahren,<br />
aber das ist auch angemessen.<br />
Internationales<br />
Know-how<br />
Shinji Kagawa (22)<br />
ist erst seit 2010<br />
beim BVB und<br />
bereits einer der<br />
Shootingstars der<br />
Dortmunder. Er hat<br />
22 Länderspiele mit<br />
der japanischen<br />
Nationalmannschaft<br />
absolviert<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
24 DER BVB-FAKTOR<br />
„Der Titel ist nicht mit Geld zu bezahlen“<br />
Werbeform Akzeptanz in Prozent<br />
Trikotwerbung 94<br />
Bandenwerbung 93<br />
Plakatwerbung 92<br />
Anzeigen 87<br />
Namensgebung von Stadien 74<br />
TV-Presenting 67<br />
Kinowerbung 63<br />
Bannerwerbung Internet 48<br />
TV-Gewinnspiele 47<br />
TV-Werbespots 47<br />
Prospektwerbung per Post 44<br />
Splitscreen im TV 33<br />
Telefonmarketing 7<br />
Höchste Akzeptanz durch Fußballfreunde erfährt Werbung auf den Trikots,<br />
an der Bande und auf Plakaten. Andere Werbeträger schneiden schlechter ab<br />
QUELLE: SPORTFIVE, FUSSBALLSTUDIE 2009, INFOGRAFIK: PICFOUR<br />
Ausdauer und Erfahrung<br />
Nuri Sahin (22) war mit<br />
16 Jahren, 11Monaten und<br />
einem Tag jüngster<br />
Bundes liga spieler. In der<br />
gerade abgeschlossenen<br />
Saison hatte er im<br />
Durchschnitt 87 Ball -<br />
kontakte pro Spiel – mehr<br />
als er hat keiner im BVB<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
und steht in dieser Saison zu Recht ganz oben. Und<br />
wir sind mit dabei. Irgendwie ist es toll, Hauptsponsor<br />
des deutschen Meisters zu sein“, freut sich der Schalke-Fan.<br />
Dagegen schlägt das Herz von Ludwig Ladzinski<br />
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Betriebsräte<br />
in der RAG-Stiftung, der Mehrheitseigentümerin<br />
des Essener Industriekonzerns <strong>Evonik</strong>, „seit meiner<br />
Geburt“ schwarz-gelb. Ladzinski, der auch dem<br />
Gesamtbetriebsrat der RAG vorsitzt, betont: „Die<br />
positiven Auswirkungen des Titelgewinns sind mit<br />
Geld nicht zu bezahlen!“<br />
Das Engagement von <strong>Evonik</strong> macht sich zum Beispiel<br />
auch beim Kontakt mit Bewerbern bezahlt,<br />
erhöht im Sinne des „Employer-Branding“ die Attraktivität<br />
als Arbeitgeber und unterstützt so auch die eigene<br />
Zukunftsfähigkeit. „Das gilt besonders für unsere<br />
Standorte in Deutschland. Aber wir wissen, dass<br />
es auch in Südostasien und Japan viele Fans der Bundesliga<br />
gibt. Bewerber am Firmenstandort Singapur<br />
erwähnen bei Vorstellungsgesprächen häufig, sie seien<br />
auf <strong>Evonik</strong> über den BVB aufmerksam geworden“,<br />
berichtet Markus Langer. Oder das Beispiel Japan: Dort<br />
bringt das Fernsehen Sondersendungen über den BVB,<br />
und durch die glanzvollen Auftritte von Shinji Kagawa<br />
ist auch die Bekanntheit von <strong>Evonik</strong> in Japan sprunghaft<br />
gestiegen – die japanischen Kollegen freuen sich<br />
über jedes Tor des Mittelfeldspielers besonders.<br />
<strong>Evonik</strong> spielt bei Heimspielen die gesamte Klaviatur<br />
eines Hauptsponsors: Trikotwerbung, Bandenwerbung,<br />
Cam-Carpets neben den Toren (Werbeteppiche,<br />
die aus der Perspektive der TV-Kamera<br />
dreidimensional wirken), Bannerwerbung im Umfeld<br />
des Stadions und Hospitality-Maßnahmen zur Kun-<br />
Der Name von Hauptsponsor <strong>Evonik</strong> ist bei jeder TV-<br />
denbetreuung und Mitarbeitermotivation. Bei wichtigen<br />
Auswärtsspielen sponsert das Unternehmen auch<br />
schon einmal einen Fan-Zug.<br />
Im Umfeld von Fußballübertragungen wird die<br />
Chance zum doppelten Kontakt genutzt – ein Bericht<br />
vom BVB-Spiel und die Ausstrahlung eines BVB-Spots<br />
erzielen zusammen eine besonders hohe Aufmerksamkeit.<br />
Der vor jedem Heimspiel eingespielte Spot<br />
„Tochter“ sorgte in der Rückrunde immer für beste<br />
Stimmung im Stadion. Die Story: Spießer-Mama und<br />
Spießer-Papa sitzen vor dem Kamin und lesen. Plötzlich<br />
blickt die streng aussehende Mama auf, sie scheint<br />
ihren Augen nicht zu trauen: Ihre Teenie-Tochter hat<br />
sich fürs Ausgehen zurechtgemacht und präsentiert<br />
sich im Mikromini und bauchfreiem Shirt. Mama<br />
scheucht ihr Kind zurück aufs Zimmer. Augenblicke<br />
später präsentiert sich die Tochter im gleichen Outfit –<br />
nur jetzt mit BVB-Fanmütze, was Mama mit einem entzückten<br />
„Geht doch!“ kommentiert.<br />
Auch in schlechten Zeiten<br />
Zu jedem Heimspiel schaltet <strong>Evonik</strong> ein neues Anzeigenmotiv<br />
im Stadionmagazin, das meist auf den nächsten<br />
Gegner bezogen ist. Im ersten, sportlich eher<br />
wenig erfolgreichen Jahr der Partnerschaft litt der<br />
Sponsor mit den Fans und bezog kritisch Position –<br />
Übertragung groß im Bild – egal, ob auf dem Trikot oder auf der Bande<br />
ge waren drei Tipp-Kick-Figuren in schwarz-gelben<br />
Trikots des BVB mit folgendem Dialog zu sehen: „Verloren<br />
gegen Hamburg! Selbst meine Oma spielt besser<br />
als wir.“ – „Und? Hat sie nächste Woche Zeit?“<br />
Die Fans fanden die Aktion gut. Aber auch die Verantwortlichen<br />
beim BVB konnten mit dieser Kritik<br />
leben: „Das war damals genau die richtige Sprache,<br />
da hätten die Spieler echt mal einen Tritt in den Hintern<br />
gebraucht“, erinnert sich auf der Hauptversammlung<br />
des Vereins ein langjähriges Mitglied, das auch in<br />
der gut beheizten Westfalenhalle den schwarz-gelben<br />
Fan-Schal nicht ablegt.<br />
Die große mediale Beachtung fand die Derby-<br />
Anzeige 2009 vor dem Spiel gegen den FC Schalke<br />
04: Ein Pärchen, das Arm in Arm an einer Bushaltestelle<br />
steht und auf den Fahrplan schaut – nichts könnte<br />
alltäglicher sein. Wäre da nicht die unterschiedliche<br />
Fankluft: Er trägt Schwarz-Gelb, sie trägt Blau-Weiß.<br />
Grund genug für <strong>Evonik</strong>, die beiden in einer Anzeige<br />
für den „Friedensnobelpreis 2009“ zu nominieren.<br />
Zweimal pro Saison stellt der Konzern seine werblichen<br />
Zusatzleistungen als „Sponsor of the day“ kostenlos<br />
einer karitativen Einrichtung zur Verfügung:<br />
In der Hinserie konnte sich das Netzwerk Roter Keil<br />
zur Bekämpfung von Kinderprostitution und -por-<br />
FOTOS: DEFODI.DE allerdings mit einem Augenzwinkern: In einer Anzei-<br />
nografie mit Promotion-Aktivitäten einer breiten<br />
Öffentlichkeit vorstellen. <strong>Evonik</strong> verzichtete auf seinen<br />
Schriftzug auf den T-Shirts der Balljungen, vergab<br />
diesen Werbeauftritt an ein anderes Unternehmen<br />
und spendete den Erlös an das Netzwerk.<br />
Außerdem riefen auf Initiative von <strong>Evonik</strong> auch<br />
andere Klub-Sponsoren zu einer Spendenaktion auf.<br />
„Eine tolle Idee, für die wir sehr dankbar sind“, so der<br />
Initiator des Netzwerks Pfarrer Dr. Jochen Reidegeld.<br />
Insgesamt flossen 43.500 € auf das Konto der Stiftung<br />
Roter Keil, zu deren Schutzengeln auch die BVB-Spieler<br />
Sebastian Kehl, Roman Weidenfeller und Florian<br />
Kringe zählen.<br />
<strong>Evonik</strong> versteht es, bei den Fans im Gespräch zu<br />
bleiben – ob mit der Finanzierung von Reisen zu Auswärtsspielen<br />
oder zum Pokalfinale nach Berlin Ende<br />
der Saison 2008, ob durch Charity-Aktionen im Stadion,<br />
die von den BVB-Fans finanziell unterstützt<br />
wurden, oder mit kreativen Anzeigenmotiven. In der<br />
Saison 2007/08 schenkte <strong>Evonik</strong> jedem der mehr als<br />
50.000 Dauerkartenkäufer sogar ein Fantrikot.<br />
Der nächste Baustein dieser Partnerschaft zwischen<br />
Fußballklub und Wirtschaftsunternehmen:<br />
Für diesen Sommer ist der gemeinsame Aufbau einer<br />
Kinder-und-Jugend-Fußballschule vereinbart, die sich<br />
ausdrücklich an Breitensportler wendet und nicht an<br />
jene Supertalente, die im vereinseigenen Fußball-<br />
Nachwuchsleistungszentrum ausgebildet werden.<br />
Eine alte Fußballweisheit lautet „Never change a<br />
winning team“ – das gilt auch für die Partnerschaft von<br />
Klub und Sponsor: <strong>Evonik</strong> verlängerte seinen Vertrag<br />
als Hauptsponsor von Borussia Dortmund vorzeitig bis<br />
zum Jahr 2013. Kontinuität gilt als oberstes Gebot für<br />
erfolgreiches Sportsponsoring.<br />
DER BVB-FAKTOR 25<br />
Kreativ und schnell<br />
Jakub (Kuba) Błaszczykowski<br />
(25) ist seit 2007 beim BVB.<br />
Er ist „der Tempomacher und<br />
Knotenlöser“ – ein sehr<br />
schneller Spieler im Mittelfeld<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
26 BVB-TALK<br />
„Ein unfassbares Glück“<br />
Das lange Zeit Unerreichbare ist geschafft: Der BVB ist deutscher Meister –<br />
mit der jüngsten Mannschaft der Bundesliga. Wie der BVB-Faktor <strong>Evonik</strong><br />
befl ügelt, analysiert Manfred Bissinger mit Cheftrainer Jürgen Klopp,<br />
Vereins-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und <strong>Evonik</strong>-Chef Dr. Klaus Engel<br />
FOTOS: KIRSTEN NEUMANN<br />
MEINE HERREN, Sie sind das „Dreigestirn“ des<br />
Erfolgs von Dortmund: Jürgen Klopp, der Trainer,<br />
Taktiker und wortgewaltige Motivator; Hans- Joachim<br />
Watzke, der umsichtige Geschäfts führer, der die Vo -<br />
raus setzungen für den reibungs losen Spiel betrieb<br />
schafft, und Dr. Klaus Engel, der als Vorstandsvorsitzender<br />
des Hauptsponsors <strong>Evonik</strong> Industries AG fest<br />
an die Leistungskraft seines BVB geglaubt und den<br />
Vertrag vor zwei Jahren verlängert hat. Ihnen erst mal<br />
herzlichen Glückwunsch zur Saison! Wir wollen jetzt<br />
ein Gespräch über Erfolg, über Leistung, über Teamgeist<br />
führen.<br />
Als Sie in diese Saison gestartet sind, Jürgen Klopp,<br />
hatten Sie da ein Motto und ein Ziel, das Sie den<br />
Spielern mitgegeben haben?<br />
Klopp: Ja, ich habe den Jungs erst mal klar gemacht,<br />
dass alle über uns lästern werden, weil wir zu jung und<br />
zu früh dran sind. Ich habe ihnen gesagt: „Wir haben<br />
keine Zeit zu verschenken. Alles, was möglich ist, wollen<br />
wir jetzt haben. In dieser Saison.“ Und da wir keine<br />
Erfahrungswerte haben, müssen wir eben neue<br />
Maßstäbe setzen. Ein Beispiel: Sieben Auswärtsspiele<br />
zu gewinnen und daraus abzuleiten, das achte hat<br />
noch keiner gewonnen, das macht dann den unglaublichen<br />
Reiz aus. Die besondere Geschichte war auch,<br />
dass uns das niemand zugetraut hat.<br />
Engel: Es war grandios, wie Sie die Spieler zum Endspurt<br />
aufgerufen haben. Zum ersten Mal wurde es<br />
richtig eng mit dem Spiel gegen Leverkusen. Das ist<br />
dann aber optimal gelaufen. Es war fantastisch. Von<br />
da an war das Saisonende vorgezeichnet.<br />
Herr Watzke, Sie haben schon früh vom dritten Platz<br />
gesprochen. Wollten Sie damit die Emotionen zügeln?<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
Watzke: Ich habe gesagt, wenn wir am Ende, nach dem<br />
34. Spieltag, den Eindruck haben, diese Mannschaft<br />
hat alles gegeben, dann ist auch der dritte Platz für uns<br />
ein Erfolg. Wir müssen das Gefühl haben, alles für den<br />
Sieg eingesetzt zu haben.<br />
Klopp: Zu Beginn der Saison haben wir mit dieser blutjungen<br />
Mannschaft niemals mit einem solchen Erfolg<br />
gerechnet. Wir haben gewusst, es wird unglaublich<br />
schwer, und uns dann selbst überrascht. Das Schönste<br />
war die Konstanz, mit der die Mannschaft in der Spur<br />
blieb; damit konnten wir nicht rechnen.<br />
Herr Dr. Engel, Sie sitzen im Wirtschaftsrat<br />
des BVB. Da kann man sich ein gutes Bild machen.<br />
Haben sich die Herren Klopp und Watzke mit<br />
zunehmendem Erfolg verändert, oder sind sie die<br />
Gleichen geblieben?<br />
Engel: Jürgen Klopp und Hans-Joachim Watzke waren<br />
bei Saisonstart so gelassen und souverän, wie sie es<br />
jetzt auch sind. Was mich beeindruckt hat, war zum<br />
einen die hohe Professionalität im sportlichen Bereich.<br />
Aber im Profisport ebenso wichtig ist die wirtschaftliche<br />
Seite. Der Verein hat nach einer existenziellen<br />
Krise wieder eine solide Basis geschaffen und sich für<br />
die Zukunft gut aufgestellt. Das finde ich schon klasse.<br />
Da passt alles zusammen.<br />
Herr Watzke, war der Erfolg dieser Saison planbar?<br />
Watzke: Pläne gehen selten auf, im Fußball noch viel<br />
seltener.<br />
Engel: Warum so bescheiden? Sie haben Ihre Ziele<br />
doch verwirklichen können.<br />
Watzke: Bevor wir an den Plan gingen, haben wir erst<br />
mal unsere Plus- und unsere Minuspunkte herausgearbeitet.<br />
Uns war schnell klar, dass wir auf der einen<br />
Seite nicht unerschöpflich viel Geld zur Verfü-<br />
BVB-TALK 27<br />
Gruppenfoto mit Fan-Schal:<br />
BVB-Cheftrainer Jürgen Klopp,<br />
Dr. Klaus Engel, Vorstands vorsitzender<br />
von <strong>Evonik</strong>, BVB-Geschäftsführer<br />
Hans-Joachim Watzke
Der Hauptsponsor: Dr. Klaus Engel (55) ist seit 2009 Vorstandsvorsitzender<br />
von <strong>Evonik</strong> Industries und hat den Sponsorenvertrag mit dem BVB, der bereits 2006 –<br />
damals noch zwischen der RAG und dem Bundesligisten – geschlossen wurde,<br />
vorzeitig bis 2013 verlängert. Gefragt ist aber auch die Fachkompetenz des Konzernchefs<br />
im Wirtschaftsrat von Deutschlands einzigem börsennotierten Fußballklub<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
gung, unsere Fans auf der anderen Seite aber hohe<br />
Erwartungen haben. Wir brauchten also junge Spieler.<br />
Und der entscheidende Schritt war, einen Trainer<br />
zu finden, der sich mit der Philosophie junger Spieler<br />
identifizieren kann und sich in diesem Umfeld wohlfühlt.<br />
Ottmar Hitzfeld beispielsweise, den ich als Trainer<br />
sehr schätze, der hätte das niemals gekonnt. So<br />
entstand die Königsidee mit Jürgen Klopp. Es sollte ein<br />
geschlossenes System werden.<br />
Engel: Und es hat prima geklappt.<br />
Uli Hoeneß von Bayern München hat kürzlich<br />
eingeräumt, auch mit Jürgen Klopp geliebäugelt<br />
zu haben.<br />
Watzke: Er hätte ihn verpflichten können. Er war vor<br />
uns an ihm dran. Er hat sich offenbar nicht getraut.<br />
Herr Klopp, Sie erstürmen gerade den Gipfel Ihrer<br />
Karriere als beliebter, als angesehener, als<br />
erfolgreicher Trainer. Wie lebt es sich damit, bei<br />
einem Riesenverein ein Riesenheld zu sein?<br />
Klopp: Für mich ist das unproblematisch. Ich kann<br />
mich einschätzen. Ich bin schließlich 43 Jahre mit<br />
mir zusammen und habe das Talent, meine Schwächen<br />
zu tolerieren und mich trotzdem weiterzuentwickeln.<br />
Dabei ist die öffentliche Wahrnehmung<br />
durchaus wichtig. Sie ist ein entscheidender<br />
Teil meines Berufes und lässt sich nicht ignorieren.<br />
Ich arbeite nun mal in der Öffentlichkeit und<br />
bin damit öffentlich. Ich weiß auch: Bisher hatte ich<br />
deutlich mehr Glück als Verstand. Schon als Trainer<br />
bei <strong>Mai</strong>nz 05.<br />
Man hatte mich oft gewarnt, wer weiß, ob ich das<br />
in ähnlicher Weise auch in einem größeren Verein<br />
verwirklichen könnte. Was ich dann bei Borussia<br />
Dortmund vorgefunden habe, war nicht nur ein Rie-<br />
senverein, sondern auch eine große Menschlichkeit.<br />
Glauben Sie mir, es war ein unfassbares Glück, in diesem<br />
Verein zu landen, wo die Menschen mit wahnsinnigem<br />
Herzblut arbeiten.<br />
Herr Dr. Engel, was können Sie als Vorstandsvorsitzender<br />
von <strong>Evonik</strong> Industries von Borussia<br />
Dortmund lernen?<br />
Engel: Darüber könnte man abendfüllend reden. Es<br />
gibt tatsächlich viele Parallelen, eine wichtige ist vielleicht:<br />
Man muss in den beiden Spitzenpositionen, als<br />
Trainer und als Vorstandschef, authentisch bleiben.<br />
Auch wenn alles gut läuft, darf man sich nicht größer<br />
machen, als man ist. Auch keine Dinge verkünden,<br />
die nicht zur Kernkompetenz gehören, das merken<br />
die Menschen schnell. Auf dem Boden bleiben, wie<br />
es die Herren Klopp und Watzke vormachen, ist auch<br />
meine Devise. Wer einseitig auf Show und Inszenierung<br />
setzt, bekommt schnell ein Glaubwürdigkeitsproblem.<br />
Im Fußball braucht es nur eine Fehlentscheidung,<br />
eine verpasste Torchance oder einen verletzten<br />
Spieler, und schon kann es auch mal danebengehen.<br />
Solche Rückschläge muss man aushalten und zurückkommen.<br />
Im Sport ebenso wie in einem internationalen<br />
Industrieunternehmen.<br />
Sie würden also auch sagen, dass Sie für Ihr<br />
Unternehmen Vorbild sein müssen, so wie<br />
die beiden – der eine für das Team und der andere<br />
für den Verein – Vorbild sind?<br />
Engel: Ein Cheftrainer, ein Wirtschaftskapitän, ein<br />
Geschäftsführer, jemand, der Verantwortung trägt<br />
in einer Organisation, lebt natürlich die Kultur des<br />
Unternehmens vor, und die Menschen schauen auf<br />
ihn. Ich kann doch nicht sagen, meine Mitarbeiter sollen<br />
auf dem Teppich bleiben und pflege selbst höfische<br />
Rituale. Das geht nicht.<br />
Herr Watzke, es gibt Spieler, die sind<br />
17 Millionen € wert, und andere werden mit<br />
150.000 gehandelt. Wie geht die<br />
Mannschaft mit solchen Unterschieden um?<br />
Watzke: Ich glaube, dass jeder, der mit 18 auf dem<br />
Transfermarkt mit 150.000 bewertet wird, da reinwachsen<br />
muss. Diesen Prozess zu begleiten ist die<br />
Aufgabe des Trainers und unseres Sportdirektors<br />
Michael Zorc. Die beiden machen das auch sehr gut.<br />
Jürgen Klopp beispielsweise legt größten Wert auf<br />
Charakter. Da beobachtet er die Spieler unglaublich<br />
intensiv. Wenn sich einer verändert, bemerkt er das<br />
sofort, reagiert und holt ihn auf den Boden zurück.<br />
„Der Borussia-Faktor ist keine Mode, die glücklich vom Himmel gefallen ist,<br />
sondern Ergebnis einer logischen und systematischen Arbeit“ Dr. Klaus Engel<br />
Wer gibt denn die Beurteilungen vor?<br />
Klopp: Erst mal – ich respektiere meine Jungs absolut.<br />
Und die mich auch. Für die habe ich die einzig relevante<br />
Meinung zum Spiel. Nicht, weil ich der Einzige<br />
bin, der Ahnung hat, sondern weil wir uns auf einen<br />
gemeinsamen Weg geeinigt haben. Den gehen wir<br />
zusammen. Mir ist es lieber, elf Mann machen das<br />
Gleiche falsch, als elf Mann machen, was sie wollen.<br />
Dann ist die Chance für einen Sieg vorbei. Aber<br />
machen alle das Gleiche falsch, kann man immer noch<br />
gewinnen.<br />
Engel: Ja, da hat Jürgen Klopp recht. Weil wir eben<br />
nicht alle als Genies auf die Welt gekommen sind, sind<br />
Einsatzbereitschaft und Teamfähigkeit umso wichtiger.<br />
Und Charakter. Ob nun im Sport oder in der Wirtschaft,<br />
Genies neigen schon irgendwie zur Egomanie.<br />
Ich bin mit den Teamplayern gut gefahren.<br />
Aber einer muss doch das letzte Wort haben?<br />
Engel: Klar, auch wenn bei <strong>Evonik</strong> vermutlich ebenso<br />
wie bei der Borussia viel diskutiert wird. Am Ende<br />
muss einer sagen: „Wir spielen jetzt dieses System<br />
oder jenes.“ Dabei gibt es natürlich auch Entscheidungen,<br />
die man letztendlich nicht mit Zahlen allein<br />
begründen kann. Dann muss ich halt Ja oder Nein<br />
sagen. Das wird bei den Herren Klopp und Watzke<br />
nicht anders sein als bei uns.<br />
Watzke: Im Fußball würde ich immer dafür kämpfen,<br />
dass die Exekutive klare Entscheidungsvollmachten<br />
erhält. Ich halte nichts davon, vor wichtigen Fragen<br />
Wahlkampf zu machen und dann 5 :3 abzustimmen.<br />
Das ist für jeden Fußballklub fatal, wenn Vorstand und<br />
Aufsichtsräte Wochen brauchen, um ein Problem zu<br />
lösen. Das lähmt auch das Spiel.<br />
Sie haben viel Macht…<br />
Watzke: …und deshalb brauchen wir starke Kontrolleure,<br />
die kraft ihrer Persönlichkeit, wie bei uns Dr.<br />
Engel, Friedrich Merz oder Peer Steinbrück, auch in<br />
der Lage sind, den Weg zu weisen und von den Medien<br />
auch als starke Kontrolleure wahrgenommen werden.<br />
Unter vier Augen können und sollen Sie uns ruhig<br />
die Leviten lesen.<br />
In puncto Nachwuchsarbeit jedenfalls scheint dazu<br />
kein Anlass zu bestehen. Welchen Stellenwert hat das<br />
Thema für den aktuellen Erfolg des BVB?<br />
Klopp: Nachwuchsförderung ist ganz, ganz schwierig.<br />
Heute musst du die Jungs mit 14 Jahren im Verein<br />
haben, weil 16- oder 17-Jährige in der Bundes liga<br />
nicht mehr abgeworben werden. In dem Alter kann<br />
aber noch in alle Richtungen viel passieren. Es ist also<br />
wirklich schwer, aber natürlich wichtig. Wir haben in<br />
den letzten drei Jahren jeweils den besten Jugendjahrgang<br />
gehabt. Die kommen alle aus Dortmund oder der<br />
näheren Umgebung. Fantastisch. Das sind die Herren<br />
Ginczek, Stiepermann, Götze war dabei, das ist Hornschuh,<br />
das ist Sobiech.<br />
Kein leichter Weg für die jungen Männer.<br />
Klopp: Es ist wahnsinnig schwierig für die Jungs, denn<br />
die haben einen Tagesablauf, den möchte keiner von<br />
uns haben. Die stehen mitten im Wachstum zu einer<br />
Uhrzeit auf, wo sie eigentlich noch fünf Stunden Schlaf<br />
bräuchten. Es geht früh los, dann ab in die Schu-<br />
BVB-TALK 29<br />
Der Cheftrainer:<br />
Jürgen Klopp (43) trainiert<br />
seit Juli 2008 die BVB-Elf.<br />
Der Diplomsportwissenschaftler<br />
war zuvor beim<br />
1. FSV <strong>Mai</strong>nz 05 – von 1990<br />
bis 2001 als Profispieler<br />
und danach als Trainer. Im<br />
TV hat er die WM 2006,<br />
die EM 2008 und die<br />
WM 2010 kommentiert
30 BVB-TALK<br />
„Wir haben fünf Nationalspieler. Das sind die alle unter Jürgen<br />
Klopp geworden. Viel mehr ist nicht zu bieten“ Hans-Joachim Watzke<br />
Der Geschäfts führer:<br />
Hans-Joachim Watzke (51)<br />
führt seit 2005 die Geschäfte<br />
der Borussia Dortmund<br />
GmbH & Co. KGaA und der<br />
Tochterfirma BVB Stadion<br />
Holding GmbH. Zuvor war er<br />
seit 2001 Schatzmeister des<br />
BVB und hat die Watex-Schutz-<br />
Bekleidungs-GmbH geleitet<br />
le, dann zurück von der Schule und wieder ab ins<br />
Training, erst abends gehts nach Hause.<br />
Ist die Nachwuchsfrage bei <strong>Evonik</strong> ähnlich schwierig?<br />
Engel: Ja, denn wir bilden weltweit aus. Einen guten<br />
Manager für China, den können wir kaum von draußen<br />
holen. Und mit Geld alleine ist der auch nicht mehr<br />
zu ködern. Wir müssen diesen Mitarbeitern eine Perspektive,<br />
ein gutes Team geben und die Möglichkeit,<br />
sich bei uns besser weiterzuentwickeln als in anderen<br />
Unternehmen. Dazu gehören auch Programme,<br />
um die Familien anzubinden.<br />
Herr Klopp, Sie werden gerne der Generation der<br />
Laptop-Trainer zugerechnet…<br />
Klopp: … ich nutze tatsächlich einen Laptop, aber nur<br />
zur Spielanalyse. Ich mache mir beispielsweise keine<br />
Notizen. Ich bin mir ganz sicher, dass das, was ich mir<br />
merken kann, das jeweils Wichtige ist.<br />
Sie haben keine Zettel, die Sie hinterher abarbeiten?<br />
Klopp: Nein, wozu? Das Spiel ist heute, auch wenn der<br />
eine oder andere, der früher gespielt hat, das weniger<br />
gern hört, deutlich schneller geworden. Und das nicht,<br />
weil sich das Wetter geändert hat, sondern weil die<br />
Jungs besser trainiert sind. Dafür ist natürlich der Trainerstab<br />
verantwortlich. Wir haben das nicht erfunden,<br />
wir nutzen nur die wissenschaftlichen Erkenntnisse.<br />
Heute wissen wir: Es ist nicht notwendig, einen<br />
Trainingseffekt darin zu erkennen, dass ein Spieler auf<br />
den Rasen kotzt.<br />
So war das in Ihrer aktiven Spielerzeit?<br />
Klopp: Als ich noch spielte, war es tatsächlich so, wenn<br />
einer auf den Rasen brach, konnte die Trainingseinheit<br />
so langsam, aber sicher beendet werden. Das war<br />
natürlich völliger Senf. Wir waren alle übertrainiert<br />
und haben uns gefragt, warum wir im Laufe unserer<br />
Karriere nicht schneller wurden, sondern sehr früh<br />
langsamer. In der Wirtschaft ist das nicht anders –<br />
oder, Herr Dr. Engel? Die Unternehmen wurden vor<br />
20, 30 Jahren völlig anders geführt als heute. Wir sind<br />
in der Lage, die Informationen, die wir bekommen,<br />
richtig einzuschätzen.<br />
Watzke: Das Faszinierende an Jürgen Klopps Arbeit<br />
ist, dass er neben seiner Rhetorik, seinem sympathischen<br />
Auftritt vor allem jemand ist, der analysiert<br />
und extrem strategisch denkt. Unsere Mannschaft hat<br />
einen klaren Plan. Das ist am Ende wichtiger als jede<br />
Motivation. Es gibt im Spiel Automatismen. Wenn ich<br />
oben auf der Tribüne sitze, weiß ich schon, wenn der<br />
Ball noch bei A ist, wo nicht nur B hingeht, sondern sich<br />
auch schon C platziert hat. Da erkenne ich die Qualität<br />
des Trainers. Man kann nicht jede Woche erzählen<br />
„Ihr müsst jetzt Gras fressen“ und diesen ganzen<br />
Quatsch, wir müssen analytisch denken.<br />
Engel: Auch in der Wirtschaft arbeiten wir heute<br />
mit ganz anderen Führungsmethoden, als noch vor<br />
20 Jahren. Die Diskussion, das Team, die Analyse der<br />
Gegebenheiten spielen eine wichtige Rolle für gute<br />
Entscheidungen und Erfolg. Für mich ist der Borussia-Faktor<br />
keine Mode, die irgendwie glücklich vom<br />
Himmel gefallen ist, sondern das Ergebnis einer logischen<br />
und systematischen Arbeit. Dazu kommt eine<br />
besondere Form der Emotionalität, die selbst meine<br />
Frau begeistert. Sie war keine ausgesprochene Fußballfreundin,<br />
inzwischen liebt sie im Stadion die „gelbe<br />
Wand“, und ich darf zu Hause ohne Widerspruch<br />
die Sportschau einschalten.<br />
Herr Klopp, Stichwort Emotionalität…<br />
Klopp: …die 25.000 auf der Südtribüne sind der reine<br />
Wahnsinn. Das ist nicht normal. Wer stellt sich schon<br />
drei Stunden rund um das Spiel da hin, hat kaum Luft<br />
zum Atmen und schreit sich die Seele aus dem Leib?<br />
Sie schreien aber auch schon mal gern?<br />
Klopp: Vor dem Spiel, das ist für mich der komplette<br />
Ausnahmezustand. Da darf mich niemand ansprechen,<br />
auch mein bester Freund nicht. Während des<br />
Spiels dann Emotion pur. Wenn ich das später sehe,<br />
verstehe ich mich auch nicht. Ich würde es, wenn ich<br />
ehrlich bin, gern abstellen.<br />
Oliver Kahn spricht gern von den Parallelen<br />
zwischen Spitzenfußball und Managern. Er sagt,<br />
beide müssen intern und extern mit Druck umgehen,<br />
sie müssen Mitspieler und Mitarbeiter zu Höchstleistungen<br />
anstacheln, sie müssen Verantwortung<br />
delegieren können. Vor allem aber müssen sie lernen,<br />
Niederlagen und Krisen in Chancen zu verwandeln?<br />
Klopp: Ja, aber ich weiß gar nicht, wie sich Druck<br />
anfühlt. Die Herausforderung nimmt im Laufe einer<br />
Saison zu, das ist das Gefühl, das ich habe. Druck ist<br />
mir zu passiv, Druck ist etwas, was ich nicht beeinflussen<br />
kann.<br />
Die immer größeren Erwartungen der Öffentlichkeit<br />
machen Ihnen keinen Druck?<br />
Klopp: Man muss sich der Situation stellen, um da -<br />
rin bei aller Schwierigkeit den Reiz zu erkennen. Die<br />
He raus forderung wächst, denn man möchte ja immer<br />
die nächste Stufe erreichen. Und wenn du dann auf<br />
der stehst, dann stehst du vor einer neuen, noch größeren<br />
Aufgabe. Stellen Sie sich vor: Wir sind in der<br />
Champions League und bekommen Real Madrid oder<br />
Barcelona zugelost, dann müssen wir uns trotz Champions-League-Platz<br />
eingestehen: Barcelona ist zu früh.<br />
Aber dann ist das auch wurst, wenn wir spielen, müssen<br />
wir versuchen, zu siegen. Das ist dann die nächste<br />
Herausforderung.<br />
Und wie ist das mit dem Druck an der Spitze<br />
eines im internationalen Wettbewerb stehenden<br />
Unternehmens, Herr Engel?<br />
Engel: Es gibt immer Situationen, da muss man<br />
persönlich mit Frust, Neid, Missgunst oder Rückschlägen<br />
zurechtkommen. Aber den Job hat man für ein<br />
Der Moderator: Manfred Bissinger (rechts) ist Publizist.<br />
Zuletzt moderierte er im <strong>Evonik</strong>-Magazin ein später viel zitiertes<br />
Streitgespräch zwischen <strong>Evonik</strong>-Vorstandsvorsitzendem<br />
Dr. Klaus Engel und Dr. Thilo Bode, dem Chef von Foodwatch<br />
ganzes Leben. Den kann man nicht vor jeder Hürde<br />
tauschen, man muss ihn aushalten, sich womöglich<br />
auch ein dickeres Fell wachsen lassen. Die Kunst<br />
ist, das Fell nicht so dick werden zu lassen, dass man<br />
unsensibel wird und nicht mehr mitkriegt, was um<br />
einen herum geschieht.<br />
Und bei Ihnen, Herr Watzke, der Fokus der<br />
Öffentlichkeit richtet sich ja gerade am<br />
Saisonende stark auf die Transferlisten? Wie<br />
gehen Sie damit um?<br />
Watzke: Jürgen, Michael Zorc und ich versuchen,<br />
unseren Spielern klarzumachen, dass in ihrem Alter<br />
das Gesamtpaket entscheidend ist. Man kann natürlich<br />
schnell zu Bayern München wechseln, scheitert<br />
womöglich, kehrt dann irgendwann zurück und hat<br />
einen riesigen Karriereknick. Mit 21 oder 22 Jahren<br />
sollte ein Spieler darauf schauen, dass er ordentlich<br />
verdient, das geht bei uns. Aber auch die anderen<br />
Fragen sollten stimmen: Vertrauen, Perspektive, das<br />
Umfeld. Das meine ich mit Gesamtpaket. Wir haben<br />
fünf Nationalspieler. Das sind die alle bei Borussia<br />
Dortmund geworden, alle unter Jürgen Klopp. Viel<br />
mehr ist nicht zu bieten.<br />
Engel: Manchmal fragen wir uns allerdings: Warum<br />
kommt der Jogi Löw nicht öfter mal vorbei?<br />
Watzke: Das würde ich mir auch wünschen. Und das<br />
tun unsere Spieler auch, deswegen ist es klasse, dass<br />
Jürgen Klopp seinen Vertrag bis 2014 verlängert hat.<br />
Jetzt weiß jeder Spieler: Ich habe den Trainer, der<br />
mich zum Nationalspieler gemacht hat, auch noch die<br />
nächsten drei, vier Jahre. Da ist eine relativ klare Karriereplanung<br />
möglich.<br />
Meine Herren, wir gratulieren noch einmal und danken<br />
für das aufschlussreiche Gespräch.<br />
BVB-TALK 31<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
32 BVB-HIGHTECH<br />
Hightech stürmt immer mit<br />
Titel und Erfolge erzielen Vereine heute mit modernen Methoden und Hightech<br />
auf allen Ebenen – vom Ball zum Rasen, vom Fußballschuh über die Trainingseinheit bis hin<br />
zum Stadion. Auch wenn der Signal Iduna Park immer wieder auf den neuesten Stand<br />
der Technik gebracht worden ist, für die Fans ist er einfach „das schönste Stadion der Welt“<br />
TEXT KLAUS JOPP<br />
DIE LEUCHTEND GELBEN STAHLPYLONEN sind<br />
schon von Weitem nicht zu übersehen: 62 Meter<br />
ragen die acht Pfeiler, die das Dach von Deutschlands<br />
größtem Stadion tragen, in den Dortmunder<br />
Himmel. Wahrlich eines deutschen Meisters würdig<br />
sind schon die Dimensionen der Spielstätte – Platz<br />
für 80.720 Zuschauer, davon allein 25.000 Stehplätze<br />
auf der Südtribüne, die damit die größte in Europa<br />
ist – und die Ausstattung des Hightechtempels, die für<br />
die digitale Übertragung jedes Spiels in alle Welt bestens<br />
gerüstet ist.<br />
Fußball ist heute vor allem ein Medienereignis,<br />
gigantische Datenmengen werden von jedem Match,<br />
von jeder Spielszene aus mehreren Perspektiven simultan<br />
aufgezeichnet und in Echtzeit übertragen. Glasfaserkabel,<br />
Stromleitungen und WLAN-Verbindungen<br />
sind die Arterien und Nervenzellen der BVB-Arena, die<br />
in den frühen 1970er-Jahren noch als West falen sta dion<br />
für die Fußballweltmeisterschaft 1974 gebaut worden<br />
war, aus heutiger Sicht in der Steinzeit der Informationstechnik.<br />
Seit Mitte der 1990er-Jahre wurde das<br />
Stadion in drei Ausbaustufen auf Weltklasseniveau<br />
umgebaut: In Dortmund können seitdem Matchs aller<br />
Kategorien ausgetragen werden. Dabei gilt: je größer<br />
das internationale Interesse an einer Begegnung, desto<br />
gewaltiger auch die Datenströme. Telekom Austria,<br />
die 2008 die Fußballeuropameisterschaft in Wort und<br />
Bild transportiert hat, schätzt, dass ihr Glasfasernetz<br />
eine Datenmenge von über zwei Petabyte (Billiarden<br />
Byte) transportiert hat – das entspricht etwa der fünffachen<br />
Datenmenge aller Bücher, die jemals geschrieben<br />
wurden. Und das in gerade einmal drei Wochen.<br />
Die multimediale Entwicklung in den Stadien geht<br />
weiter. Das zeigt sich besonders deutlich beim<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
FOTOS:DEFODI.DE, IMPIRE AG (6)<br />
Jeder Schritt der Spieler wird digital ausgewertet<br />
Für die Nachbereitung von Spiel- und Taktikanalysen wird das Geschehen auf dem Rasen mit Videokameras aufgenommen und mithilfe<br />
von hochleistungsfähigen Informationstechnik(IT)-Systemen grafi sch aufbereitet: Die erste Darstellung (Mitte oben) zeigt, wie viel und wie<br />
schnell jeder Spieler gelaufen ist. Die zweite Grafi k (oben rechts) demonstriert, wie sich Spielszenen entwickeln. Im dritten Bild (Mitte<br />
unten) werden die Bewegungen eines Spielers analysiert, auf welchen Strecken ein Fußballer in welchem Tempo gelaufen ist, und Schaubild<br />
vier (rechts unten) gibt Auskunft über die Position eines Kickers während eines Spiels, es zeigt an, wie lange er sich wo aufgehalten hat<br />
Zeitlupe allein bringts nicht<br />
mehr: Auch Sportjournalisten<br />
wie Marcel Reif profi tieren von den<br />
vielfältigen multimedialen<br />
Möglichkeiten, die die Infrastruktur<br />
moderner Sportstätten für die<br />
aktuelle Berichterstattung bietet
Im Rampenlicht: Der Signal Iduna Park liegt wie eine leuchtende Oase im früheren Zechen-Revier und ist für Spiele bis in die höchste<br />
internationale Klasse ausgerüstet. Zuschauer und Spieler profi tieren von der fast schattenwurffreien, taghellen Ausleuchtung des Spielfeldes<br />
Moderne Stadien sind auch Datentempel<br />
„Stadiondeckel“ und<br />
Lesegerät: Die elektronische<br />
Bezahl karte kann<br />
seit dieser Saison an allen<br />
Kiosken und Restaurants<br />
im Signal Iduna Park<br />
eingesetzt werden<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
Bau der Donbass Arena im ukrainischen Donezk,<br />
einem der Schauplätze der nächsten Europameisterschaft.<br />
Hier hat der schweizerische Spezialist für Informationsinfrastruktur<br />
Reichle & De-Massari (Wetzikon)<br />
60 Kilometer Glasfaser- und über 400 Kilometer<br />
Kupferkabel verlegt. Mit 6.000 Kupfer- und 1.700<br />
Glasfaseranschlüssen beherbergt das neue Bauwerk<br />
eines der größten Netzwerke, die bisher in der Ukrai -<br />
ne installiert wurden. „Stadien sind heute Informationsknotenpunkte,<br />
in denen die Verfügbarkeit der<br />
IT-Systeme nicht nur für Sicherheit und Komfort der<br />
Zuschauer unverzichtbar ist, sondern auch die Basis<br />
für jeden erzielbaren Erlös darstellt, ob über Mediavermarktung,<br />
Ticketing, Shops oder Essen und Trinken“,<br />
erklärt Stefan Leibhard, CEO der BTD Internatio<br />
nal Consulting AG mit Sitz im schweizerischen Zug,<br />
ein international führender Technologieberater für<br />
Stadien und Veranstaltungsorte.<br />
Informationstechnik spielt eine große Rolle in der<br />
Betreuung und im Training der Spieler. So gibt es Software-Lösungen<br />
zur Erfassung der Positionsdaten von<br />
Spielern und Ball während eines Fußballspiels. Die<br />
Daten werden nicht nur zur Ermittlung von Laufwegen<br />
herangezogen, sondern auch zur Analyse des komplexen<br />
Spielgeschehens und der Taktik von Gruppen, wie<br />
der Abwehr oder der gesamten Mannschaft. In einem<br />
Projekt der Deutschen Sporthochschule Köln sollen<br />
künftig künstliche neuronale Netze eingesetzt werden.<br />
Solche Netze bilden Struktur und Informationsarchitektur<br />
von Gehirn und Nervensystem im Computer<br />
nach. Damit wollen die Forscher herausfinden,<br />
wie Kreativität und Originalität im Fußball zustande<br />
kommen und wie man sie trainieren kann. Erst vor<br />
Kurzem hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) seine<br />
Zusammenarbeit mit dem Düsseldorfer Unternehmen<br />
MasterCoach Int. bis 2012 verlängert, das Spielanalysen<br />
zur Verfügung stellt. „Die Verknüpfung von Bildern,<br />
Animationen und Statistiken bietet den Trainern<br />
und Spielern ein visuelles Angebot, das den modernen<br />
Anforderungen entspricht“, urteilt Oliver Bierhoff,<br />
Teammanager der deutschen Fußballnationalmannschaft.<br />
Auch der BVB ist auf der Höhe der Zeit:<br />
„Wir nutzen solche Tools für die Taktikanalyse in der<br />
Halbzeit und zur Nachbetrachtung. Solche Erkenntnisse<br />
sind unerlässlich“, betont Dr. Christian Hockenjos,<br />
Leiter Organisation und Verwaltung beim BVB.<br />
Auch die Lederpille hat ausgedient<br />
Seit Beginn dieser Saison kommt beim BVB das System<br />
VIS.Track der Impire AG nicht nur bei Pflichtspielen, sondern<br />
auch im Trainingsbetrieb und im Jugendbereich zum<br />
Einsatz. Umfassende Leistungsdaten aller Spieler werden<br />
in Echtzeit erhoben und zur Spiel- und Trainingsanalyse<br />
ausgewertet. Dabei bedient sich das System neuester<br />
Computeralgorithmen und modernster Kameratechnologie.<br />
Die Software kann die Informationen live in Drei-D-<br />
Animationen oder Grafiken darstellen. So können Chefcoach<br />
Jürgen Klopp und sein Stab schnell Vorteile und<br />
Fehler erkennen und die Spieler darauf gezielt hinweisen<br />
– offenbar eine gute Grundlage für die erfolgreichste<br />
Fußballmannschaft Deutschlands.<br />
In manchen Bereichen tut sich der Fußball aber<br />
auch schwer mit technischen Neuerungen – so die<br />
Regelhüter des International Football Association<br />
Board (IFAB), deren Entscheidungen für den Weltfußballverband<br />
FIFA verbindlich sind. Die spielentscheidende<br />
Frage „Tor oder nicht Tor?“ wird auch künftig<br />
nur danach entschieden, was der Schiedsrichter<br />
FOTOS: PR (2), DEFODI.DE<br />
ILLUSTRATION: DANIEL BRITSCH, 3DPIXEL COMPANY G.M.B.H., DORTMUND<br />
Höhe Pylon<br />
62 Meter<br />
Zugang<br />
Osttribüne<br />
Zufahrt<br />
Mannschaften<br />
Zugang Nordtribüne<br />
Nordtribüne<br />
Zugang Nordtribüne<br />
Trilux<br />
Business<br />
Club<br />
Logistische Meisterleistung<br />
Borussia Park OBO Lounge<br />
Familienblock<br />
Stadionvorplatz<br />
Strobelallee<br />
Zugang Süd- und Westtribüne<br />
und sein Team mit ihren Augen gesehen haben. Erst<br />
Anfang März hatte die 125. IFAB-Jahresversammlung<br />
sich erneut gegen den Einsatz elektronischer Hilfsmittel<br />
zur Überwachung der Torlinie entschieden. Grundsätzlich<br />
zur Wahl stehen dabei entweder der Chip im<br />
Ball oder hochauflösende Kameras. „Menschliche Fehler“<br />
gäben dem Fußball ein „menschliches Gesicht“,<br />
äußerte sich FIFA-Präsident Joseph Blatter noch vor<br />
einigen Jahren beschwichtigend. Die Wächter über<br />
die Spielregeln begründen ihre ablehnende Haltung<br />
mittlerweile aber vor allem mit dem Argument, keines<br />
der ihnen bislang präsentierten Systeme sei für<br />
einen Einsatz auf höchster Ebene ausgereift. Dabei<br />
ist der Chip im Ball nach Auskunft der Entwicklerfirma<br />
Cairos technologies AG aus dem badischen Karlsbad<br />
nicht nur voll entwickelt, sondern schon seit 2007<br />
Osttribüne<br />
Zugang Spielfeld<br />
Trainerbänke<br />
Verteilerebene<br />
Südtribüne<br />
erfolgreich getestet. „Es dauert unter eine Sekunde,<br />
bis der Schiedsrichter weiß, ob der Ball im Tor war<br />
oder nicht“, so Christian Holzer, Vorstand der Cairos<br />
AG. Voraussetzung für das System sind dünne Kabel<br />
unter den Linien des Strafraums und der Tor linie. Sie<br />
erzeugen schwache Magnetfelder, die ein Sensor in<br />
der Mitte des Balles misst. Der Chip – etwa 15 Gramm<br />
leicht – sendet die Messwerte über Funk an zwei Empfangs<br />
anten nen, sobald er in den Strafraum eintritt. Auf<br />
dieser Basis ermittelt ein Computer in Sekundenbruchteilen,<br />
ob der Ball die Torlinie komplett überschritten<br />
hat. Das System funktioniert ähnlich der RFID-Technologie,<br />
die sich in verschiedensten Anwendungen<br />
bestens bewährt hat. Dabei werden Gegenstände<br />
automatisch mithilfe elektromagnetischer Wellen<br />
identifiziert und lokalisiert, so zum Beispiel bei<br />
BVB-HIGHTECH 35<br />
<strong>Evonik</strong><br />
Stammtisch<br />
Westtribüne<br />
Parkplätze<br />
Bis zu 80.720 Zuschauer erleben die Heimspiele des BVB live im Stadion mit – so viele wie bei keinem anderen Bundesliga-Verein. Die Menschenströme zügig<br />
auf die Tribünen und wieder zu den Ausgängen zu leiten verlangt logistisches Management auf höchstem Niveau. Im Signal Iduna Park sorgen 103 Drehkreuze<br />
und mehrere Verteilerebenen dafür, dass Spieler, Trainer, Journalisten und Fans sicher zu ihren Plätzen kommen<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
36 BVB-HIGHTECH<br />
Rasen<br />
Tragschicht<br />
Heizung (in Sand)<br />
Drainage<br />
Kiesbett<br />
Erdreich<br />
Aufbau des Rasens<br />
„Funketiketten“. Bei der Erprobung wurde der<br />
Chip-Ball 2.000-mal mit 140 Kilometern pro Stunde<br />
gegen eine Wand gespielt – ohne Schaden zu nehmen.<br />
Solche Ball geschwin digkeiten erreichen selbst Roberto<br />
Carlos oder Thomas Hitzlsperger, die zu den härtesten<br />
Schützen ihrer Zunft zählen, nur höchst selten.<br />
Immerhin: Endgültig ist die Ablehnung des IFAB nicht,<br />
es sollen noch weitere Tests stattfinden.<br />
Geht es um Ball und Schuhe sind auch hier die Zeiten<br />
von „Lederpille und -buffer“ längst vorbei. Schon 1957<br />
zogen Kunststoffe ins Schuhwerk ein und 1962 auch<br />
in den Ball. Das Runde, das ins Eckige muss, ist erst seit<br />
der Weltmeisterschaft (WM) 2010 wirklich rund, mit<br />
„Jabulani“ entwickelte Adidas den ersten nahezu vollständig<br />
runden Ball der Fußballgeschichte. Mit einem<br />
Drei-D-Scanner werden die Spielgeräte heute auf Formgenauigkeit<br />
geprüft. Entwickelt wurde er vom Prüf- und<br />
Forschungsinstitut Pirmasens (PFI), einer der wenigen<br />
Institutionen, die Fußbälle nach den von der FIFA vorgegebenen<br />
Richt linien (International Matchball Standard)<br />
testen darf. Die peniblen Prüfer aus der Pfalz haben<br />
zusätzlich weitere Geräte im Programm, die die Einhaltung<br />
der FIFA-Regularien im Hinblick auf die Wasseraufnahme<br />
von Fußbällen, ihre Rückprallhöhe und ihren<br />
Durchmesser prüft. Auch ihr Dauerbelastungsverhalten<br />
wird auf Herz und Nieren untersucht. Der 900 Kilogramm<br />
schwere PFI-Ballschussapparat kann bis zu drei<br />
Bälle simultan testen, die mit variabler Geschwindigkeit<br />
gegen eine Ablenkungsplatte geschossen werden.<br />
Auch die Fußballstiefel haben eine rasante Entwicklung<br />
hinter sich, die insbesondere durch Hochleistungskunststoffe<br />
vorangetrieben wird, wie sie<br />
BVB-Trikotsponsor <strong>Evonik</strong> Industries AG auch für<br />
den Sportbereich herstellt. So vereinbart das Polymer<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
ILLUSTRATION: PICFOUR<br />
DER RASEN: 7.500 Quadratmeter Rasen braucht<br />
man für ein Fußballfeld. Zuletzt bekam die<br />
Dortmunder Spielstätte im Februar <strong>2011</strong><br />
einen neuen Rasen. Die Experten setzen auf eine<br />
Rasen mischung von 25 Prozent Weidelgras<br />
und 75 Prozent Wiesenrispengras.<br />
TRAGSCHICHT: Sie gibt dem Rasen Halt für die<br />
großen Belastungen während eines Spieles.<br />
Sie wirkt so ähnlich wie ein Schockabsorber.<br />
HEIZUNG: Die Rasenheizung sorgt dafür, dass<br />
der Platz immer bespielbar ist.<br />
DRAINAGE: Durch sie wird das Regenwasser<br />
abgeleitet. Sie ruht auf dem Kiesbett, das<br />
über dem Erdreich aufgeschüttet worden ist<br />
FOTOS: DEFODI.DE (2), PR, PICTURE-ALLIANCE (2)<br />
Der Rasen im Signal Iduna Park kommt von der Rolle aus den<br />
Niederlanden. Kunstrasen (Mitte) fi ndet immer mehr Verbreitung – auch aufgrund verbesserter Materialien. Für festen Grip der Spielerfüße sorgen Kunststoffschuhe<br />
Der Ball<br />
ist rund<br />
und funkt<br />
Zwölf Glasfaserstränge<br />
fi xieren den nur etwa<br />
15 Gramm schweren Chip<br />
genau in der Mitte des<br />
Balls. Dank der Signale,<br />
die ein Sensor aufnimmt,<br />
könnte der Chip dem<br />
Empfänger am Arm des<br />
Schiedsrichters übermitteln,<br />
dass der Ball die<br />
Torlinie passiert hat<br />
VESTAMID E– chemisch gesehen ein Polyamid-12-<br />
Elastomer – scheinbar gegensätzliche Eigenschaften<br />
wie Elastizität, geringes Gewicht und Stabilität miteinander<br />
und ist zudem weitgehend unabhängig von<br />
Temperaturschwankungen. Diese Produkteigenschaften<br />
sorgen bei High-End-Fußballschuhen für<br />
eine außergewöhnliche Belastbarkeit – bei gleichzeitig<br />
geringem Gewicht. Immer wichtiger: Das verwendete<br />
Material muss farbneutral und leicht einzufärben,<br />
lackier- oder bedruckbar sein – denn der Trend<br />
bei den Stars geht zum individuell gestalteten Schuh,<br />
der aber nicht nur gut aussehen, sondern immer noch<br />
Tore schießen oder verhindern soll. Feine Rillen aus<br />
Gummi und Silikon auf der Innenseite der Schuhe sorgen<br />
dafür, dass der Ball möglichst gut am Fuß „klebt“.<br />
Völlig von der Rolle: der Spielfeld-Rasen<br />
Ein Dauerthema ist der Rasen. Beim BVB hegt und<br />
pflegt Willi Droste, Rasenmeister und „bekennender<br />
Grasflüsterer“, das heilige Grün – eine Mischung aus<br />
75 Prozent Poa pratensis, dem Wiesenrispengras, und<br />
25 Prozent Lolium perenne, dem Deutschen Weidelgras.<br />
Der Teppich der besonderen Art wächst allerdings<br />
in den Niederlanden und kommt auf großen<br />
Rollen ins Stadion. Nach dem Verlegen hält Droste<br />
seine Hand über die vielen Halme – wässern, lüften,<br />
schneiden und notfalls gut zureden heißt das Pflegeprogramm;<br />
vor jedem Spiel wird der Rasen dann auf<br />
Spielhöhe gebracht, auf exakt 28 Millimeter. Bei aller<br />
Hingabe der „Greenkeeper“ – in vielen modernen Stadien<br />
ist der Rasen aber gerade in der Winterperiode<br />
alles andere als grün und muss häufiger ausgetauscht<br />
werden. Hier soll moderne Technik helfen. Erste Tests<br />
mit Mischrasen aus Gras und Kunststoff hat die FIFA<br />
Wenn der Chip „Tor“ sendet<br />
bei der WM in Südafrika gestattet. In den Stadien von<br />
Nelspruit und Polokwane wurde das GrassMaster-System<br />
der Firma Desso installiert, ein Naturrasen, der<br />
durch 20 Millionen künstliche, bis in eine Tiefe von<br />
20 Zentimetern implantierte Fasern verstärkt wird.<br />
Die Wurzeln des Naturrasens verwachsen mit den<br />
Kunstrasenfasern, die etwa sieben Prozent des Grüns<br />
ausmachen und die Spielfläche stabilisieren. Viele<br />
englische Spitzenklubs wie Arsenal, Liverpool oder<br />
Tottenham Hotspur nutzen den „Mischrasen“. Natürlich<br />
gibt es aber auch „echten“ Kunstrasen, doch der<br />
hatte bisher ein ernstes Problem: Bei Sonneneinstrahlung<br />
heizt sich das schwarze Gummigranulat, das zwischen<br />
die künstlichen Rasenfasern eingestreut wird,<br />
stark auf und dünstet unangenehm aus. Auch hierfür<br />
hat das Chemieunternehmen <strong>Evonik</strong> eine Lösung<br />
gefunden: Ein Zweikomponentenlack haftet zuverlässig<br />
auf der Oberfläche der einzelnen Gummikörner,<br />
die Beschichtung zeigt eine hohe Flexibilität und<br />
dennoch genügend Härte – zudem unterbindet sie<br />
sicher die Aufheizung und die Ausdünstungen. So hat<br />
der Kunstrasen jetzt deutlich bessere Chancen, sich<br />
durchzusetzen und ganz nebenbei ein Recyclingproblem<br />
zu lösen. Denn meist besteht das Granulat, mit<br />
dem der Rasen zentimeterdick aufgefüllt wird, aus<br />
gemahlenen Altreifen. Dank des Lackes steht ihrer<br />
zweiten Karriere auf dem Fußballplatz nichts mehr<br />
im Weg. In jedem Fall eignen sich Kunstrasenplätze<br />
bestens dafür, weltweit einheitliche Platzstandards zu<br />
garantieren. Keine Frage, beim einfachsten Spiel der<br />
Welt geht die technische Entwicklung weiter – auch<br />
wenn Willi Droste das anders sieht: „Ein Match wird<br />
nicht im Ball, sondern am Ball gewonnen. Und Kunstrasen<br />
geht gar nicht.“<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
FOTO: DEFODI.DE<br />
38 MYTHOS BVB<br />
Rote Erde, gelbe<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
MYTHOS BVB 39<br />
Aus 24.454 Zuschauern in<br />
BVB-Fan-Kluft formiert sich<br />
die „gelbe Wand“ – und eine<br />
gewal tige Geräuschkulisse:<br />
motivierend für den<br />
BVB, furcht erregend für die<br />
Gastmannschaften<br />
Wand<br />
Die Fans des BVB sind legendär: Der deutsche Meister <strong>2011</strong> hat<br />
nicht nur eine treue Gemeinde leidenschaftlicher Anhänger, sondern<br />
auch die größte Stehtribüne aller Bundesligastadien. Mit<br />
echter Liebe stehen sie hinter ihrer Mannschaft und beleben den<br />
Mythos des BVB immer wieder neu<br />
TEXT TOM SCHIMMECK<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
40 MYTHOS BVB<br />
FOTOS: PLAINPICTURE, DEFODI.DE<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
Wand mit<br />
Botschaften<br />
von Borussia-<br />
Anhängern<br />
Leidenschaft und<br />
echte Liebe bringen<br />
die Fans mit ins<br />
Stadion. Mit vollem<br />
Körpereinsatz und<br />
„hochdekoriert“ steht<br />
dieser Fahnenträger<br />
hinter der Mannschaft<br />
und sorgt für<br />
Stimmung im Stadion<br />
MYTHOS BVB 41<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
42 MYTHOS BVB<br />
Im Freudentaumel: BVB-Fans feiern den deutschen Meister <strong>2011</strong> mit<br />
einem spontanen Autokorso durch die Dortmunder Innenstadt<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
Hüterin der illustren<br />
Vergangenheit<br />
Kirsten Behnke, Leiterin des Borusseums in Dortmund,<br />
mit einem sehr jungen Schaustück: die Brille von<br />
Cheftrainer Jürgen Klopp, die nach dem Sieg über den<br />
FC Bayern beim Jubeln zu Bruch ging. Das<br />
Vereinsmuseum des BVB enthält viele Exponate, die an<br />
die alten Erfolge und Meisterschaften erinnern<br />
DIE GELBE WAND FORMIERT SICH. Südtribüne<br />
Dortmund: 25.000 Menschen, die jetzt, kurz vor An -<br />
pfiff, zu einem Körper verschmelzen, singend, la -<br />
chend, auch leidend. Auf dem Rasen flattern an die<br />
zwei Dutzend Fanklub-Fahnen, geschwungen von<br />
stolzen Trägern. In der Mitte wird voller Andacht das<br />
BVB-Abzeichen niedergelegt. Letzte Sonnenstrahlen<br />
lächeln über den Stadionrand. Rufe sind zu hören, Beifall,<br />
Trommelwirbel. Viele halten ein Pils in der Hand.<br />
Alle fiebern dem ersten Schuss entgegen. Die Stimmung<br />
steigt.<br />
Fußball lebt von Begeisterung, überall. Doch wer<br />
am Fuße dieser Menschenwand steht, in dieser Druckkammer<br />
der schwarz-gelben Euphorie, den Zaun und<br />
das Feld vor Augen, Europas größte Stehplatztribüne<br />
im Rücken, dem wird sofort klar, dass dies ein sehr<br />
spezieller Ort ist. Dass hier mehr mitschwingt als diese<br />
übliche Fußball-Anhänglichkeit, die man überall<br />
findet. Dass hier in über 100 Jahren etwas gewachsen<br />
ist, bei dessen Beschreibung schnell Pathosverdacht<br />
und Kitschgefahr aufkommen. Seis drum: Man fühlt<br />
sie gleich, diese Verwurzelung, diese tiefe Zugehörigkeit,<br />
diese unumstößliche Gewissheit. Spätestens,<br />
wenn sie alle wie auf Kommando ihre Schals vor sich<br />
strecken; oder inbrünstig singen: „Heute wolln wir<br />
siegen, wir gehen mächtig ran …“<br />
„Diese Liebe, diese Verbundenheit“, sagt Stefan,<br />
21. „Das Gefühl ist über die Jahre immer besser, immer<br />
größer geworden.“ Er lehnt ganz vorn in Block 13 an<br />
einem Metallrohr. Stefan kommt vom Niederrhein,<br />
meist mit einem Kumpel, braucht zwei Sunden bis zur<br />
Südtribüne. „Aber das ist es mir wert.“ Er war schon<br />
Fan, als er zur Schule kam. „Das war die erste große<br />
Liebe, und dabei bleib ich auch“, beteuert er eifrig,<br />
Im Obergeschoss der Gaststätte Zum Wildschütz (hier die Rekonstruktion<br />
im Borusseum) wurde 1909 der BVB gegründet<br />
schwärmt vom „geilsten Verein auf der Welt“, der ja<br />
viel mehr sei als Fußball. Und immer wieder von diesem<br />
Gefühl. Wie sich das anfühlt? Er grübelt. Das habe<br />
man „nirgendwo anders“, erklärt Stefan. „Das kann<br />
dir keine Frau auf der Welt geben. Nur der Verein.“<br />
In der achten Minute: ein Treffer. Verteidiger Mats<br />
Hummels macht mit dem Rücken das erste Tor. Ein<br />
Röhren geht durch die Wand. Die Fahnen flattern.<br />
Bierbecher fliegen durch die Luft.<br />
„Hunderttausend Freunde, ein Verein“<br />
Was macht diese Intensität aus? „Dass hier verschiedenste<br />
Menschen zusammenkommen und das Gleiche<br />
empfinden“, meint eine Frau mittleren Alters, die ein<br />
paar Schritte weiter steht. Petra, seit 22 Jahren Dortmunderin,<br />
seit 15 Jahren Besitzerin einer Dauerkarte,<br />
also perfekt assimiliert. Dass sie einst Bayern-Fan war,<br />
zählt sie zu ihren Jugendsünden. „Borussia Dortmund,<br />
das ist einfach so gewachsen“, sagt sie, „das gehört einfach<br />
dazu.“ Und es muss immer die Südtribüne sein –<br />
weil: „Da geht die Lucie ab.“ Und weil Sitzen sowieso<br />
gar nicht funktioniert: „Man muss stehen, man<br />
lebt mit, man schießt mit.“ Auch weil man Leute kennenlernt<br />
– „da steht man zig Jahre nebeneinander.“<br />
In ihrem Lieblingssong heißt es: „Hunderttausend<br />
Freunde, ein Verein.“<br />
Plötzlich stöhnen die Zuschauer, auf dem Rasen,<br />
nahe dem Dortmunder Tor, wird es brenzlig. Petra<br />
bleibt gelassen. „Da passiert nix“, sagt sie, „mein Bauch<br />
rumpelt nicht.“ Ach ja? Bei einem Gegentor, erläutert<br />
sie, zieht sich ihr Bauch etwa eineinhalb Minuten vorher<br />
zusammen.<br />
Für so viele ist das ein festes Ritual: alle zwei Wochen<br />
zum Signal Iduna Park. Ein Bier, eine Wurst, ein<br />
Heute befi ndet sich an gleicher Stelle der beliebte<br />
Imbiss Pommes Rot-Weiß<br />
„Einen BVB<br />
ohne Fans kann<br />
ich mir nicht<br />
vorstellen“<br />
Sportdirektor Michael Zorc<br />
über Scouts, Fans und Talente<br />
Herr Zorc, als Sportdirektor sind Sie für die Talentsuche und<br />
den Einkauf neuer Spieler zuständig. Finden Sie auch unter den<br />
Fans gute Nachwuchskicker?<br />
Michael Zorc: Einen BVB ohne Fans kann ich mir nicht vorstellen.<br />
Entscheidend ist aber ein funktionierendes Scouting-System,<br />
das uns einen Überblick über den nationalen und internationalen<br />
Spielermarkt ermöglicht.<br />
Was muss ein Kandidat, der zum BVB will, mitbringen?<br />
Michael Zorc: Es geht in erster Linie um fußballerische Qualität,<br />
darüber hinaus um die Frage, welche Positionen zu besetzen sind.<br />
Wir achten auf charakterliche Qualitäten und versuchen, uns ein Bild<br />
über das Umfeld des Spielers, auch im privaten Bereich, zu machen.<br />
Der BVB hat die jüngste Mannschaft in der Bundesliga. Warum<br />
haben Sie so viel Vertrauen in junge Spieler gesetzt?<br />
Michael Zorc: Die finanziellen Möglichkeiten von Borussia Dortmund<br />
ließen teure Transfers nicht zu. Aber mit Jürgen Klopp haben wir<br />
einen großartigen Trainer, der mit jungen Spielern arbeiten und sie<br />
weiterentwickeln kann. Der Erfolg gibt ihm und uns recht.<br />
FOTOS: DEFODI.DE (4), ANDREAS BUCK<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
44 MYTHOS BVB<br />
Zuschauer am BVB-Trainingsgelände in Dortmund-Brackel: gute Gelegenheit für Autogramme und Handschlag von den Spielern<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
Spiel. Leute treffen, die auch immer da sind. Hoffen,<br />
fiebern, dann den Sieg feiern oder den Kummer<br />
he runterspülen. Deutschlands größtes Fußball sta dion<br />
ist gut besucht. Auch heute sind alle 80.720 Karten verkauft.<br />
Die Dortmunder sind verlässliche Zuschauer,<br />
selbst wenn es mal schlecht läuft. Darauf scheinen die<br />
Schwarz-Gelben sogar besonders stolz zu sein: dass sie<br />
keine Schönwetter-Fans sind, sondern Durch-dick-unddünn-Typen,<br />
immer da, gerade auch in miesen Zeiten.<br />
„Wir sind alle am Borsigplatz geboren“<br />
Und die Spieler? „Das sind keine gelackten Typen, die da<br />
rumlaufen. Die trifft man auch schon mal im Aldi“, sagt<br />
der Metzger und Stadionsänger Andy Schade. Sie mögen<br />
steinreich sein. Doch wenn sie nicht zum Anfassen sind,<br />
taugen sie nicht für Dortmund. „Was ich in Dortmund<br />
gefunden habe“, sagt der Sauerländer Schade, „ist genau,<br />
wonach ich mich gesehnt habe. Da weiß ich, wo ich dran<br />
bin. Da sagt man sich Bescheid, und dann ist das Thema<br />
vom Tisch.“ Dazu kommt diese Wucht: „Wenn man vor<br />
der Süd steht und mitkriegt, wie die bölken und pfeifen,<br />
dann ist das schon eine gewaltige Macht.“ In seiner<br />
BVB-Hymne singt er: „Wir sind alle am Borsigplatz<br />
geboren…“ Was ja eigentlich nicht stimmt, oder? „Na<br />
ja“, sagt der Sänger, „von der Seele her.“<br />
Der Himmel ist schon ganz schwarz, das grelle Flutlicht<br />
lässt den Rasen noch grüner wirken. Es wird kalt.<br />
Doch aus der Menge steigt Wärme auf. Zwei Freunde<br />
– ein Kräftiger und ein Schmaler mit Brille, Thomas<br />
und Ralf, beide 49, Fans seit Jahrzehnten – reden<br />
von Gemeinschaft und von Liebe. „Hier sind Ingenieure,<br />
hier sind Hilfsarbeiter. Wenn Spiel ist, ist das egal.<br />
Die stehen dahinter“, sagt Thomas, hier sei das „Feeling“.<br />
Ralf blickt kopfschüttelnd auf schwere Zeiten<br />
zurück, da Fans und Mannschaft keine Freunde mehr<br />
waren. Jetzt, sagt er strahlend, sei es „totale Sympathie“.<br />
Dauer karte? Beide nicken.<br />
Natürlich gibt es auch die Knalltüten, die „Idioten“,<br />
wie Petra sagt, die „ohne Kopp“, wie es Stefan ausdrückt.<br />
Kerle, die auf Krawall aus sind. Doch die Fans fühlen sich<br />
hier sicher, selbst mit Kindern. „Man sagt immer, die<br />
Tribüne sei die schlimmste, aber ich sehe das gar nicht<br />
so“, meint Ordner Marko, der unten ein Zwischengitter<br />
bewacht. „Ist schon anstrengend. Vor allem, wenn zu<br />
viel getrunken wird“, meint Ordnerin Lisa, die in Block<br />
83 steht, mitten im schwarz-gelben Meer. Sie passt auf,<br />
dass zum Beispiel keiner über die Bande klettert. Ihr<br />
Rezept: „Man ist einfach nur freundlich. Und das wirkt<br />
schon.“ Die Arbeit bringt ihr Spaß, seit zehn Jahren.<br />
„Das Tollste ist, wenn die Tribüne wirklich bebt.“ Was<br />
sie jetzt, in der 89. Spielminute, prompt tut. Der Gegner<br />
schafft den Ausgleich. Während sich ein Borussia-Spieler<br />
verletzt auf dem Rasen windet. Unfair? Die „Süd“ zittert<br />
vor Zorn. Ein riesiger Chorus kreischt, pfeift, brüllt,<br />
bis die Ohren vibrieren. Ein Unentschieden im letzten<br />
Augenblick. Schon gehen die Ersten, stapfen frustriert<br />
durch Pappteller, Senf und Bierlachen.<br />
So viel Gefühl. Das kaum einer wirklich in Worte<br />
fassen kann. Manche zeigen einfach auf ihr Herz, andere<br />
reden von Gänsehaut, Heimat, Geborgenheit, Hingabe<br />
und Leidenschaft. Menschen, die schon im BVB-<br />
Strampler laufen gelernt haben, gucken oft ganz hilflos<br />
und sagen dann: „Das kann man gar nicht beschreiben.“<br />
Auf zu den Wurzeln des Vereins, in die Nordstadt.<br />
Zur katholischen Kirchengemeinde Heilige Dreifaltigkeit<br />
in der Flurstraße, nicht weit vom Borsigplatz.<br />
Wo sich anno 1901 eine gleichnamige „Jünglings sodali<br />
tät“ formte, eine Gruppe junger Männer, die Sport<br />
MYTHOS BVB 45<br />
Die Kampfbahn Rote Erde war von 1937 bis 1974 Austragungsort der BVB-Heimspiele. Für die internationalen Spiele in den 60er-Jahren war das Stadion bald zu klein<br />
treiben wollte. Sie hatten vor allem Spaß an dem neuen<br />
Sport, den andere als „Fußlümmelei“ beschimpften.<br />
Eine Einwanderungsgeschichte: Denn ihre Familien<br />
waren zumeist aus katholischen Gegenden ins<br />
protestantische Dortmund gekommen, um in Hütten<br />
oder Zechen zu arbeiten. Und ein Konflikt: weil der<br />
Kaplan der Gemeinde das um sich greifende Fußballspiel<br />
missbilligte, als ungutes, rohes Treiben betrachtete.<br />
Nach langem Hickhack gründeten die Fußballer<br />
schließlich im Wirtshaus Zum Wildschütz, um die<br />
Ecke in der Oesterholzstraße, trotzig den „Ballspielverein<br />
Borussia 1909“, benannt nach dem Namen einer<br />
Brauerei und dem Gründungsjahr 1909. „Fußball, das<br />
war schon damals eine Inkarnation von Lebensfreude“,<br />
meint Ansbert Junk, 43, einige Jahre lang Pastor der<br />
Dreifaltigkeitsgemeinde, inzwischen nach Herne versetzt.<br />
Aber immer noch ganz BVB-Fan. Vor den Spielen<br />
eilt er meist noch flugs in die Kirche, um eine Kerze<br />
anzuzünden – für die Borussia. „Das ist so ein katholischer<br />
Reflex“, sagt er schmunzelnd. Junk ist zufrieden<br />
mit der Substanz des Vereins, spricht vom Zusammenhalt<br />
im Fußball, von Verbundenheit und dem schwarzgelb<br />
gestärkten Selbstvertrauen. „Und das macht Borussia<br />
heute auch zum Meister. Da ist die Stimmung einfach<br />
gut, da ist der eine für den anderen da.“<br />
„Du willst ja raus aus dem Dreck“<br />
Die stolzen Fußball-Pioniere spielten um die Ecke<br />
auf der Weißen Wiese. Aus der in den 20er-Jahren<br />
ein richtiges Stadion wurde – nachdem der Direktor<br />
der Union-Brauerei auf dem Chefsessel des Vereins<br />
Platz genommen hatte. Sie malochten fast alle<br />
nebenan in der Westfalenhütte der Hoesch AG. Die<br />
wuchs in den 30ern – ein Krieg wurde vorbereitet.<br />
Kirchlicher<br />
Segen und<br />
göttlicher<br />
Beistand<br />
In der Dreifaltig keits-<br />
Gemeinde fi ng<br />
alles an – allerdings<br />
war das Verhältnis<br />
zwischen Kirche und<br />
BVB anfangs nicht<br />
so harmonisch, wie<br />
die Plakette glauben<br />
machen möchte.<br />
Der damalige Kaplan<br />
wollte die Vereinsgründung<br />
1909 noch<br />
höchstpersönlich<br />
verhindern. Heutige<br />
Geistliche wie<br />
Andreas Coersmeier,<br />
Pfarrer der Propsteigemeinde<br />
Dortmund,<br />
sehen die Beziehung<br />
zum Fußball<br />
viel entspannter<br />
FOTOS: DEFODI.DE (3), ARCHIV GERD KOLBE<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
46 MYTHOS BVB<br />
Die Top Five der Spieler-Trikots<br />
Unter circa 150.000 verkauften Trikots in dieser Saison sind die Hemden von Kagawa und Lucas (Barrios) die Bestseller<br />
1<br />
Die Top Ten unter den Fanartikeln<br />
Der echte BVB-Fan begnügt sich nicht mit Trikot und Schal, sondern nutzt auch Alltagsartikel im schwarz-gelben Outfi t<br />
1 Heimtrikot: absolutes Must-have<br />
für jeden wahren BVB-Fan. Wird<br />
nicht nur bei Heim spielen im Stadion<br />
getragen, sondern gerne auch<br />
in der Freizeit.<br />
2 Schal „Mein Verein – meine<br />
Stadt“: ein Bekenntnis zum<br />
BVB und zur Stadt Dortmund.<br />
3 Magic Mug „Südtribüne“: Beim<br />
Einfüllen eines heißen Getränks<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
1<br />
6<br />
2<br />
3<br />
2<br />
7<br />
4<br />
erscheint ein Foto der Südtribüne.<br />
Und im Sommer? Egal!<br />
4 Toaster: brennt das Vereinslogo<br />
auf je zwei Scheiben Toastbrot.<br />
Sechs verschiedene Bräunungsstufen.<br />
Für den guten Start in den Tag.<br />
5 Flaschenöffner „Jubel“: Beim<br />
Anheben ertönt „Alé alé alé alé oh –<br />
BVB 09“, beim Öffnen der Flasche<br />
„Olé, hier kommt der BVB.“<br />
3<br />
9<br />
8<br />
4<br />
6 Schneekugel: spielt die Vereinshymne<br />
„Borussia“.<br />
7 Schal „Kariert“: Dieses Modell<br />
trug Trainer Jürgen Klopp im<br />
Winter – war dann im Frühjahr<br />
ausverkauft.<br />
8 Kappe „Classic“: bei jedem<br />
Wetter einsetzbar, als Regenschutz<br />
wie als Sonnenschirm. Die Größe<br />
lässt sich individuell einstellen.<br />
5<br />
10<br />
5<br />
9 Kennzeichenverstärker<br />
„Borussia Dortmund“: dezente<br />
Variante mit Aufdruck „Borussia<br />
Dortmund“ und zwei BVB-<br />
Emblemen in Silber. Lieferung ohne<br />
Kennzeichen.<br />
10 Hissfahne „Emblem“: bräuchte<br />
eigentlich eine geeignete Aufhängung,<br />
lässt sich aber prima auch am<br />
Balkongeländer aufhängen.<br />
FOTOS:DEFODI.DE<br />
Gärtnern mit BVB-Faktor:<br />
In der Kleingartenanlage<br />
Einigkeit hat Borussia-<br />
Legende „Aki“ Schmidt<br />
seinen eigenen Fanklub<br />
rekrutiert. Nur zu gern<br />
werden seine Geschichten<br />
von früher gehört, als<br />
die „Millionäre“ noch auf<br />
der Tribüne saßen und<br />
nicht wie heute auf dem<br />
Platz waren<br />
Die Fußballer wurden verdrängt, kickten nun auf<br />
der „Kampfbahn Rote Erde“ im Dortmunder Süden.<br />
Eigentlich eher bürgerliches Terrain.<br />
„Wir waren alle Arbeiterjungs, Söhne von Stahloder<br />
Bergarbeitern, wir waren alle gleich, alle aus<br />
der Gegend“, erzählt Alfred „Aki“ Schmidt, Jahrgang<br />
1935. Und preist die Zeit seiner Anfänge, die Fußballkünste<br />
der Kraftpakete „mit -ki am Ende“, die aus<br />
Polen und Ostpreußen stammten. „Diese Typen waren<br />
prädestiniert für das Spiel“, doziert Aki, „technisch<br />
begabt, taktisch klug, sehr zäh. Und bescheiden, auch<br />
demütig, wenns sein musste.“ Keine Angeber, „keine<br />
große Fresse“. Die, sagt Aki und legt die Hand auf den<br />
Tisch, „waren der Ursprung von Borussia“.<br />
Sein Vater war Stahlkocher. „Und wir haben immer<br />
nur Fußball gespielt. Es gab ja nichts, was sollte man<br />
machen?“, erinnert sich Schmidt an die Nachkriegszeit.<br />
Er wurde „ein richtiger Straßenkicker“, bis Leute<br />
vorbeikamen, die einen Blick für sein Talent hatten.<br />
„Die haben mich dann da gesehen“, sagt Aki lächelnd.<br />
Sie wollten ihn. Er zögerte. Die Familie war ausgebombt<br />
worden, hatte „nichts mehr“. Aki lernte erst mal etwas<br />
Richtiges, Dreher, auch ein bisschen Maschinenbau in<br />
der Abendschule und ging dann auf die Hütte zu Hoesch.<br />
Doch der Fußball umwarb ihn weiter, nicht nur<br />
der BVB, auch der 1. FC Köln und Schalke 04. Ja, er<br />
hatte auch Bammel, oder „hohen Respekt“. Bei ihm in<br />
Dortmund-Berghofen kamen so 200 Leute gucken,<br />
wenn ein Spiel lief, bei der Borussia waren es schon<br />
mal 40.000. „Die Spieler, das waren Idole, Traumbilder“,<br />
sagt er. Mit 20 gab er sich einen Ruck, nach der<br />
ersten deutschen Meisterschaft. „Da haben sie mich<br />
dann festgenagelt“, sagt Aki. Klingt fast wie verhaftet?<br />
Nein, Aki grinst. „Du willst ja raus aus dem Dreck.“ Er<br />
MYTHOS BVB 47<br />
spielte gleich oben mit, schon in der ersten Saison beim<br />
BVB auch in der Nationalmannschaft. Wurde mit der<br />
Borussia 1957 und 1963 deutscher Meister, holte den<br />
DFB-Pokal 1965 und den Europapokal der Pokalsieger<br />
1966. Es war, sagt er, „ein Leben auf ein Ziel hin“.<br />
Bis 26 habe er kein Bier getrunken.<br />
Da funkeln die Pokale<br />
Damals verdiente man noch keine großen Summen.<br />
Offiziell malochten die Spieler nebenher weiter in ihren<br />
Betrieben – „ohne groß zu arbeiten“, sagt Aki. „Ich hab<br />
immer mein Geld gekriegt und nix getan dafür.“ Er war<br />
ja dauernd weg, auf dem Platz oder im Trainingslager.<br />
Wenn er bei Hoesch auftauchte, brachte er was vom<br />
Großmarkt mit und erzählte viel. „Und dann war ich<br />
wieder lieb Kind.“ Seine Chefs waren vollauf zufrieden,<br />
wenn sie Eintrittskarten für die Tribüne bekamen und<br />
Autogrammkarten vom Länderspiel.<br />
Sie waren Helden. Vor allem, als sie aus Glasgow<br />
mit dem Europacup wiederkamen. Sie fuhren in dem<br />
Autokorso durch ganz Dortmund, umjubelt. Und ganz<br />
zu Hause. Das war der Ansporn, meint Aki: „Da bist du<br />
so was von leistungswillig. Du tust alles, bist zu allem<br />
fähig. Weil du nicht verlieren darfst.“ Geld spielte<br />
damals noch keine große Rolle. Wenn die Alten aufhörten,<br />
arbeiteten sie weiter in ihrem Beruf, machten<br />
einen Laden auf oder eine Kneipe. August Lenz<br />
zum Beispiel, der erste Stürmerstar des BVB, der<br />
über 1.000 Spiele absolvierte. Und dann 33 Jahre die<br />
„Sportlerklause“ am Borsigplatz betrieb.<br />
Einst Arbeiterverein, heute börsennotiertes Un -<br />
ternehmen. Ist das ein Spagat, den man aushalten<br />
kann? „Früher saßen die reichen Leute auf der Tribüne,<br />
und die Malocher spielten auf dem Rasen.“<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
48 MYTHOS BVB<br />
Familienfest<br />
in Schwarz-<br />
Gelb<br />
Jahreshauptversammlung<br />
des BVB-Fanklubs<br />
in Oeventrop-Freienohl<br />
mit Blaskapelle, Tombola<br />
und Torte am 16. April<br />
<strong>2011</strong>. Vom Knirps bis zum<br />
Senior – 763 Mitglieder<br />
zählt der Klub. Gefeiert<br />
wird in der Halle der<br />
Schützenbruderschaft<br />
Sankt Sebastianus 1766.<br />
Besonders begehrt sind<br />
bei den jungen Mädchen<br />
die Autogramme des<br />
Torjägers Shinji Kagawa.<br />
Der BVB-Sänger Matthias<br />
„Kasche“ Kartner heizt<br />
die Stimmung ein. Neben<br />
erbaulichen Sinnsprüchen<br />
und beschaulichem<br />
Fangesang gibt es viel<br />
Bier und „ordentlich<br />
was auf die Gabel“:<br />
deftige Hausmannskost.<br />
Außerdem werden<br />
Fußmatten und<br />
Pürier stäbe verlost<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong> <strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
FOTOS:DEFODI.DE<br />
Aki lacht „Heute sind die Millionäre die auf dem<br />
Platz.“ Die Gemeinschaften währen nicht mehr ewig.<br />
Die Spieler sind keine Sandkastenfreunde mehr. Sie<br />
kommen von überall her. Sie ziehen weiter, wenn das<br />
richtige Angebot kommt.<br />
Und trotzdem ist dieses BVB-Gefühl geblieben,<br />
dieser schwarz-gelbe Kern. Jetzt wird der Kult im<br />
Borusseum hochgehalten, dem Vereinsmuseum im<br />
Stadion. Da funkeln die Pokale, da kann der Borussia-Anbeter<br />
die alten und neuen Triumphe einatmen,<br />
die Fotos sehen, die Trikots, Maskottchen, Schallplatten,<br />
Plakate. Fans gibt es heute mehr denn je. Borussia<br />
Dortmund hat rund 540 eingetragene Fanklubs,<br />
von „Abfahrt 23“ bis „Zone09“. Mit schrägen Namen<br />
wie „Verstreute Westfalen“, „Durch Dick und Dünn“,<br />
„Rising Sunz“ oder „Rock the Block Schwerte Ruhr“.<br />
Von Aachen bis Xanten fiebern sie, am Jadebusen und<br />
in Oberhessen, in Norwegen und in Österreich.<br />
„Die Masse macht viel aus“<br />
„Mit 52.000 Dauerkarten haben wir einen Rekord für<br />
die Ewigkeit. Und viele dieser Karten sind vererbt worden“,<br />
sagt Norbert Dickel, der „Held von Berlin“, einst<br />
Stürmer, heute Stadionsprecher in Dortmund, der die<br />
Rituale der Fans bestens kennt. Der hier seine Heimat<br />
gefunden hat, der Teil jener Zeremonie ist, die hier<br />
„alle 14 Tage abgeht“. Die „echte Liebe“, die der Verein<br />
heute plakatiert, die habe es auch schon vor 20 oder<br />
30 Jahren gegeben. Aber es sind mehr geworden. „Die<br />
Masse macht viel aus“, findet „Nobby“ Dickel. Und die<br />
zelebriert ihren Verein, lebt ihn, reist gemeinsam zu<br />
Spielen. „Früher fuhren fünf Fans mit uns in der Bahn<br />
zum Auswärtsspiel“, erinnert sich Aki. Heute stehen<br />
auch auswärts große Fanscharen hinter dem BVB.<br />
Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD)<br />
vor seinem Bürofenster mit BVB-Fahne<br />
In Oeventrop, 50 Kilometer östlich von Dortmund<br />
im Sauerland gelegen, feiert der größte Fanklub sein<br />
32-jähriges Bestehen. 763 Mitglieder vermeldet der<br />
Schatzmeister Eugen Kraas. Er trägt zur frohen Kunde<br />
einen schwarzen Anzug und einen gelben Schlips.<br />
Blasmusik lärmt durch die Halle der Schützenbruderschaft<br />
Sankt Sebastianus. An der Wand die Liste<br />
der Könige seit 1766. Dazu der Spruch: „Der Heimat<br />
die Liebe, die Treue dem Brauch, so dachten die<br />
Väter, so denken wir auch.“ Eine lange Schlange hofft<br />
auf ein Autogramm von Offensiv-Star Shinji Kagawa.<br />
Die Tombola lockt mit Fußmatten, Handtüchern und<br />
Pürierstäben. Gerstensaft strömt. Und natürlich gibt<br />
es ordentlich was auf die Gabel, wie man hier sagt:<br />
Rouladen, Frikadellen und Würstchen, dazu eine Torte<br />
in Fußballform. Selbst die Stiefmütterchen auf den<br />
Tischen sind schwarz-gelb.<br />
Die Feier hat etwas von einem überdimensionierten<br />
Familientreffen. Man hängt in Cliquen an den Tischen<br />
herum, erzählt Geschichten. Kleine Jungs laufen im Trikot<br />
herum, allzeit bereit, dem Verein ewige Treue zu<br />
schwören. Alte Herren lehnen sich würdig zurück. Wie<br />
etwa Klaus Althoff, der eine echte Havanna schmaucht,<br />
vor sich eine Urkunde für 25-jährige Mitgliedschaft im<br />
Fanklub Oeventrop-Freienohl. Früher hat er Fans im<br />
Bus kutschiert. 2009, zum 100. des BVB, ließ er sich<br />
„Borussendriver“ auf den Arm tätowieren. Und rezitiert<br />
nun fröhlich die BVB-Version eines alten Liedes: „Ob<br />
ich verroste oder verkalke, ich werde nie ein Fan von<br />
Schalke.“ Herrje, Schalke. Die Blau-Weißen aus Gelsenkirchen.<br />
Seit Menschengedenken die schärfste Konkurrenz<br />
von nebenan. Auch so ein Arbeiterklub. Eigentlich<br />
aus dem gleichen Holz. Aber das darf man einem BVB-<br />
Fan auf keinen Fall sagen.
50 BVB-ALBUM<br />
„Von dem Tag an sympathisch“<br />
Deutschlands bekanntester Sportreporter bekennt im Interview,<br />
wie er als Jungspund von einem Verein aus Dortmund sozialisiert wurde<br />
TEXT ANDREAS BRANNASCH<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2011</strong><br />
Herr Beckmann, können Sie sich noch an Ihre erste<br />
Begegnung mit Borussia Dortmund erinnern?<br />
Am 8. <strong>Mai</strong> 1965 nahm mich mein Vater zum<br />
ersten Mal mit zu einem Fußballspiel ins Weserstadion.<br />
Tabellenführer Werder Bremen spielte<br />
gegen Borussia Dortmund, es ging um die<br />
deutsche Meisterschaft. Zu einer eigenen Karte<br />
reichte es nicht, ich saß auf dem Schoß meines<br />
Vaters. Am Ende hieß es nach einem grandiosen<br />
Sturmlauf 3:0 für Werder. Klaus Matischak,<br />
Theo Klöckner und Gerhard Zebrowski hatten<br />
getroffen. Was für ein Erlebnis: meine Bundesligapremiere<br />
und gleich Meister. Von dem Tag<br />
an war mir der damals sehr dankbare Gegner BVB<br />
sympathisch.<br />
Damals waren Sie neun Jahre alt. Hatten Sie dann erst<br />
wieder als Sportreporter mit dem BVB zu tun?<br />
Nein, noch vorher: 1966 spielte Borussia Dortmund<br />
im Europapokal der Pokalsieger im Finale gegen<br />
den FC Liverpool. Ich musste damals zwei Stunden<br />
vorschlafen, damit ich das Spiel dann im Pyjama im<br />
Fernsehen sehen durfte. Mein Vater hat mich<br />
zum Anpfiff geweckt. Der BVB gewann 2:1 in der<br />
Verlängerung durch ein sagenhaftes Tor von<br />
Stan Libuda. Danach konnte ich überhaupt nicht<br />
mehr einschlafen.<br />
Sie waren schon früh vom Fußballfieber gepackt.<br />
Ich habe Autogrammkarten gesammelt, und ich habe<br />
heute noch eine vom BVB-Spieler Reinhold Wosab.<br />
Den kannte außerhalb des Ruhrpotts kaum einer,<br />
aber ich wollte unbedingt ein Autogramm von ihm…<br />
Wieso gerade von Wosab?<br />
Wegen seines Vornamens! Ich adressierte meinen<br />
Brief mit einem frankierten Rückumschlag an<br />
„Reinhold Wosab, Dortmund, Bundesligaspieler“.<br />
Der Brief kam an, und ich bekam meine Autogrammkarte<br />
– das sind herrliche Erinnerungen.<br />
Später als Reporter waren Sie dann in Dortmund<br />
immer sehr willkommen.<br />
Der heilige Reinoldus ist immerhin der Schutz heilige<br />
der Stadt Dortmund. Ich war auch immer gerne<br />
im neuen Dortmunder Westfalenstadion. Das wurde<br />
zur WM 1974 gebaut und war damals das erste<br />
echte größere Fußballstadion in Deutschland, mit<br />
über 50.000 Plätzen. Ohne Aschenbahn, die Fans<br />
ganz eng am Geschehen, in der Tradition englischer<br />
Stadien. Tolle Atmosphäre.<br />
Anfang der 70er-Jahre waren Sie ein großer Fan der<br />
Meistermannschaft von Borussia Mönchengladbach.<br />
Damals galt für mich: Puma statt Adidas. Lange<br />
Mähne statt Seitenscheitel. Revolte statt System.<br />
Netzer, le Fevre, Simonsen statt <strong>Mai</strong>er, Müller und<br />
Co. Mit einem Satz: Gladbach statt Bayern.<br />
Und es gibt Parallelen zur heutigen Meistermannschaft<br />
der Dortmunder: Auch diese junge Mannschaft<br />
hat überrascht. Sie spielt mit großem jugendlichem<br />
Selbstbewusstsein frisch nach vorne und spielt<br />
einen schnelleren Tempofußball als alle anderen<br />
Mannschaften in dieser Saison.<br />
Es gibt ein Foto vom Pokalfinale 1989 in Berlin,<br />
Borussia Dortmund gegen Werder Bremen.<br />
Da stehen Sie hinter dem Tor von Werder-Torwart<br />
Oliver Reck und erleben das Tor zum 3:1 für den<br />
BVB durch Norbert Dickel, heute Stadionsprecher.<br />
Dieses Spiel werde ich nie vergessen. Ich war als<br />
Reporter für die WDR-Sendung „Sport im Westen“<br />
mit eigenem Kameramann am Spielfeldrand.<br />
Norbert Dickel und auch Frank Mill spielten an<br />
FOTOS: PICTURE-ALLIANCE (2), PAUL SCHIRNHOFER<br />
BVB-ALBUM 51<br />
„Um abends das Europacup-Finale 1966 des BVB<br />
gegen Liverpool sehen zu können, musste ich vorschlafen<br />
und wurde von meinem Vater geweckt“<br />
diesem Tag wie von einem anderen Stern. Favorit<br />
Werder war schnell durch ein Tor von Riedle<br />
in Führung gegangen, aber dann wurden sie<br />
förmlich von den Dortmundern überrollt. Die zwei<br />
Tore von Dickel gaben den Ausschlag für die<br />
Wende zum späteren 4:1-Sieg der Borussia. Das war<br />
der erste Titel für die Dortmunder seit 1966.<br />
Norbert Dickel begründete an diesem Tag seinen<br />
Status als Kultspieler.<br />
Dieser Pokalsieg war Grundstein für weitere Erfolge,<br />
die in den Jahren danach folgten.<br />
In der Saison 1992/93 haben wir bei Sat.1 eins nach<br />
dem anderen die Übertragungsrechte an allen<br />
Spielen des BVB im UEFA-Cup gekauft. Ich bin<br />
damals selbst zu den Gesellschaftern gefahren, um<br />
sie davon zu überzeugen. Das Ganze entwickelte<br />
Liverpools Kapitän Ron<br />
Yeats nach missglücktem<br />
Rettungsversuch<br />
beim 2:1-Siegtor durch<br />
Stan Libuda im<br />
Europacup-Finale 1966.<br />
Rechts: Norbert Dickels<br />
Volleyschuss zum<br />
3:1 gegen Bremen im<br />
Pokalfi nale 1989<br />
sich für uns zu einem Glücksfall. Der BVB war bald<br />
der einzige deutsche Verein, der noch international<br />
spielte, und schaffte es bis in Finale.<br />
Das war für Sat.1 ja wie ein Monopol.<br />
Das gab richtig gute TV-Quoten. Wir haben den<br />
Weg der Dortmunder bei Sat.1 treu begleitet<br />
und uns mit unserer Berichterstattung vom internationalen<br />
Fußball viel Respekt unter den Fußballfans<br />
verschaffen können.<br />
Abschlussfrage: Haben Sie zu Saisonbeginn auf den<br />
BVB getippt?<br />
Ehrlich gesagt: nein. Und wer heute behauptet, er hätte<br />
diesen Durchmarsch schon im letzten Sommer prophezeit,<br />
der ist ein Klugschwätzer. Der will sich nachträglich<br />
als selbst ernannter Fußballkenner aufspielen,<br />
sagt aber sehr wahrscheinlich nicht die Wahrheit.<br />
Reinhold Beckmann, geboren 1956 in Twistringen bei Bremen, ist Fernsehmoderator<br />
und Fußballkommentator und moderiert zurzeit unter anderem die ARD-Sportschau.<br />
Er studierte in Köln Germanistik, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften. Vielfach<br />
ausgezeichnet, erhielt er für seine Sportmoderationen, Unterhaltungsshows und<br />
Talksendungen unter anderem den Deutschen Fernsehpreis und die Goldene Kamera.<br />
1999 gründete er die Initiative NestWerk e.V., die sich für benachteiligte Jugendliche<br />
in Hamburg einsetzt. 2008 wurde ihm für sein soziales Engagement das Bundesverdienstkreuz<br />
verliehen. Er lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Hamburg.<br />
Während seiner Zeit beim WDR, bei Sat.1 und bei der ARD kommentierte er viele<br />
Spiele von Borussia Dortmund. Seine erste Begegnung mit dem BVB liegt allerdings viel<br />
weiter zurück.<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> | <strong>2011</strong>
52 GRUSSWORTE<br />
Das habt ihr<br />
schön gemacht<br />
Selten war ein Titelgewinn so verdient,<br />
selten war ein Meister so beliebt – und selten<br />
fi el es Prominenten so leicht, dem<br />
neuen deutschen Meister zu gratulieren<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
Dr. Werner Müller, Politiker, Exminister,<br />
Exvorstandsvorsitzender <strong>Evonik</strong><br />
Dr. Norbert Blüm, Politiker, Exminister<br />
Habt ihr gut gemacht!<br />
Weiter so! Bleibt auf dem Boden!<br />
Borussia ist stolz auf euch!<br />
Franz Müntefering, Politiker, Exminister, MdB<br />
Anerkennung und Respekt: eine sympathische<br />
Mannschaft, die erfolgreich modernen<br />
Fußball spielt. Das sieht einfach gut aus.<br />
Als wir 2006 den Sponsorenvertrag mit dem BVB schlossen,<br />
waren zwei Dinge maßgeblich: die bundesweit hohen Sympathiewerte<br />
des Fußballteams und die solide, auch wirtschaftlich<br />
vernünftige Vereinsführung. Nun kommt der große sportliche<br />
Erfolg hinzu. Mit viel Freude danke ich dem BVB, dass der Name<br />
<strong>Evonik</strong> jetzt in die großen europäischen Stadien getragen wird.<br />
Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen, MdL<br />
Borussia Dortmund kann wahrlich stolz auf<br />
seine Fans sein. Mannschaft und Fans bilden<br />
eine Einheit, wie es sie nur selten gibt.<br />
Alfred „Aki“ Schmidt, BVB-Ikone<br />
Steffi Jones, OK-Präsidentin<br />
FIFA-Frauen-WM <strong>2011</strong><br />
Danke, das habt ihr schön gemacht!<br />
Ich freue mich riesig! Der Erfolg<br />
ist sensationell – und das mit so einer<br />
jungen Mannschaft!<br />
Das Team spielt einen<br />
wunderschönen und erfolgreichen<br />
Fußball. Faszinierend,<br />
mit welcher Leidenschaft und<br />
Spielfreude die junge Mannschaft<br />
auf dem Platz agiert.<br />
Dr. Gerhard Schröder, Altbundeskanzler<br />
Als Jugendlicher spielte ich beim TuS in Talle, wo ich von 1956 bis 1972 lebte.<br />
Sie nannten mich „Acker“, weil ich mich immer voll reingehängt habe. Über<br />
den Kampf zum Spiel finden war meine Devise. So wurde ich BVB-Anhänger.<br />
Manche sagen, es gäbe Parallelen zwischen meiner Entwicklung<br />
und der des BVB. So sei ich vom Rückenwind des DFB-Pokal-Erfolges der<br />
Dortmunder 1989 schließlich 1990 ins Amt des Ministerpräsidenten<br />
von Niedersachsen getragen worden. Darauf hätten für den BVB und für<br />
mich die große Zeit der 90er-Jahre begonnen: Vizemeister 1992,<br />
gute Auftritte im UEFA-Cup, die Meisterschaften 1995 und 1996 – ich<br />
wurde 1994 und 1998 als Ministerpräsident wiedergewählt, und 1998<br />
dann Bundeskanzler. Ab 1999/2000 gemeinsame Turbulenzen. Doch<br />
2002 sei wieder alles gut gewesen: der BVB Meister, ich als Kanzler<br />
wiedergewählt. Alle, die glaubten, wir seien erledigt, sahen sich getäuscht.<br />
So wird es auch jetzt sein, wo der BVB Meister ist. Was hat es nicht<br />
alles geheißen: zu jung, zu früh dran, zu wenig Geld in der Kasse. Die<br />
Aktie weniger wert als ein Bier. Doch dann kam ein Trainer, der an das Team<br />
glaubte. Ein Sponsor, der nicht die Nerven verlor. Und es kam der Erfolg.<br />
Nachher kennen alle die Gründe. „Ackern“ wird einer gewesen sein.<br />
Einfach toll, wie die Dortmunder ihre Modernisierung hinbekommen<br />
haben, ohne ihre Wurzeln im Revier zu verlieren. Der BVB hat robuste<br />
Kämpfertypen, filigrane Techniker, zeigt taktische Disziplin. Gratulation!<br />
Piet Klocke, Comedian<br />
Männer! Atem- und restlos begeistert<br />
rufe ich euch jungen Spunten zu:<br />
„G R A T U L A T I O N zur deutschen<br />
Meisterschaft!!“<br />
Uli Hoeneß, Präsident des FC Bayern München<br />
FOTOS: STRUSSFOTO/INTERTOPICS, PICTURE ALLIANCE (3), SPD-PRÄSIDIUM, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG PHOTO, PR,<br />
MAT HENNEK/EMIMUSIC, PRIVAT (2), ULLSTEIN, LAIF, IMAGO, EVENTPRESS, H. BREDEHORST<br />
Peer Steinbrück, Politiker, Exminister, MdB:<br />
GRUSSWORTE 53<br />
Andreas Möller, Exprofi beim BVB<br />
Eine so junge, kombinationsfreudige<br />
und unwiderstehlich auf das gegnerische<br />
Tor spielende Mannschaft, aus der sich<br />
in einer Saison so viele Nationalspieler<br />
entwickelt haben und die ihre Linie<br />
auch bei kritischen Rückständen nie<br />
aufgab, hat es selten in der nun fast<br />
50- jährigen Geschichte der Bundesliga<br />
gegeben. Im Ruhrgebiet redet sich<br />
niemand besoffen. Aber diese<br />
Mannschaft ist einfach ein Hammer.<br />
Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck<br />
Bei aller Konkurrenz zwischen den Reviervereinen gibt es durch<br />
den Titelgewinn des BVB in diesem Jahr für das gesamte<br />
Ruhrgebiet etwas zu feiern. Da kann ich den Spielern zu ihren großen<br />
Leistungen nur gratulieren und mich mit den Fans freuen!<br />
Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie<br />
viel ein solcher Titel für Region und Verein<br />
bedeutet, deshalb kann ich nur jedem,<br />
der seinen Anteil daran hatte, gratulieren.<br />
Alle haben einen tollen Job gemacht.<br />
Ich habe immer gesagt: Wenn es der BVB schafft, dann bin<br />
ich einer der Ersten, der gratuliert. Die Borussia hat großartigen,<br />
begeisternden und erfolgreichen Fußball gespielt.<br />
Uwe Seeler, Ehrenspielführer<br />
der deutschen Nationalmannschaft<br />
An unsere Spiele gegen den BVB habe ich eine<br />
besonders schöne Erinnerung: Im Pokalfinale 1963 in<br />
Hannover habe ich drei Tore geschossen – und wir wurden<br />
Pokalsieger. In dieser Saison steht Borussia Dortmund in<br />
der Bundesliga weit vor unserem HSV – zu Recht. Deshalb<br />
herzlichen Glückwunsch zur verdienten Meisterschaft!<br />
Sepp <strong>Mai</strong>er, Exnationaltorwart<br />
JUNGS, MACHT WEITER SO! ES IST<br />
NICHT NUR FÜR MICH EIN<br />
GENUSS, EUCH SPIELEN ZU SEHEN!<br />
Dr. Götz Alsmann, Unterhaltungskünstler<br />
Wer sich für die Leistung<br />
des BVB in dieser<br />
Saison nicht begeistert,<br />
ist kein Fußballfan!<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin Evon<br />
<strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong>
54 GRUSSWORTE<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> <strong>Mai</strong> <strong>2011</strong><br />
Dieter Nuhr, Kabarettist<br />
Meisterschaft! Es ist vollbracht! Aber am Ende einer Saison sollte man nicht nur feiern! Man sollte<br />
auch zurückschauen und besinnlich sein, in sich gehen und fragen: Muss man immer Erster sein?<br />
Es ist doch gerade erst neun Jahre her, dass sich die Borussia die Meisterschale erkämpft hat. Und jetzt<br />
schon wieder! Da stellt sich die Frage: Muss man sich immer vordrängeln? Hier hätte man vom<br />
FC Schalke lernen können. Dort verzichtet man seit über 50 Jahren auf den Meistertitel. Das nenne<br />
ich Bescheidenheit! Haben wir Deutsche nicht im letzten Jahrhundert gelernt, dass unbedingter<br />
Siegeswille auch ins Abseits führen kann? Nicht zuletzt aufgrund unserer Geschichte gilt<br />
in Deutschland das Immer-Vorneweglaufen als unsozial, also quasi als unlauterer Versuch, sich<br />
einen Vorteil zu verschaffen. Wer immer Erster sein will, ist ein Egoist! Man muss auch mal<br />
höflich an der Seite stehen – und andere vorlassen! Die Bayern haben es vorgemacht in diesem<br />
Jahr. Sie haben sich ausgesprochen ritterlich verhalten, vorbildhaft in Zurückhaltung und<br />
Contenance. Und sie haben Punkte verschenkt an jene Teams, die es niemals aus eigener Kraft<br />
zum Sieg gebracht hätten. Respekt!<br />
Doro Pesch, Rock-Lady und Sängerin<br />
Mir war ziemlich klar, dass Dortmund in diesem Jahr<br />
deutscher Meister wird. Und wisst ihr auch, warum: Euer<br />
Trainer sieht aus wie ein Rock ’n’ Roller, und euer<br />
junges Team rockt auf dem Rasen wie sonst kein anderes.<br />
Herzlichen Glückwunsch an alle Dortmunder!<br />
Ulli Potofski , Sportmoderator und -kommentator<br />
Als Schalker dem BVB zu gratulieren mag dem einen oder<br />
anderen schwerfallen – mir nicht! Denn die Borussia<br />
hat so erfrischend schönen Fußball gespielt, dass man sich<br />
als Fußballfreund einfach daran ergötzen muss.<br />
Dr. Michael Groß,<br />
Schwimm-Olympiasieger<br />
Herzlichen Glückwunsch an die Spieler und<br />
an die Fans – eine glanzvolle Saison mit<br />
einem perfekten Abschluss. Jetzt heißt es:<br />
Immer schön auf dem Teppich bleiben.<br />
Daniel Bahr, Landesvorsitzender der FDP in Nordrhein-Westfalen, MdB<br />
Eine junge Mannschaft, der viele am Anfang nicht<br />
die Konstanz zugetraut haben, hat Willen und Einsatzbereitschaft<br />
gezeigt und eine tolle Saison gespielt.<br />
Schwarz-Gelb konnte beeindrucken und begeistern.<br />
FOTOS: PR (2), PRIVAT, F. DURSTHOFF, IMAGETRUST, F. OSSENBRINK, PICTURE ALLIANCE<br />
Wotan Wilke Möhring, Schauspieler<br />
Keiner hat es mehr verdient, die Meisterschaft<br />
nach Hause zu tragen, als ihr: der Vorstand, der<br />
Manager und der beispiellose Trainer, der so sehr<br />
zum Verein passt, dass er für immer bleiben soll.<br />
Bodo Hombach, Geschäftsführer<br />
der WAZ-Mediengruppe<br />
Schalke hat eine eigene Kapelle.<br />
Borussia Dortmund entstand gegen<br />
das moralische Donnerwetter<br />
eines Kaplans. Man sieht aber, wer<br />
den Himmel auf seiner Seite hat.<br />
Ich mag sie beide – und alles drum herum. Man sah<br />
es die ganze Legislaturperiode: Schwarz-Gelb<br />
bringt ja doch was zustande! Glückwunsch von Essen<br />
nach Dortmund. Unverdünnt, weil voll verdient!<br />
FOTOS:PICTURE-ALLIANCE, GETTY IMAGES, IMAGO, ULLSTEIN<br />
24. Juni 1989: Norbert Dickel<br />
feiert den DFB-Pokal-Sieg<br />
5. <strong>Mai</strong> 1966: Finalsieg im Europacup<br />
gegen den FC Liverpool<br />
Sind Sie BVB-Experte?<br />
1. Welcher Spieler wechselte in der<br />
Winter pause 2000/2001 für die<br />
Rekord ablöse von 29 Millionen D-Mark<br />
zur Borussia?<br />
a Tomáš Rosický<br />
b Jan Koller<br />
c Sebastian Kehl<br />
2. Wie oft stand die Borussia in ihrer<br />
Geschichte im DFB-Pokal-Finale?<br />
a 2-mal<br />
b 3-mal<br />
c 4-mal<br />
3. Welcher Spieler wurde in Sprechchören<br />
zum „Fußballgott“ erhoben?<br />
a Lucas Barrios<br />
b Márcio Amoroso<br />
c Jürgen Kohler<br />
4. Wo trägt die zweite Mannschaft des<br />
BVB ihre Heimspiele aus?<br />
a Weiße Wiese<br />
b Brackel<br />
c Rote Erde<br />
5. Wie kam Michael Zorc zu seinem<br />
Spitznamen „Susi“?<br />
a Seine Freundin hieß Susanne.<br />
b Rolf Rüssmann verpasste ihm diesen<br />
Namen wegen seiner Frisur.<br />
c In seiner Kindheit mochte er den<br />
Zeichentrickfilm „Susi und Strolch“.<br />
1994/1995: Abschied<br />
von Flemming Povlsen<br />
Der Ball ist rund, und ein Spiel dauert 90 Minuten – das weiß jeder. Mit 15 nicht ganz<br />
einfachen Fragen können Sie Ihr Wissen rund um den BVB testen<br />
6. In welcher Spielminute gelang 1966<br />
„Stan“ Libuda der 2:1-Siegtreffer<br />
im Europapokalfinale gegen Liverpool?<br />
a 63. Minute<br />
b 81. Minute<br />
c 106. Minute<br />
7. Wie oft trainierte Udo Lattek den BVB?<br />
a 1-mal<br />
b 2-mal<br />
c 3-mal<br />
8. Wie oft wurde die Borussia<br />
deutscher Vize-Meister?<br />
a 3-mal<br />
b 4-mal<br />
c 5-mal<br />
9. Mit welchem Trainer gewann<br />
die Borussia 1997 den Weltpokal?<br />
a Michael Skibbe<br />
b Ottmar Hitzfeld<br />
c Nevio Scala<br />
10. Warum musste Flemming Povlsen<br />
seine Karriere beim BVB in der Saison<br />
1994/1995 beenden?<br />
a Adduktorenverletzung<br />
b Knieverletzung<br />
c Achillessehnenriss<br />
14. April – 20. <strong>Mai</strong> 2000: Udo Lattek, Trainer für<br />
fünf Spieltage, rettet den BVB vor dem Abstieg<br />
11. Welcher Trainer errang mit dem<br />
BVB 1989 den DFB-Pokal?<br />
a Reinhard Saftig<br />
b Horst Köppel<br />
c Ottmar Hitzfeld<br />
12. Wer behauptete: „Grau is alle Theorie,<br />
maßgebend is aufm Platz“?<br />
a Alfred „Adi“ Preißler<br />
b Paul Koschmieder<br />
c Alfred „Aki“ Schmidt<br />
13. Wer waren die „drei Alfredos“?<br />
a Alfred „Aki” Schmidt, Alfred „Adi“ Preißler<br />
und Alfred Kelbassa<br />
b Alfred „Adi“ Preißler, Alfred Niepieklo<br />
und Alfred Kelbassa<br />
c Alfred Nijhuis, Alfred „Adi“ Preißler<br />
und Alfred Niepieklo<br />
14. Welcher deutsche Fußballer hat<br />
als BVB-Spieler die meisten Länderspiele<br />
absolviert?<br />
a Andreas Möller<br />
b Jürgen Kohler<br />
c Michael Zorc<br />
15. Die Trikots des BVB waren nicht immer<br />
schwarz-gelb. Wie sah das erste aus?<br />
a Gelb-weiß gestreift mit roter Schärpe<br />
b Blau-weiß gestreift mit roter Schärpe<br />
c Grün-weiß gestreift mit blauer Schärpe<br />
1. a Tomáš Rosický; 2. c 4-mal: 1963, 1965, 1989 und 2008; 3. c Jürgen Kohler; 4. c Rote Erde; 5. b Rolf Rüssmann verpasste ihm diesen Namen wegen seiner Frisur; 6. c 106. Minute; 7. b 2-mal:<br />
1979–1981 und 2000; 8. b 4-mal: 1948/1949, 1960/1961, 1965/1966, 1991/1992; 9. c Nevio Scala; 10. b Knieverletzung; 11. b Horst Köppel; 12. a Alfred „Adi“ Preißler; 13. b Alfred „Adi“<br />
Preißler, Alfred Niepieklo und Alfred Kelbassa; 14. a Andreas Möller, 53 Länderspiele als BVB-Spieler; 15. b Blau-weiß gestreiftes Trikot mit roter Schärpe<br />
QUIZ 55<br />
<strong>Evonik</strong>-Magazin <strong>DAS</strong> <strong>MEISTERHEFT</strong> MAI | <strong>2011</strong>
Ihr habt die Schale gewonnen! Doch was noch wichtiger ist:<br />
auch unsere Herzen. Danke, BVB.<br />
Ihr habt’s geschafft, Jungs:<br />
Ganz Deutschland ist schwarz-gelb.<br />
www.evonik.de