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Pflichten des öffentlich bestellten<br />

und vereidigten Bausachverständigen<br />

von Dr. Harald Volze<br />

Im Rahmen der Durchführung einer<br />

Baumaßnahme ergeben sich häufig Meinungsverschiedenheiten<br />

zur Ausführung<br />

der Arbeiten. Häufig geht es um Mängel,<br />

die im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung<br />

verhandelt werden. Dazu<br />

bedarf es dann der Bausachverständigen.<br />

In der Regel handelt es sich um öffentlich<br />

bestellte und vereidigte Sachverständige,<br />

die als Gehilfen des Gerichts hinzugezogen<br />

werden. Sie haben dabei vielfältige<br />

Pflichten zu beachten, die in den<br />

Sachverständigenordnungen und der Zivilprozessordnung<br />

festgeschrieben sind.<br />

Einige wesentliche Pflichten sollen nachfolgend<br />

besprochen werden:<br />

1. Unabhängig, weisungsfrei,<br />

unparteiisch<br />

Bei der Erbringung seiner Leistung darf<br />

sich der Sachverständige keiner Einflussnahme<br />

aussetzen, die seine Vertrauenswürdigkeit<br />

und die Glaubwürdigkeit<br />

seiner Aussage gefährden könnte (Unabhängigkeit).<br />

Die wird durch den von ihm<br />

geleisteten Eid (§ 410 ZPO und § 79<br />

StPO) bekräftigt.<br />

Der Sachverständige soll seine Begutachtung<br />

unbeeinflusst und unabhängig<br />

von Interessen jeglicher Art durchführen.<br />

Nur so ist die Glaubhaftigkeit seiner Aussage<br />

gewährleistet.<br />

Insbesondere darf er nicht zugunsten<br />

seines Auftragsgebers das Ergebnis des<br />

Gutachtens manipulieren. In einem solchen<br />

Fall würde sich der Sachver ständige<br />

der Beihilfe des Betruges strafbar machen,<br />

unabhängig von seiner Haftung für den<br />

entstandenen Schaden.<br />

Weiterhin darf der Sachverständige<br />

auch keine Verpflichtungen eingehen, die<br />

geeignet sind, seine tatsächlichen Feststellungen<br />

und Beurteilungen zu verfälschen<br />

(Weisungsfreiheit). Der Sachverständige<br />

soll dementsprechend in keinem Abhängigkeitsverhältnis<br />

stehen, dass das Ergebnis<br />

seiner Untersuchungen beeinflussen<br />

kann. Als Abhängig-keitsverhältnis wird z.<br />

B. die Beziehung des Arbeitnehmers zu<br />

seinem Arbeitgeber gesehen. Ein Sachverständiger,<br />

der einen Schaden bei seinem<br />

Arbeitgeber begutachten soll, wäre<br />

diesem gegenüber weisungsgebunden<br />

und aufgrund dessen der anderen Partei<br />

gegenüber möglicherweise nicht neutral.<br />

Es entspricht ständiger Rechtsprechung,<br />

dass die Besorgnis der Befangenheit gegenüber<br />

Arbeitnehmern einer Partei in der<br />

Regel berechtigt ist.<br />

Der Sachverständige hat sein Gutachten<br />

weiterhin so zu erstellen, dass keine der<br />

Parteien Zweifel an seiner Unparteilichkeit<br />

hat. Anderenfalls hat jede Partei das Recht,<br />

den Sachverständigen wegen Zweifel an<br />

seiner Unparteilichkeit abzulehnen. Dies<br />

kann zur Folge haben, dass der Sachverständige<br />

seinen Vergütungsanspruch verliert,<br />

weil sein Gutachten nicht verwertbar<br />

ist. Der Sachverständige muss also vor Annahme<br />

eines Gutachtenauftrages persönliche<br />

und berufliche Bindungen zu den Parteien<br />

eines ge richtlichen Verfahrens anzeigen.<br />

Dies sollte auch bei privaten Aufträgen<br />

der Fall sein.<br />

2. Überprüfung des eigenen<br />

Fachgebietes<br />

Unmittelbar nach Beauftragung hat<br />

der Sachverständige zu überprüfen, ob<br />

der Gutachtenauftrag in sein Fachgebiet<br />

fällt, für das er bestellt ist (§ 407a I 1<br />

ZPO). Sollte dies nicht der Fall sein, muss<br />

er dies sofort anzeigen.<br />

Der öffentlich bestellte und vereidigte<br />

Sachverständige ist verpflichtet, für<br />

Gericht und Verwaltungsbehörden Gutachten<br />

zu erstellen, soweit der Auftrag in<br />

seine Fachkompetenz fällt.<br />

3. Überprüfung der entstehenden<br />

Kosten<br />

Der Sachverständige muss prüfen, ob<br />

der eingezahlte Kostenvorschuss<br />

ausreicht. Ist das nicht der Fall und ist abzusehen,<br />

dass die Sachverständigenvergütung<br />

den bislang eingezahlten Kostenvorschuss<br />

erheblich übersteigt, muss der<br />

Sachverständige dies dem Gericht mitteilen<br />

(§ 407a II 2 ZPO). Es kann sich eine<br />

Kostensteigerung z. B. dann ergeben,<br />

wenn sich die Begutachtung als komplizierter<br />

und zeitaufwändiger erweist, als<br />

der Sachverständige zunächst angenommen<br />

hat. Hierüber muss das Gericht und<br />

die Parteien informiert werden. Wann eine<br />

Kostensteigerung als „erheblich“ angesehen<br />

wird, wird von der Rechtsprechung<br />

unterschiedlich bewertet (zum Streitstand<br />

Bleutge in „Der Sachverständige“ 2007,<br />

S. 59). So bewegen sich die ausgeurteilten<br />

Toleranzen üblicherweise in der Praxis bei<br />

circa 20 % bis 25 %.<br />

Auch wenn der Sachverständige feststellt,<br />

dass durch die Gutachtener stellung<br />

Kosten entstehen, die in einem offenkundigen<br />

Missverhältnis zum Streitwert<br />

stehen, ist der Sachverständige auch hier<br />

verpflichtet, das Gericht und die Parteien<br />

darauf hinzuweisen (siehe Zimmermann<br />

in „Der Sachverständige“ 2006, S. 304<br />

(307)). Das ist immer dann der Fall, wenn<br />

Recht<br />

die Gutachterkosten den eigentlichen<br />

Streitwert weit übersteigen.<br />

Unterlässt es der Sachverständige die<br />

Kostensteigerung anzuzeigen, dann hat er<br />

nach Auffassung der Rechtsprechung seinen<br />

Auftrag überschritten und kann insoweit<br />

keine Vergütung verlangen (OLG<br />

Frankfurt am Main mit Beschluss vom<br />

21.08.1981 – 20 W 472/81 und OLG<br />

Hamburg Juristisches Büro 1977, S. 1750<br />

und OLG München in Rechtspfleger<br />

1979, S. 158).<br />

4. Persönliche Aufgabenerfüllung und<br />

persönliche Gutachtenerstattung<br />

Grundsätzlich muss der Sachverständige<br />

sein Gutachten eigenverantwortlich<br />

erstellen und für das Gutachten auf grund<br />

seiner eigenen Urteilsbildung die Verantwortung<br />

übernehmen (OLG Frankfurt am<br />

Main, Beschluss vom 21.08.1981 zum Az.<br />

20 W 472/81). Dies kann er dann nicht,<br />

wenn die vollständige Begutachtung durch<br />

einen Dritten vorgenommen wird. Dementsprechend<br />

hat der Sachverständige die<br />

Verpflichtung, diejenigen Gegenstände,<br />

die im Rahmen der Sachverständigentätigkeit<br />

zu begutachten sind, per-sönlich in<br />

Augenschein zu nehmen. Allein so ist gewährleistet,<br />

dass der Sachverständige im<br />

Falle von Nachfragen auch ergänzen und<br />

erläutern kann. Rügt eine der Parteien zu<br />

Recht einen solchen Verstoß des Sachverständigen<br />

ist das Gutachten nicht verwertbar.<br />

5. Überwachung und Kenntlichmachung<br />

der Mitarbeit der Hilfskräfte<br />

Gemäß den Sachverständigenordnungen<br />

der Bestellungsorgane ist derjenige<br />

eine Hilfskraft, der den Sachverständigen<br />

bei der Erbringung seiner Leistung nach<br />

Weisung unterstützt.<br />

Hierunter fallen Leistungen, die keine<br />

fachliche Ausfüllung von Erfahrungs sätzen,<br />

Beurteilungsspielräumen oder Ermessensentscheidungen<br />

erfordern. Vielmehr ist mit<br />

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