Einer von uns… - Berliner Liedertafel
Einer von uns… - Berliner Liedertafel
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BERLINER LIEDERTAFEL E.V. 1884<br />
Mitglied im Chorverband Berlin und im Deutschen Chorverband<br />
Chorproben jeden Donnerstag ab 19.30 Uhr, im Nachbarschaftshaus Kreuzberg, Urbanstraße 21, 10961 Berlin<br />
Telefon: 030/ 69049727; Homepage: www.berliner-liedertafel.de; eMail: info@berliner-liedertafel.de<br />
Bankverbindung: Weberbank, Konto-Nr. 40270009 BLZ 10120100<br />
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Liebe Mitglieder und Freunde der BL,<br />
liebe Leserinnen und Leser,<br />
noch immer sind wir in tiefer Trauer verhaftet und können im-<br />
mer noch nicht richtig begreifen, dass unser Ehrenpräsident<br />
nicht mehr unter uns ist. Mit Gerhard Rost hat uns am 2. Au-<br />
gust ein äußerst liebenswerter, gütiger, zutiefst frommer,<br />
geistreicher und kreativer Mensch, ein leidenschaftlicher<br />
Sänger und Musikkenner für immer verlassen.<br />
Wo Gerhard Rost auftrat, begegnete man einem Herrn, der mit<br />
aufrechter Körperhaltung und geradem Gang würdig einher<br />
schritt. Eine gepflegte Erscheinung, immer sorgfältig gekleidet<br />
mit freundlicher, ja vielfach herzlicher Miene und einem gele-<br />
gentlich schalkhaft wirkendem Glitzern in den klaren Augen. Er<br />
wirkte vor nicht allzu langer Zeit nicht nur äußerlich wesentlich<br />
jünger, als es sein Ausweis offenbarte. Er war ein pflichtbe-<br />
wusster Mensch, der sich seinen Hobbies mit voller Hingabe<br />
widmete, als wären sie sein Beruf: Zuverlässig, pünktlich, engagiert.<br />
Niemand weiß es besser als wir, seine lieben Freundinnen und Freunde: Gerhard Rost gehörte<br />
mehr als 6 Jahrzehnte der <strong>Berliner</strong> <strong>Liedertafel</strong> an. Das alleine war nicht das Spektakuläre. Er war<br />
fast bis zum Schluss aktiver Sänger. Werden in diesem Alter häufig die Stimmen etwas brüchig<br />
und unsicher, können wir alle es bezeugen, dass das bei Gerhard nicht der Fall war. Er sang sicher<br />
und klar und war mit seinem angenehm warmen, unaufdringlichen Timbre noch vor wenigen<br />
Jahren der gerne gehörte Bariton-Solist.<br />
So möchten wir ihn gerne in Erinnerung behalten. So wie hier auf diesem Bild.<br />
Sein Leben spielte sich fast ausschließlich in Lankwitz und im unmittelbaren Umfeld dieses Kiezes<br />
ab. Die Geburt, weite Teile seiner Schulzeit, nach dem Kriegsende seine pädagogische<br />
Ausbildung, 1949 seine Anstellung als Lehrer in Steglitz, 1957 die Hochzeit mit Dorchen sowie die<br />
Geburt der drei Kinder: 1958 Wolf-Martin, 1960 Bernhard und 1965 Katharina, der Beginn einer<br />
beispielhaften Karriere mit Aufstieg zum Rektor einer Lankwitzer Grundschule später zum Schulrat<br />
und Leitenden Schulrat, alles in Steglitz, wo er im Juli 1992 auch pensioniert wurde.<br />
Bereits im Jahre 1946 entschloss sich der gerade 17-jährige, der <strong>Berliner</strong> <strong>Liedertafel</strong> beizutreten.<br />
Er engagierte sich <strong>von</strong> Anfang an, wurde Stimmführer, legte die Chorleiterprüfung ab, studierte in<br />
gutem Einvernehmen mit verschiedenen vorbildlichen Chorleitern die künstlerische Bandbreite<br />
sowie die klangliche Besonderheit des Männerchors und lernte den Stellenwert sowie die in dieser<br />
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„DerMerker“ ist das Mitteilungsblatt der <strong>Berliner</strong> <strong>Liedertafel</strong> und erscheint zweimonatlich.<br />
Herausgeber: Der Vorstand der BL, Redaktion: Jörg Kramer, praesident@berliner-liedertafel.de<br />
Druck: Tandt Werbetechnik GmbH, tandt@snafu.de, Tel.: 2140136<br />
Redaktionsschluss der für die Ausgabe 06/2009: 20.11.2009<br />
Sparte eigene musikalische Ausdruckspalette kennen und schätzen. Dieses immer wieder zu<br />
untersetzen und an der künstlerisch vertretbaren chorischen Arbeit mitzuwirken, waren die<br />
wichtigsten Aufgaben, denen er sich stellte, als er im Jahre 1966 Präsident der <strong>Berliner</strong><br />
<strong>Liedertafel</strong> wurde. Dieses Amt übte er bis März 2003, also 37 Jahre lang, aus.<br />
Während seiner Präsidentschaft ersetzte er nicht nur über viele Jahre hinweg den Vorsitzenden<br />
und den Merker-Redakteur. Er gründete innerhalb des Chores auch eine besondere Sängerformation,<br />
ein achtköpfiges Männer-Vokal-Ensemble, dem er den Namen des Gründers,<br />
Chorleiters und ersten Vorsitzenden der BL gab: Das Adolf-Zander-Oktett.<br />
In Gerhard Rosts Präsidentenzeit fielen wohl die bedeutsamsten Jahre der <strong>Berliner</strong> <strong>Liedertafel</strong><br />
nach dem Krieg: Herausragende Jubiläen sowie die akribisch vorbereiteten und durchgeführten<br />
Chor- und Konzertreisen in alle Welt. Die nachhaltigsten Erinnerungen sind mit den Reisen in die<br />
USA und nach Kanada im Jahre 1967 sowie nach Japan im März 1980 verbunden. Mit dem Blick<br />
über die Ländergrenzen erweiterte man den eigenen Horizont, hörte und erfuhr Neues und<br />
verständigte sich mit anderen in der Weltsprache der Musik. Dabei repräsentierte Gerhard Rost die<br />
<strong>Berliner</strong> <strong>Liedertafel</strong> in herausragender Weise. Seine Grußworte im Zuge <strong>von</strong> Gastauftritten und<br />
Festkommersen waren immer treffend und individuell dem jeweiligen Anlass angepasst.<br />
Gerhard Rost hat vielerlei Ehrungen für sein Tun und Wirken erfahren: Das Goldene<br />
Ehrenabzeichen der BL, der Ehrenring der <strong>Berliner</strong> <strong>Liedertafel</strong>, die Ehrenmitgliedschaft der BL,<br />
aber auch anderer renommierter Vereine in Mannheim, Stuttgart, Wien, Tokio; 1993 dann das<br />
Bundesverdienstkreuz, 1996 die Ehrenmedaille des Deutschen Sängerbundes und im Jahre 2003<br />
im festlichen Rahmen eines Chorkonzertes in der <strong>Berliner</strong> Philharmonie die Verleihung des Titels<br />
„Ehrenpräsident der <strong>Berliner</strong> <strong>Liedertafel</strong>“. So gerührt er damals war, so stolz machte ihn auch<br />
diese Auszeichnung.<br />
Neben der <strong>Liedertafel</strong> nahm sich Gerhard Rost, seiner aufrichtigen Frömmigkeit entsprechend,<br />
mehr als 50 Jahre der Evangelischen Dorfkirchengemeinde Lankwitz an, in der er äußerst<br />
engagiert und auf vielfältigste Weise mitarbeitete.<br />
Dies alles war ihm nur möglich, weil er harmonisch in seine Familie eingebettet war und ihm dort<br />
sein Lebensmittelpunkt bereitet und behütet wurde.<br />
Wie schon bei der Trauerfeier am 6. August auf dem Lutherfriedhof sowie an dem Gedenkabend<br />
am 23. August in der Urbanstraße sei mir ein persönliches Bekenntnis gestattet: Es ist eine<br />
Binsenweisheit, dass jeder Mensch besondere positive Eigenschaften, Vorzüge, Talente,<br />
Tugenden, aber auch die eine oder andere „Macke“ hat. Die „Macken“ Gerhards bestanden samt<br />
und sonders aus liebenswerten Eigen- und Besonderheiten, auf die ich nie hätte verzichten mögen.<br />
Seine Art des Umgangs mit anderen Menschen, seine Kompromissbereitschaft, seine<br />
Liebenswürdigkeit und Langmut, seine Nachdenklichkeit, seine Beharrlichkeit, seine Bereitschaft<br />
zur Anteilnahme, seine Bescheidenheit, die soziale Kompetenz und emotionale Intelligenz sinnvoll<br />
vereinigten, machten ihn für mich zu einem der bedeutendsten und wichtigsten Menschen<br />
außerhalb meiner Familie. Ich bin dankbar, dass ich ihm begegnen, dass ich <strong>von</strong> ihm lernen durfte.<br />
Wir alle, die gesamte <strong>Liedertafel</strong>familie werden Gerhard Rost, der sich in vielfältiger Weise um die<br />
<strong>Berliner</strong> <strong>Liedertafel</strong> verdient gemacht hat, ein ehrendes Andenken bewahren. Dabei vertrauen wir<br />
voller Dankbarkeit darauf, dass er in der Obhut unseres Herrgotts gut aufgehoben ist, uns <strong>von</strong><br />
höherer Warte aus mit Sympathie beobachtet, solidarisch begleitet, und uns auch künftig väterlich<br />
zur Seite steht.<br />
Ihr/Euer Jörg Kramer