Einer von uns… - Berliner Liedertafel
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In dankbarer<br />
Erinnerung!<br />
Am 02. August 2009 schloss unser<br />
Ehrenpräsident Gerhard Rost die Augen. Ein<br />
Stern, der Jahrzehnte lang die Geschicke der<br />
<strong>Berliner</strong> <strong>Liedertafel</strong> überstrahlte, war<br />
erloschen.<br />
Gerhard und Dorchen Rost beim<br />
Neujahrsansingen 2009 Foto: JKr<br />
Wenn man sich über eine lange Zeit<br />
gegenseitig begleitet hat, weiß man viel<br />
<strong>von</strong>einander. Niemand vor ihm hatte ein<br />
tragendes Amt im Geschäftsführenden<br />
Vorstand so lange, wie er. Er leitete die<br />
Geschicke der BL mit ruhiger Hand. Viel<br />
ereignete sich in seiner Amtszeit. Gerhard<br />
Rost war stets auf Ausgleich und Harmonie<br />
bedacht. Auseinandersetzungen ging er<br />
meist aus dem Wege. Er hatte ein offenes<br />
Wesen, ging auf die Menschen zu und war<br />
für jedermann zu sprechen. Jede Art <strong>von</strong><br />
Standesdünkel war ihm fremd. Zu seinen<br />
Markenzeichen gehörte auch Kontinuität.<br />
Größere Veränderungen waren nicht seine<br />
Sache.<br />
In seiner langen Amtszeit hatte er viele große<br />
Auftritte. Bewundernswert, wie er als junger<br />
Präsident 1967 in den USA und Kanada, vor<br />
Bürgermeistern, Präsidenten und<br />
Botschaftern auftrat, bewundernswert auch<br />
seine Reden in Basel, Bern, Wien, Tokio und<br />
Hiroshima, um nur einige Höhepunkte zu<br />
nennen.<br />
Besonders in schweren Stunden zeigte<br />
Gerhard Rost Größe und innere Kraft. Wenn<br />
alles ergriffen schwieg, fand er die richtigen<br />
Worte. Er war gefestigt im Glauben.<br />
Oft haben wir ihn bei Beerdigungen erlebt<br />
und nun mussten wir ihn selbst beerdigen.<br />
Unvergessen bleibt mir die Weihnachtsfeier<br />
der <strong>Berliner</strong> <strong>Liedertafel</strong>, in deren Verlauf der<br />
damalige Vorsitzende Willi Reuscher starb.<br />
Während alle wie gelähmt waren, fand<br />
Gerhard Worte.<br />
Wir haben uns als Sänger, als Freunde und<br />
auch in einer langjährigen Zusammenarbeit<br />
im erweiterten Vorstand kennengelernt, denn<br />
ich war mehr als drei Jahrzehnte im<br />
Reiseausschuss der <strong>Berliner</strong> <strong>Liedertafel</strong> tätig.<br />
Gerhard Rost war es vergönnt, im<br />
vergangenen Jahr das 30-jährige Bestehen<br />
„seines“ Adolf-Zander-Oktetts zu begehen<br />
und noch im Mai dieses Jahres seinen 80.<br />
Geburtstag zu feiern. Er konnte auf ein<br />
erfülltes Leben zurückblicken, in dem er sich<br />
oft mehr aufbürdete, als es seine Kräfte<br />
erlaubten.<br />
Ich werde meinen Freund und Sangesbruder<br />
Gerhard in dankbarer Erinnerung behalten<br />
und habe auch einiges <strong>von</strong> ihm lernen<br />
können, das mein Leben mitprägte.<br />
Gerhard Struck<br />
Adieu,<br />
mein Freund!<br />
Im letzten Merker habe ich ihm und uns noch<br />
viele gemeinsame Feiern gewünscht, aber es<br />
kam anders. Wie wir alle wissen, ist Gerhard<br />
Rost gestorben. Das sagt sich so leicht und<br />
schwer zu gleich.<br />
Ich kenne Gerhard irgendwie mein Leben<br />
lang. Das ist eine ganz schön lange Zeit, und<br />
da lernt man sich dann auch irgendwie<br />
kennen. Wann immer ich ihn traf kam er<br />
freundlich lächelnd auf mich zu und begrüßte<br />
mich mit einem „sei mir gegrüßt mein<br />
Freund“. Bei vielen hätte das pathetisch<br />
gewirkt, aber zu ihm passte es.<br />
Ich habe Gerhard in vielen Funktionen erlebt.<br />
Auch außerhalb der <strong>Liedertafel</strong>. Ich saß in<br />
der Grundschule, es muss die vierte oder<br />
fünfte Klasse gewesen sein, und unser<br />
Lehrer hatte eine Prüfungsstunde. Es ging<br />
wohl um die Verbeamtung. Herein kamen<br />
Direktor Dreyer, der leitende Schulrat<br />
Gerhard Rost und eine weitere Person.<br />
Gerhard kam bei mir vorbei und begrüßte<br />
mich, wie er es halt immer tat, klopfte mir auf<br />
die Schulter und setzte sich hinter uns in die<br />
Klasse.<br />
Nach der Stunde fragte mich mein<br />
Klassenlehrer natürlich, woher ich denn den<br />
leitenden Schulrat kennen würde. Ich sagte<br />
woher und ergänzte, dass er mit meinem<br />
Vater am Stammtisch der Nepper sitzen<br />
würde und erklärte auch den Namen.<br />
Gerhard hatte alles gehört und<br />
verabschiedete sich <strong>von</strong> mir freundlich und<br />
mit Grüßen an meine Eltern. Beruflich war<br />
seine Leidenschaft der Umgang mit Schülern,<br />
und ich denke, er war ein begeisterter Lehrer.<br />
Im Umgang mit Kindern hatte er immer ein<br />
gutes Händchen. Wer einmal die Kinder-<br />
Weihnachtsfeiern miterlebt hat, der stimmt<br />
mir da sicher zu.<br />
Ich nahm mit anderen Kindern und den<br />
Sängern des Oktetts am Krippenspiel teil. Die<br />
Proben fanden im Hause Rost am Steglitzer<br />
Damm statt. Es war immer eine sehr fröhliche<br />
Runde dort.<br />
Als mein Vater starb, hatte Gerhard eine über<br />
den Tag der Beerdigung hinausgehende<br />
Reise gebucht. Er hat sie verschoben. Es war<br />
ihm wichtig, dabei zu sein und ein paar Worte<br />
zu sagen. Das waren die Dinge, die ich an<br />
ihm hoch geschätzt habe. Manch einer hätte<br />
es sich einfach leichter gemacht, er stand<br />
dazu. Persönliche Loyalität ist etwas, was<br />
leider nicht immer vorhanden ist, bei ihm war<br />
es selbstverständlich.<br />
Gerhard Rost wird 80 – hier im<br />
Kreise seiner Sänger<br />
Foto: Wolf-Martin Rost<br />
Ich erinnere mich auch gern an die<br />
Verleihung des Bundesverdienstkreuzes. Als<br />
es ans Gratulieren ging, drückte ich ihm die<br />
Hand und sagte, dass er nun ein<br />
ordensgeschmückter Präsident sei. Er hat es<br />
gelassen genommen.<br />
Ich weiß, dies alles sind nur wenige Fraktale<br />
seiner Persönlichkeit, aber sie waren mir<br />
wichtig. Vielleicht ist es auch für Euch ein<br />
Blick auf ein erfülltes Leben mit ihm und uns<br />
gewesen.<br />
Da bleibt mir nur eins zu sagen: „Adieu mein<br />
Freund.“<br />
Lieber Jörg,<br />
Thomas H. Reiche<br />
ich danke Dir sehr für Deine würdigen und so<br />
treffenden Worte, die Du anlässlich der<br />
Beerdigung unseres unvergessenen Gerhard<br />
Rost gefunden hast; Du hast allen<br />
Liedertäflern aus dem Herzen gesprochen.