Band I/ 2013 (6,7mb) - critica – zeitschrift für philosophie ...
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gibt und uns betrifft, als eine organisierte<br />
Gesamtheit berechenbarer<br />
Kräfte erscheint. Damit setzt<br />
sich als Gesetz des Wirklichen die<br />
»Gefahr« durch, die die äußerste<br />
Form der Vergessenheit darstellt,<br />
und man lässt sich durch die »Willensmeinung«<br />
verführen, »durch<br />
eine friedliche Entbindung, Umformung,<br />
Speicherung und Lenkung<br />
der Naturenergien könne<br />
[…] das technische Herstellen […]<br />
die Welt in die Ordnung« bringen<br />
(Heidegger 1994, 294ff.). Wird das<br />
Wirkliche als Bestand angesehen,<br />
so bedeutet das letztendlich den<br />
Versuch, die zusammengehörigen<br />
lethe und aletheia zu vernichten,<br />
indem man sie als genau berechenbar<br />
und als ein überprüfbar<br />
Gegebenes auffasst <strong>–</strong> wobei die<br />
Schwierigkeit der Berechnung<br />
bzw. der Überprüfung im Grunde<br />
nicht relevant ist. Laut Heidegger<br />
entspricht somit die Technik <strong>–</strong> die<br />
sich zwar mit der gleichen Dynamik<br />
der Wahrheit artikuliert, jedoch<br />
die eigentliche Wahrheit zu<br />
verhüllen versucht, die im <strong>für</strong> das<br />
Ereignis eigentümliche enteignenden<br />
Wesen des Enteignisses<br />
zum Ausdruck kommt <strong>–</strong> den Gewalttaten,<br />
die der Mensch mithilfe<br />
von Maschinen und anderen technischen<br />
Geräten jeden Tag an der<br />
Natur, an anderen Menschen sowie<br />
an sich selbst begeht. Die Technik<br />
gehört zum Ereignis, indem<br />
sie zur im Gestell zu erörternden<br />
Seinsvergessenheit gehört, mit<br />
der der Mensch das Wirkliche als<br />
einen Bestand bestellt, was prinzipiell<br />
mit der Betrachtung des<br />
Seins immer und nur als eines<br />
Seienden übereinstimmt. Bei<br />
Heidegger heißt es nämlich: »das<br />
Ge-Stell west nach der Weise des<br />
Ereignisses und zwar so, daß es<br />
dieses zugleich verstellt, weil alles<br />
Bestellen sich in das rechnende<br />
Denken eingewiesen sieht und so<br />
die Sprache des Ge-Stells spricht«<br />
(Heidegger 11 1997, 263). Die Technik<br />
als eine Weise des Entbergens<br />
<strong>–</strong> aber als die uneigentliche Weise,<br />
die nicht imstande ist, sich mit<br />
den eigenen eigentlichen Möglichkeiten<br />
auseinanderzusetzten<br />
<strong>–</strong> artikuliert sich genau dort, wo<br />
sich die Metaphysik als Ort der<br />
Entbergung der Verborgenheit der<br />
Seinsfrage erörtert. Der Prozess <strong>–</strong><br />
als Entbergen <strong>–</strong> ist derselbe, aber<br />
unterschiedlich ist die Weise, auf<br />
die sich das Sein gibt, zu dem eine<br />
Beziehung hergestellt wird: <strong>für</strong> die<br />
Metaphysik ist es ein Seiendes, <strong>für</strong><br />
das eigentliche Denken ist es das<br />
Ereignis.<br />
Die Zusammengehörigkeit von<br />
Technik und Wahrheit gründet<br />
also darauf, dass die Technik zum<br />
Sein selbst gehört, da sie, wie die<br />
Wahrheit, »eine Weise des Entbergens«<br />
(Heidegger 8 1997, 15) ist.<br />
Während aber die Wahrheit sich<br />
erst aus einer Verborgenheit her<br />
entbirgt, indem sie sich von solcher<br />
Verborgenheit ernährt und<br />
auf solche Verborgenheit ständig<br />
verweist, versucht die Technik,<br />
die <strong>für</strong> die Wahrheit notwendige<br />
Phase der lethe zu beherrschen. Die<br />
Frage nach der Wahrheit ist nicht<br />
nur deshalb notwendig, weil man<br />
dadurch das sich im <strong>für</strong> die alte-<br />
I | 13 CRITICA<strong>–</strong>ZPK<br />
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