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Dezember 2005 - Der Fels

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Christoph Haider:<br />

Man kann nicht nur auf Probe<br />

leben, man kann nicht nur auf<br />

Probe sterben, man kann nicht<br />

nur auf Probe lieben, nur auf<br />

Probe und Zeit einen Menschen<br />

annehmen.“ - Johannes Paul II.<br />

am 15. November 1980 in Köln<br />

„Ich weiß, dass Ihr als junge<br />

Menschen das Große wollt.“ Mit<br />

dieser Aussage beim Weltjugendtag<br />

in Köln setzte Papst Benedikt XVI.<br />

die Mut machenden Worte fort, mit<br />

denen sein Vorgänger Papst Johannes<br />

Paul II. die Jugendlichen von heute<br />

bestärkte, ihnen aber auch Großes<br />

zutraute. Diese Großherzigkeit von<br />

Jugendlichen dürfen wir auch in Bezug<br />

auf schwierigere Bereiche wie die<br />

kirchliche Sexualmoral erwarten.<br />

Zur Situation: Vor nicht allzu<br />

langer Zeit kam ich mit einem indischen<br />

Priester aus Bangalore über<br />

Jugendseelsorge ins Gespräch. Father<br />

Mathew ist fünfundzwanzig Jahre<br />

Priester und hat in dieser Zeit viele<br />

Jugendliche pastoral begleitet. Eine<br />

konkrete Frage hatte ich an ihn: „Gibt<br />

es in deinem Wirkungsbereich ebenso<br />

das Phänomen, dass immer mehr Jugendliche<br />

ohne Trauschein zusammen<br />

leben?“ Seine Antwort: „Ja, das gibt<br />

es leider auch. An zwei Fälle kann ich<br />

mich erinnern.“ Da musste ich meinem<br />

Gesprächspartner gegenüber eingestehen,<br />

dass meine Erfahrung über<br />

Jahre hinweg eine andere ist: Zwei,<br />

drei Paare unter Duzenden konnte ich<br />

in Erinnerung rufen, die sich bewusst<br />

für das ‚Warten vor der Ehe’ entschieden<br />

hatten, die große Mehrheit bei uns<br />

macht es anders.<br />

Die Ursachen dieses Phänomens<br />

sind vielschichtig. Da ist einmal die<br />

erotische Allgegenwart im TV- Web-<br />

und Print-Bereich. Die Suggestionskraft<br />

dessen, was rund um die Uhr das<br />

menschliche Auge speist, ist enorm.<br />

Was wirklich weiter hilft<br />

Gegen den Mainstream: Glaubens- und Vernunftgründe<br />

für ein keusches Leben vor der Ehe<br />

Pfarrer Mag. Christoph Haider, Jahrgang<br />

1962, Priesterweihe 1987, Pfarrer<br />

von zwei Gemeinden in der Diözese Innsbruck:<br />

Pfaffenhofen, Oberhofen im<br />

Inntal. Als Diözesanpriester Mitglied<br />

der Priestergemeinschaft „Das Werk“.<br />

Verschiedene Beiträge spirituell-theologischer<br />

Art in www.kath.net<br />

Nicht zu unterschätzen ist auch die<br />

immer früher einsetzende und immer<br />

offener gestaltete Sexualaufklärung<br />

in Kindergarten und Schule, die<br />

erfahrungsgemäß oft in Form einer<br />

indirekten Animation zum Probieren<br />

dargeboten wird. Ein Jugendlicher,<br />

der in diesem erotisierten Milieu einen<br />

anderen Weg beschreiten möchte,<br />

muss ein hohes Maß an Willenskraft<br />

aufbringen, um zu einer eigenen Entscheidung<br />

zu fi nden. Schwierig wird<br />

es für ihn dann, wenn die Freundin,<br />

der Freund, in dieser Frage andere Ansichten<br />

vertritt. Allein steht ein junger<br />

Idealist kaum sein Ideale durch. Zugegeben,<br />

die Mäßigung des Geschlechtstriebes<br />

war zu allen Zeiten eine Aufgabe,<br />

die der menschlichen Person<br />

Willenskraft abverlangte. Aber unsere<br />

Generation ist eben eine Generation<br />

der raschen Trieb-Befriediger. Wie<br />

sich das Kleinkind Süßes wünscht und<br />

es gewöhnlich unverzüglich erhält, so<br />

setzt sich dieser Wunsch-Erfüllung-<br />

Mechanismus beim Jugendlichen und<br />

Erwachsenen nur allzu gern in gewandelter<br />

Form fort: Auch sexuelle Bedürfnisse<br />

sind im Grunde genommen<br />

wie „Süßes“. Die Möglichkeiten der<br />

Verhütungsindustrie tragen das ihre<br />

dazu bei, dass sexuelle Erfüllung den<br />

Anschein eines reinen Konsumgutes<br />

erweckt, ohne die damit verbundene<br />

Aufgabe wahrzunehmen. Jungen<br />

Menschen wird suggeriert, Verant-<br />

wortlichkeit im sexuellen Bereich sei<br />

vorrangig eine Frage des Verhütens.<br />

Dass die geschlechtliche Prägung des<br />

Menschen als Mann und Frau in ihrem<br />

tiefsten Wesen auf die Weitergabe des<br />

Lebens hingeordnet ist, dieser Aspekt<br />

ist allgemein im Schwinden.<br />

Neben diesen mehr gesellschaftlichen<br />

und hinlänglich bekannten<br />

Hintergründen, scheint eine Hauptursache<br />

für gesteigerte Intimbeziehungen<br />

unter Jugendlichen die<br />

mangelnde kirchliche Verkündigung<br />

zu sein. „Wie sollen sie hören, wenn<br />

niemand verkündigt?“ (Röm 10,14).<br />

Dieses Pauluswort trifft auch auf den<br />

sittlichen Bereich zu. Die Unsicherheit<br />

im kirchlichen Verkündigungsdienst<br />

ist auch in den Bereich der<br />

Sexualmoral übergeschwappt. Dem<br />

Zeitgeist verhaftete Moraltheologen<br />

haben die nötige Vorarbeit geleistet, in<br />

dem sie Schlagworte wie „der Beginn<br />

der Ehe ist nicht punktuell zu sehen,<br />

Ehe ist ein Werden“ geprägt haben.<br />

In den Köpfen vieler Religionslehrer<br />

und Priester geht die Angst um, sich<br />

mit dem Stehen zur kirchlichen Lehre<br />

Widerspruch einzuheimsen bzw. als<br />

überholt eingestuft zu werden. Nachdem<br />

auf dem Acker der Verkündigung<br />

die kirchliche Sexuallehre Jahre lang<br />

nur spärlich ausgesät wurde, ist es natürlich<br />

schwierig, verlorenes Terrain<br />

zurück zu gewinnen. Auch gutgläu-<br />

DER FELS 12/<strong>2005</strong> 351

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