Dezember 2005 - Der Fels
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schen im freien Gegenüber-Sein zu<br />
sich ... ebenfalls als Person will“<br />
(Michael Stickelbroeck, Dogmatik<br />
nach der Moderne. Berechtigung und<br />
Grenzen postmodernen Denkens für<br />
die Theologie, in: Münchener Theologische<br />
Zeitschrift 54 (2003), 224-<br />
237). Genau hier liegt beispielsweise<br />
ein fundamentaler Unterschied zum<br />
Islam, der vom Menschen eine völlige<br />
Unterwerfung unter den Willen<br />
Gottes verlangt. („Islam“ heißt übersetzt<br />
„Ergebung“) Da in der postmodernen<br />
Gesellschaft von der Religion<br />
nicht nur Hilfe zum ewigen Leben,<br />
sondern in erster Linie Lebenshilfe<br />
hier und heute erwartet wird, ist die<br />
Kirche in ihrer Sozialkompetenz gefordert.<br />
Den Einsatz für jene Menschen,<br />
die in unserer Ellenbogengesellschaft<br />
sonst auf der Strecke bleiben,<br />
gilt es zu intensivieren. Dabei<br />
stellen vor allem die Abtreibungs-<br />
und Euthanasiedebatte sowie die<br />
moderne Genmedizin eine besondere<br />
Herausforderung dar. Einen weiteren<br />
Schwerpunkt in der neu angebrochenen<br />
Epoche wird die Wertediskussion<br />
darstellen. Hierauf hat vor allem<br />
der bekennende Christ und ZDF-Moderator<br />
Peter Hahne durch seinen<br />
Bestseller „Schluss mit lustig“ aufmerksam<br />
gemacht (Peter Hahne,<br />
Schluss mit lustig. Das Ende der<br />
Spaßgesellschaft, Johannis-Verlag,<br />
Lahr 2004). <strong>Der</strong> 11. September 2001<br />
habe das Ende der Spaßgesellschaft<br />
eingeläutet. Bisher sei man der Sinnfrage<br />
gerne ausgewichen und in leere<br />
Betriebsamkeit geflüchtet. Doch mit<br />
den Terroranschlägen des 11. September<br />
2001 in New York und dem<br />
Amoklauf an einem Erfurter Gymnasium<br />
am 26. April 2002 habe die<br />
Rückkehr tradierter Werte eingesetzt.<br />
Peter Hahne betont, dass die Subjektivierung<br />
der Ethik in die Krise führt.<br />
Es kann nur dann von Werten gesprochen<br />
werden, wenn diese von allen<br />
oder zumindest von der überwiegenden<br />
Mehrheit anerkannt werden. Ein<br />
solcher notwendiger Normenkonsens<br />
setzt allerdings voraus, dass der<br />
Mensch eine höchste normative Instanz<br />
anerkennt. Gerade hier ist wieder<br />
die Religion gefordert, insbesondere<br />
das Christentum, das mit den<br />
zehn Geboten (alttestamentlich) und<br />
der Bergpredigt (neutestamentlich)<br />
unsere Gesellschaft kulturell ebenso<br />
wie ethisch geprägt hat. Die Kirche<br />
und ihre Amtsvertreter sind daher<br />
gefordert, die Wegweisungen der Bibel<br />
und der kirchlichen Überlieferung<br />
wieder deutlich zu betonen und<br />
allen Aufweichungstendenzen eine<br />
klare Absage zu erteilen. In den vergangen<br />
Jahrzehnten hat gerade die<br />
Liberalisierung der beiden großen<br />
Konfessionen den Auszug aus der<br />
Kirche begünstigt. Dies traf die evangelische<br />
Kirche stärker noch als die<br />
katholische, da für letztere die zentrale<br />
Leitung durch Rom immer wieder<br />
ein Korrektiv war. Im protestantischen<br />
Milieu erfreuen sich daher bibeltreue<br />
evangelikale Gemeinschaften<br />
eines starken Wachstums. Selbst<br />
der ehemalige deutsche Verteidigungsminister<br />
Hans Apel (SPD)<br />
wollte den Linkstrend in der evangelischen<br />
Landeskirche nicht länger<br />
mitmachen und trat im Jahr 1999 zu<br />
den Evangelikalen über (Hans Apel,<br />
Volkskirche ohne Volk, Brunnen-<br />
Verlag, Gießen 2003). Nur wenn die<br />
Kirche ihre Botschaft klar herausstellt<br />
und auch Unbequemes nicht<br />
verschweigt, besitzt sie in den Augen<br />
der Öffentlichkeit eine unverwechselbare<br />
Identität und damit auch Anziehungskraft.<br />
Nur dann wird sie<br />
auch als Dialogpartner in den öffentlichen<br />
Debatten wieder gefragt sein.<br />
Eine Kirche der Beliebigkeit interessiert<br />
niemanden und macht sich<br />
selbst überflüssig. <strong>Der</strong> katholische<br />
Chefarzt und Psychotherapeut Manfred<br />
Lütz hat vor einigen Jahren in<br />
seinem Buch „<strong>Der</strong> blockierte Riese“<br />
(Manfred Lütz, <strong>Der</strong> blockierte Riese.<br />
Psycho-Analyse der katholischen<br />
Kirche. Mit einem Geleitwort von<br />
Paul Watzlawick, Pattloch-Verlag,<br />
Augsburg1999) die Kirche mit den<br />
Methoden der Psychoanalyse untersucht<br />
und dabei interessante Ergebnisse<br />
zutage gefördert. Fragt man einen<br />
Patienten, woran er leidet, so<br />
bekommt man von ihm eine endlose<br />
Litanei an Negativem zu hören. Fragt<br />
man hingegen: Wie konnten Sie das<br />
so lange aushalten, dann sprechen<br />
Menschen über ihre Ressourcen und<br />
über das, was sie am Leben erhält. So<br />
muss auch die Kirche sich rückbesinnen<br />
auf ihre Ressourcen. Sie muss<br />
Podiumsgespräch „Neue Gemeinschaften – Hoffnungsträger der Kirche“ mit Vertretern der Gemeinschaft der Seligpreisungen,<br />
des Neokatechumenats, der geistlichen Famlie „Das Werk“, von Sankt Egidio, den Legionären Christi, der<br />
Jugend 2000 und Totus Tuus; Einführung Dr. Cornelius Roth (am Rednerpult)<br />
360 DER FELS 12/<strong>2005</strong>