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Dezember 2005 - Der Fels

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ige Eltern kommen in Argumentationsnot,<br />

wenn sie ihren jugendlichen<br />

Kindern gegen den Mainstream die<br />

Glaubens- und Vernunftgründe für ein<br />

keusches Leben darlegen sollen.<br />

Was wirklich weiter hilft, ist eine<br />

gründliche und umfassende Darlegung<br />

des christlichen Menschenbildes,<br />

das hinter der kirchlichen Lehre<br />

steht. Aus persönlicher Erfahrung mit<br />

Brautleuten, denen die Bedeutung des<br />

Wartens vor der Ehe aus dem Gesamtzusammenhang<br />

des Glaubens heraus<br />

dargelegt wurde, weiß ich, dass mehr<br />

Offenheit vorhanden wäre als man<br />

vermutet. Nicht bloß einmal kam nach<br />

der Darlegung der katholischen Lehre<br />

die verblüffende Aussage der Betroffenen:<br />

„Warum hat uns dies bisher<br />

niemand in dieser Weise gesagt. Das<br />

hören wir heute zum ersten Mal.“<br />

Welche Vernunft- und Glaubenseinsichten<br />

gibt es nun, um die Lehre<br />

von der allein der Ehe vorbehaltenen<br />

geschlechtlichen Ganzhingabe zu begründen?<br />

Eine erste Einsicht besteht darin,<br />

dass die christliche Lebensweise<br />

grundsätzlich eine alternative ist.<br />

Christen sind gewissermaßen Querdenker<br />

zur herrschenden Mentalität.<br />

Dass dies in Ländern, in denen die<br />

statistische Mehrheit christlich getauft<br />

ist, aber kaum den Glauben praktiziert,<br />

schwierig zu vermitteln ist, versteht<br />

sich. <strong>Der</strong> Entscheidungscharakter der<br />

Taufe und des Taufversprechens ist in<br />

unseren Breiten nur wenigen bewusst.<br />

Das „Ich widersage“ bedeutet eben<br />

auch, zu zeitgeist-lastigen Verhaltensweisen<br />

nein zu sagen. Das Neue<br />

Testament wird nicht müde aufzurufen:<br />

„Zieht den neuen Menschen an“<br />

(Eph 4,24). Nicht nur im Bereich der<br />

Sexualethik, ganz allgemein, müsste<br />

dieses Bewusstsein wieder stärker<br />

geweckt werden. Wer Christ wird,<br />

verlässt die gängigen Verhaltensmuster,<br />

richtet sich nicht nach Statistiken,<br />

sondern fragt nach dem Willen Gottes.<br />

Den Vorwurf, „Mama, du bist altmodisch,<br />

das tun doch heute alle“, oder<br />

„unser Pfarrer lebt im Mittelalter“,<br />

wenn sie an der kirchlichen Lehre<br />

festhalten, müsste man ganz einfach<br />

mit dem Taufversprechen entkräften:<br />

Getaufte leben eben anders! Diese<br />

Auffassung ist nicht bloß mittelalterlich,<br />

sondern noch viel älter: so alt wie<br />

das Christentum.<br />

Unser Leib ist durch die Taufe<br />

in ein neues ‚Verhältnis’ aufgenommen<br />

worden. Er ist ein Glied<br />

Christi geworden. Wenn im Ersten<br />

Korintherbrief vor der Unzucht, dem<br />

außerehelichen Geschlechtsverkehr,<br />

gewarnt wird, ist dies das Argument:<br />

Wer durch den Glauben ein inniges<br />

(lateinisch = intimes!)Verhältnis<br />

mit Christus eingegangen ist, kann<br />

nicht gleichzeitig ein Intimverhältnis<br />

außerhalb der Ehe eingehen. Die<br />

Christen in Korinth lebten in einem<br />

ähnlichen Umfeld wie wir heute, ganz<br />

Korinth war erotisiert, es wimmelte<br />

von Freudenhäusern. Dadurch kam<br />

auch manch gläubig Gewordener ins<br />

Die Sexualität trifft die Personmitte,<br />

das Herz. „Sexuelle Reinheit wie<br />

Gott sie meint, entscheidet sich an<br />

der Frage wem gehört mein Herz?<br />

Voreheliche Sexualität ist also eine<br />

Herzattacke (...)“ Nachzulesen in der<br />

Broschüre „Wahre Liebe wartet“<br />

Keuschheit bedeutet die<br />

geglückte Integration der<br />

Geschlechtlichkeit in die Person<br />

und folglich die innere Einheit<br />

des Menschen in seinem leiblichen<br />

und geistigen Sein. Die<br />

Geschlechtlichkeit, in der sich<br />

zeigt, dass der Mensch auch der<br />

körperlichen und biologischen<br />

Welt angehört, wird persönlich<br />

und wahrhaft menschlich, wenn<br />

sie in die Beziehung von Person<br />

zu Person, in die vollständige<br />

und zeitlich unbegrenzte wechselseitige<br />

Hingabe von Mann<br />

und Frau eingegliedert ist.<br />

Die Tugend der Keuschheit<br />

wahrt somit zugleich die Unversehrtheit<br />

der Person und die<br />

Ganzheit der Hingabe.<br />

KKK 92, Ziff 237<br />

Wanken: Gibt es nicht die christliche<br />

Freiheit? Ist nicht das geschlechtliche<br />

Bedürfnis ein Urverlangen im Menschen<br />

ähnlich dem Essenstrieb? <strong>Der</strong><br />

Apostel Paulus verwies die Anfragen<br />

auf das neue Christusverhältnis. Weil<br />

die Christen „ein Geist“ und „ein<br />

Leib“ mit Christus geworden sind,<br />

deshalb heißt es: „Hütet euch vor der<br />

Unzucht“ (1 Kor 6,18). Das hat nichts<br />

mit Leibfeindlichkeit oder Abwertung<br />

der sexuellen Lust zu tun. Im Gegenteil:<br />

Das Christliche zeichnet sich gerade<br />

durch eine neue Leibfreundlichkeit<br />

aus. Durch die Menschwerdung<br />

Gottes, durch das Ereignis von Tod<br />

und Auferstehung Jesu, ist auch der<br />

Leib des Menschen in die Erlösungswirklichkeit<br />

aufgenommen worden:<br />

„Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein<br />

Tempel des Heiligen Geistes ist, der<br />

in euch wohnt und den ihr von Gott<br />

habt? Ihr gehört nicht euch selbst;<br />

denn um einen teuren Preis seid ihr<br />

erkauft worden. Verherrlicht also Gott<br />

in eurem Leib!“ (1 Kor 6,20). Das ist<br />

das Besondere an der christlichen Religion:<br />

Alles Leibliche ist gut, aber es<br />

ist vom Neuen Bund her und auf den<br />

Neuen Bund hin in einer neuen Art<br />

und Weise mit Christus zu leben.<br />

Ist es nun wirklich Gottes Wille,<br />

dass die geschlechtliche Hingabe<br />

ausschließlich innerhalb des Ehebundes<br />

stattfindet? Könnte es nicht sein,<br />

dass die Warnung vor der Unzucht<br />

mehr auf wechselnde sexuelle Be-<br />

352 DER FELS 12/<strong>2005</strong>

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