Dezember 2005 - Der Fels
Dezember 2005 - Der Fels
Dezember 2005 - Der Fels
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ziehungen anzuwenden ist, weniger<br />
auf ein stabiles Verhältnis von reifen<br />
Menschen, die auf die Ehe zugehen?<br />
Wahr ist, dass natürlich ein gravierender<br />
Unterschied besteht zwischen<br />
einem Ehebruch oder Beziehungen<br />
mit wechselnden Partnern einerseits<br />
und einer festen Beziehung mit dem<br />
vorgesehenen künftigen Partner andererseits.<br />
Dennoch gibt es eine gottgewollte<br />
Grenze. Wir finden sie bereits<br />
auf einer der ersten Seiten der Heiligen<br />
Schrift, in Gen<br />
2,24. Diese urbiblische<br />
Stelle greift Jesus im<br />
Neuen Testament auf,<br />
um deren Aussage als<br />
Schöpfungswirklichkeit<br />
zu bestätigen. So<br />
hat es Gott gewollt:<br />
„Darum verlässt der<br />
Mann Vater und Mutter<br />
und bindet sich an<br />
seine Frau, und sie<br />
werden ein Fleisch.“<br />
Die Reihenfolge ist<br />
hier bedeutsam: Zuerst<br />
das Verlassen des<br />
Elternhauses, dann<br />
die eheliche Bindung<br />
und schließlich, als<br />
Vollendung, das „Ein-<br />
Fleisch-Werden“. Die<br />
geschlechtliche Ganzhingabe<br />
folgt also<br />
nach der ehelichen<br />
Bindung. Die Kirche<br />
hat zu allen Zeiten an<br />
dieser Reihenfolge festgehalten und<br />
als Willen Gottes verkündet: „<strong>Der</strong><br />
Geschlechtsakt darf ausschließlich in<br />
der Ehe stattfinden; außerhalb der Ehe<br />
ist er stets eine schwere Sünde und<br />
schließt vom Empfang der Heiligen<br />
Kommunion aus“ (KKK, 2390).<br />
Unter Ehe ist für uns Katholiken immer<br />
das ‚Sakrament der Ehe’ gemeint.<br />
In einem Zeitalter des Nehmens und<br />
des Selbermachenwollens ist es einigermaßen<br />
schwierig, die gnadenhafte<br />
Wirkung der Sakramente darzulegen.<br />
Wer zum Ehesakrament ja sagt, empfängt<br />
als Geschenk die Zusage der<br />
treuen Liebe Gottes. Das Warten mit<br />
der geschlechtlichen Vereinigung bis<br />
zum Empfang des Ehesakramentes<br />
möchte zum Ausdruck bringen, dass<br />
die Liebe eine ‚Gabe’ ist, dass Liebe<br />
nicht einfach ‚gemacht’ werden kann<br />
und dass sich die Partner nicht eigenmächtig<br />
einander ‚nehmen’, sondern<br />
sich den jeweils anderen von Gott<br />
schenken lassen.<br />
Diese gottgeschenkte Gabe der<br />
Liebe ist auch eine Aufgabe. Die<br />
grundlegende biblische Aussage vom<br />
Ehebund als Eintrittspforte für das<br />
Ein-Fleisch-Werden ist eng verknüpft<br />
mit dem biblischen Schöpfungsauftrag:<br />
„Seid fruchtbar“ (Gen 1,22) In<br />
seiner Weisheit hat Gott als Schöpfer<br />
es so eingerichtet, dass Bezeugung der<br />
Liebe und Weitergabe des Lebens im<br />
ehelichen Akt miteinander verknüpft<br />
sind. Niemand wird sagen, dass vore-<br />
„Be different“ – „Sei anders“!<br />
Titelseite der Broschüre „Wahre Liebe wartet“ Dies steht für<br />
eine Entscheidung die dein ganzes Leben verändern kann. Dafür<br />
engagiert sich die Initiative „Wahre Liebe wartet“. Homepage:<br />
www.wahreliebewartet.de<br />
helichen Beziehungen diese Offenheit<br />
für das Leben zu eigen ist. Gerade<br />
diese Bereitschaft, die Quellen des<br />
Lebens offen zu halten, ist im freien<br />
Zusammenleben noch nicht gegeben.<br />
Denn die Zeugung eines Kindes verlangt<br />
nach einer festen und beständigen<br />
Bindung der Eltern, welche nur in<br />
der treuen Ehe gegeben ist. Die volle<br />
geschlechtliche Hingabe ist somit von<br />
ihrem Wesen her darauf ausgerichtet,<br />
dass ihr der Ehebund vorausgeht.<br />
Natürlich ist sich die Kirche im<br />
Klaren, dass sie mit ihrer Ehe- und Sexualmoral<br />
ein hohes Ideal verkündet<br />
und dass viele nicht die Kraft und Einsicht<br />
haben werden, danach zu leben.<br />
Es braucht auch nicht verschwiegen<br />
zu werden, dass die gesellschaftliche<br />
Stufenleiter auf dem Weg zur Ehe<br />
heute eine andere ist, als sie es noch<br />
vor Jahren war. Bei immer mehr jungen<br />
Leuten verschiebt sich die Ausbildungsphase<br />
in die Mitte ihrer zwanziger<br />
Jahre bei gleichzeitig früher<br />
einsetzenden freundschaftlichen Beziehungen<br />
zwischen den Geschlechtern.<br />
Als Seelsorger kennt man mit<br />
der Zeit die Einwände, die gegen die<br />
kirchliche Lehre beigebracht werden.<br />
Wie viele junge Paare haben schon<br />
argumentiert, dass Liebe doch keine<br />
Sünde sein kann, dass ihre Situation<br />
alles andere sei als eine oberflächliche<br />
Beziehung, dass das Zusammenwohnen<br />
in ihrem Fall einfach notwendig<br />
sei ... usw. Da diese Argumente bis<br />
zu einem gewissen Grad<br />
wirklich ehrlich gemeint<br />
und nicht vollkommen<br />
von der Hand zu weisen<br />
sind, ist es im letzten<br />
besser, im Gespräch<br />
mit Betroffenen bei der<br />
bewährten Glaubensregel<br />
zu bleiben und nicht<br />
bloß Gegenargumente<br />
zusammenzustellen.<br />
Das Ja zu einem umfassenden<br />
Kennenlernen<br />
bei gleichzeitigem Nein<br />
zu einer sexuellen Beziehung<br />
kann nur aus<br />
dem Glaubenszusammenhang<br />
eindeutig und<br />
endgültig verstanden<br />
werden.<br />
Zwei Verstehenshilfen,<br />
die nicht unmittelbar<br />
aus dem Glauben<br />
abgeleitet sind, möchte<br />
ich doch noch beibringen.<br />
Was oft als rein<br />
katholische Position oder höchstens<br />
noch im evangelikalen Bereich vertretene<br />
Auffassung betrachtet wird, ist<br />
nichts anderes als ein Grundkonsens<br />
vieler Hochkulturen und Religionen<br />
der Menschheitsgeschichte. Über<br />
das Christentum hinaus gibt es in<br />
großen Weltreligionen eine gemeinsame<br />
Grundtendenz. Ich war einmal<br />
beeindruckt von der Einstellung eines<br />
jungen, glücklichen Familienvaters,<br />
der Buddhist ist. Für ihn und seine<br />
Braut war‚ das Warten vor der Ehe’<br />
selbstverständlich. Er hatte vor allem<br />
durch die buddistischen Eltern seiner<br />
Frau diese Einstellung für die Zeit der<br />
Freundschaft und der Verlobung kennen-<br />
und schätzen gelernt. Für ihn war<br />
es schön, seine Geliebte als eine kostbare<br />
Aufgabe zu behüten und sie von<br />
ihren Eltern erst dann als Gabe ganz<br />
zu empfangen, als das Jawort gefallen<br />
war. Die oberflächliche Denk- und<br />
Lebensweise vieler getaufter Christen<br />
in Europa störte ihn sehr.<br />
DER FELS 12/<strong>2005</strong> 353