Soli aktuell 5/2004 - DGB-Jugend
Soli aktuell 5/2004 - DGB-Jugend
Soli aktuell 5/2004 - DGB-Jugend
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Bundeskanzlerin – nee<br />
Mit einer Rekordbeteiligung<br />
ging am 22. April der »Girls’<br />
Day« <strong>2004</strong> über die Bühne:<br />
Über 100.000 Mädchen sahen<br />
sich in künftigen Berufsfeldern<br />
um. Der <strong>DGB</strong> gehörte zu den<br />
Mitveranstaltern – und war<br />
selbst betroffen.<br />
eim <strong>DGB</strong>-Bundesvorstand in Berlin<br />
sollte es um »Politik als Beruf für<br />
B Frauen« gehen. Eingeladen waren<br />
Schülerinnen der Hans-Carossa-Schule sowie<br />
die 14- bis 16-jährigen Töchter von <strong>DGB</strong>-<br />
Mitarbeitern, die unter anderem von <strong>DGB</strong>-<br />
Vorstandsmitglied Ingrid Sehrbrock erfuhren,<br />
wie ihr Weg an die Gewerkschaftsspitze<br />
verlaufen ist.<br />
»Ich hätte nicht gedacht, dass so viele verschiedene<br />
Berufe in einer Gewerkschaft<br />
ausgeübt werden«, sagte die 15-jährige Lena<br />
erstaunt, nachdem sie einen Blick hinter die<br />
Kulissen der Bundesvorstandsverwaltung<br />
geworfen und dort Buchhalter und Journalistinnen,<br />
Sozialwissenschaftlerinnen und<br />
Sekretäre kennen gelernt hatte.<br />
Die 43 Schülerinnen aus dem Hans-Carossa-Gymnasium<br />
in Berlin-Gatow freuten<br />
Mann? Frau? Egal!<br />
Von Halina, Elisabeth, Neele,<br />
Corinna und Nadine (alle 15).<br />
»Es sollte eigentlich egal sein, ob ein Mann<br />
oder eine Frau einen Job macht«, sagt Halina.<br />
Männer und Frauen hätten jedoch verschiedene<br />
Blickwinkel. Elisabeth ist deshalb besonders<br />
wichtig, »dass beide ihre Meinung<br />
gleich stark vertreten können«.<br />
Ein Leben im Rampenlicht der Politik stellen<br />
sich die Schülerinnen schwierig vor. »Ich<br />
kann mir nicht vorstellen, Bundeskanzlerin zu<br />
sein, weil man sich oft beschimpfen lassen<br />
muss«, meint Neele. »In diesem Amt muss<br />
man viel Verantwortung übernehmen«, ergänzt<br />
Corinna.<br />
Für die jungen Frauen ist klar, dass sie<br />
sich nicht zwischen Familie und Beruf entscheiden<br />
wollen – sie wollen beides. »Erst Beruf,<br />
dann eine Familie gründen und später<br />
wieder in den Beruf einsteigen«, möchte Elisabeth.<br />
Nadine findet »es wichtig für eine Familie,<br />
dass man einen Beruf hat, damit man<br />
sie versorgen kann«. Und für Halina steht<br />
fest: »Ich möchte keine Hausfrau sein, sondern<br />
meine Grenzen erkennen und neue Erfahrungen<br />
sammeln.« ∏<br />
sich über die Offenheit der <strong>DGB</strong>-Beschäftigten.<br />
Bei ihren Besuchen in fünf verschiedenen<br />
Abteilungen hatten die Mädchen<br />
ausgiebig Gelegenheit zu Gesprächen mit<br />
den MitarbeiterInnen. Am Ende bekamen<br />
die 15- und 16-Jährigen sogar die Chance,<br />
Tuchfühlung mit einem echten Chefinnensessel<br />
aufzunehmen: Obwohl die stellvertretende<br />
<strong>DGB</strong>-Vorsitzende Ursula Engelen-<br />
Kefer terminbedingt nicht im Haus sein<br />
konnte, hatte sie ihr Büro für die Mädchen<br />
freigegeben, die hier einmal erproben konnten,<br />
wie es sich am Schreibtisch einer der<br />
wichtigen Frauen Deutschlands sitzt.<br />
Zuvor konnten die Schülerinnen in verschiedenen<br />
Gruppenrunden ihre Vorstellungen<br />
zu Karriere, Politik und Familie<br />
äußern. Ein Leben als Hausfrau mit<br />
Kind(ern) konnte sich keine vorstellen. Und<br />
die klassischen Frauenberufe à la Krankenschwester<br />
oder Bankkauffrau standen bei<br />
den meisten auch nicht unbedingt auf der<br />
persönlichen Hitliste. »Ich möchte Wissenschaftlerin<br />
werden«, sagte die 15-jährige<br />
Neele selbstbewusst. Lehrerin, Grafikdesignerin,<br />
Lektorin nannten andere als Traumberufe.<br />
Die Motivation, nach dem Abitur eine<br />
technische Ausbildung oder ein entsprechendes<br />
Studium zu beginnen war allerdings<br />
bei den jungen Frauen nicht ausgeprägt.<br />
Auch mit Politik als Beruf hatten die<br />
meisten nichts am Hut. Bundeskanzlerin<br />
beispielsweise möchten sie nicht werden.<br />
»Da muss man viel Verantwortung übernehmen«,<br />
sagte Corinna. Und ihre Klassenkameradin<br />
Halina erkannte den Nachteil,<br />
dass in einem solchen Amt das »Privatleben<br />
stark eingeschränkt« sei.<br />
Dass sich die Mädchen allerdings<br />
durchaus für Politik interessieren, zeigten<br />
sie in einem Kurzseminar mit den Teamerinnen<br />
Luciole Sauviat und Silvia Hauffe, in<br />
dem sie per Collage zusammenstellten, was<br />
sie von Frauen in der Politik erwarten: zum<br />
Beispiel Einsatz für echte Chancengleichheit<br />
der Geschlechter und für Lohngerechtigkeit,<br />
aber auch gegen<br />
die Ausbeutung<br />
von Frauen durch<br />
Prostitution. ∏<br />
Literatur: <strong>DGB</strong>-<strong>Jugend</strong><br />
(Hg.): Nutze deine Chancen.<br />
Ratgeber für Mädchen bei<br />
der Berufswahl.<br />
Im Download unter<br />
www.dgb-jugend.de,<br />
Stichwort »Broschüren«<br />
dgb-»girls’ day«<br />
»Recht interessant«<br />
Das sagen Mädchen, die zum ersten<br />
Mal im Leben den Deutschen Gewerkschaftsbund<br />
gesehen haben:<br />
Helene Sommer, 14<br />
Mutter: Schriftstellerin. Weibliches<br />
Vorbild: keins. Berufswunsch:<br />
Lebensmittelchemikerin.<br />
»Ich finde es gut, dass man uns<br />
am ›Girls’ Day‹ über typische<br />
Männerberufe informiert, so dass man merkt,<br />
dass auch Männerberufe für uns interessant<br />
sein können. Was der Tag beim <strong>DGB</strong> gebracht<br />
hat: Ich hab viel über Gewerkschaften erfahren<br />
und einen kleinen Einblick in das Leben als<br />
Politikerin bekommen.«<br />
Elisabeth Voutsis, 16<br />
Mutter: Erzieherin. Weibliches<br />
Vorbild: keins. Berufswunsch: Versicherungskauffrau.<br />
»Ich finde den ›Girls’ Day‹ wichtig,<br />
weil man in einige Berufsfelder<br />
reingucken kann. An dem Tag hab ich<br />
gelernt, was der <strong>DGB</strong> ist und womit er sich<br />
beschäftigt. Das war zum Teil recht interessant.«<br />
Cathrin Poths, 14<br />
Mutter: Krankenschwester. Weibliche<br />
Vorbilder: in der Promi-Szene<br />
zu finden. Berufswunsch: Sängerin.<br />
Oder Kripo!<br />
»Der ›Girls’ Day‹ hat einen Einblick<br />
in die vielfältige Berufswelt des <strong>DGB</strong> gebracht.<br />
Und ich weiß nun mehr über Politik.«<br />
Yamila Ighreiz, 15<br />
Mutter: Sekretärin. Weibliche<br />
Vorbilder: Jennifer Lopez, Angela<br />
Merkel, »weil sie eine hervorragende<br />
Politikerin ist«. Berufswunsch:<br />
Kauffrau.<br />
»Mit dem ›Girls’ Day‹ bekam man einen besseren<br />
Einblick in die Arbeitswelt der Gewerkschaften.<br />
Ich hab gelernt, dass es Frauen nicht<br />
nötig haben, sich unterdrückt zu fühlen. Und<br />
wie man an Ausbildungsplätze kommt.«<br />
Juliane Opitz, 16<br />
Mutter: Verwaltungsangestellte.<br />
Weibliche Vorbilder: Jennifer Lopez,<br />
Alicia Keys, Christina Aguilera,<br />
Paris Hilton (»Die haben viel<br />
Geld, grins!«). Berufswunsch:<br />
Was mit Menschen und Sprachen.<br />
»Ich hab viel über die Rechte von Frauen gelernt.<br />
Was mir der Tag gebracht hat? Viel Spaß<br />
und neue Eindrücke.« ∏<br />
Umfrage: Silvia Helbig<br />
thema<br />
05.04 soli <strong>aktuell</strong> 5