Verschwendung - repOSitorium - Universität Osnabrück
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<strong>Verschwendung</strong> – Philosophie, Soziologie und Ökonomie des Überflusses<br />
Der wesentliche Unterschied zwischen dem Tausch im modernen Sinne ist nach<br />
Bücher beim Geschenktausch darin zu sehen, dass zwar eine Gegenleistung obli-<br />
gatorisch ist, aber eine genaue Wertabschätzung der Gegenleistung nicht vorhan-<br />
den ist. Es ist eben gerade der Moral der Person überlassen, was ‚zurückge-<br />
schenkt’ wird. Insbesondere hebt Bücher hervor, dass die Ablehnung eines Ge-<br />
schenkes „einer schweren Beleidigung des Schenkers“ gleichkommt. Auch be-<br />
trachtet er das Geschenk erst als endgültig angenommen, wenn der Schenkgeber<br />
die Gegengabe zufrieden akzeptiert. 8 Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass auch<br />
Bücher ein Vertreter der Historischen Schule war, der die Ökonomie und Moral<br />
nicht autark sah, sondern als Einheit. „Die Ethik ist denn doch auch eine Macht im<br />
Wirtschaftsleben, und es wäre schlimm um unsere Zunft bestellt, wenn die völlig<br />
aus ihm ausgeschaltet werden könnte.“ 9<br />
Ende des 19. Jahrhunderts dominierten insbesondere Kritiker des homo oecono-<br />
micus aus der Historischen Schule die Debatte um den gegenseitigen Gaben-<br />
tausch. Anfang des 20. Jahrhundert waren es dann z.B. Somló und Thurnwald, die<br />
nicht im Sinne der Historischen Schule der Nationalökonomie argumentierten.<br />
Somló definierte mit altertumswissenschaftlichen Methoden den Geschenktausch.<br />
Er betrachtete in seiner Studie das Verhalten von Gesellschaften in der Urzeit.<br />
Somló folgerte aus seinen Beobachtungen, dass der stattfindende Geschenktausch<br />
die Basis der heutigen Rechtsgeschäfte Schenkung und Tausch bildet. Denn es<br />
handele sich bei dem Geschenk um eine einseitige Gabe, die allerdings eine Ge-<br />
gengabe erfordere. Auch über den Wert der Gegengabe herrsche durchaus eine<br />
bestimmte Gewissheit. Wörtlich spricht Somló von einer „strengsten Verpflich-<br />
tung“ der Gegengabe. Bis hierhin ist der Unterschied der Interpretation von Somló<br />
zu den Vertretern der Historischen Schule gering. Die differente Bewertung von<br />
Somló wird bei folgender Betrachtung offensichtlich. Er sieht den Tausch nicht<br />
als ergänzende Funktion eines Wirtschaftssystems im Sinne der Moral und Ethik,<br />
sondern durchaus mit egoistischem Hintergrund behaftete ‚Rechnung’, die den<br />
Zusammenhalt der Wirtschaftsgruppe garantiert. 10<br />
8 Vgl. Bücher, K., Schenkung, 1918, S. 3-24.<br />
9 Vgl. Bücher, K., Schenkung, 1918, S. 24.<br />
10 Vgl. Somlò, F., Güterverkehr in Urgesellschaften, 1909, S. 156-177.<br />
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