Verschwendung - repOSitorium - Universität Osnabrück
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<strong>Verschwendung</strong> – Philosophie, Soziologie und Ökonomie des Überflusses<br />
lich an, da es aus seiner Sicht keine Gesellschaft ohne Sündenböcke geben kann.<br />
Da die ursprüngliche Gründungsgewalt verkannt wird oder sogar ganz vergessen<br />
wird, wird die Gemeinschaft von der ureigensten Gewalt wieder eingeholt. 51<br />
2.2.7 Die Opferstellvertretung<br />
Im Beispiel des Pharmakos wurde die Opferstellvertretung bereits dargestellt.<br />
Dort wird ein außerhalb der Gemeinschaft stehender Mensch als Opfer ‚benutzt’.<br />
Dennoch ist der Pharmakos noch menschlich gewesen. Es folgte allerdings eine<br />
Entwicklung des Opfers vom Mensch zum Tier und später sogar zu Dingen wie<br />
beispielsweise Erntegut. Erklärungen für diese Entwicklung lassen sich sowohl im<br />
religiösen als auch im ethischen und moralischen Bereich finden. So gibt es Bei-<br />
spiele in der so genannten Nuergesellschaft, in der Tiere einer ganzen Herde die<br />
Namen der Gesellschaftsmitglieder tragen. Dies stellt deutlich heraus, dass die<br />
Tieropfer als Stellvertreter des Menschen ‚hinhalten’ müssen. Das Ziel der Opfer-<br />
stellvertretung ist dabei, die Gewalt zu überlisten. Es wird ‚nur’ ein Tier geopfert;<br />
das Tieropfer hat aber die gesamte Gewalt verbannende Wirkung, wie ein Men-<br />
schenopfer. Eine gewisse ökonomische Wertigkeit wird in das Opfer einbezogen.<br />
Im Zeitverlauf der Geschichte verliert das Opfer an Wertigkeit. Der Philosoph und<br />
Ökonom Laum erkennt, dass auch das wirtschaftliche Denken teilweise seinen<br />
Ursprung im Ritus hat. 52 Diese ökonomische Wertigkeit gipfelt schließlich in der<br />
Substitution von realen Opfern hin zu imaginären Dingen wie beispielsweise ge-<br />
töpferte Rinder. Diese Formen von Opfern besitzen allerdings gegenüber den Göt-<br />
tern dieselbe Wertigkeit wie ‚echte’ Opfergaben. Laum geht in diesem Zusam-<br />
menhang sogar so weit, als dass die Entstehung des Geldes, also des stellvertre-<br />
tenden Wertes, aus dem Sakralen und dem Ritus hervorgeht. 53 So bestätigt sich<br />
dieser Zusammenhang, wenn der Begriff Geld etymologisch nachverfolgt wird.<br />
Bis ins 18. Jahrhundert hinein findet sich die Bedeutung Opfer. Aus denselben<br />
Wurzeln stammen auch Wörter wie beispielsweise Gilde, was zuerst Opferge-<br />
meinschaft bedeutet hatte.<br />
51 Vgl. Girard, R., Heilige, 1994, S. 475.<br />
52 Vgl. Laum, B., Heiliges Geld, 1924, S. 23.<br />
53 Vgl. Laum, B., Heiliges Geld, 1924, S. 38.<br />
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