Verschwendung - repOSitorium - Universität Osnabrück
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<strong>Verschwendung</strong> – Philosophie, Soziologie und Ökonomie des Überflusses<br />
2.2.1 Die Opfertheorie von Girard<br />
Rene Girard sieht als Grundannahme bei seiner Überlegung, dass alle Gesell-<br />
schaften immerwährend von Gewalt bedroht werden. Das Ziel einer jeden Gesell-<br />
schaft ist es daher, diese Gewalt untereinander zu zügeln und mit allen Mitteln<br />
einzudämmen. Um diese Situation besser zu verstehen, ergründet Girard zunächst<br />
die Ursache aller Gewalt. Girard macht das so genannte mimetische Begehren für<br />
die Gewalt in einer Gesellschaft verantwortlich. Das mimetische Begehren basiert<br />
auf einem theoretischen Konzept sozialer Zusammenhänge zwischen Individuen<br />
in einer Gesellschaft. Stellvertretend werden zwei beliebige Personen aus einer<br />
Gesellschaft beispielhaft dargestellt. Dabei ist eine Person jeweils der ‚Held’; der<br />
Gegenüber wird als ‚Konkurrent’ angesehen. Sie jagen jeweils einem begehrten<br />
Objekt nach. Vom Grunde spielt es dabei keine Rolle, wer von beiden Personen<br />
der Held bzw. der Konkurrent ist, da dies von der Perspektive abhängt. Jeder sieht<br />
sich als den Helden an, der ein eigenes Ziel hat und ein selbstbestimmtes Wesen<br />
ist. In Wirklichkeit geht das Modell allerdings davon aus, dass der Held sich nach<br />
der Modellwelt des Konkurrenten richtet. Ziel bleibt dabei, das begehrte Objekt<br />
zu erreichen. Die grundsätzliche Überlegung des Modells ist denn, dass das be-<br />
gehrte Objekt nicht den erhofften hohen Wert hat. Der Wert des Objektes wird nur<br />
durch die gesellschaftlichen Verbindungen mehrerer verschiedener Personen<br />
wertvoll gemacht. Daraus folgt langfristig für beide Beteiligte, dass eine Enttäu-<br />
schung und ein Gefühl der Leere nicht zu vermeiden ist. 31<br />
Girard stellt fest, dass in seiner Modellbetrachtung das mimetische Begehren vor-<br />
rangig unter Individuen auftritt, die sich relativ ähnlich sind und ähnliche Ziele<br />
haben. Damit ist das Interesse am gleichen Objekt begründet. Dieses gegenseitige<br />
Interesse führt letztlich zur Rivalität. Dabei kommt es durch die Individuen je-<br />
weils zur gegenseitigen Nachahmung, was die beiden Rivalen zu „monströsen<br />
Döppelgängern“ werden lässt. 32 Die Folge daraus ist die Aufwertung des begehr-<br />
ten Objektes durch die Gewalt selbst. Somit ist das Objekt die Ursache, durch die<br />
neue Vorwände erfunden werden, um die Gewalt noch stärker zu entfesseln. Die<br />
Konkurrenten sind letztlich durch die reine Gewalt geeint.<br />
31 Vgl. Gebauer, G; Wulf, Ch., Mimesis, 1992, S. 327-328.<br />
32 Vgl. Girard, R., Heilige, 1994, S. 211-247.<br />
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