24.10.2012 Aufrufe

Verschwendung - repOSitorium - Universität Osnabrück

Verschwendung - repOSitorium - Universität Osnabrück

Verschwendung - repOSitorium - Universität Osnabrück

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Verschwendung</strong> – Philosophie, Soziologie und Ökonomie des Überflusses<br />

Girard erkennt im Übrigen auch in heutigen Festen durchaus die Gewalt als Ur-<br />

sprung. Zwar ist uns dies nicht wirklich bewusst, da hier eher die Fröhlichkeit und<br />

nicht das Ritual im Vordergrund sei. Aber der Opferkult und die wahre Tragödie<br />

sind auch heute noch erkennbar. Als Beispiel führt Girard einige Filme an, die<br />

sich mit dem Thema Urlaub und Festen auseinander setzen. Wesentlich bei seiner<br />

Betrachtung ist die negative Thematisierung von Urlaub und Festen. Die Feste<br />

scheinen in den angeführten Filmen schlecht auszugehen. Folglich sieht er auch in<br />

heutigen Festen das Heraufbeschwören von Gewalt. Girard führt weitere Beispiele<br />

dafür an, dass Feste immer auf Gewalt begründet sind. So nennt er das Volk der<br />

Kaingang. Hier ist es Brauch gewesen, dass Gruppen ihr Opfer jeweils bewusst<br />

einluden, um es dort grausam hinzurichten. Die Opfer konnten die Einladung<br />

nicht ausschlagen. Ansonsten wurden sie auf der Stelle getötet. Hier wird beson-<br />

ders deutlich, dass Mord und Totschlag, die höchste Form der Gewalt als Ur-<br />

sprung jedes Festes dient. 39<br />

Ökonomisch gesehen ist natürlich sofort erkennbar, dass das Fest an sich über-<br />

haupt keinen Mehrwert schafft und somit keinen Nutzen bringt. Die absolute Ver-<br />

schwendung ist zwingend Teil eines jeden Festes. Folglich findet sich die Ver-<br />

schwendung auch im Opferkult und im Potlatsch. Beim Potlatsch (s.u.) spricht<br />

Girard sogar von Verausgabung, eine Steigerungsform von <strong>Verschwendung</strong>. Das<br />

Fest an sich ist dabei nicht planbar. Auch die Ausmaße sind nicht zwangsläufig<br />

festgesetzt. Im ökonomischen Sinne liegt also eine nichtproduktive Verschwen-<br />

dung im Akt des Festes vor. Der Luxus und das Zurschaustellen gehören genauso<br />

zum Fest wie ein verschwenderischer Verzehr von beliebigen Gütern. Dennoch<br />

liegt auch hier ein Paradoxon in der <strong>Verschwendung</strong>, sobald die Makroperspekti-<br />

ve einbezogen wird. Der <strong>Verschwendung</strong>sakt des Festes bedingt die Vorbereitung<br />

im Sinne der Anhäufung von Gütern, die auf dem Fest zum verschwenderischern<br />

Verzehr gereicht werden können. Diese Anhäufung von Gütern kann nur durch<br />

eine ökonomisch sinnvolle Produktion erzielt werden, was wiederum im Vorfeld<br />

eines jeden Festes positive Effekte für die Mitglieder einer Gesellschaft hervor-<br />

ruft.<br />

39 Vgl. Girard, R., Heilige, 1994, S. 186-187.<br />

28

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!