ein Universalist der Klassischen Philologie - Frommann-Holzboog

III
Während seine Erzählungen – mit Titeln wie: Allwin und Theodor, Feierabende in
Mainau oder Rosaliens Nachlaß – ihn in die Nähe von Philanthropinisten wie
Campe und Salzmann rückten, suchte er, in seinen Bekenntnissen zum Neuhumanismus
dem vom Griechenglauben genährten Menschenbild der Weimarer
Ausdruck zu verleihen. Sein Glanzstück auf diesem Felde ist die Rede, mit der er
im Jahre 1807 sein Lehramt am Münchener Lyceum antrat. Dort brachte er das
Bildungsziel des Neuhumanismus auf die folgende Formel:
Jede höhere Schule soll [...] sich von andern Kunst- und Gewerbschulen
durch die Allgemeinheit des Zweckes unterscheiden, den sie beabsichtigt.
Denn wäre ihre Absicht nur darauf gerichtet, die Jugend zu gewissen
Geschäften und Fertigkeiten abzurichten, oder sie mit einer Masse von
Kenntnissen anzufüllen, die dieser Zweck erheischt, und wenn die Geschäfte
des Lebens auf den Mechanismus einer Maschine zurückgebracht
werden könnten, so wären ohne Zweifel alle Schulen, von den Zeiten des
rückkehrenden Lichtes an, auf die unverständigste Weise eingerichtet.
Die Nähe von Schillers Briefen Über die ästhetische Erziehung des Menschen, insbesondere
vom 6.Stück, die sich schon hier bemerkbar macht, wird größer in
dem unmittelbar anschließenden Passus:
Ist der Mensch nur bestimmt [...] in dumpfer Beschränktheit den düstern
Weg des Lebens zu durchwallen, [...] so ist alles, was seinen Blick für die
Ferne schärft, oder ein Verlangen in ihm weckt, über die engen Schranken
seines dürftigen Seins hinauszugehn, so ist jeder Strahl der Aufklärung,
jeder Funke aufstrebender Begeisterung, der in sein Gemüt geworfen wird,
nicht eine Wohltat, sondern eine Qual, und die Wohltäter der Menschheit
sind jene despotischen Dränger derselben, die jeder Menschenklasse, ja,
jedem Individuo, die Talente und Fähigkeiten vorschreiben, deren es etwa
bedarf, um die Maschine des Staates im Gange zu erhalten, und dem Sinne
des Despoten Genüge zu tun.
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Manfred Fuhrmann