ein Universalist der Klassischen Philologie - Frommann-Holzboog
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Friedrich Jacobs – <strong>ein</strong> <strong>Universalist</strong><br />
Und geradezu zum Propheten kommunistischer Experimente wird Jacobs, wenn<br />
er fortfährt:<br />
Nichts würde dann zweckmäßiger s<strong>ein</strong>, als <strong>der</strong> Mutter das Kind von <strong>der</strong><br />
Brust zu reißen, ihm, ehe es selbst wählen kann, s<strong>ein</strong>e Bestimmung nach<br />
Willkür und Kastenzwang anzuweisen, jede fremdartige Neigung in ihm<br />
auszurotten [...] Ein Staat, welcher sich <strong>der</strong> Erziehung s<strong>ein</strong>er Bürger auf<br />
diese Weise bemächtigte, würde vor dem Ablaufe weniger Menschenalter<br />
<strong>ein</strong>e Bevölkerung aufweisen können, in welcher <strong>der</strong> Sklavensinn auf das<br />
Vollkommenste ausgebildet, und durch ihn selbst die Fähigkeit <strong>ein</strong>es freien<br />
Aufstrebens erloschen wäre.<br />
Man könnte aus <strong>der</strong> Lyceumsrede noch manche an<strong>der</strong>e Äußerung anführen, die<br />
Jacobs als enthusiastischen Anhänger des humanistischen Bildungsgedankens<br />
erweist – hier muß <strong>der</strong> Hinweis genügen, daß er offensichtlich <strong>ein</strong> ebenso enthusiastischer<br />
Lehrer gewesen ist, weit entfernt von <strong>der</strong> beliebten Querella de miseriis<br />
paedagogorum. Er sei schon während s<strong>ein</strong>er Schulzeit für den Stand des Lehrers<br />
gewonnen worden, versichert er in s<strong>ein</strong>er Abschiedsrede in Gotha, und ihn<br />
habe s<strong>ein</strong> Entschluß nie gereut. Es gebe nichts Erfreulicheres als die ununterbrochene<br />
Beschäftigung mit <strong>der</strong> Blüte <strong>der</strong> Künste und Wissenschaften und nichts<br />
Würdigeres, »als den Sinn für das Edelste und Schönste, was sich je in dem<br />
menschlichen Geiste gestaltet hat, an<strong>der</strong>n zu öffnen, und die empfänglichen<br />
Seelen <strong>ein</strong>er unverdorbenen Jugend mit des Altertums Größe und Hoheit zu<br />
nähren«.<br />
Man hat oft festgestellt, daß das Griechenbild <strong>der</strong> Goethezeit schöngefärbt<br />
war und daß die kräftig <strong>ein</strong>setzende Forschung des Historismus dieses Bild<br />
ziemlich bald als Traum, als Utopie erwies. Was Jacobs in s<strong>ein</strong>en akademischen<br />
Abhandlungen über die bewun<strong>der</strong>ten Griechen mitzuteilen weiß, fällt in diese<br />
Rubrik. Reden wie die Über die Erziehung <strong>der</strong> Hellenen zur Sittlichkeit preisen ihren<br />
Gegenstand mit <strong>ein</strong>er nicht erst aus heutiger Sicht erstaunlichen Einseitigkeit:<br />
Schiller hat in s<strong>ein</strong>er kritischen Würdigung <strong>der</strong> Gesetzgebung des Lykurgus und Solon<br />
die griechische Wirklichkeit schärfer und treffen<strong>der</strong> erfaßt als s<strong>ein</strong> gelehrter Zeitgenosse.<br />
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