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ein Universalist der Klassischen Philologie - Frommann-Holzboog

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IV<br />

Der Gräzist Jacobs hat sich mit nichts so ausdauernd und so erfolgreich befaßt<br />

wie mit <strong>der</strong> Textkritik, dem nach damaliger Schätzung wichtigsten Geschäft des<br />

Philologen. Die Werke <strong>der</strong> griechischen und römischen Autoren, in <strong>der</strong> handschriftlichen<br />

Überlieferung durch zahlreiche Fehler und Lücken entstellt, waren<br />

von den Humanisten des 15. und 16.Jahrhun<strong>der</strong>ts trotz allen Eifers noch längst<br />

nicht wie<strong>der</strong> in <strong>ein</strong>en gleichermaßen guten Zustand versetzt worden, und so<br />

wandte die aufstrebende Altertumswissenschaft <strong>der</strong> Goethezeit viel Mühe darauf,<br />

von den antiken Texten durch scharfsinnige Verbesserungen, sogenannte<br />

Konjekturen, möglichst originalgetreue Ausgaben herzustellen. Hier fand Jacobs,<br />

<strong>der</strong> offenbar über <strong>ein</strong> ausgezeichnetes Gedächtnis für sprachliche Beson<strong>der</strong>heiten<br />

verfügte, <strong>ein</strong> reiches Betätigungsfeld. Er begab sich hierbei nicht – o<strong>der</strong><br />

allenfalls nebenbei – auf die breite Straße <strong>der</strong>er, die ihr kritisches Vermögen an<br />

den Hauptautoren des neuhumanistischen Kanons, an den Klassikern im prägnanten<br />

Sinne, übten; er wandte s<strong>ein</strong> Augenmerk vornehmlich nachklassischen<br />

Autoren zu: Dichtern und Prosaikern, die in <strong>der</strong> römischen Kaiserzeit gelebt hatten.<br />

Hierin zeigt er sich eher dem 18. Jahrhun<strong>der</strong>t verpflichtet als <strong>der</strong> strengen<br />

Observanz <strong>der</strong> Goethezeit; die Frage nach <strong>ein</strong>er zeitgenössischen Analogie ließe<br />

sich wohl am ehesten abermals mit <strong>ein</strong>em Hinweis auf Wieland beantworten,<br />

dem Übersetzer Lukians und Verfasser des Agathodämon.<br />

Am Anfang <strong>der</strong> editorischen Tätigkeit stand gar <strong>ein</strong> Werk des byzantinischen<br />

Gelehrten Tzetzes (12.Jahrhun<strong>der</strong>t): Jacobs präsentierte zum ersten Mal den<br />

vollständigen Text des dreiteiligen Poems Antehomerica – Homerica – Posthomerica<br />

(die Stoffe des troischen Sagenkreises; 1793). Die meisten Ausgaben von<br />

Jacobs sind längst im breiten Strom <strong>der</strong> späteren Forschung aufgegangen; s<strong>ein</strong><br />

Erstling hingegen wurde vor <strong>ein</strong>iger Zeit nachgedruckt.<br />

Bald darauf folgten die ersten Bände des Unternehmens, das ihm mehr Ruhm<br />

<strong>ein</strong>gebracht hat als alle s<strong>ein</strong>e übrigen Werke: Im Jahre 1794 begann die Anthologia<br />

Graeca zu ersch<strong>ein</strong>en. Dieses Sammelwerk enthält etwa 3700 griechische Epigramme<br />

aus sechzehn Jahrhun<strong>der</strong>ten; es wird auch Anthologia Palatina genannt,<br />

nach <strong>der</strong> palatinischen (pfälzischen) Bibliothek zu Heidelberg, wo sich gegen<br />

Ende des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts die <strong>ein</strong>zige Handschrift fand. Jacobs edierte den Text<br />

95<br />

Manfred Fuhrmann

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