22.10.2013 Aufrufe

ein Universalist der Klassischen Philologie - Frommann-Holzboog

ein Universalist der Klassischen Philologie - Frommann-Holzboog

ein Universalist der Klassischen Philologie - Frommann-Holzboog

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Friedrich Jacobs – <strong>ein</strong> <strong>Universalist</strong><br />

zunächst in <strong>ein</strong>er Anordnung, die s<strong>ein</strong> Vorgänger Brunck den Gedichten gegeben<br />

hatte: nach Autoren, nicht nach Stoffen, und er ließ diesen fünf Bänden in den<br />

Jahren 1798 – 1814 weitere acht Bände mit Anmerkungen folgen. Noch vor Abschluß<br />

dieser herkulischen Arbeit brachte er <strong>ein</strong>e zweite Ausgabe heraus, die zum<br />

ersten Male die Reihenfolge <strong>der</strong> Handschrift wie<strong>der</strong>gab. Diese Edition hat inzwischen<br />

Nachfolger gefunden; doch zahlreiche glückliche Konjekturen zeugen<br />

noch stets von <strong>der</strong> intensiven Pflege, die Jacobs dem Text hat angedeihen lassen.<br />

Hiermit nicht genug, veröffentlichte er neben <strong>ein</strong>er Auswahl aus den griechischen<br />

Originalen noch Blumenlesen in deutscher Übersetzung. Daraus sei wenigstens<br />

<strong>ein</strong> Beispiel zitiert, <strong>ein</strong> Epigramm des Simonides (etwa 555 – 475 v. Chr.)<br />

auf das Grab des Anakreon:<br />

Rebe, du Mutter <strong>der</strong> Frucht, Allfreuende, röteln<strong>der</strong> Trauben<br />

Nährerin, die du Geflecht zierlicher Ranken erzeugst.<br />

Flicht d<strong>ein</strong> grünendes Laub um Anakreons niedrigen Hügel;<br />

Über den Scheitel des Mals breite den blühenden Kranz,<br />

Daß hier Bakchos Priester, <strong>der</strong> taumelnde Führer <strong>der</strong> Reigen,<br />

Welcher von Liebe berauscht nächtlich das Barbiton schlug,<br />

Auch in dem Aides noch an den blühenden Zweigen den Purpur<br />

Strahlen<strong>der</strong> Trauben erblickt über dem heiligen Haupt,<br />

Immer benetzt von dem tauenden Naß; denn süßer als W<strong>ein</strong>most<br />

Wehten dem tejischen Greis Lie<strong>der</strong> vom lieblichen Mund.<br />

Man müsste eigentlich auch das Original zitieren und vielleicht noch <strong>ein</strong>e an<strong>der</strong>e<br />

deutsche Wie<strong>der</strong>gabe, um darzutun, mit welchem Geschick Jacobs das k<strong>ein</strong>eswegs<br />

schlichte Gedicht des Simonides verdeutscht hat. Doch <strong>der</strong> Wohlklang und<br />

<strong>der</strong> ebenmäßige, zum getragenen Inhalt passende Fluss <strong>der</strong> Verse sind aus sich<br />

selbst erkennbar. Dem Gebot strenger Wörtlichkeit konnte <strong>der</strong> Übersetzer nicht<br />

immer genügen; bisweilen hat er sich bemüht, durch Umstellungen <strong>ein</strong>en Ausgleich<br />

zu schaffen.<br />

Die Arbeit an <strong>der</strong> Anthologia Graeca hatte Jacobs oft in die römische Kaiserzeit<br />

geführt; sie regte ihn offenbar dazu an, sich vorzugsweise mit Schriftstellern dieser<br />

sonst vernachlässigten Periode zu befassen. Er begann mit <strong>ein</strong>er kommen-<br />

96

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!